Seit Curtis und ich zusammenwohnen, gehe ich regelmäßig zu Auftritten von After Hours. Ich mag ihre Musik, ihren eigenen Klang. Beobachte gern, wie fünf unterschiedliche Menschen in ihrer Musik eins werden. Links heiserer, beinahe erotisch gefärbter Gesang mischt sich mit seinen Gitarrenakkorden, die spielend leicht und lässig aussehen und dennoch komplex und tief klingen. Sals melancholische Trompete ist für mich der Inbegriff von Sehnsucht. Jaspers Finger tanzen regelrecht über die Tasten, während Bonnie am Bass alle um sich herum erdet. Und dann ist da Curtis. Curtis, der gerade zu einem spektakulären Solo ansetzt. Das sind die Momente, in denen ich das Gefühl habe, er ist frei. Er wirbelt über seine Drums, die Becken, die Toms. Er ist exakt und virtuos. Ich sehe die Schweißtropfen auf seiner Stirn, während er immer lauter, immer wütender, immer ungezügelter seine Sticks herumwirbelt. Zu sich wird. Zu dem Menschen, der sich nicht zurückhält. Der herauslässt, was er sonst zu unterdrücken versucht. Zu verstecken. Bis es aus ihm herausbricht.
Ich betrachte ihn gerne dabei. Seine Züge entspannen sich, in seinen Augen blitzt es auf, seine Mundwinkel heben sich wie automatisch. Es wirkt, als wäre auf einmal der Schleier gelüftet, als könne er atmen, aufrecht sitzen. Als wäre er vollkommen ent spannt, während er gleichzeitig jeden Muskel in seinem Körper an spannt. Er sieht wild und gleichzeitig friedlich aus. Machtvoll und gleichzeitig ganz bei sich.
Ich kenne seine Muskeln. Kenne sie vielleicht etwas zu gut. Und ich erinnere mich leider ein bisschen zu deutlich daran, wie sie sich unter meinen Händen anfühlen. Wie seine Bartstoppeln über meine Haut kratzen. Wie sich meine Finger in sein Haar krallen. Ich schließe für einen Moment die Augen, um meine Gedanken abzuschütteln.
In dieser, meiner eigenen Dunkelheit ersetze ich die Bilder von Curtis durch Bilder von meinem Freund. Denn auch wenn ich gerade ein bisschen sauer auf ihn bin, ist er derjenige, an den ich denken will.
14
Curtis
»… er hat gesagt, er will uns treffen. Im Palace of Sound, heute Nachmittag.« Links Stimme überschlägt sich fast.
»Ich habe nur die Hälfte verstanden«, sage ich. »Alter, wo steckst du? In einer Tuba?«
»Jackson Square. Ich habe ein bisschen für Touristen gespielt.« Ich höre schnelle Schritte durchs Telefon. Die Brass-Musik wird leiser. »Besser jetzt?«, fragt Link.
»Besser.«
»Al Avril hat angerufen, er will uns treffen. Heute Nachmittag!«
Mein ganzer Körper steht auf einmal unter Strom. Einmal schon hat Al uns eine Chance gegeben. Und wir haben es vermasselt. Woran ich ausnahmsweise mal unschuldig war. Link und Jasper haben es durch einen blöden Streit ganz alleine hinbekommen. Dass Al uns noch einmal sehen will, grenzt an ein kleines Wunder.
»Geiler Scheiß, Mann«, sage ich. »Wann soll ich wo sein?«
»Sechzehn Uhr, Palace of Sound. «
»Ich werde da sein!«, sage ich. »Ach, und Link?«
»Hm?«
»Versau es nicht.«
»Kann ich nur zurückgeben, Alter.«
Der Palace of Sound befindet sich in Uptown. Das hellgelbe Gebäude, das im ersten Stock einen Radiosender und die Studioräume des Labels Mahogany Music beherbergt, war Ort legendärer Musikgigs, die teilweise auf Livealben für die Ewigkeit festgehalten wurden – unter ihnen Auftritte von New-Orleans-Legenden wie Dr. John, Tuts Washington oder Bonerama. Die Big-Band-Leiterin der Tremé-Musikschule, Meredith, organisierte damals für uns Kinder einen Ausflug in den Palace. Und als ich als Fünfzehnjähriger das erste Mal den großen Saal, die Galerie, die beleuchtete Bühne sah, wusste ich: Eines Tages würde ich hier spielen. Dass das ein naiver Wunsch eines pickligen Teenagers war, wurde mir ein paar Jahre später bewusst, als wir versuchten, irgendwie in der Musikszene von New Orleans Fuß zu fassen. Wir spielten auf der Straße, in den erbärmlichsten Hinterhofspelunken, auf Familienfesten von Bekannten, immer in der Hoffnung, irgendwie auf uns aufmerksam zu machen. Dass Mikey, der Besitzer des Cat’s Cradle, uns bei einem dieser Feste zufällig hörte, ist bis heute unser größtes Glück gewesen. Doch dass der Traum, einmal auf einer Bühne zu stehen, die für so viele Musiker vor uns den Durchbruch bedeutete, nun zum Greifen nah ist, bringt in jedem von uns den Teenager wieder zum Vorschein.
Bonnie hüpft auf und ab, Jasper grinst von einem Ohr zum anderen und reibt seine Hände nervös aneinander. Link redet ohne Sinn und Verstand in einem fort. Sollen wir durch den Haupteingang hineingehen? Oder eher durch den Hintereingang wie die Musiker? Glauben wir, dass wir Vorband für einen großen Act sein werden? Sollten wir auf die Minute pünktlich sein, oder wirkt es cooler, wenn wir wenigstens fünf Minuten zu spät sind? Stehen seine Haare ab? Er versucht sie mit den Händen zu glätten – doch ohne großen Erfolg. Nur Sal ist wie immer. Aber vermutlich war er auch als Teenager schon vollkommen stoisch. Er lehnt in seiner schwarzen Anzughose und einem weißen Hemd an der Wand und blinzelt in die Oktobersonne.
»Okay, Leute«, sage ich und versuche zum ersten Mal in meinem Leben so etwas wie die Stimme der Vernunft zu sein. »Bonnie, Füße auf den Boden. Du bist kein Gummiball. Jasper, steck deine Hände in die Hosentaschen, wenn du sie sonst nicht stillhalten kannst. Und Link, deine Haare sind, wie sie sind. Also halt die Klappe.«
Meine Bandkollegen sehen mich alle sprachlos an, und ich beobachte zufrieden, dass sich auf Sals Gesicht ein anerkennendes Lächeln abzeichnet.
»Wir gehen durch den Haupteingang. Und zwar pünktlich in genau zwei Minuten. Wir wollen verlässlich wirken, denn dafür sind wir bei Al nicht unbedingt berühmt. Wir sind cool, Leute. Wir haben’s drauf. Also reißt euch ein bisschen zusammen.«
»Amen«, sagt Link und klopft mir auf die Schulter. »Danke.«
Genau zwei Minuten später halte ich Link, Bonnie, Jasper und Sal die Tür auf. Ich folge zuletzt. Drinnen ist es dunkel und kühl. Meine Augen müssen sich erst noch daran gewöhnen, sodass ich als Erstes den leichten Geruch von Gummikabeln und getrocknetem Bier wahrnehme. Nach und nach erkenne ich die Reihen aus alten Kinostühlen zu beiden Seiten des Raums, die wenigen Tische im hinteren Teil, die schwach beleuchtete Bar. An der Ziegelwand dahinter präsentieren beschriftete Tafeln das Drink-Menü. Hinter dem Tresen räumt eine dunkelhaarige Frau den Kühlschrank ein. Der schwarze Boden ist hier und da so abgenutzt, dass seine schmutzig hellgraue Farbe zum Vorschein kommt. Und gegenüber dem Eingang ist sie. Die Bühne. Sie ist leicht erhöht, Scheinwerfer strahlen an massiven Stangen auf sie herab, und uns zugewandt stehen schwere Soundboxen.
»Auf die Minute pünktlich, das gefällt mir«, erklingt eine heisere Stimme neben der Bühne. »Setzen wir uns.« Al Avril tritt in das schummrige Licht und bedeutet uns mit einer Geste, uns an einem der Tische niederzulassen.
»Vielen Dank für die Einladung.« Bonnie hat zu ihrem souveränen Selbst zurückgefunden.
»Ich habe euch ja lange genug auf die Folter gespannt«, sagt er.
»Kann man wohl sagen, Sir.« Link grinst und setzt sich neben mich. »Wir hatten schon Sorge, wir hätten es doch endgültig verkackt.«
Als Lachen wird zu einem rasselnden Raucherhusten. »Ich stehe zu meinem Wort, Kinder«, sagt er und räuspert sich, ehe er einen Zigarillo aus einem Metalletui holt und ihn sich ansteckt. »Lasst uns übers Geschäft reden. Zeit ist Geld. Und von beidem habe ich nicht genug.« Wieder lacht und hustet er. »Ich suche eine Vorband für Ruff Kenzo, der in einem Monat hier auftritt.«
Sal pfeift durch die Zähne. Ich schlucke. Ruff Kenzo ist die größte lebende Legende der Stadt. Er ist der einzige Trompeter, den ich kenne, der noch besser ist als Sal.
»Und Sie wollen … uns?« Jaspers Augen sind weit aufgerissen.
»Ich wollte euch schon letztes Jahr.« Al zieht an seinem Zigarillo und inhaliert tief. »Deswegen habe ich euch heute hergebeten. Damit ihr das hier« – er macht eine umfassende Geste – »sehen könnt. In Ehrfurcht erstarrt. Begreift, mit wem ihr es zu tun habt. Eure Chance verdammt noch mal nutzt.«
»O Gott, das werden wir, Sir, das können Sie uns glauben«, sage ich. »Und wenn ich jeden Einzelnen von uns eigenhändig auf die Bühne schleife.«
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»Ich hoffe sehr, dass das nicht nötig sein wird.« Al blickt streng in die Runde. Dann schüttelt er einem nach dem anderen die Hand. »Freut mich sehr, dass es doch noch etwas wird mit uns.« Er nimmt einen weiteren Zug seines Zigarillos. Dann: »Kann ich euch etwas zu trinken anbieten?« Mit Blick zur Bar ruft er: »Sidney? Bring uns etwas Prickelndes, ja?«
Wir stoßen ungewohnt stilecht mit Sektflöten an, und ich kann nach wie vor nicht glauben, dass wir in einem Monat wieder herkommen werden, als Band, die im Palace of Sound spielt. Aus einem Sekt werden zwei. Aus zwei werden drei. Wir ziehen noch etwas weiter. Die Konturen werden unschärfer, die Schritte ausladender, die Worte gedehnter …
Mit einem harten Schlag trifft die Faust auf mein Gesicht. Sofort schmecke ich Blut. Bevor der Schmerz kommt, ist da für einen kurzen Moment die Taubheit des körperlichen Schocks. Dann spüre ich ihn. Beißenden, stechenden, pochenden, wummernden Schmerz. Doch ich habe keine Zeit, ihn zu genießen, muss zusehen, dass ich mich wehre. Ich schüttle den Kopf, spucke aus und stoße dem muskelbepackten Arschloch mir gegenüber erst meine Schulter gegen die Rippen, dann hole ich selbst aus und treffe ihn an der Schläfe. Meine Fingerknöchel sind bereits aufgeplatzt, aber ich spüre sie kaum.
Wieder holt er aus, ich versuche mich zu ducken, doch durch seinen letzten Schlag ist meine Reaktion verlangsamt. Sodass er mich noch mal mit voller Wucht trifft – auf den Wangenknochen und die Nase diesmal. Mit dem Mut eines Wahnsinnigen springe ich auf ihn zu und ramme ihm meinen Ellenbogen in den Magen. Höre, wie ihm die Luft entweicht, wie er keucht. Einen kurzen Moment lang taumelt er, dann trifft er mich erneut auf die Lippe. Mein Kiefer knackt, und ich bin mir sicher, dass sich ein Zahn gelockert hat. Jedenfalls wird es in meinem Mund ganz warm.
Ich schwanke ein wenig, versuche trotzdem wieder einen Satz nach vorne zu machen. Und diesmal weicht der Kerl zurück, die Hände wie zum Schutz vor der Brust. Er schnauft heftig.
»Warte, warte«, sagt er etwas undeutlich. »Es reicht.« Und dann noch einmal etwas leiser: »Es reicht.« Er lässt die Hände sinken und spuckt aus.
Ich weiß gar nicht mehr, wer wem in den Weg getreten ist. Könnte ich gewesen sein, könnte aber auch er gewesen sein. Es spielt keine Rolle. Offenbar hatten wir beide Bock auf alles, was danach kam. Er macht einen Schritt zurück, dann noch einen. Ich nicke kaum merklich. Schließlich dreht er sich um und zieht wackligen Schritts von dannen.
Mit meinen pochenden Händen stütze ich mich an der rauen Ziegelwand zu meiner Linken ab. Wir sind in einer dunklen Seitengasse gelandet. Ich befühle vorsichtig meine Lippe und sauge laut die Luft ein, als ich die Stelle berühre, die der Kerl zweimal getroffen hat. Er hatte einen echt guten Schlag, und mit der Zunge tupfe ich von innen gegen die offene Stelle. Der Schmerz lässt mich zusammenzucken, doch ich genieße ihn. Genieße das Gefühl, mich und meinen Körper zu spüren, wahrzunehmen, dass es ihm ganz und gar nicht gut geht. Das Geschwür im Hals scheint verschwunden, zumindest fällt es mir nicht schwer, mein eigenes Blut hinunterzuschlucken. Stattdessen pulsieren meine Finger, mein Gesicht, einfach alles.
Ich schließe die Tür zu unserem Apartment auf und schleiche in die Küche, wo ich mich erschöpft auf einem Stuhl niederlasse. Diesmal gelingt es mir, leise zu sein. Ich will Amory nicht aufwecken. Will sie nicht wieder wütend machen. Die Welt um mich herum dreht sich zwar, doch ich habe das Gefühl, als läge es inzwischen deutlich mehr an den Schlägen als am Alkohol. Als ich erneut meine Lippe befühle, die inzwischen auf ihre doppelte Größe angeschwollen ist, stöhne ich leise, aber zufrieden auf. Es ist schön, zu wissen, wo der Schmerz ist. Genau zu wissen, dass er lokal ist. Das Warum und das Wie-lange benennen zu können.
Einen Moment – oder eine halbe Ewigkeit, ich habe jegliches Zeitgefühl verloren – sitze ich einfach nur so da, spüre meinen Körper. Ich versuche, meine rechte Hand zu einer Faust zu ballen, doch meine Knöchel machen mir einen Strich durch die Rechnung. In der Dunkelheit sehen sie beinahe schwarz verkrustet aus. Ich drehe sie hin und her, um das fahle Mondlicht darauffallen zu lassen, beobachte, wie sich die Farbe verändert.
»Curtis?«
Ich zucke zusammen. Langsam wende ich den Kopf, damit mir nicht wieder schwindelig wird. In der Küchentür steht Amory in ihrem weißen Seidenbademantel. Die blonden Haare fallen ihr unordentlich über die Schultern. Sie sieht aus wie ein Engel. Wie ein verfluchter Sex-Engel.
»Was ist passiert?«, fragt sie, ihre Stimme ungewohnt hoch.
»Alles halw so wild«, sage ich etwas undeutlich, weil ich meine Lippen nicht aufeinander kriege.
»Fuck!«
Mit zwei Schritten ist sie bei mir. Sie geht in die Hocke, nimmt meine Hände in ihre. Ganz vorsichtig, sodass die Berührung kaum zu spüren ist. Und doch spüre ich sie. Stärker als den Schmerz. Stärker als alles.
15
Amory
»Tut das weh?«, frage ich und drücke vorsichtig auf seiner Hand herum. Das Wichtigste ist, dass nichts gebrochen ist. Denn mit gebrochener Hand kann er nicht spielen.
»Nee, geht schon«, sagt er, und ich atme erleichtert auf.
»Was ist denn passiert?« Ich weiß ganz genau, was passiert ist. Er musste seine Aggressionen loswerden. Dennoch frage ich. Einfach, um irgendetwas zu tun.
»Da war dieser Tyf«, sagt er.
Mein Blick wandert hoch zu seinem Gesicht, und ein tiefer Stich durchzuckt mich. Seine Lippe ist aufgeplatzt und angeschwollen. Seine ganze linke Gesichtshälfte ist mit getrocknetem Blut aus seiner Nase gefärbt.
»Oh, Curtis«, sage ich und schlucke. Ich habe das dringende Bedürfnis, ihn fest zu umarmen, ihn nicht mehr loszulassen, bis alles gut ist. Aber erstens weiß ich, dass das ungefähr genauso hilfreich ist wie ein Pflaster auf einem offenen Bruch, und zweitens traue ich mich nicht, aus Angst, ihm Schmerzen zuzufügen.
»Okay, bleib still sitzen.«
»Seh ich aus, als würde ich irgendwo hingehen?«, fragt er und lacht leise.
Aus dem Gefrierfach hole ich eine Packung Erbsen und Eiswürfel. Die Erbsen lege ich vorsichtig auf Curtis’ Gesicht.
»Kannst du die mit der linken Hand festhalten?«
Er nickt. Als Nächstes werfe ich Eiswürfel in eine Schüssel und fülle sie mit Wasser auf.
»Gib mir deine Hand«, sage ich. »Die andere, Curtis. Die kaputte.«
Erneut lacht er leise, doch der Schmerz an seiner Lippe lässt ihn gleich wieder verstummen. Seine rechte Hand sieht übel aus. Die Knöchel sind blutverkrustet, teilweise angeschwollen.
»Denkst du, du kannst spielen?«, erkundige ich mich besorgt.
»Na klar. Ich weiß, wann ich aufhören wuss.«
Als ich seine Hand behutsam in die Schüssel mit Eiswasser lege, saugt er lautstark die Luft ein.
»Tut das weh?«, frage ich.
»Ja«, sagt er und lächelt zufrieden.
»Was ist denn los mit dir?« In den letzten Monaten ging es ihm eigentlich besser. Er hatte diese Aussetzer viel seltener.
»Was weinst du?«, fragt er und lacht leise. »Das klang wie ›was weinst du‹.«
»Es ist fast so, als würdest du wieder nach Ärger suchen«, sage ich. Es ist kein Vorwurf, nur eine Feststellung.
»Vielleicht tu ich das«, sagt er und zuckt mit den Schultern. »Vielleicht fehlt wir körferliche Awlenkung.« Auch das ist kein Vorwurf, obwohl ich genau weiß, worauf er anspielt.
»Du kannst jede Menge Sex haben«, sage ich deswegen.
»Ich will nicht jede Wenge Sex. Ich will das«, sagt er und hebt die Erbsen von seinem Gesicht, um mir einen Blick auf das gesamte Ausmaß zu gewähren. »Ichwilldas«, sagt er noch einmal mit Nachdruck. »Das.« Leiser: »Dich.« Wieder lauter: »Das«, und ich bin mir sicher, dass ich mich verhört habe, so undeutlich, wie er spricht.
»Wir schwielen im Falace of Sound. Iw Novenver.«
»Das ist doch großartig!«, erwidere ich.
»Ja, das ist es. Erfüllung all unserer Träuwe und so.«
»Aber wäre das nicht ein Grund, super duper happy zu sein, statt sich zu prügeln?«
»Win ich doch«, sagt er. »Sufer dufer haffy. Wir hawen g
efeiert.«
»Und keiner hat aufgepasst, dass du keinen Quatsch machst?«, frage ich und werde ein bisschen wütend auf die anderen.
»Die waren da schon weg. Erst hawen wir zusawwen gefeiert, dann ich allein.« Er zuckt mit den Schultern. »Du hättest dawei sein sollen«, sagt er. »Du hättest aufgefasst.« Er blickt mich mit einem flehenden Ausdruck in seinen blauen Augen an.
»Das hätte ich«, stimme ich ihm zu. Und dann streiche ich ihm mit der Hand über die Haare. Seine weichen, dichten Haare. Er schließt die Augen und brummt genüsslich. Und ich lasse meine Finger wieder und wieder hindurchfahren. Am Scheitel, an der Seite. Seine Mundwinkel wandern leicht nach oben.
»Du musst selbst auf dich aufpassen«, sage ich sanft. »Ich will nicht, dass … dass es dir so geht.« Ich schlucke.
»Ich will auch vieles«, sagt er mit rauer Stimme. »Aver wanche Dinge sind even, wie sie sind.«
Die Eiswürfel in der Schüssel klappern gegeneinander, als er seine Hand bewegt.
»Aber manche davon haben wir selbst in der Hand«, flüstere ich.
»Und wanche haven andere in der Hand. Was wacht es für einen Unterschied?«
»Für mich würde es einen Unterschied machen, wenn ich mir keine Sorgen um dich machen müsste, Curtis.«
»Aver du wachst dir doch nicht wirklich Sorgen«, sagt er, seine Tonlage irgendwo zwischen Ungläubigkeit und Hoffnung.
»Natürlich mache ich mir Sorgen um dich!«
»Aver waruw?« Er öffnet die Augen und sieht mich direkt an.
»Weil du mein Freund bist, du Trottel. Und weil … du mir wichtig bist.«
»Wichtig …«, wiederholt er, als habe er keine Ahnung, was das bedeutet.
»Du bist mir wichtig«, sage ich noch mal. »Du bist einer der wichtigsten Menschen in meinem Leben.«
»Einer der wichtigsten …« Auf einmal prustet er los. »Was redest du da?!«
Love is Wild – Uns gehört die Welt (Love-is-Reihe 3): Roman (German Edition) Page 10