Was auch immer geschieht 01 - Finding back to us

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Was auch immer geschieht 01 - Finding back to us Page 13

by Iosivoni, Bianca


  Wütend – auf mich, auf die Welt und vor allem auf Keith – stieß ich mich von der Tür ab und marschierte durchs Zimmer. Die Kratzer brannten auf meiner Haut, genauso wie die Schürfwunde an meinem Knie, aber ich würde einen Teufel tun und wieder nach unten ins Bad gehen, solange Keith noch immer dort war.

  Das Klopfen an meiner Tür ließ mich zusammenzucken. Langsam drehte ich mich um und verschränkte abwehrend die Arme vor der Brust. Da Stella bei der Arbeit und Holly vermutlich noch immer damit beschäftigt war, Braden zur Schnecke zu machen, blieb nur eine Person, die jetzt vor meiner Tür stehen konnte. Und genau diese Person wollte ich nicht sehen. Doch Keith blieb hartnäckig und klopfte erneut. Lauter diesmal.

  Ich rollte mit den Augen. »Ja?«, rief ich widerwillig.

  Bitte lass ihn angezogen sein. Bitte lass ihn angezogen sein. Bitte lass …

  Die Tür öffnete sich und gab den Blick auf Keith frei. Sein schwarzes Haar war noch feucht, aber er hatte sich wenigstens etwas übergezogen. Eines seiner grauen T-Shirts spannte sich um seine Schultern. Der verwaschene Aufdruck irgendeiner Rockband prangte auf seiner Brust.

  »Hey.« Er stützte sich mit dem Unterarm gegen den Türrahmen, wodurch der Stoff seines Shirts ein, zwei Zentimeter nach oben rutschte und den Blick auf einen Streifen gebräunter Haut knapp über dem Bund seiner Jeans freigab. »Ich wollte nur sagen, dass das Bad jetzt frei ist.«

  Ich presste die Lippen aufeinander und nickte langsam. Er war doch nicht nur aus reiner Höflichkeit hier hochgekommen, oder? Ich traute der Sache nicht. Nein, ich traute ihm nicht.

  Sein Blick wanderte über meinen Körper und blieb an meinem aufgeschrammten Knie hängen. Es war dieselbe Stelle wie damals, als Keith mich verbunden hatte. Nur fühlte es sich jetzt so an, als wäre das in einem anderen Leben passiert.

  »Vielleicht sollte sich Stella die Kratzer mal anschauen …«, murmelte er und sah mir wieder in die Augen.

  »Nicht nötig.« Ich straffte die Schultern. »Ich kümmere mich darum.«

  Keith zögerte und fixierte mich. Er schien etwas sagen zu wollen, und für einen Moment überkam mich die Angst, er würde sich genau wie ich daran erinnern, wie er mich mit blutigem Knie in der Küche vorgefunden hatte. Aber was auch immer in ihm vorging, er entschied sich dafür, zu schweigen und stattdessen knapp zu nicken. »Wie du willst.«

  Damit war er verschwunden. Seine Schritte auf der Treppe verhallten, und ich war wieder allein. Und verwirrt. Was war das eben gewesen? Ich kannte den arroganten Keith, der mich bis zum Gehtnichtmehr reizte, aber diese zögernde Besorgnis war neu. Als würde er spüren, dass ich beim Joggen nicht einfach in einen Dornenbusch gefallen war und mir die Kratzer auf diese Weise zugezogen hatte. Was natürlich völliger Blödsinn war. Er konnte nicht wissen, wohin mich mein Weg heute geführt hatte.

  Kopfschüttelnd schnappte ich mir ein paar Wechselklamotten und machte mich auf den Weg nach unten. Doch als ich wenige Minuten später in der Dusche stand, gelang es mir nicht, meine Gefühle ebenso mit dem warmen Wasserstrahl fortzuspülen wie das Blut, den Schweiß und den Dreck von meinem Körper. Denn mit jedem Atemzug drang mir Keiths Duft in die Nase und erinnerte mich an diese neue Besorgtheit, die so gar nicht zu dem Mistkerl passen wollte, zu dem ich ihn in meinem Kopf gemacht hatte.

  8

  Ein Schwall von Gerüchen und Geräuschen schlug mir entgegen, als ich die Tür zum Diner öffnete. Stimmengewirr und leise Rockmusik, die im Hintergrund lief, der Duft nach Kaffee und Pommes Frites. Mrs Henrickson, die Frau vom Coach, stand hinter dem Tresen und lächelte mich schmallippig an. Mit ihrem streng zurückgekämmten Dutt und einem Blick, der töten konnte, wirkte sie mehr als einschüchternd. Aber nachdem ich während der Highschool einen Sommer lang hier gearbeitet hatte, hatte ich sie und ihre Launen recht gut kennengelernt. Und sie schien mich zu mögen, was an sich schon erstaunlich genug war. Nicht vielen Menschen schien diese Ehre zuteilzuwerden.

  »Callie!«

  Ich sah mich nach der Besitzerin der Stimme um und entdeckte Faye, die es sich in einer der Sitznischen bequem gemacht hatte und mir jetzt zuwinkte. Ich lächelte sie an. Auf dem Weg nahm ich mir eine der Plastikkarten vom Tresen mit, wohl wissend, dass immer zu wenig davon auf den Tischen lagen, und durchquerte das Diner mit großen Schritten. Von innen sah es genauso aus, wie man sich ein Diner vorstellte: schwarz-weiß karierter Boden, eine Reihe von Drehstühlen entlang des Tresens und jede Menge knallroter Sitzbänke mitsamt dazugehöriger Tische. Die Plätze waren nicht mal besonders gemütlich, trotzdem waren wir früher nach der Schule und an den Wochenenden ständig hergekommen.

  Faye erhob sich und ich umarmte sie zur Begrüßung. »Hi. Sorry, dass ich zu spät bin.«

  In meinem Bemühen, Keith aus dem Weg zu gehen, hatte ich in meinem Zimmer gewartet, bis er das Haus verlassen hatte, bevor ich mich selbst fertig und auf den Weg gemacht hatte. Ja, es mochte lächerlich und kindisch sein, aber das war mir egal. Alles war besser, als noch einmal sein wissendes Lächeln ertragen zu müssen, wenn ich gar nicht anders konnte, als ihm mit hochrotem Kopf beim Familiendinner gegenüber zu sitzen. Ich war so gut darin, Erinnerungen zu verdrängen, warum dann nicht auch die von dem Moment, in dem ich meinen Stiefbruder nackt gesehen hatte? Schlimm genug, dass mich dieses Bild verfolgte, aber noch schlimmer war die Tatsache, dass Keith darum wusste.

  Und er genoss es, mich mit seinen Blicken und zweideutigen Bemerkungen zu quälen, wann auch immer sich in den letzten vier Tagen die Gelegenheit dazu ergeben hatte. Zu oft für meinen Geschmack, denn nachdem wir alle unseren gemeinsamen Wanderausflug vor ein paar Wochen überlebt hatten, drängte Holly darauf, noch mehr Zeit mit uns zu verbringen. Dem Kinobesuch heute Abend war ich nur entkommen, weil ich mich bereits mit meiner besten Freundin verabredet hatte.

  Faye winkte ab, noch bevor sie sich wieder gesetzt hatte. Genau wie ich trug sie Stiefel und ein Kleid, allerdings hatte ihres ein feminines Blumenmuster. Mit ihrem langen samtbraunen Haar, das ihr bis zur Hüfte fiel, und dem Strahlen in den Augen sah sie einfach wunderschön aus.

  Ich ließ mich ihr gegenüber auf die gepolsterte Bank fallen.

  »Da hat aber jemand gute Laune«, bemerkte ich und wollte mich schon der Karte vor mir widmen.

  »Ich habe geheiratet!«

  »Was?!« Ich starrte sie mit offenem Mund an.

  Sie wedelte nachlässig mit der Hand, an der sie noch immer nur einen Verlobungsring trug. Keinen Ehering.

  »Es hat mich bei diesem Spiel eine halbe Ewigkeit gekostet, den Typen zu kriegen. Aber jetzt sind Elliott und ich endlich glücklich vereint.«

  Ich prustete leise. »Herzlichen Glückwunsch. Warst du nicht noch mit diesem Kampfspiel beschäftigt?«

  »Schon, aber das macht als Multiplayer mehr Spaß und dazu fehlen mir die Leute.«

  Parkers Name lag mir auf der Zunge, immerhin schoss er sich auch liebend gern durch solche Games, aber ich kam nicht dazu, ihn auszusprechen. In diesem Moment trat eine hübsche Blondine mit Lockenkopf an unseren Tisch. Ihre grünen Augen und Sommersprossen glichen denen von Braden, allerdings war seine kleine Schwester bei meinem letzten Besuch in der Stadt noch brünett gewesen.

  »Hi, Katelyn«, begrüßte ich sie lächelnd und deutete auf ihr Haar. »Die Farbe steht dir.«

  Eine sanfte Röte legte sich auf ihr Gesicht. »Danke! Braden behauptet, jetzt sehe ich endlich wieder aus wie seine Schwester.« Sie zog eine Grimasse, doch in ihren Augen funkelte es verschmitzt. »Was kann ich euch bringen?«

  Ganz traditionell bestellten wir uns Burger mit Pommes und dazu Milchshakes. Und während wir dasaßen und über Gott und die Welt sprachen, schien es so, als sei kein bisschen Zeit vergangen. Als wären wir noch immer in der Highschool und würden uns über Jungs, Lehrer und unsere Eltern unterhalten.

  Ich lachte über eine Anekdote, die Faye mir über ihre Arbeit in der Tierklinik erzählt hatte, als sich ihr Blick auf jemanden hinter mir heftete und ganz weich wurde. Ich musste mich nicht umdrehen, um zu wissen, wer gerade das Diner betreten hatte. Seit Monaten brannte
Faye darauf, mir endlich ihren Verlobten vorzustellen. Zu ihrer kleinen Geburtstagsfeier in Billys Kneipe hatte er es leider nicht rechtzeitig geschafft, ihr dafür jedoch den restlichen Abend versüßt. Bis zum Morgengrauen.

  Als ich spürte, wie jemand hinter mich trat, hob ich den Kopf und musterte den Mann von oben bis unten mit kritischem Blick. Ich hielt nicht viel davon, dass meine beste Freundin sich schon nach nur einem halben Jahr Beziehung verlobt hatte, aber wenn sie schon darauf bestand, wollte ich wenigstens sichergehen, dass der Typ kein Arschloch war.

  Auf den ersten Blick wirkte er zumindest nicht wie ein durchgeknallter Psychopath. Er war nicht besonders groß, maximal vier, fünf Zentimeter größer als ich, hatte dunkle, fast schwarze Haare, ein breites Kreuz und muskulöse Oberarme. In seinen Augen lag eine freundliche Offenheit, die ich nicht erwartet hatte – beim ersten Treffen mit der besten Freundin der Verlobten hätte ich mit mehr Nervosität gerechnet, wenn nicht sogar Antipathie. Wenn ich da an einige von Parkers Freundinnen dachte … Thomas’ ganze Aufmerksamkeit war jetzt allerdings auf Faye gerichtet, die aufgestanden war und sich ihm in die Arme warf. Er flüsterte ihr etwas ins Ohr, das ihren Körper erzittern ließ und sie gleich darauf zum Lachen brachte. Dann küsste er sie – und zwar so ausgiebig, dass ich mich räuspern musste. Nicht, um auf mich aufmerksam zu machen, sondern um zu verhindern, dass die beiden aufgrund von Sauerstoffmangel in Ohnmacht fielen.

  »Entschuldige.« Eine gesunde Röte hatte sich auf Fayes Gesicht ausgebreitet. Widerwillig löste sie sich von ihrem Verlobten, setzte sich und rutschte auf der Bank zur Seite, um Platz für ihn zu machen. »Callie, das ist Thomas. Thomas, das ist meine Freundin Callie.«

  »Das ist also die Frau, von der ich schon so viel gehört habe.« Thomas lächelte mich an und reichte mir über den Tisch hinweg die Hand. »Freut mich.«

  Sein Händedruck war fest und warm. »Ebenso.«

  Bevor sich betretenes Schweigen zwischen uns ausbreiten konnte, kehrte Katelyn mit unserer Bestellung zurück, und ich nutzte die Gelegenheit, um die beiden zu beobachten. Thomas hatte seinen Arm hinter Faye auf die Lehne gelegt und bestellte seinen Burger, ohne einen Blick in die Karte zu werfen. Allem Anschein nach war er nicht zum ersten Mal hier. Wahrscheinlich hatte Faye ihn in den letzten Monaten ein Dutzend Mal hierhergeschleppt. Was nicht weiter verwunderlich war, denn in dieser Stadt konnte man nicht besonders viel unternehmen. Da blieb neben Billys Kneipe, der Kegelbahn und dem Kino fast nur das Diner.

  Kaum war Katelyn verschwunden, wandte Thomas sich wieder ganz Faye zu, strich ihr liebevoll eine Haarsträhne hinters Ohr und flüsterte ihr etwas zu. Er schien sich nicht daran zu stören, dass sie nicht allein waren, sondern strahlte eine angenehme Ruhe und Gelassenheit aus.

  Faye hatte mir erzählt, dass Thomas als Bauleiter in Birmingham arbeitete. Kein Wunder also, dass er so braun gebrannt war, wenn er den ganzen Tag lang über Baustellen marschierte und diese überwachte. Zugegeben, im Vergleich zu mir war jeder in dieser Stadt braun gebrannt, sogar die Damen vom wöchentlichen Bingoabend, die nur zu diesem Zweck das Haus verließen. Zu meiner großen Enttäuschung hatte sich mein Sonnenbrand, den ich mir während der Wanderung mit Holly und Keith geholt hatte, nicht in eine attraktive Bräune verwandelt. Stattdessen hatte ich tagelang so ausgesehen wie eine Kartoffel, die gepellt werden musste – dieser charmante Vergleich stammte von Keith.

  »Thomas hat übrigens einen Cousin in unserem Alter. Er heißt Will und ist demnächst für ein paar Tage in der Stadt.« Faye lächelte mich so unschuldig an, dass ich das Klicken in meinem Kopf förmlich hören konnte.

  Wollte sie mich etwa verkuppeln? Mit einem Blind Date? Im Ernst?

  Ich tunkte meine Pommes mit mehr Gewalt als nötig in meinen Milchshake und warf ihr einen warnenden Blick zu. »Ihr werdet ihm bestimmt die schönsten Ecken zeigen.« Bevor sie ihre Absichten deutlicher machen konnte, wechselte ich hastig das Thema. »Du hast vorhin etwas über Multiplayer in diesem Kampfspiel erzählt …?«, versuchte ich sie abzulenken und warf Thomas ein Lächeln zu. Er erwiderte es, aber ich bemerkte auch, wie er einen flüchtigen Blick auf seine Armbanduhr warf.

  Ein Leuchten trat in Fayes Augen. »Ja, weil es unheimlich schwer ist, sich allein durchzukämpfen. Eigentlich ist das Game noch in seiner Betaphase, aber selbst da spielt es sich am besten in einem Team mit drei bis vier Leuten, weil es so viele Nebenquests gibt, die man allein gar nicht schaffen kann. Ich würde dich ja dazu zwingen, mitzumachen, aber …«

  »… ich sterbe schon nach zwei Minuten«, beendete ich ihren Satz kopfschüttelnd. »Schon gut. Parker will mich auch nie in seinem Team haben.« Schmunzelnd nippte ich an meinem Milchshake. »Was ist mit dir, Thomas?«

  Er zog die Brauen in die Höhe, als wäre er überrascht, dass ich ihm diese Frage überhaupt stellte.

  Bevor er antworten konnte, schaltete Faye sich ein. »Oh, er spielt nicht. Er hält Computer- und Konsolenspiele für Zeitverschwendung.«

  »Wirklich?« Ich runzelte die Stirn. Damit hatte ich nicht gerechnet. So viel wie Faye stets über ihre aktuellen Games und die dazugehörigen Let’s Plays redete, war ich mir sicher gewesen, dass sie in Thomas einen Gleichgesinnten gefunden hatte. Offenbar hatte ich mich geirrt.

  »Faye hat mir erzählt, dass du Medizin studierst.« Thomas sah mich höflich interessiert an.

  Natürlich pickte er von allen möglichen Themen ausgerechnet dieses heraus. Ich zwang mich zu einem unverbindlichen Lächeln. »Stimmt.« Automatisch tastete ich nach meinem Milchshake, um meinen Händen und meinem Mund etwas zu tun zu geben, und trank einen großen Schluck.

  »Das verlangt dir sicher eine Menge ab«, fuhr er fort.

  »Mhm.« Ich krampfte die Finger so sehr um meinen Strohhalm, dass er umknickte. Seit ich hier war, hatte ich es, bis auf wenige Ausnahmen, geschafft, den Gedanken an mein Studium komplett auszublenden. Ebenso wie die Tatsache, dass ich dringend lernen musste, um die Nachholprüfung in Biochemie zu schaffen.

  »In welchem Semester bist du?«

  »Nach dem Sommer im fünften«, antwortete ich widerwillig. »Aber für Medizinstudenten ist das quasi noch die Anfängerstufe.«

  »Sie ist nur bescheiden«, schaltete Faye sich ein und lächelte mich warm an. »Callies halbe Familie besteht aus Ärzten.«

  Oh nein. Panik umklammerte meinen Brustkorb und beschleunigte meine Atmung. Wag es ja nicht, es zu erwähnen.

  »Ihre Stiefmutter arbeitet in der Kinderabteilung hier im Krankenhaus.«

  Thomas nickte. »Dein Vater war auch Arzt, richtig?«, fragte er jetzt.

  Ich setzte mich abrupt auf. Faye starrte mich einen Moment lang verwirrt an, dann breitete sich Erkenntnis auf ihrem Gesicht aus. Dicht gefolgt von Entsetzen – und Reue. Sie öffnete bereits den Mund, vermutlich um zurückzurudern und sich für Thomas zu entschuldigen, aber ich bedeutete ihr mit einem knappen Kopfschütteln, dass das nicht nötig war. Sie hatte schließlich nicht damit angefangen.

  Entweder nahm Thomas die plötzlichen Spannungen am Tisch nicht wahr oder er ignorierte sie, denn er bohrte gnadenlos weiter. »Hast du dich deswegen für Medizin eingeschrieben?«

  Ja, verdammt. Konnten wir das Thema damit abhaken?

  »I-ich wollte auch mal Medizin studieren«, kam es überraschend von Faye. Als sich unsere Blicke auf sie richteten, wurde sie rot. »Tiermedizin. Aber es hat nicht sein sollen und jetzt arbeite ich ja in der örtlichen Praxis, von daher …«

  Obwohl mir nicht wirklich danach zumute war, zog ich die Mundwinkel in die Höhe, um ihr dankbar zuzulächeln. Über mein Studium zu reden war eine Sache, aber meine Familie mit reinzuziehen? Meinen Vater? Auf keinen Fall. Darüber redete ich nicht mal mit Stella oder Holly – und die beiden gehörten zu meiner Familie.

  Thomas nickte und strich ihr mitfühlend über den Arm. Doch als er seine Aufmerksamkeit wieder mir zuwandte, wusste ich, dass die Inquisition gerade erst begonnen hatte.

  Drei Fragen zu meinem Studium und meinen beruflichen Plänen später, die ich zähneknirschend über mich ergehen ließ, machte sich ein
Handy mit einem Vibrieren bemerkbar.

  Irgendwie war es lustig, wie jeder von uns sein Gerät hervorzog, aber es war meines, auf dessen Display ich einen vertrauten Namen las: Parker.

  »Da muss ich rangehen, sorry.«

  Ich schnappte mir meine Tasche, warf Faye und Thomas ein knappes Lächeln zu und machte, dass ich hier rauskam. Noch bevor ich die Tür des Diners aufstieß, drückte ich auf Annehmen und hielt mir das Handy ans Ohr.

  »Egal, was du willst, ich gebe es dir«, sagte ich, sobald ich sicher sein konnte, außer Hörweite zu sein. »Du bist meine Rettung!«

  Parkers tiefes Lachen erklang an meinem Ohr. »Ich wusste gar nicht, dass wir unsere Freundschaft um Sex erweitern wollten, aber klar. Gib mir zwei Stunden und ich bin da.«

  Ich schüttelte den Kopf, kam jedoch nicht gegen das amüsierte Grinsen an, das sich auf meinem Gesicht ausbreitete.

  »Was ist denn los?«, hakte er nach, ganz der Freund, den ich jetzt gerade brauchte.

  Mit einem Seufzen lehnte ich mich gegen die Wand neben der Tür. Der Backstein war noch immer warm von der Sonne, obwohl es bereits dunkel war. Wenigstens spendeten das Licht aus dem Diner und dessen Leuchtreklame etwas Helligkeit, denn der Parkplatz lag in völliger Stille vor mir. Hätte ich nicht meinen besten Freund am Ohr, hätte ich den menschenleeren Parkplatz vielleicht als unheimlich empfunden. So konnte ich aber gar nicht anders, als mich langsam zu entspannen.

  »Oh, nichts weiter. Ich durfte den Verlobten meiner besten Freundin kennenlernen und das einzige Thema, das Thomas’ zu interessieren scheint, ist mein Studium. Außerdem wollen sie mich auf ein Blind Date mit seinem Cousin schicken.«

  Parker gab sich keine Mühe, sein Glucksen zu unterdrücken. »Wissen sie denn nicht, wie fantastisch du bei ersten Dates bist?«

 

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