Der letzte erste Song (Firsts-Reihe 4) (German Edition)

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Der letzte erste Song (Firsts-Reihe 4) (German Edition) Page 28

by Bianca Iosivoni


  Nicht gerade einer meiner Glanzmomente, aber auch nach der kurzen Schlussphase, die darauf folgte, hatten wir wieder zueinandergefunden, und ich hatte sie langsam an die Tatsache herangeführt, mit wem ich mir das Zimmer teilte. Sie war nicht begeistert gewesen, und insgeheim glaubte ich, dass sie darauf gehofft hatte, dass einer von uns auszog, sobald sich die Möglichkeit ergab. Dass wir später sogar freiwillig wieder zusammenzogen – diesmal als Mitbewohner einer WG und nicht mehr als Zimmergenossen –, war nicht gerade gut bei Jenny angekommen und hatte zu einer weiteren Pause zwischen uns geführt. Die hatte damals denselben schalen Beigeschmack wie die Situation heute, trotzdem war es diesmal etwas anders. Zum allerersten Mal war diese Trennung nicht nur von Jenny ausgegangen, sondern auch von mir. Und diesmal trank ich mich weder unter den Tisch, noch begann ich, haufenweise todtrauriger Songs zu schreiben. Huh. Wie ungewohnt.

  Gerade als meine Gedanken in eine andere Richtung und zu einem ganz anderen Mädchen wandern wollten, bemerkte ich die Blicke, die alle in meine Richtung warfen, und runzelte die Stirn. »Was ist? Hab ich was im Gesicht?«

  Dylan war der Erste, der sprach. »Sicher, dass alles in Ordnung ist?«

  »Er macht kein Drama aus der Sache …«, murmelte Trevor, bevor ich etwas darauf erwidern konnte.

  »Ja«, bestätigte jetzt auch Luke. »Er hat kein einziges Mal gesagt, dass er sterben will.«

  »Oder gefragt, wie sein Leben jetzt weitergehen soll«, fügte Dylan trocken hinzu.

  Luke wedelte mit der Hand vor meinem Gesicht herum. »Vielleicht ist er noch in Schockstarre.«

  Trevor nickte mit einem Stück Pizza im Mund. »Wir sollten das im Auge behalten.«

  »Fickt euch.« Ich zeigte ihnen den Mittelfinger. »Ich bin okay.«

  Und zu meiner eigenen Überraschung entsprach das der Wahrheit. Es ging mir nicht gut nach diesem … Gespräch … oder was auch immer das mit Jenny gewesen war. Das konnte es gar nicht. Aber ich war auch nicht am Boden zerstört und völlig fertig mit der Welt. Diese ganze Situation war nicht gerade toll, doch sie war mir auch sehr bekannt. Und sie war … okay. Ich war okay.

  Kapitel 18

  Grace

  Am letzten Samstagabend im September ging ich nicht wie meine Freunde und Kommilitonen feiern. Ich besuchte weder meine Familie übers Wochenende, noch verbrachte ich die Zeit im Gemeinschaftsraum im Erdgeschoss. Stattdessen verlagerte ich meinen bis weit über den Rand gefüllten Wäschekorb von der einen Hüfte auf die andere, während ich gleichzeitig versuchte, die Tür des Wohnheims mit dem Ellenbogen aufzustoßen. Nicht meines eigenen Wohnheims, wohlgemerkt, sondern des gegenüberliegenden. Genau einen Tag, bevor ich mich nicht mehr vor dem Waschen drücken konnte, hatte es bei uns einen Wasserrohrbruch gegeben. Irgendjemand war offenbar so clever gewesen, eine Plastiktüte mitzuwaschen, die die Rohre verstopft und so für eine Überflutung des ganzen Raums gesorgt hatte. Der Waschraum war unbegehbar, und wir wurden von der Wohnheimleitung vertröstet: Entweder wir warteten ab, bis alles wieder instandgesetzt war – oder wir wuschen unsere Wäsche woanders, vorzugsweise in Gebäude B, da es dort die meisten Maschinen gab. Und da ich nicht mehr warten konnte, weil mir die sauberen Klamotten ausgingen, hatte ich keine andere Wahl, als mich aufzuraffen und die Sache endlich hinter mich zu bringen. Schnell und im Idealfall allein, da hoffentlich jeder an einem Samstagabend etwas Besseres zu tun hatte, als sich um seine Schmutzwäsche zu kümmern.

  Ich ignorierte die neugierigen Blicke der Leute, die sich im Eingangsbereich tummelten und sich auf den Sofas ausgebreitet hatten, und reckte das Kinn in die Höhe. Es gab hier absolut nichts zu sehen. Wenigstens wirkte Mrs Glennard, die Leiterin des Wohnheims, die hinter dem Tresen an ihrem Tisch saß, absolut nicht überrascht. Sie sah mich eher mitleidig an, als ihr Blick auf den Wäscheberg fiel, den ich vor mir hertrug, aber sie hielt mich nicht auf, sondern wies mich sogar in die Richtung, in die ich gehen musste. Wahrscheinlich war ich seit gestern nicht die Einzige, die mit einem vollen Wäschekorb hier ankam.

  Schon als ich den langen Flur entlangging konnte ich hören, dass keine einzige Maschine lief. Perfekt. Kaum hatte ich den Raum erreicht, der so stark nach Waschmitteln roch, dass mir kurz die Luft wegblieb, begann das Handy in der Tasche meines knielangen Faltenrocks zu vibrieren. Ich stellte den Korb ab und hielt mir das Telefon ans Ohr, nachdem ich einen kurzen Blick auf das Display geworfen hatte.

  »Die Antwort ist immer noch Nein.«

  »Ach, komm schon!«, rief Emery am anderen Ende der Leitung. Ich konnte sie förmlich vor mir sehen, wie sie sich die Haare mit den in Pink getauchten Spitzen raufte. »Du kannst nicht ernsthaft den Samstagabend zu Hause bleiben wollen, wenn wir feiern gehen. Und warum? Weil du deine Wäsche machen willst?« Sie schnaubte ungläubig.

  Ich verdrehte die Augen und sparte mir eine Antwort darauf. Dass ich hier war, umringt von Waschmaschinen und Trocknern, war ja wohl der beste Beweis dafür, dass das keine Ausrede gewesen war. Ich musste wirklich waschen.

  »Oder ist es wegen dem, was ich letztens auf dem Weg zum Kino gesagt habe? Über Maze und dich …?«

  Ich presste die Lippen aufeinander. Als die Erinnerungen in meinem Kopf auftauchen wollten, beschäftigte ich mich damit, meine Wäsche nach Farben und Stoffen zu sortieren. Rot zu Rot, die Blusen auf einen anderen Stapel als die Seidenunterwäsche … Trotzdem drängten sie sich unaufhaltsam in meinen Kopf, allen voran dieses verfluchte Foto von Mason und mir. Warum hatte Emery es mir überhaupt zeigen müssen? Es änderte gar nichts. Das Einzige, was sich in der letzten Woche geändert hatte, war, dass ich Mason so gut wie gar nicht zu Gesicht bekommen hatte. Unsere gemeinsamen Kurse verließ er immer als Allererster, und während der Bandproben wirkte er abwesend und distanziert.

  Vielleicht war das besser so. Und vielleicht würde ich das auch irgendwann glauben, wenn ich es mir nur oft genug einredete.

  »Hallo? Bist du noch dran oder hat dich ein schwarzes Loch verschluckt?«

  Ertappt zuckte ich zusammen. »Entschuldige. Was hast du gesagt?«

  »Dass ich gleich vorbeikomme und dich dazu zwinge, mit uns auszugehen«, erwiderte sie trocken. »Seit dem Kino haben wir uns kaum noch gesehen. Du hast mich sogar in Französisch allein gelassen!«

  Gegen meinen Willen musste ich schmunzeln. »Und du hast es überlebt.«

  »Gerade so.«

  Ich zwang mich dazu, mich weiter auf das Sortieren der Wäsche zu konzentrieren. »Du weißt doch, dass ich Myung-hee bei ihrem Make-up-Projekt geholfen habe.«

  Für ihre Bewerbungsmappe hatte sie sich verschiedene Modelle gesucht und diese in ganz verschiedenen Stilen geschminkt: vom natürlichen Nude-Look bis hin zu einer richtigen Maske, die mich in eine Kriegeramazone mit Leopardenmuster auf Schulter und Dekolleté verwandelt hatte. Ein Kumpel von ihr hatte die Fotos geschossen. Das Ganze hatte so viel Zeit in Anspruch genommen, dass ich nicht nur Französisch mit Emery hatte ausfallen lassen, sondern auch zwei andere Kurse, in denen ich mir Fehlzeiten erlauben konnte. Aber es hatte sich gelohnt. Die Bilder waren unglaublich geworden. Damit würde Myung-hee sich definitiv für einen Platz an dieser renommierten Make-up-Artist-Schule qualifizieren können, von der sie schon seit dem ersten Semester schwärmte.

  »Ein Grund mehr, heute Abend mitzukommen«, führte Emery an. »Dann kannst du mir alles davon erzählen. Komm schon! Das wird lustig. Mason ist heute nicht mal dabei.«

  Und ich wusste nicht, ob ich erleichtert oder enttäuscht deswegen sein sollte.

  Schritte in der Nähe. Stimmen, die lauter wurden und sich dann wieder entfernten. Zumindest glaubte ich das. Sicherheitshalber ging ich ein paar Schritte von der Tür weg und blieb neben einem Trockner stehen.

  »Apropos Mason. Da gibt es etwas, das du vielleicht …«

  »Darum geht es doch gar nicht, Em«, unterbrach ich sie. Ich atmete tief durch – und musste gleich darauf husten. Gott, ich würde noch an der Geruchsexplosion aus Frühlingsbrisen, Sommerfrische, Pfirsich und Vanille ersticken. »Ich mache wirklich meine Wäsche.«

  Einen Momen
t lang herrschte fassungsloses Schweigen.

  »Du hast das ernst gemeint? Das ist keine Ausrede? Du machst deine Wäsche an einem Samstagabend? Das ist ja noch trauriger, als wenn du dich im Bett verkriechen, Eis essen, schnulzige Liebesfilme anschauen und dabei hundert Taschentücher vollheulen würdest.«

  »Was du nicht sagst.« Meine Stimme wurde eine Spur schärfer, eine Spur lauter. »Wenn ich es heute nicht mache, habe ich morgen keine Unterwäsche. Ich habe jetzt schon keine mehr! Ich laufe ohne Unterwäsche herum! Ist dir das eigentlich klar?«

  Ein Räuspern hinter mir. Ich erstarrte und schloss für einen Moment die Augen. Das passierte jetzt nicht wirklich, oder? Ganz langsam drehte ich mich mit dem Handy am Ohr um.

  Mason stand in der Tür, eine vollgepackte Sporttasche in der Hand. Er betrachtete mich mit weit hochgezogenen Brauen und einem kaum unterdrückten Lächeln.

  Sterben. Jetzt. Bitte. Danke.

  Ich tat alles, um die Hitze aus meinem Körper zu verbannen, aber sie breitete sich innerhalb von Sekunden in mir aus, setzte sich in meinem Bauch fest und schoss mir in die Wangen.

  Grüßend hob Mason die Hand und schlenderte an mir vorbei zur nächsten Maschine. Dabei drang mir unweigerlich sein Duft in die Nase. Erstaunlich, dass sich der kühle, sportliche und einen Hauch blumige Geruch gegen die Mischung aus diversen Waschmitteln durchsetzen konnte.

  »Em?«, presste ich hervor, ohne den Blick von Mason zu nehmen. »Ich muss auflegen. Wir reden morgen.« Ich beendete den Anruf, ohne ihr eine Chance zu geben, etwas darauf zu erwidern – oder mich weiter davon überzeugen zu wollen, heute Abend mit ihr, Dylan, Elle und den anderen auszugehen.

  Seelenruhig packte Mason seine Klamotten aus, aber ich konnte deutlich sehen, wie seine Mundwinkel zuckten.

  »Na los«, fauchte ich. »Bringen wir es hinter uns.«

  Er warf mir einen fragenden Blick zu, ganz so, als wäre alles in bester Ordnung. Als wäre er in letzter Zeit nicht so seltsam distanziert gewesen. Und auch wenn ich wusste, dass das vermutlich das einzig Richtige war, hasste ich es, wie es neuerdings zwischen uns war.

  »Lass es raus«, forderte ich ihn auf.

  »Was genau?«

  »Die Sprüche, an denen du sicher gleich erstickst, wenn du sie nicht loswirst.«

  Falten zeichneten sich auf seiner Stirn ab, und einen Augenblick lang wirkte er tatsächlich völlig ahnungslos. Wäre da nicht das amüsierte Blitzen in seinen Augen.

  »Was denn? Kein Kommentar über meine fehlende Unterwäsche?«

  »Nope.«

  Ich konnte ihm ansehen, dass er sein Grinsen nur mit allergrößter Mühe zurückhielt. Aber es folgte kein blöder Spruch. Stattdessen schob er seine eigene Ladung in die Maschine, ganz ohne auf Farben und Materialen zu achten, und begann, vor sich hin zu summen.

  Es dauerte keine drei Sekunden, bis ich das Lied erkannte. »Ist das dein Ernst?«

  »Hm …?«

  »Du summst Pretty Woman.«

  »Tatsächlich?« Vor sich hin schmunzelnd schüttete er viel mehr Waschpulver als nötig in die Maschine. »Muss wohl einen guten Grund haben.«

  Und da war sie wieder, die Hitze, die sich in meinem Körper ausbreitete. Diesmal hinterließ sie aber auch ein Prickeln auf meiner Haut.

  Ich zwang mich dazu, mich wieder auf meine eigene Wäsche zu konzentrieren, verteilte sie auf drei Maschinen und gab das Pulver hinein.

  »Du summst mit«, stellte Mason plötzlich fest.

  Ich hielt mit der Packung in der Hand inne. »Was? Gar nicht.«

  Er deutete mit dem Finger auf mich. »Oh doch.«

  Ich hatte nicht wirklich angefangen, mit ihm dieses alte Lied zu summen, oder? Zugegeben, es war ein Klassiker, den Dad auch auf seinen alten Platten hatte und den ich immer gern gehört hatte. Gott, was war das bitte für ein konfuser Samstagabend? Meine Freunde gingen aus, und ich verbrachte ihn damit, im Waschraum meine Klamotten zu sortieren und zusammen mit Mason Pretty Woman zu summen. Denn er hatte absolut recht: Ich hatte mitgemacht.

  Aber statt mich damit aufzuziehen, widmete Mason sich wieder seiner Sporttasche und holte sein Handy hervor. Gleich darauf hielt er mir einen der beiden Kopfhörer hin.

  »Hier. Hör mal rein. Ich hab was Neues ausprobiert.«

  Ich schaltete die Maschinen ein und ging zu ihm rüber. Als ich nach dem Stecker griff, streiften sich unsere Finger und unsere Blicke für einen Moment. Rasch sah ich zur Seite und schob mir den Knopf ins Ohr, aber durch das Kabel waren wir gezwungen, viel zu nahe nebeneinander stehen zu bleiben.

  Als die ersten Töne erklangen, nickte ich im Takt und musste bald darauf schon lächeln. Dieser Song war schneller als der, an dessen Text wir gemeinsam gearbeitet hatten. Zuerst glaubte ich, es wäre eine fröhliche Nummer, wurde von den harten Gitarrenbeats aber schnell vom Gegenteil überzeugt. Das hier war kein fröhliches Lied. Es war ein Powersong, der sich langsam aufbaute und dann explodierte, als würde man all seine Ketten abwerfen und alles hinter sich lassen, was einen bisher zurückgehalten hatte.

  Ich schaute zu Mason hinüber. Mein Magen machte einen kleinen Sprung, als sich unsere Blicke erneut trafen. Ich räusperte mich, befeuchtete mir die trockenen Lippen und wünschte in derselben Sekunde, es nicht getan zu haben. Denn Masons Blick fiel auf meinen Mund, und mir wurde noch wärmer. Ich wollte mich losreißen, wollte etwas Abstand zwischen uns bringen, doch das Kopfhörerkabel hielt uns weiterhin zusammen.

  »Die Melodie ist wirklich gut«, sagte ich ehrlich und zwang mich zu einem Lächeln, auch wenn sich in meinem Inneren ein Chaos aus Hitze und den widersprüchlichsten Gefühlen ausbreitete. »Hast du schon einen Text dafür?«

  Er ließ mich nicht aus den Augen. »Bis jetzt noch nicht.«

  In seiner Stimme schwang eine unausgesprochene Frage mit, eine leise Herausforderung, und mein Herz, das ohnehin schon viel zu schnell schlug, begann zu rasen.

  »Vielleicht brauchst du jemanden, der dir ein paar Denkanstöße gibt? Dich in die richtige Richtung schubst?«

  Seine Mundwinkel zuckten, aber irgendwie schaffte er es, ernst zu bleiben. »Vielleicht.«

  Wieso musste ich ausgerechnet jetzt auf seinen Mund starren, insbesondere auf den Silberring an der Seite? Und warum lächelte er so, als wüsste er ganz genau, was mich gerade so furchtbar ablenkte?

  Ich schluckte hart und zwang mich dazu, meinen Blick wieder auf sein ganzes Gesicht zu fokussieren. Waren wir uns eben auch schon so nahe gewesen? Oder war das Kopfhörerkabel auf magische Weise kürzer geworden? Ich konnte jetzt so viel von der Wärme spüren, die Masons Körper ausstrahlte. Zusammen mit dem Geruch nach Waschmitteln und seinem ganz eigenen Duft ließ es meinen Kopf schwirren.

  »Vielleicht brauche ich aber auch einfach nur …«, begann er langsam und wandte sich mir jetzt mit dem ganzen Oberkörper zu.

  »Was?«, hauchte ich, und meine Stimme kam mir selbst überraschend heiser vor.

  Ein Gurgeln drang an mein Ohr. Es musste von den Waschmaschinen kommen, schien aber nicht hierher zu passen. Es klang irgendwie nicht richtig. Nicht so, wie es klingen sollte. Aber ich war zu abgelenkt, um mich darum zu kümmern. Nein, um genau zu sein, wollte ich mich nicht darum kümmern. Ich wollte, ich musste Masons Antwort hören.

  Seit unserer letzten Songwriting-Session waren fast zwei Wochen vergangen. Seit ich ihn gebeten hatte, zu gehen. Seit ich ihm geraten hatte, die Sache mit Jenny zu klären. In der Zwischenzeit hatten wir einige Bandproben hinter uns gebracht, waren uns auf dem Campus allerdings kaum über den Weg gelaufen. Und gerade in den letzten Tagen hatte ich dank Myung-hees Projekt kaum eine ruhige Minute gehabt.

  Anders als jetzt.

  Ich verlagerte mein Gewicht, als etwas meinen Fuß streifte. Ganz leicht nur, so zart wie ein Schmetterling, aber gleichzeitig auch irgendwie … kalt. Und feucht.

  Blinzelnd sah ich nach unten. Meine Füße steckten in meinen liebsten und bequemsten Riemchensandalen. Und trotz der hohen Absätze waren meine Zehen nass, weil Wasser und Schaum über den Boden flossen und
sich um uns herum ausbreiteten.

  »Was zum …?«, murmelte Mason, der meinem Blick gefolgt war. Ganz langsam drehte er sich um und gab den Blick auf einen ganzen Schaumberg frei, der aus den Waschmaschinen strömte und sich auf den Fliesen verteilte.

  Mason wich vor dem Schaum zurück – und rutschte aus. Instinktiv streckte ich die Hände nach ihm aus, versuchte ihn festzuhalten, aber das hatte nur zur Folge, dass wir beide das Gleichgewicht verloren und schmerzhaft auf dem Boden landeten. Autsch.

  »Bist du okay?« Sofort war er bei mir und strich mir das Haar aus dem Gesicht. Auch an seiner Hand hing Schaum und er verteilte etwas davon in meinem Haar.

  Ich nickte und ließ meinen Blick ungläubig durch den Waschraum wandern. Die Maschinen liefen noch immer, schleuderten und ruckelten so laut, als würde gleich ein Flugzeug abheben. Aus den Fächern sprudelte es ohne Ende. Oh Gott. Wir hatten viel zu viel Waschpulver hineingeschüttet, ohne es überhaupt zu realisieren. Mittlerweile war der ganze Boden glitschig und von Schaum und Wasser bedeckt. Genau wie wir. Kalt fraß sich das Wasser in meinen Rock und meine Bluse, der Schaum knisterte an meinem Ohr und kitzelte an meinen nackten Beinen.

  Die Szene war so surreal, dass ich lachen musste. Sofort presste ich mir die Finger auf die Lippen, doch als sich unsere Blicke trafen, prusteten wir gleichzeitig los. Was um Himmels willen passierte hier? In der einen Sekunde standen wir noch nebeneinander und redeten, in der nächsten saßen wir inmitten einer Schaumparty.

  »Komm!« Mason rappelte sich auf und hielt mir die Hände hin, um mir hochzuhelfen. »Bevor uns noch jemand erwischt.«

 

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