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Exodus

Page 35

by Leon Uris


  Im ersten Winter wurden die Schuppen ein dutzendmal durch Wind und Wasser umgerissen. Straßen und Wege waren so morastig, daß die Neusiedler für lange Zeit von der übrigen Welt völlig abgeschnitten waren. Schließlich waren sie gezwungen, in ein nahegelegenes Araberdorf auszuweichen und dort den Frühling abzuwarten.

  Yossi kehrte im Frühling nach Schoschana zurück, als es dort ernstlich an die Arbeit ging. Die Sümpfe und Moore mußten Meter für Meter zurückgedrängt werden. Man pflanzte Hunderte von australischen Eukalyptusbäumen an, die das Wasser aufsaugen sollten. Entwässerungsgräben wurden gezogen. Alles mußte mit der Hand gemacht werden, eine mörderische Arbeit. Die Gruppe arbeitete vom Morgen bis zum Abend, und ein Drittel lag beständig mit Malaria darnieder. Das einzige bekannte Mittel dagegen war die arabische Heilmethode, die Ohrläppchen anzustechen und Blut abzuzapfen. Sie arbeiteten in der höllischen Hitze des Sommers, und der Schlamm ging ihnen bis an die Hüften.

  Im zweiten Jahr war schon ein gewisser Erfolg dieser Schufterei zu sehen: ein Teil des Landes war urbar. Jetzt mußten die Steine mit Eselsgespannen von den Feldern geschleppt und das dichte Unterholz abgehackt und verbrannt werden.

  In Tel Aviv setzte Yossi seinen Kampf um weitere Unterstützung des Experimentes fort. Er hatte etwas sehr Erstaunliches entdeckt. Die Sehnsucht, sich eine Heimat zu schaffen, war so stark, daß diese zwanzig Leute bereit waren, die schwerste Arbeit ohne Bezahlung auf sich zu nehmen.

  In Schoschana nahmen die Strapazen und Schwierigkeiten kein Ende. Doch nach dem zweiten Jahr war schon so viel Land urbar gemacht, daß man an den Anbau denken konnte. Das war ein kritisches Unternehmen, denn die meisten Angehörigen der Gruppe hatten keine Ahnung von Landwirtschaft, ja sie wußten kaum, was der Unterschied zwischen einer Henne und einem Hahn war. Sie versuchten den Anbau auf gut Glück, und das Ergebnis war in den meisten Fällen ein Mißerfolg. Sie wußten nicht, wie man mit dem Pflug eine gerade Furche zieht, wie man sät oder eine Kuh melkt, oder wie man Bäume pflanzt. Der Boden war für sie ein ungeheures Rätsel.

  Doch sie gingen dem Problem der Bodenbestellung mit der gleichen zähen Entschlossenheit zu Leibe wie dem Sumpf. Nachdem der Sumpf entwässert war, mußte der Boden künstlich bewässert werden. Zunächst wurde das Wasser in Kanistern auf Eselsrücken vom Fluß herangebracht. Man experimentierte mit einem arabischen Wasserrad und versuchte es mit Brunnen. Aber schließlich legten sie Bewässerungsgräben an und bauten Dämme, um das Wasser der winterlichen Regenfälle aufzufangen.

  Nach und nach gab das Land seine Geheimnisse preis. Oftmals, wenn Yossi nach Schoschana kam, verschlug ihm die unvergleichliche Moral dieser Neusiedler den Atem. Sie besaßen nur das, was sie auf dem Leib trugen, und selbst das war genossenschaftliches Eigentum. In dem gemeinsamen Speiseraum verzehrten sie die denkbar kärglichsten Mahlzeiten, hatten gemeinsame Waschräume und schliefen alle unter ein und demselben Dach.

  Die Araber und Beduinen sahen mit Erstaunen, wie die Siedlung Schoschana langsam, aber stetig wuchs. Als die Beduinen feststellten, daß mehrere hundert Morgen Land kultiviert waren, beschlossen sie, die Juden zu vertreiben. Alle Feldarbeit mußte von nun an unter dem Schutz bewaffneter Wachtposten verrichtet werden. Zu der Malaria und dem Überfluß an Arbeit kam nun auch das Problem der Sicherheit. Nach einem unerhört harten Arbeitstag auf den Feldern mußten die ermüdeten Siedler die Nacht über Wache stehen. Doch sie gaben Schoschana nicht auf und ließen sich durch ihre Isoliertheit und Unwissenheit, durch Drohungen der Beduinen, durch den Sumpf, die mörderische Hitze, die Malaria und ein Dutzend anderer Kalamitäten nicht beirren.

  Jakob Rabinski kam nach Schoschana, um dort sein Glück zu versuchen; desgleichen Joseph Trumpeldor, der als Offizier im russischen Heer gedient und wegen seiner Tapferkeit im russischjapanischen Krieg, in dem er einen Arm verloren hatte, berühmt war. Der Appell des Zionismus hatte ihn nach Palästina gebracht. Nachdem Trumpeldor und Jakob für die Sicherheit zu sorgen begonnen hatten, hörten die Überfälle der Beduinen sehr bald auf. Doch das gemeinschaftliche Leben schuf noch andere Probleme: Fragen, die die Allgemeinheit betrafen; zwar regelte man sie durchaus demokratisch, doch die Juden neigten von Haus aus zur Unabhängigkeit, und nur selten waren zwei Juden einer Meinung. Würde das Verwalten also auf endloses Reden, Diskutieren und Streiten hinauslaufen?

  Es entstanden Fragen der Arbeitseinteilung, der Verantwortlichkeit bei Krankheit, der Fürsorge und der Erziehung. Und was sollte mit denjenigen geschehen, die nicht bereit oder nicht in der Lage waren, den ganzen Tag zu arbeiten? Und mit denen, die mit der Arbeit unzufrieden waren, die man ihnen übertragen hatte? Oder mit denen, denen das Essen nicht schmeckte, oder die nicht damit einverstanden waren, in so engen Unterkünften zusammenzuleben? Und wie sollte man persönliche Reibereien schlichten?

  Aber eins schien stärker zu sein als alle diese Probleme: Jeder einzelne in Schoschana lehnte mit Leidenschaft die Umstände und Zustände ab, die aus ihm einen Ghetto-Juden gemacht hatten. Alle waren entschlossen, nie mehr in ein Ghetto zurückzukehren. Sie wollten sich durch ihrer Hände Arbeit eine Heimat schaffen.

  Die Gemeinschaft von Schoschana hatte ihren eigenen Ehrenkodex und ihre eigene Gesellschaftsordnung. Ehen wurden durch Gemeinschaftsbeschluß geschlossen und geschieden. Man regelte das Leben innerhalb der Siedlung in einer Form, die sich über die traditionellen Bindungen hinwegsetzte. Man warf die Fesseln der Vergangenheit ab.

  Nach der langen Zeit der Unterdrückung erlebten die Juden von Schoschana, was sie so lange ersehnt hatten: die Entstehung einer wahrhaft freien jüdischen Landbevölkerung. Zum erstenmal kleideten sich Juden wie Bauern, tanzten sie Horra beim Schein eines Holzfeuers, und den Boden zu bearbeiten und ein Heimatland zu schaffen, erschien ihnen als würdiger Lebenszweck.

  Im Laufe der Zeit wurden Rasenflächen mit Blumen, Büschen und Bäumen angelegt und neue ansehnliche Gebäude errichtet. Für verheiratete Paare baute man kleine Häuschen. Eine Bibliothek wurde eingerichtet, und ein Arzt engagiert.

  Dann kam der Aufstand der Frauen. Eine der vier Frauen, die von Anfang an dabeigewesen waren, ein untersetztes, wenig attraktives Mädchen namens Ruth, war die treibende Kraft der Rebellion. Auf den Versammlungen der Siedlungsgemeinschaft vertrat sie die Ansicht, daß die Frauen aus Rußland und Polen nicht aufgebrochen seien, um in Schoschana Domestiken zu werden. Sie forderten gleiches Recht und gleiche Verantwortlichkeit. Sie setzten die alten Tabus außer Kurs und nahmen gemeinsam mit den Männern an allen Arbeiten teil, sogar beim Pflügen der Felder. Sie übernahmen den Hühnerhof und den Gemüseanbau, und sie erwiesen sich den Männern an Fähigkeit und Ausdauer ebenbürtig. Sie lernten, mit Waffen umzugehen und standen nachts Wache.

  Ruth, die Anführerin des Aufstandes der Frauen, hatte es besonders auf die fünfköpfige Kuhherde von Schoschana abgesehen. Sie war darauf versessen, die Kühe zu übernehmen. Doch ihr Ehrgeiz scheiterte am Widerstand der Männer. Die Mädchen gingen wirklich zu weit! Jakob, der wortgewaltigste Vertreter der Männlichkeit, wurde zum Kampf gegen Ruth vorgeschickt. Sie sollte schließlich begreifen, daß es für Frauen zu gefährlich war, mit Kühen umzugehen. Außerdem stellten diese fünf Kühe den wertvollsten und am sorgsamsten gehüteten Schatz von Schoschana dar. Alle waren sehr erstaunt, als Ruth sich ohne Widerrede fügte. Das sah ihr so gar nicht ähnlich! Einen Monat lang erwähnte sie die Sache mit keinem weiteren Wort. Statt dessen stahl sie sich bei jeder Gelegenheit davon und ging in das nahegelegene Araberdorf, um dort die schwierige Kunst des Melkens zu erlernen. In ihrer freien Zeit las sie alle Broschüren über Milchwirtschaft, die sie erwischen konnte.

  Eines Morgens kam Jakob, der die Nacht über Wachdienst gehabt hatte, in die Scheune. Ruth hatte ihr Wort gebrochen! Sie molk Jezebel, die beste Kuh. Eine Sondersitzung wurde einberufen, um Ruth wegen Ungehorsams zu tadeln. Ruth brachte Fakten und Zahlen vor, um zu beweisen, daß sie in der Lage sei, den Milchertrag richtige Fütterung und gesunden Menschenverstand zu steigern, und sie beschuldigte die Männer der Ignoranz und der Intoleranz. Die Versammlung glaubte, Ruth zur Räson zu bringen, wenn man ihr vorübergehend die Verantwortung für die Herde übert
rug. Die Sache endete damit, daß Ruth die Kühe behielt. Sie vergrößerte die Herde um das Fünfundzwanzigfache und wurde zu einer der besten Meiereifachleute von ganz Palästina.

  Jakob und Ruth heirateten, und die Gemeinschaft war voll und ganz damit einverstanden. Es hieß, sie sei der einzige Mensch auf der Welt, der imstande war, in einem Streit mit ihm recht zu behalten. Sie liebten sich sehr und waren außerordentlich glücklich miteinander.

  Ganz besonders kritisch wurde die Situation, als die ersten Kinder geboren wurden. Die Frauen hatten um ihre Gleichberechtigung gekämpft und sie erhalten. Sie waren für die Ökonomie des Ganzen wichtig geworden. Viele von ihnen hatten Schlüsselstellungen inne. Die Sache wurde besprochen und durchdiskutiert. Sollten die Frauen ihre Posten etwa aufgeben und Hausangestellte werden? Oder gab es irgendeine andere Möglichkeit, das familiäre Leben zu regeln? Die Angehörigen der Gemeinschaft Schoschana waren der Meinung, es müsse auch möglich sein, eine neuartige Lösung des Kinderproblems zu finden, da ja ihre gesamte Lebensform völlig neuartig war.

  So kam es zur Entstehung von Kinderheimen, in denen ausgewählte Mitglieder der Gemeinschaft die Kinder tagsüber beaufsichtigten und versorgten. Dadurch waren die Mütter für ihre Arbeit frei. An den Abenden waren die Familien beisammen. Viele Außenseiter hielten dadurch den familiären Zusammenhalt für gefährdet, der die Juden in den langen Jahrhunderten der Verfolgung am Leben erhalten hatte. Ungeachtet dieser Kritiker war der familiäre Zusammenhalt in Schoschana genauso stark wie anderswo.

  Jakob Rabinski hatte endlich gefunden, was ihm gefehlt und was er gesucht hatte. Schoschana wuchs und wuchs, bis das Dorf hundert Mitglieder zählte und mehr als tausend Dunam Landes urbar gemacht worden waren. Jakob besaß kein Geld, nicht einmal Kleidung. Er hatte eine Frau mit einer scharfen Zunge, die eine der besten Landwirte in Galiläa war. Am Abend, wenn des Tages Arbeit getan war, ging er mit Ruth über die Rasenflächen und durch die Blumengärten, oder er stieg auf den kleinen Hügel und sah von dort über die grünenden Felder — und er war zufrieden und ausgefüllt.

  Schoschana, der erste Kibbuz in Palästina, schien die Lösung des Problems für den Zionismus zu sein, nach der man so lange gesucht hatte.

  X.

  Eines Abends kam Yossi von einer Sondersitzung des Waad-Halaschon — des Arbeitsausschusses für Fragen der hebräischen Sprache — nach Haus. Er war tief in Gedanken. Auf Grund seiner Stellung innerhalb der Gemeinde hatte man sich besonders an ihn gewandt.

  Sara hatte stets einen Tee für Yossi bereit, ganz gleich, zu welcher Tages- oder Nachtzeit er von einer seiner Versammlungen nach Haus kam. Sie saßen beide auf dem Balkon ihrer Drei-ZimmerWohnung in der Hayarkon-Straße in Tel Aviv. Yossi konnte von hier aus die Küste übersehen, die im weiten Bogen verlief.

  »Sara«, sagte er schließlich, »ich habe einen Entschluß gefaßt. Ich war heute abend im Waad-Halaschon, und man hat mich gebeten, einen hebräischen Namen anzunehmen und nur noch Hebräisch zu sprechen. Ben Jehuda hielt heute abend eine Rede. Was er für die Modernisierung der hebräischen Sprache getan hat, ist wirklich enorm.«

  »Was für ein Unsinn«, sagte Sara. »Du hast mir doch selbst gesagt, daß es noch nie gelungen ist, eine Sprache zu neuem Leben zu erwecken.«

  »Ja, aber ich habe mir auch überlegt, daß bisher noch niemals irgendein Volk versucht hat, eine Nation zu neuem Leben zu erwecken, wie wir das jetzt tun. Wenn ich mir ansehe, was in Schoschana und anderen Kibbuzim erreicht worden ist —.«

  »Weil du gerade von Schoschana sprichst — du möchtest ja nur deshalb einen hebräischen Namen annehmen, weil dein Bruder, der früher Jakob Rabinski hieß, das auch getan hat.«

  »Unsinn.«

  »Wie heißt er jetzt eigentlich, der ehemalige Jakob Rabinski?«

  »Er heißt Akiba. Das ist der Name eines Mannes, für den er sich als Knabe begeisterte.«

  »Ach, und vielleicht möchtest du dich jetzt auch nach jemanden nennen, für den du als Junge geschwärmt hast — vielleicht nach Jesus Christus?«

  »Du bist unmöglich, Sara!« fauchte Yossi, stand auf und ging wütend hinein.

  »Wenn du gelegentlich noch in die Synagoge gingest«, sagte Sara, die ihm nachgegangen war, »dann wüßtest du, daß Hebräisch die Sprache ist, in der man mit Gott redet.«

  »Sara — ich frage mich manchmal wirklich, weshalb du dir die Mühe gemacht hast, von Schlesien hierherzukommen. Wenn wir als Nation denken und handeln sollen, dann müssen wir auch wie eine Nation sprechen.«

  »Das tun wir ja auch. Unsere Sprache ist Jiddisch.«

  »Jiddisch ist die Sprache des Exils, die Sprache des Ghettos, Hebräisch aber ist die Sprache aller Juden.«

  Sie drohte ihrem Mann, der groß wie ein Riese war, mit dem Finger. »Verschone mich mit zionistischer Propaganda, Yossi. Für mich wirst du Yossi Rabinski sein und bleiben, solange ich lebe.«

  »Ich habe meinen Entschluß gefaßt, Sara. Ich gebe dir den guten Rat, dein Hebräisch aufzufrischen. Denn das ist die Sprache, die wir von jetzt an sprechen werden.«

  »Das ist ja vollkommener Blödsinn, dieser Entschluß!«

  Yossi hatte lange gebraucht, ehe er Ben Jehuda und den anderen zustimmte. Aber sie hatten recht: die hebräische Sprache mußte wieder zum Leben erweckt werden. Wenn das Verlangen nach nationaler Einheit stark genug war, dann mußte es auch möglich sein, einer toten Sprache neues Leben zu verleihen.

  Doch Sara hatte ihren eigenen Kopf. Sie sprach Jiddisch, denn Jiddisch hatte bereits ihre Mutter gesprochen. Sie hatte nicht die Absicht, in ihrem Alter noch einmal die Schulbank zu drücken. Eine Woche lang schloß sich Sara abends im Schlafzimmer ein. Doch Yossi war nicht gewillt, nachzugeben. Drei Wochen lang sprach er mit Sara nur Hebräisch, und sie antwortete Jiddisch.

  »Yossi«, rief sie eines Abends, »Yossi, komm doch mal her und hilf mir.«

  »Verzeihung«, sagte Yossi. »Hier in diesem Hause gibt es niemanden mit Namen Yossi. Solltest du etwa mich meinen«, fuhr er fort, »mein Name ist Barak — Barak ben Kanaan.«

  »Barak ben Kanaan!«

  »Ja«, sagte er. »Ich habe lange nachgedacht, um den richtigen Namen zu finden. Die Araber pflegten meinen Ochsenziemer den ,Blitz' zu nennen, und auf hebräisch heißt Blitz ,Barak'. Außerdem hieß Deborahs General so. Und Kanaan nenne ich mich, weil ich den Berg Kanaan nun einmal liebe.«

  Sara schlug die Tür mit einem Knall zu und drehte den Schlüssel um.

  Yossi rief von draußen: »Ich war glücklich, damals auf dem Berge Kanaan! Denn damals hatte ich noch kein halsstarriges Weib! Gewöhne dich daran, Sara ben Kanaan — Sara ben Kanaan!«

  Yossi, nunmehr Barak, hatte von neuem keinen Zutritt zum Schlafzimmer. Eine geschlagene Woche lang sprachen die beiden kein Wort miteinander.

  Einen Monat, nachdem der Streit zwischen ihnen ausgebrochen war, kam Barak eines Abends von einer sehr anstrengenden dreitägigen Sitzung in Jerusalem nach Hause zurück. Es war schon spät in der Nacht, er war erschöpft und müde. Er suchte Sara, um ihr bei einer Tasse Tee alles berichten zu können.

  Doch die Tür zu ihrem Zimmer war verschlossen. Er seufzte, zog sich die Schuhe aus und legte sich auf das Sofa. Er war so groß, daß seine Beine über die Armlehne hingen. Er war müde und hätte gern in seinem Bett geschlafen. Es tat ihm leid, daß er die ganze Sache angefangen hatte. Kurz bevor ihn der Schlaf übermannte, entdeckte er plötzlich einen Lichtstrahl, der unter der Tür zum Schlafzimmer herausfiel. Sara kam leise heran, kniete sich neben ihm hin und legte ihren Kopf an seine Brust.

  »Ich liebe dich, Barak ben Kanaan«, flüsterte sie in einwandfreiem Hebräisch.

  Es gab viel Arbeit für Barak ben Kanaan in der funkelnagelneuen Stadt Tel Aviv. Er war ein einflußreicher Mann in der Zionistischen Siedlungsgesellschaft. Dauernd mußte er zu Versammlungen oder zu Verhandlungen mit den Türken und den Arabern, die viel Fingerspitzengefühl verlangten. Er verfaßte schriftliche Abhandlungen über wichtige politische Fragen, und häufig fuhr er mit Sara zum Zentralbüro der Zionisten nach London oder in die Schweiz zu den internationalen Zionistenkongressen.

  Doch das Glück, das sein Bruder A
kiba in Schoschana gefunden hatte, gab es für Barak nicht. Mit seinem Herzen war er beständig in dem Land nördlich vom Berge Kanaan, im Hule-Tal. Sara liebte ihn sehr und verstand ihn gut. Sie wünschte sich Kinder, um seine Sehnsucht nach dem Boden vor dem Berg Kanaan zu lindern. Doch ihr Wunsch blieb unerfüllt. Fünfmal hintereinander hatte sie eine Fehlgeburt. Es war bitter für beide, denn Barak war bereits Mitte Vierzig.

 

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