»Laut«, sagt Felicity lapidar, was ihr ein Lachen der Zuschauer einbringt.
Doch Eileen lässt sie nicht so leicht davonkommen. »Kommen Sie schon, geben Sie uns ein paar pikante, schmutzige Details! Lassen Sie uns am glamourösen Leben eines Rockstars auf Tournee teilhaben!«
»Oh … Sie meinen die glamouröse Realität, dass ich vier Monate mit drei schnarchenden Jungs in einem beengten Tourbus verbringen muss? Ich habe die Befürchtung, dass das Tourneeleben gar nicht so toll ist, wie man es sich vielleicht vorstellt, Eileen!« Felicitys Lachen klingt hell und melodisch.
Gott, wie ich diesen Klang vermisst habe.
Die Tatsache, dass jemand, der das Rampenlicht so sehr hasst, sich so verdammt gut darauf versteht, Menschen zu verzaubern, entbehrt nicht einer gewissen Ironie. Sie wirkt so mühelos charmant. Die Leute hängen an ihren Lippen, als hätten sie sich in den vergangenen zwei Jahren nach ihren Worten verzehrt.
Ich kenne das Gefühl.
»Meine Damen und Herren, glauben Sie nicht ein Wort von dem, was sie sagt«, protestiere ich mit neckischem Unterton. »Jeder weiß, dass Felicity von uns allen am lautesten schnarcht.«
Sie dreht sich zu mir herum und schnappt empört nach Luft. »Ich schnarche nicht! Nimm das zurück!«
Mein Grinsen ist spöttisch. »Tut mir leid, Baby. Aber du willst mich doch wohl vor all diesen Leuten nicht als Lügner abstempeln, oder?«
Sie will mir einen spielerischen Stoß gegen den Arm versetzen, und ich weiche ihrem Angriff mich Leichtigkeit aus. Wir sitzen da und grinsen einander an wie Idioten, bis sich Eileen mit einem Räuspern bemerkbar macht.
»Ja, ja, wir sind immer noch hier«, bemerkt sie ironisch, als wir unsere Blicke voneinander losreißen und wieder zu ihr schauen. »Auch wenn Sie beide gerade in Ihrer eigenen kleinen Welt waren.«
Das Publikum lacht.
Felicity errötet heftig. »Verzeihung.«
»Kein Grund sich zu entschuldigen. Wir freuen uns, Sie beide so glücklich zu sehen.« Ein vorsätzlicher Ausdruck von Betroffenheit schleicht sich in Eileens Blick. »Besonders nach allem, was Sie durchgemacht haben … sowohl als Paar als auch jeder für sich …«
Eine düstere Stille legt sich über das Studio.
Und los geht’s.
»Ryder, fangen wir mit Ihnen an.« Eileens Gesicht ist voller Mitgefühl. Als würde sie mit diesen Fragen meine seelische Verfassung fördern und nicht ihre Quoten in die Höhe treiben. »Ich denke, man kann wohl mit Sicherheit sagen, dass wir alle gesehen haben, dass Sie es in den Monaten nach der Veröffentlichung des Albums nicht leicht hatten. Sie wurden ein paarmal verhaftet, und es gab ein paar Zwischenfälle wegen Suchtproblemen … Möchten Sie sich dazu äußern?«
Ich spüre, wie sich Felicity neben mir verkrampft.
Ich beiße die Zähne zusammen und ringe mir etwas ab, von dem ich hoffe, dass es einem Lächeln ähnelt. »Wissen Sie, Eileen, ich bin nicht perfekt. Ich habe zweifellos einige Fehler gemacht. Aber jeder macht im Leben mal Höhen und Tiefen durch. Man steht nicht immer oben im Leben. Abstürze sind unvermeidbar.« Ich hole tief Luft und starre auf die andächtig lauschende Menge, während ich mein Geständnis ablege. »Vor etwa einem Jahr bin ich ziemlich tief gefallen. Jetzt versuche ich, wieder nach oben zu gelangen, um dorthin zurückzukehren, wo ich vorher war. Der Aufstieg geht langsam vonstatten, einen Schritt nach dem anderen, aber ich gebe mir Mühe. Mehr kann man nicht tun – man wacht morgens auf, sieht den Gipfel, der über einem aufragt, und tut sein Bestes, um ihn zu erreichen.«
Die Leute im Publikum nicken. Ein paar Frauen in der ersten Reihe wischen sich verstohlen die Augen.
»Also …«, säuselt Eileen mit sanfter Stimme. »Bedeutet das, dass sie clean sind?«
Ich nicke. »Ich habe seit sechs Monaten keinen Alkohol mehr getrunken und keine Drogen genommen.«
Das Publikum klatscht und bejubelt mich. Jemand ruft mit voller Lautstärke: »WIR LIEBEN DICH, RYDER!« Für die Zuschauer gebe ich mir Mühe, dankbar und bescheiden zu wirken, aber in Gedanken bin ich einzig und allein bei der Frau, die neben mir sitzt und jedem meiner Worte mit großer Konzentration gelauscht hat. Meine Abstinenz ist ihr eindeutig ebenso neu wie dem Rest der Welt.
Kümmert es sie, dass ich keine Drogen mehr nehme?
Ich beiße die Zähne zusammen, um mich davon abzuhalten, zu ihr hinzublicken. Ich wünschte, ich wüsste, was sie denkt. Ich wünschte, ich könnte einen Blick in ihren Kopf werfen sowie an den Festungsmauern vorbei, die ihr Herz umgeben.
Spielt es überhaupt eine Rolle, dass ich mein Bestes versuche, um der Mann zu sein, für den sie mich immer gehalten hat?
Eileen lässt ihren Applaus verebben, und die Zuschauer tun es ihr gleich. »Ich gratuliere Ihnen zu Ihrer Genesung, Ryder, das ist wirklich eine wundervolle Neuigkeit. Wir alle drücken Ihnen die Daumen, dass es weiterhin bergauf geht sowohl mit Ihrer Gesundheit als auch mit Ihrem persönlichen Wohlergehen.« Sie schaut zu Felicity. »Also, ich wäre nicht besonders gut in meinem Job, wenn ich Sie nicht fragen würde, ob Ihr plötzlicher Rückzug aus der Öffentlichkeit irgendetwas mit Ryders Problemen zu tun hatte.«
Felicity ringt sich ein steifes Lächeln ab. »Wie Ryder schon sagte: Das Leben hat seine Höhen und Tiefen. Wir alle gehen auf unsere eigene Weise damit um. Ich hatte ein paar eigene Probleme zu bewältigen und mich dafür entschieden, das unter Ausschluss der Öffentlichkeit und außerhalb des Rampenlichts zu tun.« Sie hält kurz inne. »Das mag seltsam klingen, aber ich bin noch nie besonders gut darin gewesen, im Mittelpunkt zu stehen.«
»Unsinn!«, widerspricht Eileen. »Sie sind ein Naturtalent! Der geborene Star!«
Felicity schüttelt den Kopf. »Letztendlich … bin ich nur ein normales Mädchen, das ein ruhiges Leben führen will. Ich habe nie etwas anderes gewollt.«
Der dumpfe Schmerz in meiner Brust lässt ein wenig nach.
»Aber Ihre Großmutter, möge sie in Frieden ruhen, war Bethany Hayes – einer der größten Stars der Countrymusik«, argumentiert Eileen. »Man könnte sagen, dass Ihnen der Ruhm in die Wiege gelegt wurde, Felicity. Finden Sie nicht, dass Sie verpflichtet sind, ihr zu Ehren ihr Vermächtnis fortzuführen?«
Felicitys Augen füllen sich mit Tränen, als Eileen ihre Großmutter erwähnt. Der Anblick weckt in mir das Bedürfnis, sie in meine Arme ziehen zu wollen, um sie fest an meine Brust zu drücken und ihr den Trost zu spenden, den sie so dringend braucht.
»Ich …« Sie schluckt schwer. »Ich habe nicht …«
Als ich sehe, wie Eileen den Mund öffnet, um eine weitere Salve abzufeuern, erwacht mein Beschützerinstinkt brüllend zum Leben.
»Felicity hält das Vermächtnis ihrer Großmutter jeden Tag in Ehren, indem sie einfach so ist, wie sie ist – eine freundliche und mitfühlende Frau, die über eine Widerstandfähigkeit und innere Stärke verfügt, die jeder bewundern sollte. Auch wenn sie darauf beharrt, dass sie ein ›normales Mädchen‹ ist, kann ich Ihnen versichern, dass an ihr nichts auch nur ansatzweise gewöhnlich ist. Sie ist ein Star, und daran wird sich niemals etwas ändern, ob sie nun je wieder auch nur eine einzige Note singt oder nicht.«
Für einen Augenblick herrscht im Studio absolute Stille. Dann bricht das Publikum in laute Jubelrufe aus. Ich wage es nicht, zu Felicity zu schauen. Stattdessen halte ich den Blick auf Eileen gerichtet und warte ab, wie sie nun, da ich ihre Befragung unterbrochen habe, reagieren wird.
»Da haben Sie recht, Ryder. Da haben Sie recht.« Sie verzieht verärgert den Mund, ist aber klug genug, die Sache auf sich beruhen zu lassen. »Ich danke Ihnen beiden, dass Sie so offen zu uns waren. Ich denke, ich spreche für alle, die heute hier im Publikum sind, und auch für die vielen Menschen zu Hause an den Bildschirmen, wenn ich Ihnen sage, dass wir so froh sind, dass Sie endlich den Weg zurück zu uns allen gefunden haben.« Eileen macht eine bewusste Pause, streckt einen Arm aus und drückt Felicitys Hand. »Aber können Sie uns verraten … wie genau Sie den Weg zurück zueinander gefunden haben?«
Tja, Eileen, nachdem Route 66 damit ged
roht hatte, mich auf Schadensersatz in Millionenhöhe zu verklagen …
Ich sehe, wie Felicity mit einer Antwort hadert, und mische mich geschickt ein. »Natürlich über die Musik. Sie brachte uns damals zusammen und hat uns jetzt wieder zueinander geführt.« Ich bemühe mich um einen aufrichtigen Tonfall. »Ob wir nun gemeinsam auf einer Bühne stehen oder Tausende von Kilometern voneinander entfernt sind … Wir werden immer über die Musik verbunden sein.«
»Voneinander entfernt?« Eileen stürzt sich auf die Formulierung. »Bedeutet das … Wollen Sie damit sagen … dass Sie beide nicht zusammen sind?«
Mein Kiefer verkrampft sich. »Nun ja …«
»In gewisser Weise werden wir immer zusammen sein, solange uns die Band verbindet«, fällt Felicity mir ins Wort. »Aber … Nein, zwischen uns besteht keine romantische Beziehung mehr. Als Freunde kommen wir besser miteinander zurecht als als Paar.«
Ein Raunen geht durch die Menge – mehrere Leute atmen gleichzeitig scharf ein.
Meine Person inbegriffen.
Felicitys Stimme zittert. »Ich meine, es gibt immer einen Grund, warum Beziehungen auseinandergehen, oder?«
Ich nicke zustimmend, als hätte sie mir nicht gerade das verdammte Herz aus dem Leib gerissen.
Sie hat die Hände zu festen Fäusten geballt, aber ihre Stimme klingt entspannt. »Keiner von uns will die gleichen Fehler machen, die wir schon mal gemacht haben.«
Sie denkt, dass das mit uns ein Fehler war.
»Oh, mein Gott!«, ruft Eileen aus und legt eine Hand auf ihr Herz, während sie zwischen uns hin und her schaut. »Ihnen ist schon klar, dass Sie gerade in diesem Moment überall in Amerika Herzen brechen!«
»Das tut mir leid!« Felicity verzieht die Lippen zu einem Lächeln, doch es wirkt traurig. »Aber auch wenn wir nicht mehr zusammen sind, sind wir immer noch Wildwood, genau wie früher.«
»Ryder, Sie sind verdächtig still«, bemerkt Eileen und zieht die Augen zusammen. »Wollen Sie dem etwas hinzufügen? Oder stimmen Sie Felicitys Aussage, dass Sie ›nur Freunde‹ sind, womöglich nicht ganz zu?«
Das ganze Studio hält den Atem an und wartet darauf, dass ich ihr widerspreche. Felicity dreht ruckartig den Kopf in meine Richtung. Ich kann das Flehen in ihren Augen sehen. Es brennt sich förmlich in meine Iris ein.
Ein normales Mädchen.
Ein ruhiges Leben.
Das ist alles, was ich jemals wollte.
Mein Adamsapfel hüpft unruhig auf und ab, während ich ihrem Blick standhalte. In diesem Moment wird mir klar, dass das, was ich will, keine Rolle spielt, und meine Pläne, sie zurückzugewinnen, nichts bringen werden. Ich kann sie nicht zwingen, wieder mit mir zusammen zu sein. Ich kann meine Nachtigall nicht in einen Käfig sperren und von ihr erwarten, dass sie singt. Selbst wenn mir bei dem Gedanken, sie davonfliegen zu lassen, das Blut in meinen Adern zu Eis gefriert.
»Ryder?«, drängt Eileen. »Besteht die Chance auf eine eventuelle romantische Wiedervereinigung?«
Ich kann das nicht.
Ich kann ihr diese Lüge nicht verkaufen.
Auch wenn es mich verdammt noch mal umbringt.
»Felicity hat recht.« Ich spanne den Kiefer so fest an, dass meine Zähne knacken. »Es tut mir leid, euch alle zu enttäuschen, aber wir sind nur Freunde. Das mir uns … ist vorbei.«
Wieder legt sich Stille über das gesamte Studio.
»Wow … Ich muss ehrlich sagen, dass ich das nicht erwartet habe.« Eileen lehnt sich auf ihrem Stuhl zurück, stößt einen tiefen Atemzug aus und schaut ins Publikum. »Seid ihr genauso enttäuscht wie ich?«
Sie johlen, stoßen Buhrufe und Pfiffe aus und lassen ihrem Unmut lautstark freien Lauf. Der Gedanke, dass ihre geliebte Band Wildwood zusammen auf Tournee geht, wir beide aber kein Paar mehr sind … Die Vorstellung, dass wir in jeglicher Hinsicht wiedervereint sind, nur eben nicht auf die eine Weise, die für sie am meisten zählt …
Das reicht beinahe aus, um einen Aufstand zu provozieren.
Eileen muss dreimal um Ruhe bitten, bis sich die Leute endlich abregen. Sie verzieht die Lippen und mustert uns beide mit einem durchtriebenen Blick. »Sehen Sie, was Sie jetzt angerichtet haben?«
Felicity rutscht unruhig auf dem Sofa hin und her.
Ich beiße die Zähne zusammen.
»Ich schätze, die einzige Möglichkeit, all diese Herzen zu heilen, die Sie gerade gebrochen haben, besteht darin, dass Sie eins Ihrer Lieder singen …« Eileen gibt einen tadelnden Laut von sich und schaut in die Menge. »Ich bin bereit, die zwei singen zu hören! Wie steht es mit euch?«
Sie jubeln, aber die Stimmung im Studio hat sich eindeutig verändert. Die grenzenlose Freude, die die Menschen ausstrahlten, als sie uns wieder zusammen auftreten sahen, ist nun von bitterer Enttäuschung durchzogen. Das Märchen, für das sie hergekommen waren, entpuppt sich nun eher als Tragödie – und ein glückliches Ende ist nicht in Sicht.
Der Eisklotz in meiner Brust, der angefangen hatte zu tauen, als Felicity vorhin ihre Hand um meine legte, fühlt sich nun kälter denn je an, als wir aufstehen und an die Mikrofone auf der Musikbühne treten.
Ich gehöre ihr. Ich werde immer ihr gehören.
Aber sie gehört nicht mehr mir.
Auch wenn ich weiß, dass es das Schwerste sein wird, was ich je getan habe – schwerer, als meinen Eltern den Rücken zuzukehren, schwerer, als Wiedergutmachung zu leisten, schwerer, als clean zu werden –, werde ich sie in Ruhe lassen, wenn es wirklich das ist, was sie will …
Ich werde nicht gegen sie kämpfen. Ich werde sie nicht zwingen.
Ich liebe sie genug, um sie gehen zu lassen.
11. KAPITEL
Felicity
Das mit uns ist vorbei.
Das rede ich mir seit über zwei Jahren ein – und das sagte ich auch zu ihm, als wir uns an jenem Abend im Studio zum ersten Mal wiedersahen. Also warum ist es so verflixt schmerzhaft diese Worte aus Ryders Mund zu hören? Warum habe ich plötzlich das Gefühl, keine Luft mehr zu bekommen, als wir unsere Plätze an den Mikrofonen auf der Bühne einnehmen und ich den Gitarrengurt mit zitternden Fingern über meine Schulter lege?
Ich behalte den Blick auf die Menge gerichtet, als wir uns bereitmachen, das Lied zu spielen, das uns damals berühmt machte. Vielleicht ist es die Magie dieses speziellen Stücks, vielleicht aber auch die Tatsache, dass wir sie in einer Akustikversion vortragen, ohne Linc oder Aiden als musikalische Unterstützung … Ich kann es nicht mit Sicherheit sagen. Aber als die erste Strophe einsetzt und ich seine heisere Stimme vernehme, stelle ich fest, dass sich die Mauer, die ich so sorgfältig zwischen uns errichtet habe, nicht mehr so gut aufrechterhalten lässt, wie es mir während der Proben mit den Jungs möglich war. Ich kann nicht so singen, als wäre er ein Fremder.
Meine Schutzwälle beginnen zu bröckeln, als ich meine Augen fest auf seine richte. Die schwere Last unserer Vergangenheit und das gebrochene Versprechen, was unsere Zukunft betraf, dröhnen zwischen uns in der Luft.
Und Ryder singt.
Saw you in the crowd the other day
You were ten years older, ten years colder
When your gaze wandered my way …
Seine Anziehungskraft ist zu mächtig … und ich bin wie ein frei schwebender Stern, der mit jeder Note und jedem Akkord von seinem Sog angezogen wird.
Irgendwie zwinge ich meine Lippen dazu, die Worte zu formen. Die Strophe rollt aus meinem Mund wie Tränen über meine Wangen.
Wish that I could tell you that you’re hated
All those tears I cried, ’cause you never tried
And still, for years, I waited …
Wir spielen die Überleitung, und das Publikum fällt mit ein. Dutzende Stimmen schließen sich unseren an, doch ich höre sie kaum. Ich bin vollkommen gefangen von dem Mann neben mir, während unsere Stimmen in perfekter Harmonie miteinander verschmelzen.
’Cause love don’t burn out, even though you’re gone
And hate don’t come just ’cau
se you write it in a song …
Zwei Jahre später hat der Text immer noch eine unheimliche Bedeutung.
Sure it’s sad but it isn’t complicated …
You’re my only memory that never faded …
You never faded … Oh …
Die letzten Noten verklingen.
Unsere Finger verharren.
Unsere Stimmen verstummen.
Wie aus einer anderen Welt höre ich, wie uns das Publikum euphorisch feiert. Ich höre Eileen reden. Aber wir sind nur noch auf uns beide fixiert und neigen uns einander zu wie zwei Magnete. In seinen Augen sehe ich das Leben, das wir nie führen durften. Eine kleine blaue Schachtel in einer Nachttischschublade. In meinem Herzen spüre ich den Kummer endloser schlafloser Nächte in meinem kalten, leeren Bett.
Er steht direkt neben mir – so nah, dass ich die Hand ausstrecken und ihn berühren könnte. Und doch ist er irgendwie eine ganze Galaxie weit entfernt.
Das mit uns ist vorbei.
Das mit uns ist vorbei.
Das mit uns ist vorbei.
Meine Augen füllen sich unweigerlich mit Tränen. Als Ryder sie sieht, verzieht er das Gesicht zu einer Maske aus Schmerz. Er macht einen Schritt in meine Richtung. Ein automatischer Reflex, weil er mich leiden sieht. Denn auch wenn zwischen uns noch längst nicht alles wieder im Reinen ist – die Situation ist nach wie vor eisig, verkrampft und von einem Gefühl des Verlusts erfüllt –, besteht sein erster Impuls darin, mich zu trösten.
Genau jetzt in diesem Moment …
Fühle ich mich verunsichert genug, um es zuzulassen.
Als Eileen plötzlich in dem kleinen Abstand zwischen uns auftaucht und unseren Blickkontakt unterbricht, kracht die Realität wie ein Vorschlaghammer auf mich herab.
»Das war traumhaft! Absolut großartig!« Sie strahlt so hell, dass wir förmlich geblendet sind. »Gott, wann immer diese beiden dieses Lied singen, muss ich nach einem Taschentuch greifen. Wie seht ihr das, Leute?«
Faded Duet 2 - Faded - Wenn alles stillsteht Page 10