Feel Again

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Feel Again Page 16

by Mona Kasten


  Ich starrte erst ihn an und dann seine Zimmertür. »Ist das etwa da drin passiert?«

  Er verzog das Gesicht bitter.

  »Du kannst in meinem Zimmer schlafen.« Gian und ich drehten gleichzeitig unsere Köpfe zu Isaac. Er stand mit verschränkten Armen im Türrahmen der Küche und beobachtete uns.

  »Danke«, murmelte Gian, mied aber Isaacs Blick.

  Ich half ihm, aufzustehen. Als ich mir sicher war, dass er nicht zur Seite kippen und wohlbehalten Isaacs Bett finden würde, ließ ich ihn los. Er torkelte in das Zimmer und zog die Tür hinter sich ins Schloss.

  Ich drehte mich zu Isaac um. Er hatte sich nicht von der Stelle bewegt und starrte mit grimmigem Blick aufs Sofa. Gians Worte mussten ihn ziemlich hart getroffen haben.

  »Morgen wird er den Kater seines Lebens haben.«

  Isaac sah mich nicht an und antwortete auch nicht.

  Ich startete einen neuen Versuch. »Du hast nicht übertrieben, was seine Ex angeht. Die hat sie wirklich nicht mehr alle.«

  Jetzt nickte Isaac zwar, doch sein Blick war nach wie vor entrückt, so, als wäre er ganz woanders. Er sah grimmig und verschlossen aus, und diese neue Seite von ihm gefiel mir nicht.

  Ich schnipste mit den Fingern. Sein Kopf schoss hoch.

  »Wohin verschwindest du die ganze Zeit?«, fragte ich und ging auf ihn zu. Eigentlich hatte ich vorgehabt, mich aufs Sofa zu setzen. Oder auf einen der Stühle beim Esstisch. Oder den Sitzsack. Aber Isaac zog mich an wie ein Magnet.

  »Was er gesagt hat, stimmt nicht«, sagte er schließlich.

  Ich wartete.

  Seine Augen waren dunkel und der Ausdruck darin beinahe stürmisch. »Ich weiß genau, wie es sich anfühlt, verliebt zu sein.«

  Ich fragte nicht nach. Stattdessen stellte ich mich direkt vor ihn und legte meine Hände auf seine Arme. »Du weißt genau, dass er das nicht so gemeint hat. Ich meine … der steht doch total neben sich. Er musste seiner Freundin dabei zusehen, wie sie es von einem anderen Kerl besorgt bekommt. Da sagt man schon mal Sachen, die verletzend sind.«

  Er gab bloß ein Grunzen von sich.

  Ich rüttelte sanft an seinen Armen, damit er die angespannte Haltung verlor. »Komm schon.«

  Er seufzte und nickte schließlich. Dann schien ihm etwas einzufallen. »Ich will jetzt nicht unhöflich klingen, aber was machst du eigentlich hier?«

  Ich beschloss, dass jetzt gar kein guter Zeitpunkt war, um mit ihm über meine Zweifel bezüglich der Bilder zu sprechen. Im Moment hatte Isaac gerade genug an der Backe, da musste ich ihm nicht auch noch meinen Ballast aufladen.

  »Hab ich vergessen. Soll ich gehen? Hast du was anderes vor?«

  »Nein«, sagte er so schnell, dass er beinahe über das Wort stolperte.

  Seine Wangen wurden rot. Dann räusperte er sich. »Hast du Hunger? Gian hat gestern wieder Reste mitgebracht.«

  Als hätte mein Magen ihn verstanden, knurrte er laut.

  Isaac lachte. »Das war klar und deutlich.«

  Ich folgte ihm in die Küche. »Können wir Gians CD wieder anmachen? Dann ist es, als wären wir in Italien.«

  Es war als Scherz gemeint gewesen, aber Isaac gab einen entsetzen Würgelaut von sich. »Ich will nie wieder in meinem Leben ein Lied von Eros Ramazzotti hören. Am liebsten würde ich Gians CDs verbrennen.«

  Das war quasi eine Aufforderung, loszusingen. »Se bastasse una bella canzoneee!«

  Isaacs Hand schoss zu meinem Mund und hielt ihn zu. »Oh mein Gott, hör sofort auf.«

  Ich leckte mit der Zunge an seinen Fingern, und lachend zog er sie wieder weg.

  »Blabla irgendwas amooooree!«

  »Blabla irgendwas amore? Ich bin mir ziemlich sicher, der Text geht anders.«

  »Se bastasse una bella canzone«, fing ich wieder an.

  »Das ist also die einzige Zeile, die du kannst.«

  »Weil Gian sie mir so oft ins Ohr gegrölt hat. Aber ich kann den Rest des Textes googeln, kein Problem!«

  Isaac schüttelte grinsend den Kopf. Er hob die Hand und strich mir eine verirrte Haarsträhne aus dem Gesicht. Ich hielt den Atem an. Seine Fingerknöchel streiften meine Wange kurz. Anschließend klemmte er die Strähne hinter meinem Ohr fest. Bei der Berührung seiner Finger an meiner Ohrmuschel wurde mir warm. Die Hitze schoss in mein Gesicht und gleichzeitig in meinen Magen – der prompt ein zweites Mal knurrte.

  Isaacs Mundwinkel zuckten. »Hallo, Sawyers Magen«, sagte er, ohne den Blick von meinen Augen abzuwenden. »Worauf hättest du denn Lust? Wir haben Pasta Carbonara, Pizzabrötchen und Caprese. Wie bitte?« Isaac beugte sich nach unten, bis er sich mit seinem Gesicht direkt vor meinem Bauch befand. Er legte sein Ohr an meinen Bauch, als würde er auf eine Antwort warten.

  »Du blöder Idiot«, sagte ich und schlug mit der flachen Hand gegen seinen Kopf.

  »Pscht, ich höre gerade auf das, was dein Magen mir sagt.«

  »Mein Magen sagt, du sollst aufhören, so seltsam zu sein.«

  »Ich glaube, du hast ihn falsch verstanden. Mir hat er nämlich gerade zugeflüstert, dass er nichts gegen Pasta einzuwenden hätte.« Isaac erhob sich grinsend und ging an den Kühlschrank. Ich beobachtete ihn dabei, wie er einige Alubehälter herauszog und deren Inhalt inspizierte.

  Die Stelle an meinem Ohr, wo er mich berührt hatte, pochte.

  Und plötzlich wurde mir etwas ganz deutlich bewusst.

  Ich wollte dieses Projekt auf gar keinen Fall abbrechen.

  KAPITEL 15

  Als ich am Donnerstagabend die Tür öffnete und Isaac erblickte, musste ich lächeln. Er hatte sich in Schale geworfen – zumindest meiner Definition des Begriffs zufolge. Da ich wusste, welche Art von Kleidung er ästhetisch fand, konnte ich nur ahnen, wie er sich mit den zerrissenen Jeans und den strubbeligen Haaren fühlte.

  »Komm rein. Bin gleich fertig«, sagte ich und stellte mich wieder vor meinen Spiegel.

  »Ist Dawn schon bei Spencer?«, fragte Isaac.

  »Ja, sie ist vor einer Stunde schon los«, murmelte ich, während ich mir einen hohen Zopf band und gleich darauf mit den Fingern die Haare wieder etwas herauszog, damit er nicht so streng aussah.

  »Du siehst gut aus«, sagte Isaac unvermittelt.

  Ich versuchte, mir meine Überraschung nicht anmerken zu lassen. Vor ein paar Wochen wäre er eher gestorben, als ein solches Kompliment laut auszusprechen. »Danke. Du aber auch.«

  Er bedankte sich nicht, wie immer, sondern wechselte das Thema. »Langsam gewöhne ich mich sogar an die neuen Sachen. Du hättest Ariel sehen müssen, als ich letztes Wochenende nach Hause gekommen bin.«

  »Was hat sie gesagt?«, fragte ich. Ich nahm meinen schwarzen Kajalstift und fing an, mein linkes Auge damit zu umrahmen.

  Von dem Make-up, das ich heute Morgen aufgetragen hatte, war so gut wie nichts mehr übrig. Ich hatte den ganzen Tag im Studio auf dem Campus gesessen und die Hochzeitseinladungen für Riley und Morgan entworfen. Es war das Einzige, worum sie mich gebeten hatten, weshalb ich all meine Energie hineingesteckt hatte, so lange, bis ich mit dem Ergebnis hundertprozentig zufrieden gewesen war.

  Seit Rileys und meinem Streit in Renton hatte ich mich sehr bemüht, so zu tun, als würde ich mich für sie freuen und es mir gern anhören, wenn sie von der Hochzeit erzählte. Doch die Tatsache, dass sie mich nicht gefragt hatte, ob ich ihre Brautjungfer sein wollte, nagte immer noch an mir. Ich wusste gar nicht richtig, warum, denn ich konnte mir nichts Schlimmeres vorstellen, als ihren Hochzeitstag bis ins kleinste Detail planen zu müssen.

  »Erst hat sie mich nicht wiedererkannt«, riss Isaac mich aus meinen Gedanken. »Anschließend hat sie gekreischt. Und dann hat sie gemeint, dass sie unbedingt ihrer besten Freundin erzählen muss, dass ihr großer Bruder jetzt aussieht wie ein Popstar.« Er sah sich im Zimmer um, offenbar auf der Suche nach einer Sitzgelegenheit, aber überall lagen Klamotten, Bilder und anderer undefinierbarer Kram, weil Dawn irgendetwas gebastelt und ich meine alte Mappe aussortiert hatte. Isaac blickte fr
agend auf mein Bett.

  »Setz dich ruhig«, meinte ich. Ich kniff meine Augen zusammen und überprüfte, ob der Lidstrich auf beiden Seiten ungefähr gleich aussah.

  Isaac schob einen Stapel Fotos zur Seite und ließ sich auf dem äußersten Rand meines Bettes nieder. »Wie haben die anderen reagiert?«, fragte ich.

  »Levi hat nichts gemerkt, und Ivy war ziemlich verwirrt. Für einen Moment hat sie mich erkannt. Oh, und mein Grandpa hat mich gefragt, ob ich etwas Großes vor…«

  Er verstummte plötzlich.

  Fragend drehte ich mich zu ihm um.

  Isaac hatte eines der Bilder aus dem Stapel gezogen und starrte es an.

  Es war ein Halbakt von mir, auf dem ich oberkörperfrei war. Ich hatte meinen Kopf in den Nacken gelegt. Einen Arm hielt ich über meinen Bauch, den anderen angewinkelt, sodass ich mit den Fingern meine Lippen leicht berühren konnte. Ich hatte die Arme so positioniert, dass meine Brüste verdeckt waren, aber dennoch zeigte das Bild viel von meiner nackten Haut. Und es ließ ein paar meiner Tattoos erahnen. Zwar verdeckte ich sie größtenteils aufgrund meiner Haltung, und man konnte die Schriftzüge auf meinen Rippen nicht lesen, aber der eine oder andere Umriss war zu erkennen.

  »Bist du das?«, fragte Isaac mit kratziger Stimme.

  »Ja«, sagte ich.

  Isaac stieß den Atem aus. Langsam wurde ich nervös, weil er nichts sagte und ich seinen Blick beim besten Willen nicht deuten konnte. Vielleicht fand er die Szene total unästhetisch und wusste nicht, wie er mir das schonend beibringen sollte.

  »Es ist nicht ganz scharf«, murmelte ich, um die Stille zu füllen, die sich zwischen uns ausgebreitet hatte. »Und das Licht fällt auch nicht so, wie ich mir das vorgestellt hatte. Aber ich …«

  »Sawyer.«

  Ich hörte auf zu reden und beobachtete, wie Isaac mit einem Finger über das Bild strich – über meine Schulter und entlang des Tattoos. Dann blickte er zu mir auf. »Es ist … wirklich sehr schön.«

  Mein Mund fühlte sich ganz trocken an. Mit der Zunge befeuchtete ich meine Lippen. »Danke.«

  »Darf ich mir deine Mappe angucken?«

  »Okay. Aber sie ist so gut wie leer, ich habe sie heute erst aussortiert.«

  Ich drehte mich wieder zum Spiegel und überprüfte ein letztes Mal mein Make-up. Dann legte ich den Kajal zurück in meine Kosmetiktasche und schloss den Reißverschluss.

  »Das muss deine Schwester sein«, sagte Isaac.

  Ich drehte mich um. Er betrachtete eines der Fotos, die ich von Riley und Morgan für ihre Einladung geschossen hatte. Ich hatte das, das mir von allen am besten gefallen hatte, auch für mich entwickelt, da es sich gut in meinem Portfolio machen würde.

  »Ja. Und ihr Verlobter.«

  »Sie sehen aus, als würden sie auf das Cover eines Tattoomagazins gehören«, meinte er lächelnd. »Das Bild ist neu, oder?«

  »Wie kommst du darauf?«, fragte ich.

  Er zuckte mit den Schultern. »Die hier«, er deutete auf den unordentlichen Berg auf dem Bett, »haben irgendwie alle einen unterschiedlichen Stil und wirken ziemlich verträumt. Das hier«, er hielt die Mappe hoch, »sieht aus, als hätte Sawyer Dixon es gemacht.«

  Überrascht sah ich ihn an. Als ich vorhin die alten Bilder aus meiner Mappe geholt und die neuen hinzugefügt hatte, hatte ich genau das Gleiche gedacht. Man konnte deutlich erkennen, dass ich mich im letzten Jahr weiterentwickelt und meinen eigenen Stil gefunden hatte. Aber dass das Isaac auffiel, der kaum etwas mit Kunst oder Fotografie am Hut hatte, fand ich faszinierend.

  Ich setzte mich neben ihn. »Ich habe es gemacht, als ich Riley in Renton besucht habe.«

  Isaac lächelte. »Ich mag es. Gehen die Hochzeitsplanungen gut voran?«

  Ich versteifte mich. Er durfte mich gerne weiter über meine Bilder ausfragen – aber über die Sache mit Riley würde ich mit ihm nicht mehr sprechen. Ich hatte einmal den Fehler gemacht und ihm zu viel erzählt, damals im Vorratskeller an seinem Probetag bei Al. Das würde mir nicht noch mal passieren.

  »Jedes Mal, wenn ich dich darauf anspreche, machst du komplett dicht«, sagte er leise.

  Ich wich seinem Blick aus und starrte stattdessen auf Riley und Morgan, die sich verliebt in die Augen sahen. »Dann sprich mich halt nicht darauf an, Isaac.«

  Er klappte die Mappe zu und legte sie zurück aufs Bett. Gleich darauf nahm er sich den Stapel mit meinen alten Fotos und schob sie vorsichtig zusammen, bis keine der Kanten mehr überstanden und alles ein bisschen ordentlicher aussah. Und dann … dann hob er seine Hand an mein Gesicht. Mindestens genauso behutsam, wie er eben noch meine Bilder geordnet hatte, berührte er meine Wange mit den Fingerspitzen. Aber ich war nichts, was er sortieren und in Ordnung bringen konnte.

  Sein Blick wurde schwer, und als er den Mund öffnete, um etwas zu sagen, kam ich ihm zuvor.

  »Wollen wir los?«

  Er ließ die Hand sinken und nickte.

  KAPITEL 16

  Bislang hatte ich mich jedes Mal, wenn Dawn mich zu Spencer eingeladen hatte, erfolgreich wehren können. Aus ihren Erzählungen wusste ich allerdings, dass er in einer guten Gegend wohnte und ein ganzes Haus für sich alleine hatte.

  Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, wie riesig dieses Haus war. Seine Eltern mussten steinreich sein. Während ich mich fassungslos in Spencers Vorgarten umsah, schien Isaac neben mir deutlich weniger beeindruckt zu sein. Vielleicht war er schon mal hier gewesen. Oder er war einfach nicht so leicht zu beeindrucken wie ich.

  Wir klingelten, und keine zwei Sekunden später öffnete Dawn die Tür. Sie strahlte mich breit an, dann wanderte ihr Blick zu Isaac.

  »Wow!«, rief sie entzückt.

  Isaac trat vom einen aufs andere Bein. Seine Wangen wurden rosa, als Dawn ihn von oben bis unten musterte. »Wir haben uns doch schon gesehen.«

  »Ja, schon. Aber das war in der Uni. Da konzentriere ich mich auf die Vorlesung und nicht auf dich«, sagte Dawn mit einer Bewegung, die Isaacs ganzen Körper einschloss. Sie machte einen Schritt nach vorne und roch an ihm. »Du siehst zwar aus wie eine aufgepimpte Version von Isaac. Aber zum Glück riechst du noch wie mein Isaac. Das ist gut.«

  Isaac sah aus, als wäre er am liebsten auf der Stelle im Erdboden versunken.

  Ich rümpfte die Nase. »Hat dir schon mal jemand gesagt, dass es merkwürdig ist, an anderen Menschen zu riechen?«, fragte ich.

  »Lass mich«, erwiderte sie und griff nach meiner Hand, um mich ins Haus zu ziehen. Sie schloss die Tür und starrte dann wieder Isaac an. Oder besser gesagt seine Arme, denn er hatte soeben seine Jacke ausgezogen.

  »Dawn, ehrlich, wenn du ihn weiter so anstarrst, dann erzähle ich es Spencer«, drohte ich.

  »Was willst du mir erzählen?« Wie auf Knopfdruck schlenderte Dawns Freund zu uns in den Flur. Als er Isaac entdeckte, pfiff er anerkennend. »Heiße Scheiße, Grant. Hätte dich fast nicht erkannt.«

  Isaac wurde immer röter.

  »Ähm, Leute, langsam wird’s unangenehm«, sagte ich.

  Spencer grinste und schlang einen Arm um Dawns Taille. »Komm, Süße. Wir sind gerade das gruselige Paar, mit dem keiner was zu tun haben möchte. Das ist ein Ruf, den wir niemals haben wollten, oder?« Er küsste ihren Hals und zog sie hinter sich her zu seinen Gästen.

  Isaac und ich folgten ihnen in gebührendem Abstand. Während Isaac noch immer peinlich berührt auf seine Schuhe starrte, blickte ich mich neugierig um.

  Spencers Haus sah von innen genauso aus wie von außen – als würde jemand darin wohnen, der unverschämt viel Geld hatte. Die Möbel waren hochwertig, die Deko stilvoll. Ich war mir ziemlich sicher, dass sich hier ein Innenausstatter ausgetobt hatte. Kein Kerl in unserem Alter richtete sich so ein.

  Während Spencer sich zu zwei Typen stellte, die ich nicht kannte, führte Dawn uns durch das Wohnzimmer. Mehrere Grüppchen standen zusammen und unterhielten sich über die laute Popmusik hinweg, die aus großen Lautsprechern den Raum beschallte. Wir gingen an einer offenen Tür vorbei, die auf
die Terrasse und in den Garten führte, wo ein paar Leute Bier-Pong spielten, und betraten dann die größte, modernste Küche, die ich jemals zu Gesicht bekommen hatte.

  »Diese Küche ist größer als mein Schlafzimmer«, raunte Isaac hinter mir.

  »Diese Küche ist größer als unser ganzes Wohnheimzimmer«, stimmte ich leise zu.

  »Ich freue mich so, dass ihr gekommen seid!«, sagte Dawn und fuchtelte überschwänglich mit einer Flasche Sekt herum. Dass oben der Schaum heraus und ihr über die Hand lief, scherte sie nicht. Ihren geröteten Wangen nach zu urteilen, war das nicht das erste Glas, das sie sich an diesem Abend einschenkte. »Echt, Sawyer kommt sonst nie mit. Das habe ich nur dir zu verdanken, Isaac.«

  »Danke für die Einladung«, antwortete er höflich.

  »Und?«, fragte sie und reichte erst mir und dann ihm ein randvoll gefülltes Glas. »Wie läuft euer Projekt sonst so?«

  Wir stießen an.

  »Es läuft«, sagte ich. »Langsam. Aber es läuft.«

  »Ich dachte, du hättest ihn schon längst in einen totalen Bad Boy verwandelt«, sagte Dawn mit einem vielsagenden Blick auf Isaacs Outfit.

  »Ich auch«, meinte Isaac und sah mich nachdenklich an.

  Ich hob beide Augenbrauen. »Tatsächlich. Dann geh und sprich ein Mädchen an.«

  Er hatte gerade von seinem Sekt getrunken und verschluckte sich. »Was?«

  »Nach den ganzen Lektionen, die ich dir beigebracht hatte, sollte das doch ein Kinderspiel sein«, sagte ich.

  »Lektionen? Hast du ihm etwa Flirt-Unterricht gegeben?«, fragte Dawn und klatschte in die Hände. »Wie aufregend! Ich will Isaac beim Flirten beobachten.«

  »Als könnte ich flirten, wenn ich weiß, dass ihr mir dabei zuseht.«

  »Das ist bloß eine Ausrede, damit du es nicht tun musst«, sagte ich und stieß ihm den Ellenbogen in die Seite.

  Sein Sektglas schwappte über, und er sah mich böse an. Ich hielt seinem Blick stand, so lange, bis er schließlich seufzte und resigniert den Kopf schüttelte. »Meinetwegen.«

 

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