Exodus

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Exodus Page 23

by Leon Uris


  Sie brachen mitten in der Nacht von Auschwitz auf, vermieden die Straße und schleppten sich mühsam querfeldein durch den hohen Schnee — ein mitleiderregender Zug von Überlebenden, bei dem die Starken die Schwachen stützten und die Kinder trugen. Sechs schreckliche Tage lang schleppten sie ihre entkräfteten Körper durch die Winterkälte und kämpften sich gegen den schneidenden Wind hinauf ins Gebirge. Wie durch ein Wunder gelang es den Männern von Aliyah Bet, alle am Leben zu erhalten und sie näher und näher an die Grenze heranzuführen.

  Längs der Grenze waren andere Männer von Aliyah Bet fieberhaft damit beschäftigt, Bestechungsgelder unter den polnischen Grenzposten zu verteilen, und als sich die abgerissene Karawane der Grenze näherte, kehrten ihr die bestochenen Posten den Rücken, und die Juden waren in der Tschechoslowakei.

  Weiter ging der Marsch durch die Kälte, über den Jablonka-Paß hinüber und jenseits ins Tal hinunter, wo sie völlig erschöpft anlangten, ausgehungert, mit wundgelaufenen Füßen und ärztlicher Hilfe bedürftig. Ein Sonderzug stand bereit, organisiert von Mossad Aliyah Bet. Die Flüchtlinge bestiegen die geheizten Wagen und bekamen Nahrung und Pflege. Die erste Etappe der gefährlichen Reise war geglückt.

  Jeder Jude, der legal nach Palästina eingewandert war, stellte seinen Paß Mossad Aliyah Bet zur Verfügung, damit ihn ein anderer Einwanderer benutzen konnte. An die Flüchtlinge aus Auschwitz wurden fünfhundert solcher Pässe verteilt, die vorsorglich auch noch mit Einreisevisen für Venezuela, Ekuador, Paraguay und andere südamerikanische Staaten versehen waren. Diese »Dokumente« würden die Engländer zunächst einmal in Schach halten. Die britische CID bekam Wind von den fünfhundert Juden, die von Polen in die Tschechoslowakei gekommen waren und meldete den Fall dem Auswärtigen Amt in London. Whitehall gab dem britischen Botschafter in Prag telegrafisch Anweisung, sich sofort mit dem tschechischen Außenminister Masaryk in Verbindung zu setzen und dafür zu sorgen, daß der Zug angehalten und nach Polen zurückgeschickt werde. Der britische Botschafter, der im Sinne seiner Instruktionen bei Jan Masaryk vorstellig wurde, führte aus, die Aktion des Mossad sei illegal, widerspreche den polnischen Gesetzen und sei von den Zionisten nur unternommen worden, um eine Entscheidung über Palästina zu erzwingen.

  Masaryk lächelte. »Ich verstehe zwar nicht viel von den Wegen des Öls, dafür aber sehr viel von den Wegen der Menschen.«

  In der diskreten Sprache der Diplomatie deutete der Botschafter indigniert an, daß die Mißachtung britischer Interessen unerfreuliche Auswirkungen für die Tschechoslowakei haben könnte.

  »Herr Botschafter«, sagte Masaryk in verändertem Tonfall, »ich werde mich weder dieser noch einer anderen britischen Drohung beugen. So lange ich Außenminister der Tschechoslowakei bin, werden die Grenzen meines Landes für jeden Juden offen sein, gleichgültig ob mit oder ohne Paß und Visum.«

  Die Unterredung war beendet, und der Botschafter mußte Whitehall davon unterrichten, daß es nicht möglich gewesen sei, den Zug anzuhalten. Er rollte nach Preßburg weiter und näherte sich der österreichischen Grenze.

  Die Engländer unternahmen erneut den Versuch, den Zug anzuhalten, doch diesmal überquerte er unter dem Schutz eines hohen amerikanischen Offiziers die Grenze.

  In Wien gab es einen Aufenthalt, den die Überlebenden von Auschwitz dringend nötig hatten. In einem riesigen Ausrüstungslager, das von amerikanischen Juden zur Unterstützung der überlebenden europäischen Juden eingerichtet worden war, wurden sie neu eingekleidet.

  Von Österreich ging es nach Italien, und dort genoß Mossad Aliyah Bet die uneingeschränkte Unterstützung der Öffentlichkeit und der amtlichen Stellen. Die Freizügigkeit war nur dadurch behindert, daß das Land von den Engländern besetzt war.

  Paradoxerweise bestanden die britischen Besatzungstruppen zum Teil aus Einheiten palästinischer Juden. Die Palästina-Brigade der britischen Armee, deren Einheiten überall im besetzten Italien verteilt waren, hatte beim britischen Oberkommando lange Zeit als Elitetruppe gegolten. Doch dann gingen Agenten von Aliyah Bet zur Palästina-Brigade, und es dauerte nicht lange, da waren die palästinischen Soldaten eifrig damit beschäftigt, Flüchtlingslager zu errichten, die Flüchtlinge auf illegale Einwanderungsschiffe zu schmuggeln und dergleichen mehr. Theoretisch unterstanden die Einheiten britischen Offizieren, praktisch aber unterstanden sie dem Kommando des Palmach und der Aliyah Bet. Schimschon Bar Dror war Sergeant in einer dieser Einheiten und seine britischen Armeepapiere dienten ihm zur Einreise nach Polen und zur Rückkehr von dort, nachdem er die Flüchtlinge in Marsch gesetzt hatte. Es war Frühling, als der Zug mit den Flüchtlingen aus Auschwitz, unter denen sich auch Dov befand, in der Nähe des Comersees auf einem sehr abgelegenen Nebengleis außerhalb von Mailand anhielt. Man hatte den Flüchtlingen zwar vorsorglich mitgeteilt, daß sie von Leuten in Empfang genommen würden, die englische Uniformen trugen, doch es hätte nicht viel gefehlt, daß trotzdem eine Panik ausgebrochen wäre. Soldaten, Männer in Uniform, mit dem Judenstern am Ärmel? Das war für die Überlebenden aus Auschwitz nicht zu fassen. Der Judenstern war immer das Abzeichen des Ghettos gewesen. Mit Ausnahme der Aufstände in den Ghetti hatte seit annähernd zweitausend Jahren kein Jude mehr unter diesem Zeichen gekämpft.

  Die polnischen Juden stiegen zögernd und mißtrauisch aus. Die Soldaten, die sie in Empfang nahmen, waren freundlich, sprachen hebräisch, einige von ihnen sogar jiddisch. Doch sie schienen eine ganz andere Art von Juden zu sein.

  Eine Woche nach der Ankunft in Mailand wurde eine Gruppe von hundert Leuten, darunter auch Dov, mitten in der Nacht aus dem Lager geholt und auf englische Lastwagen verladen, die von Angehörigen der Palästina-Brigade gefahren wurden. Die Wagenkolonne begab sich in rascher Fahrt zu einem geheimen Treffpunkt an der Küste, wo weitere dreihundert Flüchtlinge aus anderen Lagern dazustießen.

  Aus dem nahegelegenen Hafen von Spezia kam ein kleines Fahrzeug heran, das vor der Küste Anker warf. Die Flüchtlinge wurden in Schlauchbooten an Bord gebracht, das Schiff lichtete Anker, ließ die Drei-Meilen-Zone hinter sich und wurde alsbald von der englischen Flotte gesichtet, die beständig auf der Lauer lag.

  Doch mit diesem Schiff, der Zinnen von Zion, ging irgend etwas Ungewöhnliches vor. Im Gegensatz zu allen anderen Flüchtlingsschiffen nahm dieses Schiff nicht Kurs auf Palästina, sondern auf den Golfe du Lion. Weder die Engländer noch die Flüchtlinge an Bord der Zinnen von Zion hatten die leiseste Ahnung, daß dieses kleine Fahrzeug nur ein Rädchen in einem gigantischen Plan war.

  XXVII.

  Bill Fry saß an einem Tisch des Restaurants von Miller Brothers in Baltimore, Maryland, und stocherte in seinem Essen. Er hatte keinen rechten Appetit. Mein Gott, dachte er, ich möchte wirklich wissen, ob ich mit diesem Krautdampfer über den Atlantik komme. Bill Fry galt als der fähigste Kapitän von Mossad Aliyah Bet. Durch seine Landung mit der Stern Davids bei Cäsarea, war die illegale Einwanderung in ein neues Stadium eingetreten. Die Engländer hatten sich gezwungen gesehen, die Internierungslager auf Zypern zu errichten. Das war ein Wendepunkt geworden, denn Mossad Aliyah Bet hatte ein Flüchtlingsschiff nach dem andern nach Palästina fahren lassen, und die Engländer hatten einen Transport Flüchtlinge nach dem andern nach Zypern gebracht. Jetzt war ein neues kritisches Stadium erreicht: die Internierungslager auf Zypern konnten die Massen der illegalen Einwanderer nicht mehr fassen. Mossad Aliyah Bet, stolz auf diesen Erfolg und wild entschlossen, die englische Politik der Einwanderungsbeschränkung zu boykottieren, hatte einen abenteuerlichen Plan gefaßt und Bill Fry dazu ausersehen, ihn durchzuführen.

  Das bisher größte Schiff der illegalen Flotte war die Stern Davids gewesen, die fast zweitausend Passagiere befördert hatte. Die anderen Schiffe hatten höchstens tausend Passagiere an Bord gehabt. Die Leute von Mossad Aliyah Bet meinten nun, daß es für die Engländer ein Schlag sein müßte, wenn es gelänge, die Blockade mit einem Schiff zu durchbrechen, das mehr als fünftausend Flüchtlinge an Bord hatte.

  Bill wurde beauftragt, hierfür ein geeignetes Schiff ausfindig zu machen und es zum Einwandererschiff umbauen zu lassen. Damit sollte er fünftausend Flüchtlinge au
s dem Sammellager La Ciotat in Südfrankreich abholen und nach Palästina bringen. Man fand, es sei das beste, ein solches Schiff in den Vereinigten Staaten oder in Südamerika zu kaufen, wo die Engländer nicht alle Häfen so genau überwachten, wie dies in Europa der Fall war.

  Agenten von Mossad Aliyah Bet bereisten Südamerika, während Bill in den Häfen im Golf von Mexiko und an der Ostküste auf die Suche ging. Es zeigte sich bald, daß für das Geld, das zur Verfügung stand, kein brauchbares Schiff zu haben war. Deshalb hatte Bill ein gewagtes Spiel gespielt, und jetzt machte er sich Sorgen. Er hatte einen uralten, altmodischen Dampfer gekauft, der nie den Ozean zu sehen bekommen hatte, sondern immer nur durch die Chesapeake Bay zwischen Baltimore und Norfolk gefahren war. Der einzige Vorzug, den Bill an diesem Schiff, der General Stonewall Jackson, entdecken konnte, war der niedrige Preis, den man für den Dampfer verlangt hatte.

  Ein Ober in weißer Jacke kam an den Tisch und fragte Bill: »Ist mit dem Essen irgend etwas nicht in Ordnung, mein Herr?«

  »Hm? Nein, nein — das Essen ist prima«, brummte Bill und schob sich einen Löffel voll in den Mund.

  War es ein Fehler gewesen, den alten Kasten zu kaufen? Im Augenblick befand er sich auf einer Werft in Newport News, Virginia, und wurde umgebaut, um 6850 Flüchtlinge aufnehmen zu können.

  Bill seufzte. Er dachte an die andere Seite der Sache. Angenommen, es gelang ihm, siebentausend Flüchtlinge auf einen Schlag aus Europa wegzubringen! Das würde die bisherige britische Politik praktisch auffliegen lassen!

  Bill schob den Teller zurück und verlangte die Rechnung. Er fischte sich den ausgegangenen Zigarrenstummel aus dem Aschenbecher, brannte ihn an und las zum soundsovielten Male das Telegramm aus Newport News: JACKSON FERTIGGESTELLT. In Newport News versammelte Bill am nächsten Tag seine Crew, die aus Palmach- und Aliyah-Bet-Leuten, amerikanischen Juden, sympathisierenden spanischen Loyalsten, Italienern und Franzosen bestand. Er besichtigte das Schiff und machte eine kurze Probefahrt durch die Bucht, dann stellte er den Hebel auf »Volle Kraft voraus« und steuerte auf den Atlantischen Ozean hinaus.

  Schon nach drei Stunden hatte die Jackson Maschinenschaden und mußte nach Newport News zurück.

  Im Verlauf der nächsten vierzehn Tage unternahm Bill drei weitere Versuche. Sobald sich der alte Kasten etwas weiter aus den ruhigen Gewässern entfernte, an die er gewöhnt war, streikte er, und Bill mußte in den Hafen zurücksteuern.

  Schließlich gestand Bill den Leuten von Aliyah Bet, daß er einen Fehler gemacht habe. Mit der Jackson sei einfach nichts zu machen. Doch sie beschworen ihn, das Schiff nochmals gründlich überholen zu lassen und nach einer weiteren Woche einen letzten Versuch zu unternehmen.

  Bei diesem fünften Versuch hielt die ganze Crew den Atem an, als der alte Kasten an Cap Henry vorbeidampfte, auf den hohen Ozean hinausfuhr — und nicht streikte, sondern weiterdampfte. Zweiundzwanzig Tage später keuchte die Stonewall Jackson durch den Golfe du Lion und näherte sich dem Hafen von Toulon, der vierzig Meilen von Marseille und nur zwanzig Meilen von dem Flüchtlingssammellager La Ciotat entfernt war. In Frankreich war gerade ein Streik der Lastwagenfahrer im Gange, und die Leute der CID, die mit der Überwachung des Lagers La Ciotat betraut waren, atmeten für einen Augenblick erleichtert auf. Denn solange keine Lastwagen fuhren, war auch nicht mit Flüchtlingsbewegungen zu rechnen. Außerdem war, seit vor mehreren Wochen die Zinnen von Zion in Port-de-Bouc gelandet war, keinerlei Meldung mehr gekommen, daß aus irgendeinem europäischen Hafen ein illegales Schiff unterwegs sei. So überraschte man die Engländer gerade zu dem Zeitpunkt, als sie sich ein Nickerchen gönnten.

  Über die Jackson war bei der CID keine Vorwarnung eingegangen, da sie in den Staaten gekauft und umgebaut worden war. Ferner war bisher kein Aliyah-Bet-Schiff so groß gewesen, daß es den Atlantik hätte überqueren können. Kurze Zeit vor dem Eintreffen der Jackson im Hafen von Toulon setzte sich Aliyah Bet mit der Leitung der französischen Transportarbeitergewerkschaft in Verbindung und erklärte den Leuten, worum es sich hier handelte. Die Gewerkschaft organisierte in aller Stille Fahrer und Lastwagen, und während der Streik der Lastwagenfahrer noch überall anhielt, wurden aus dem Lager La Ciotat 6500 Flüchtlinge nach Toulon gebracht. Unter ihnen war auch Dov Landau.

  Die CID kam im letzten Augenblick dahinter und eilte nach Toulon. Angehörige des Hafenamtes wurden mit enormen Summen geschmiert, damit sie das Auslaufen der Jackson wenigstens so lange verzögerten, bis die CID Instruktionen aus London erhalten hatte. Mossad Aliyah Bet bestach gleichfalls Beamte des Hafenamtes, um zu erreichen, daß das Schiff auslaufen dürfe, das jetzt nicht mehr Stonewall Jackson, sondern Gelobtes Land hieß und öffentlich die blauweiße Flagge mit dem Davidstern gehißt hatte. Bei der Admiralität, Chatham House, und im Auswärtigen Amt, Whitehall, fanden eilige Besprechungen statt. Es lag auf der Hand, welche Folgen aus einem so großen illegalen Flüchtlingstransport für die englische Politik zu erwarten waren. Die Gelobtes Land mußte unter allen Umständen zurückgehalten werden. London versuchte Paris unter Druck zu setzen. Außerhalb von Toulon erschienen britische Kriegsschiffe. Die Franzosen reagierten auf die Drohungen der Engländer, indem sie der Gelobtes Land die Genehmigung zum Auslaufen erteilten.

  Unter dem Jubel der an Bord befindlichen Flüchtlinge lief die Gelobtes Land von Toulon aus. In dem Augenblick, als sie die Drei-Meilen-Zone hinter sich gelassen hatte, wurde sie von den britischen Kreuzern Apex und Dunston Hill in Empfang genommen und begleitet.

  Dreieinhalb Tage lang steuerte Bill Fry die Gelobtes Land mit Kurs auf Palästina. Ihr hoher, schmaler Schornstein qualmte, ihre Maschinen ächzten, ihr Deck bog sich unter der Menschenfülle, und ihre Wachhunde, die beiden Kreuzer, hielten Wache.

  Die Apex und die Dunston Hill blieben in ständiger Funkverbindung mit der Admiralität in London. Als sich die Gelobtes Land auf rund fünfzig Meilen der Küste von Palästina genähert hatte, durchbrachen die Engländer die Spielregeln der illegalen Einwanderungsblockade. Die Apex kam dicht an den alten Dampfer heran, schoß ihm eine Salve vor den Bug und forderte ihn über Lautsprecher auf, sich bereit zu halten, ein englisches Prisenkommando an Bord zu nehmen.

  Bill Fry biß auf seine Zigarre. Er schnappte sich ein Megaphon und ging auf die Brücke. »Wir befinden uns auf hoher See«, rief er zu der Apex hinüber. »Wenn ihr bei uns an Bord kommt, ist das Piraterie!« »Tut mir leid, Jungens, aber Befehl ist Befehl. Seid ihr bereit, unser Prisenkommando ohne Widerstand an Bord zu lassen?«

  Bill drehte sich zu dem Palmach-Chef um, der hinter ihm stand und sagte: »Diesen Himmelhunden wollen wir einen Empfang bereiten, der sich gewaschen hat.«

  Die Gelobtes Land versuchte, sich mit Volldampf von den Kreuzern zu entfernen. Die Apex ging längsseits, machte eine scharfe Wendung und rammte mit einem starken Stoß ihres stählernen Bugs den alten Kasten mittschiffs. Die Bugspitze drang oberhalb der Wasserlinie tief in die Bordwand und ließ den Dampfer unter dem Anprall erzittern. Dann eröffnete die Apex Maschinengewehrfeuer, um die Flüchtlinge von Deck zu vertreiben und den Weg für das Prisenkommando freizumachen.

  Englische Marinesoldaten, ausgerüstet mit Gasmasken und leichten Waffen, sprangen über die Reling der Gelobtes Land und gingen über das Deck in Richtung auf die Aufbauten mittschiffs vor. Die Palmach-Männer versperrten ihnen mit Stacheldraht den Weg und empfingen sie mit einem Steinhagel und Wasserstrahlen aus Hochdruckschläuchen.

  Die Engländer wurden dadurch zum Bug zurückgedrängt. Sie hielten sich den Palmach mit Maschinenpistolen vom Leibe und forderten Verstärkung an. Weitere Soldaten kamen an Bord, diesmal mit Drahtscheren. Die Engländer griffen zum zweitenmal an. Abermals wurden sie durch heftige Wasserstrahlen zurückgetrieben, doch erneut gingen sie unter dem Feuerschutz von Maschinengewehren der Apex zum Angriff vor. Sie erreichten die Stacheldrahtbarrikade und wollten sie zerschneiden. Aber der Palmach trieb sie mit Strahlen brühend heißen Dampfes zurück. Jetzt ging der Palmach zum Angriff über. Er überwältigte die Engländer und warf sie einen nach dem andern ins Meer.

  Die Apex stellte den Angriff ein, um ihre Männer aus dem Wasser zu fischen, u
nd die Gelobtes Land dampfte noch einmal davon, wenn auch mit einem riesigen Loch in der Flanke. Doch die Dunston Hill setzte ihr nach und holte sie ein. Man überlegte sich an Bord des Kreuzers, ob es ratsam sei, den Dampfer nochmals zu rammen. Das war riskant. Ein zweiter Stoß konnte den alten Kasten zum Sinken bringen. Statt dessen eröffnete die Dunston Hill mit schweren Maschinengewehren das Feuer, bis kein Palmach-Angehöriger und kein Flüchtling mehr an Deck war. Dann kam das Prisenkommando der Dunston Hill mittschiffs mit Strickleitern an Bord. Ein wildes Handgemenge entstand. Die Engländer drängten, mit Gummiknüppeln um sich schlagend und gelegentlich auch einen Schuß abgebend, auf die Leiter zu, die zur Kommandobrücke hinaufführte.

  Jetzt erschien auch die Apex wieder auf der Bildfläche, und die beiden Kreuzer nahmen den Dampfer in die Mitte. Das Prisenkommando der Apex kam, geschützt durch einen Vorhang aus Tränengas, erneut an Bord; die Matrosen der Dunston Hill drängten von der anderen Seite, und der Palmach mußte zurückweichen.

  Dov Landau kämpfte auch mit. Gemeinsam mit anderen Flüchtlingen verteidigte er die Leiter zur Brücke. Immer wieder stießen sie die Engländer die Leiter hinunter, bis sie durch Tränengas und Schüsse vertrieben wurden.

  Die Engländer, die jetzt die Herrschaft an Bord hatten, holten Verstärkung heran und hielten die Flüchtlinge und den Palmach mit ihren Schußwaffen in Schach, während einige von ihnen das Ruderhaus erstürmten, um das Schiff in ihre Gewalt zu bekommen. Bill Fry und fünf von seiner Crew empfingen die ersten drei Engländer, die in das Ruderhaus eindrangen, mit Pistolen und wütenden Fäusten. Bill, der vollkommen abgeschnitten war, kämpfte trotzdem weiter, bis ihn englische Matrosen aus dem Ruderhaus zerrten und mit Gummiknüppeln erschlugen. Nach einem vierstündigen Kampf, bei dem acht ihrer Leute getötet und an die zwanzig schwer verwundet worden waren, hatten die Engländer das Schiff in ihre Hand bekommen. Von den Juden waren fünfzehn getötet worden, darunter der amerikanische Kapitän Bill Fry.

 

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