Und Ryder.
Ryder, der überall ist, in jedem Atemzug und jedem Takt. Er teilt sich ein Mirofon mit mir, sieht mir in die Augen und singt in absoluter Harmonie mit mir. Das Publikum sieht zwei Musiker, die sich im Einklang bewegen zu dem perfekt aufeinander abgestimmten Gesang. Sie sind uns nicht nah genug, um die Wut zu erkennen, die so hell in unseren Augen lodert, während wir einander in die Augen sehen wie verlorene Liebende und Worte singen, an die wir längst nicht mehr glauben. Sie sind zu weit von uns entfernt, um zu sehen, dass sich die Hände, die sich nacheinander ausstrecken, lieber zu wütenden Fäusten ballen würden, anstatt sich zärtlich zu umfassen.
»You’re the moon, I’m the sun, stuck in distant skies«, singe ich. Die ultimative Heuchelei.
»I’d gladly burn out, to see the light in your eyes«, erwidert er ebenso verlogen.
Ich bin zu sauer, um wegen meines Auftritts nervös zu sein. Die Wut brodelt immer noch kochend heiß in meinen Adern. Ich verdränge sie nicht und kehre sie auch nicht unter den Teppich. Ich labe mich an ihr und lege jedes noch so kleine bisschen davon in die Musik, während ich die Worte nur so herausschmettere und besser klinge als bei den ganzen Proben und Soundchecks zuvor. Ich singe ein Lied nach dem anderen, eine Note nach der nächsten und lege all meine Empfindungen hinein, bis ich nichts als eine Hülle bin, die in einem Nachthimmelkleid über die Bühne stolziert.
Wir beenden das Konzert natürlich mit »Faded«. Unser letztes Lied des Abends ist dasjenige, das die Leute so gut kennen und das wir vermutlich nicht einmal selbst singen müssten, weil sie es an unserer Stelle tun würden. Sie rasten vollkommen aus, als Ryder und ich unsere Gitarren und Mikrofonständer zurücklassen und über den Laufsteg zur Plattform inmitten des Zuschauerraums wandern. Hier bin ich den Leuten so nah, dass ich ihre Gesichter sehen kann. Sie sind zur Hälfte hinter Handys verborgen, mit denen sie jede unserer Bewegungen aufzeichnen und sofort in die sozialen Netzwerke hochladen. Als wir das Ende der Plattform erreichen, beuge ich mich vor, um ihre Fingerspitzen mit meinen zu berühren. Ich streife erwartungsvolle Hände und lächle, als sie vor Begeisterung kreischen. Hinter mir höre ich glückliche Quietschlaute und weiß, dass Ryder auf seiner Seite genau das Gleiche macht.
Das Intro schwillt in der Luft um uns herum an. Wir nehmen unsere Plätze ein: Rücken an Rücken in der Mitte der Plattform, die Augen voneinander abgewandt. Ich bin erleichtert, dass ich ihn nicht anschauen muss. Ich will keinen Krieg führen – zumindest nicht, während wir dieses spezielle Lied singen.
’Cause love don’t burn out, even though you’re gone
And hate don’t come just ‘cause you write it in a song …
Die Plattform unter uns fängt an, sich langsam im Kreis zu drehen und verschafft uns dadurch einen Dreihundertsechziggradblick auf die ganze Arena, während wir wie Statuen dastehen und auf die Menge hinausschauen. Ein Meer aus Handylichtern funkelt uns aus der pechschwarzen Dunkelheit entgegen und bewegt sich im Takt hin und her, während wir uns drehen.
Sure it’s sad but it isn’t complicated …
You’re my only memory that never faded …
Oh …
Als die letzten Töne verklingen, gehen die Lichter aus und tauchen das Stadion in vollkommene Schwärze. Der Himmel explodiert, als die Stimmen der Fans die Leere erfüllen, die unsere Stimmen hinterlassen haben. Ich atme schwer, lasse das Mikro sinken und lausche ihren Jubelrufen, die von allen Seiten kommen. Eine Begeisterungswelle nach der anderen schwappt über uns hinweg, und ein Ende ist nicht in Sicht. Ryder hat den Rücken gegen meinen gepresst. Ich kann spüren, dass er ebenso schnell atmet wie ich. Seine Muskeln sind unter dem Stoff seines T-Shirts angespannt. Ich widerstehe dem Drang, mich gegen ihn zu lehnen, als sich die Plattform unter uns erneut in Bewegung setzt, nach unten fährt und im Boden versinkt – ein Trick, jemanden von der Bühne verschwinden zu lassen, der eher zu einem Zauberkünstler als zu zwei Musikern passt, wenn man mich fragt, aber die Menge rastet schlichtweg aus.
»ICH LIEBE DICH, RYDER!«
»FELICITYYYY!«
»NOCH EIN LIED! NOCH EIN LIED!«
»WIR LIEBEN EUCH, WILDWOOD!«
»ZUGABE! ZUGABE! ZUGABE!«
Die Plattform kommt unter der Bühne sanft zum Stehen, und dann ist es innerhalb einer Sekunde … vorbei. Unser erstes offizielles Konzert. Wir betreten den engen Bereich, der unter dem Laufsteg entlang verläuft. Crewmitglieder geleiten uns mit Taschenlampen durch die Dunkelheit. Es ist unheimlich, durch die Eingeweide der Arena zu laufen, während um uns herum begeisterte Rufe von überallher widerhallen.
Wir sind wie zwei Gladiatoren, die den letzten Gang von den Katakomben zu einem Blutbad antreten.
Es dauert eine Ewigkeit, bis der Applaus verklingt, selbst nachdem die Lichter im Stadion flackernd wieder zum Leben erwacht sind. Die Leute klatschen immer noch, als wir die dunkle Treppe hinaufsteigen, die vom Bereich unterhalb der Bühne zu den Seiteneingängen führt. Ich habe gerade mal zwei Schritte gemacht, als ich auch schon in eine schwitzige Umarmung gezogen werde.
»Du hast es gerockt, Fee!« Lincoln drückt mir einen feuchten Kuss auf die Wange.
»Ich? Was ist mit dir?« Ich grinse ihn an. »Du warst der Hammer! Ich dachte, dass deine Trommeln anfangen würden zu qualmen, als du bei ›Orbit‹ dieses Solo gespielt hast.«
Er lässt mich los, um Ryder in den Schwitzkasten zu nehmen, während ich mich zu Aiden herumdrehe, der vor Begeisterung ganz rot im Gesicht ist. Er grinst mich breit an und zerstrubbelt mein Haar. Doch sein Blick zuckt schon bald zu etwas hinter meinem Rücken. Ich bin nicht überrascht, Carly dort vorzufinden, als ich mich umdrehe.
»Du bist eine Göttin!«, schreit sie und umarmt mich fest. »Eine echte, wahrhaftige Göttin!«
»Ach, hör auf«, murmle ich verlegen.
»Wie du wünschst, meine Königin.« Sie tritt einen Schritt zurück und verneigt sich theatralisch. »Ernsthaft, ich bin deiner nicht würdig!«
Ich muss gegen meinen Willen lachen und lasse mich von der Ausgelassenheit des Moments mitreißen. Alle reden gleichzeitig – die Jungs, Francesca, die Techniker. Es ist ein Wirbel aus Klängen und Licht und Farbe, während alle wie wild durcheinanderreden. Meine Augen haben Schwierigkeiten, alles auf einmal zu verarbeiten, als sie plötzlich etwas wahrnehmen. Einen Punkt vollkommener Stille in diesem Sturm.
Ungleiche Augen in einem Gesicht, das absolut ausdruckslos ist.
Mein Grinsen verblasst, während ich Ryders Blick inmitten des überfüllten Backstagebereichs standhalte. Wut flammt wieder in mir auf wie glühend heiße Kohlen, deren Glut von einem Windstoß angefacht wird, als ich mich an die barschen Worte erinnere, die wir vor dem Konzert ausgetauscht haben. Ein Teil von mir will sich für alles entschuldigen, was ich getan habe, um uns an diesen Punkt zu bringen. Ein Teil von mir will die Flammen ersticken, bevor sie außer Kontrolle geraten. Doch der andere Teil – der rücksichtslose Teil – will dieses Feuer schüren, bis es außer Kontrolle gerät, selbst wenn es uns beide dabei zu Asche verbrennt.
Er spannt den Kiefer an.
Ich recke das Kinn.
Sein Blick schwelt.
Ich ziehe die Augen gefährlich zusammen.
»Felicity! Ryder!« Francescas Stimme sorgt dafür, dass wir beide ruckartig in ihre Richtung schauen, als sie diesen angespannten Moment dankenswerterweise unterbricht. »Kommen Sie. Ihre Arbeit ist noch nicht beendet – wir erwarten vierzig VIPs, die Sie kennenlernen und Fotos mit Ihnen machen wollen.«
Irgendwie klingt sogar das angenehmer, als hier zu stehen und sich wortlos mit einem Mann auseinanderzusetzen, der jedes meiner Argumente kennt, bevor es überhaupt meinen Mund verlässt.
14. KAPITEL
Ryder
Nach einer Stunde Dauerlächeln und Posieren mit Fans schmerzen meine Wangen, und meine Laune – die ohnehin schon nicht die beste ist – droht zu kippen.
»Ich bin echt dein größter Fan aller Zeiten!« Eine junge Frau mit riesigen Brüsten lehnt sich dicht an mich heran. I
n ihren Augen schimmern Lust und Alkohol, während sie mein Gesicht betrachtet. »Ich kann echt nicht glauben, dass ich dich endlich kennenlerne. Das ist so … Oh. Mein. Gott. Ich raste aus.«
Mein Grinsen erinnert eher an eine Grimasse, aber offenbar findet mein größter Fan aller Zeiten es charmant genug, wenn man bedenkt, dass sie sich dreist noch dichter an mich drückt und mit ihren üppigen Brüsten absichtlich meinen rechten Arm streift.
»Kann ich ein Autogramm bekommen?«
»Klar«, sage ich und schnappe mir einen Permanentmarker vom Tisch hinter mir. »Hast du ein Poster?«
»Ich dachte eher …« Die Frau beißt sich schelmisch auf die Lippe und zieht ihre Bluse nach unten, um mir die weiße Haut ihres Dekolletés zu präsentieren. »Hier.«
Ich schlucke ein Schnauben hinunter und kritzele etwas, das vage Ähnlichkeit mit meiner Unterschrift aufweist, auf ihre Haut.
»Danke«, keucht sie und blinzelt zu mir hoch, als hätte ich ihr gerade einen Orgasmus verschafft.
»Keine Ursache«, murmle ich. An der gegenüberliegenden Wand entdecke ich Linc und Aiden, die beide breit grinsen, während sie sich ebenfalls erwartungsvollen VIPs widmen. Ein paar Frauen umkreisen sie wie Wölfe, die sich auf einen Angriff vorbereiten. Sie trinken ihr Bier, lächeln lässig und sind nur allzu bereit, sich für diese Sache zu opfern.
War ich je so unbeschwert?
Ich erinnere mich kaum noch an den Kerl, der ich früher einmal war … vor Felicity. Damals war ich jede Nacht mit einer anderen Frau im Bett und blieb nie bis zum nächsten Morgen. Damals verbrauchte ich meine Eroberungen schneller als Zigaretten und rauchte ohne Reue Kette.
Ich fühle mich schäbig, es zuzugeben, aber in meiner Erinnerung sind all diese Frauen so verblichen und austauschbar wie die Zigarettenstummel, die ich auf den Boden werfe, wenn ich mein Verlangen befriedigt habe. Eine lange Parade aus bedeutungslosem Sex ohne Bedingungen.
Bis sie in mein Leben trat und alles veränderte.
»Also …« Die Frau klebt immer noch an mir wie ein hartnäckiger Fussel. »Wie ist das Leben auf einer Tournee so?«
»Da die Tournee noch gar nicht richtig begonnen hat, kann ich das nicht sagen«, sage ich und zwinge mich zu einem höflichen Tonfall.
Das kostet mich jede Menge Überwindung, so wütend wie ich bin.
Ich drehe den Kopf von ihr weg und suche die Menge nach Francesca ab. Sie steht hinter dem Merchandisestand rechts von mir und scrollt durch ihre E-Mails, während sie die endlose Reihe aus VIPs überwacht, die durch den Seiteneingang strömt. Die Leute scheinen nicht weniger zu werden, obwohl wir uns bereits seit einer gefühlten Ewigkeit pflichtbewusst unters Volk mischen.
»Francesca.«
Sie schaut auf, als sie mein Knurren vernimmt und atmet scharf aus, sobald sie die Frau entdeckt, die nun förmlich an meiner Seite klebt. Sie schnippt mit den Fingern, und zwei ihrer Lakaien eilen sofort los, um einzugreifen. Mit einiger Mühe gelingt es ihnen, die Frau von mir wegzuzerren.
»Mach’s gut, Ryder!« Sie wirft mir eine Kusshand über die Schulter zu, als sie sie davongeleiten.
»Wie lange müssen wir das noch über uns ergehen lassen?«, frage ich Francesca durch zusammengebissene Zähne.
»Nicht mehr lange«, erwidert sie und macht sich nicht die Mühe, von ihrem Handy aufzuschauen. »Nur noch eine weitere Gruppe, dann sind Sie erlöst.«
Ich bereite mich innerlich auf die letzte Welle Fans vor, als diese den Raum betreten. Glücklicherweise sind sie nicht ansatzweise so übergriffig wie die davor. Ich signiere ihre Poster, posiere für Fotos und danke ihnen dafür, dass sie zum Konzert gekommen sind.
Eine endlose Wiederholung.
Das dümmliche Grinsen auf meinem Gesicht gerät ins Wanken, als ich zu Felicity hinüberschaue, die auf der gegenüberliegenden Seite des Raums ihren eigenen, nicht enden wollenden Strom aus Bewunderern hat. Ich kann nicht umhin zu bemerken, dass der Großteil von ihnen Männer sind. Sie umringen sie von allen Seiten. Mein Kiefermuskel zuckt, als ich beobachte, wie sie mit ihr scherzen, um sie zum Lachen zu bringen, und sich vorbeugen, um ihr ins Ohr zu flüstern. Wenn sie mit ihr für Fotos posieren, legen sie ihre Hände um ihre Taille und begaffen ihren schlanken, zierlichen Körper in diesem aufreizenden, engen Kleid, das sie trägt.
Sie sieht wie ein verdammter Meteorit aus – ein Funkeln aus Silber und Schwarz. Ihre schwarz umrandeten Augen schimmern selbst aus ein paar Metern Entfernung golden wie Honig. Ihr Lippenstift ist knallrot, eine Hommage an die legendäre Bethany Hayes – und eine enorme Ablenkung. Ich bin den ganzen Abend über auf ihren Mund fixiert gewesen, ob er nun vor Wut verzogen war oder Liedtexte über seine Lippen gekommen sind.
In dem Augenblick, in dem sie aus ihrer Garderobe kam, musste ich mich mit aller Gewalt zusammenreißen, um sie mir nicht über die Schulter zu werfen, sie zurück in die Garderobe zu tragen, sie gegen die nächstbeste Wand zu drücken und sie zu küssen, bis kein bisschen Rot mehr auf ihren Lippen gewesen wäre … bis sie in meinen Armen dahingeschmolzen wäre und zugegeben hätte, dass sie mir gehört und für immer mein sein wird.
Was eine Erklärung dafür sein könnte, warum ich nur wenige Augenblicke später absolut nicht mehr in der Lage war, mich zu beherrschen, als sie mich wegen meines Verhaltens in letzter Zeit zur Rede stellte.
»Danke, dass ihr gekommen seid«, sage ich zu einer Mutter mittleren Alters und ihrer Teenagertochter, während ich unser Album für sie signiere. Gleichzeitig werfe ich dem Mann, der Felicity umarmt, über ihre Köpfe hinweg böse Blicke zu. »Eure Unterstützung bedeutet uns alles.«
Felicity scheint meinen Blick auf sich zu spüren, hebt den Kopf und schaut direkt in meine Richtung. Ihre Augen verfinstern sich, sobald sich unsere Blicke begegnen. Sie schottet sich vollkommen ab, während sich die Luft zwischen uns mit Erinnerungen füllt.
Du hast mich ignoriert und ausgeschlossen …
Du hast mir das Herz aus der Brust gerissen.
Du bist so kalt gewesen, dass ich kaum atmen konnte …
Ich bin nicht mehr dein Freund, Baby.
Wir wenden den Blick gleichzeitig voneinander ab.
»Hey, ihr zwei!« Ich zwinkere den nächsten beiden Mädchen in meiner Schlange zu, woraufhin sie erröten und kichern, während sie näher kommen. »Danke, dass ihr heute Abend gekommen seid …«
Endlose.
Wiederholung.
»Ja, hier ist Francesca.« Die Managerin von Route 66 hört dem Gesprächspartner am anderen Ende der Verbindung einen Augenblick lang zu. Dann seufzt sie laut in ihr Handy. »Nein, Sie sollten die Busse zur Rückseite der Halle bringen.« Sie hält inne. »Tja, das ist ganz und gar nicht in Ordnung. Jetzt wird die Menge sich auf uns stürzen.«
Sie beendet das Telefonat, indem sie wütend mit einem Finger auf das Display tippt und etwas über Inkompetenz vor sich hin murmelt. Sie schaut auf und entdeckt mich, Felicity, Aiden, Lincoln und Carly sowie zwei der Sicherheitskräfte, deren Namen ich mir irgendwie nicht merken kann. Wir alle blicken sie mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Offenbar stehen die Busse auf dem seitlichen Parkplatz und nicht auf dem hinter dem Gebäude. Obwohl ich zweimal angerufen habe, um das abzuklären.« Sie schürzt die Lippen. »Man sollte meinen, dass eine derart simple Anweisung keine besondere Herausforderung darstellen sollte, und doch …«
»Francesca, das ist jetzt nicht wirklich ein Drama.« Aidens Stimme klingt beschwichtigend. »Wir können zum Seiteneingang des Gebäudes laufen.«
»Darum geht es nicht.« Sie setzt ihre strengste Miene auf. »Es geht darum, dass ich Ihre Plattenfirma repräsentiere und nicht Ihre Tourneemanagerin bin. Es ist nicht meine Aufgabe, mich um all diese Dinge zu kümmern, und ich kann Ihnen auch nicht all meine Praktikanten zur Verfügung stellen. Wie ich Ihnen schon vor Wochen sagte: Sie müssen jemanden finden, der sich um all diese Dinge kümmert, während Sie unterwegs sind. Es werden immer wieder Probleme auftauchen, und ich werde nicht zur Stelle sein, um sie zu lösen, abgesehen von den wenigen Malen, wenn ich zum
Veranstaltungsort reise, um mir eins Ihrer Konzerte anzuschauen. Ich habe noch andere Künstler unter Vertrag, um die ich mich kümmern muss.« Sie setzt eine enttäuschte Miene auf, als hätte sie es mit ungezogenen Kindern zu tun. »Haben Sie keinen Kontakt zu den Tourneemanagern aufgenommen, die ich Ihnen empfohlen habe?«
»Das waren alles total schmierige Typen«, murmelt Aiden.
»Hier geht es nicht darum, ob sie die Benimmregeln beherrschen.« Francesca verschränkt die Arme vor der Brust. »Ehrlich gesagt mache ich mir weniger Gedanken um ihr Benehmen. Mir geht es vielmehr darum, wie sie ihren Job erledigen. Alle Kandidaten, die ich Ihnen geschickt habe, verfügen über ausreichend Erfahrung und machen ihre Sache gut – das habe ich gründlich überprüfen lassen. Ich verstehe nicht, warum ihr Benehmen da eine Rolle spielen sollte.«
»So etwas kann auch nur ein Firmenroboter wie Sie sagen«, murmelt Lincoln leise.
»Linc«, knurre ich. »Pass auf, was du sagst.«
Er hebt abwehrend die Hände. »Ich spreche nur die Wahrheit aus.«
»Francesca …« Ich versuche, einen Mittelweg zu finden, bevor die Situation eskaliert. »Ich entschuldige mich, wenn wir dafür verantwortlich sind, dass Sie Aufgaben übernehmen mussten, die nicht zu ihrem Job gehören. Aber auch wenn wir Ihre Empfehlungen zu schätzen wissen, haben wir mit genug Leuten aus dieser Branche zu tun gehabt, um zu erkennen, mit wem wir arbeiten können und mit wem nicht. Diese Kandidaten passten einfach nicht zu uns. Wir werden den richtigen Tourneemanager schon noch finden.«
»Und was machen Sie bis dahin?« Ihr Tonfall ist streng. »Sie brechen in weniger als einer Stunde nach Las Vegas auf. Glauben Sie etwa, während der nächsten dreieinhalb Monate, die Sie unterwegs sein werden, auf ein Überangebot an passenden Kandidaten zu stoßen?«
Eine angespannte Stille senkt sich über den Raum – bis sie von einem zaghaften Räuspern durchbrochen wird.
»Vielleicht kann ich helfen.«
Alle schauen mehr oder weniger überrascht zu Carly. Sie errötet angesichts der ganzen Aufmerksamkeit, hält sich aber tapfer. »Ich bin gut darin, Dinge zu organisieren. Ich könnte mich um die beweglichen Teile der Tournee kümmern – sozusagen –, damit ihr alle einen freien Kopf habt und euch auf eure Musik konzentrieren könnt. Natürlich nur vorübergehend«, fügt sie mit einem Schulterzucken hinzu. »Bis ihr jemanden findet, der besser für den Job geeignet ist.«
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