Exodus

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Exodus Page 61

by Leon Uris


  Ari ging unverzüglich hin. Er betrat den Raum ohne anzuklopfen. Bar Israel war gerade dabei, eine Partie Schach zu spielen. Er hob den Kopf, sah Ari an, und beschäftigte sich dann wieder mit den Figuren auf dem Schachbrett.

  »Lassen Sie uns allein«, sagte Ari zu dem anderen Schachspieler, schob ihn aus dem Zimmer und machte die Tür hinter ihm zu. Dann sagte er zu Bar Israel: »Sie wissen ganz genau, daß ich Sie gesucht habe.«

  Bar Israel zog die Schultern hoch und zündete sich eine Zigarre an. »Natürlich weiß ich es. Schließlich haben Sie überall in Jerusalem an die fünfzig Liebesbriefe hinterlassen.«

  »Warum haben Sie sich dann nicht mit mir in Verbindung gesetzt? Ich bin seit vierundzwanzig Stunden in Jerusalem.«

  »Genug der dramatischen Einleitung. Sagen Sie mir lieber, was Sie eigentlich wollen?«

  »Bringen Sie mich zu Ben Mosche.«

  Bar Israel schüttelte den Kopf. »Wir spielen nicht mehr mit euch. Wir haben etwas dagegen, daß Kommandeure der Hagana wissen, wo unser Hauptquartier ist.«

  »Sie sprechen nicht mit einem Kommandeur der Hagana. Sie sprechen mit Ari ben Kanaan, dem Neffen von Akiba.«

  »Ari, ich halte Sie persönlich für zuverlässig — aber Befehl ist Befehl.«

  Ari riß Bar Israel von seinem Stuhl hoch, daß der Tisch umfiel und die Schachfiguren über den Fußboden rollten. Er faßte den kleinen Orientalen an den Rockaufschlägen und schüttelte ihn, wie man einen leeren Sack schüttelt. »Sie bringen mich zu Ben Mosche, oder ich drehe Ihnen den Hals um.«

  Ben Mosche saß an seinem Schreibtisch im Hauptquartier der Makkabäer, das sich in einem Haus des Griechischen Viertels befand. Neben ihm stand Nachum ben Ami. Die beiden Männer betrachteten den verlegenen Bar Israel und Ari ben Kanaan mit sehr unfreundlichen Blicken.

  »Wir alle wissen doch, wer Ari ist«, sagte Bar Israel, auf dessen Stirn kleine Schweißperlen standen, mit unsicherer Stimme. »Ich dachte, ich könnte es riskieren.«

  »Raus!« fauchte ihn Ben Mosche an. »Wir sprechen uns noch.« Bar Israel verließ eiligst den Raum.

  »Ja, Ben Kanaan, nachdem Sie einmal da sind — was wünschen Sie?«

  »Ich möchte wissen, was Sie in bezug auf Akiba und den Jungen zu tun beabsichtigen.«

  »Was wir zu tun beabsichtigen? Selbstverständlich gar nichts. Was könnten wir schon tun?«

  »Sie lügen!« sagte Ari.

  »Ob wir nun etwas unternehmen oder nicht, jedenfalls geht es dich nicht das geringste an«, sagte Nachum.

  Ari knallte die Faust mit solcher Wucht auf die Platte des Schreibtischs, daß das Holz krachte. »Es geht mich etwas an! Akiba ist mein Onkel!«

  Ben Mosche blieb eisig. »Wir haben keine Lust mehr, mit Verrätern zusammenzuarbeiten.«

  Ari beugte sich über den Schreibtisch, bis sein Gesicht kaum eine Handbreit von dem Gesicht Ben Mosches entfernt war. »Ich kann Sie nicht riechen, Ben Mosche, und dich kann ich auch nicht riechen, Nachum ben Ami. Doch ich verlasse diesen Raum nicht eher, als bis ich weiß, was ihr vorhabt.«

  »Du scheinst zu wünschen, daß wir dir eine Kugel durch den Kopf jagen.« »Du hältst jetzt den Mund, Nachum, oder ich mache Kleinholz aus dir«, sagte Ari.

  Ben Mosche nahm bedächtig seine Brille ab, hob sie gegen das Licht, putzte sie und setzte sie wieder auf. »Ari, Sie haben so eine liebenswürdige Art der Überredung«, sagte er. »Wir haben die Absicht, uns in das Gefängnis zu begeben und Akiba und den Kleinen Giora herauszuholen.«

  »Das hatte ich mir schon gedacht. Und wann?«

  »Übermorgen.«

  »Ich komme mit.«

  Nachum wollte protestieren, doch Ben Mosche hob die Hand und gebot ihm, zu schweigen.

  »Geben Sie mir Ihr Wort, daß die Hagana nichts davon weiß, daß Sie hier sind?«

  »Ich gebe Ihnen mein Wort.«

  »Was ist sein Wort schon wert?« sagte Nachum.

  »Wenn jemand, der Ben Kanaan heißt, mir sein Wort gibt, so genügt mir das«, sagte Ben Mosche.

  »Mir gefällt das Ganze nicht«, sagte Nachum.

  »Das tut mir leid, aber da kann ich nichts machen«, sagte Ben Mosche. »Sie sind sich ja wohl klar, Ari, was dieses Unternehmen bedeutet. Wir haben alle Kräfte aufgeboten, die wir zur Verfügung haben. Sie haben im Gefängnis von Akko gesessen, Sie wissen, was das für ein Ding ist. Wenn uns diese Sache gelingt, dann bricht das den Engländern das Genick.«

  »Akko ist eine rein arabische Stadt«, sagte Ari. »Das Gefängnis ist die stärkste Festung, die die Engländer in Palästina haben. Zeigen Sie mir Ihre Pläne.«

  Ben Mosche machte seinen Schreibtisch auf und holte ein Bündel Blaupausen heraus. Das ganze Gebiet von Akko war bis in alle Einzelheiten genau aufgezeichnet: Der Stadtgrundriß, die Zufahrtsstraßen und die Fluchtwege. Der Grundriß des Gefängnisses war, soweit Ari es beurteilen konnte, genau. Er mußte von Leuten gemacht worden sein, die selbst längere Zeit in diesem Gefängnis gesessen hatten. Die Wachttürme, die Waffenkammer, die TelefonVermittlung, alles war exakt eingezeichnet.

  Ari studierte den Angriffsplan, auf dem der genaue Zeitpunkt jeder einzelnen Phase angegeben war. Es war ein Meisterwerk.

  »Nun, Ari, was halten Sie davon?«

  »Alles ist einwandfrei — bis auf eins. Ich zweifle nicht daran, daß es Ihnen auf diese Weise gelingen wird, in das Gefängnis hineinzukommen und die Gefangenen herauszuholen. Doch die Flucht« — Ari schüttelte den Kopf —, »das haut nicht hin.«

  »Wir sind uns darüber klar, daß die Chancen für ein endgültiges Gelingen der Flucht sehr gering sind«, sagte Ben Mosche.

  »Sie sind nicht gering«, sagte Ari, »sie sind gleich Null.«

  »Ich weiß schon, was er vorschlagen wird«, sagte Nachum. »Er wird vorschlagen, daß wir mit der Hagana und den Kibbuzim zusammenarbeiten.«

  »Genau das. Und wenn ihr das nicht tut, dann werdet ihr einen Haufen neuer Märtyrer schaffen. Hören Sie, Ben Mosche, Sie sind ein mutiger Mann, aber Sie sind schließlich kein Idiot, der unbedingt den Heldentod sterben will. So, wie Sie die Sache da geplant haben, besteht eine Chance von bestenfalls zwei Prozent. Wenn Sie mir erlauben, bessere Fluchtpläne auszuarbeiten, dann erhöhen sich Ihre Chancen auf fifty-fifty.«

  »Vorsicht«, sagte Nachum. »Die Rede geht ihm bedenklich glatt vom Munde.«

  »Reden Sie weiter, Ari.«

  Ari breitete den Angriffsplan auf dem Schreibtisch aus. »Ich schlage vor, daß Sie die für den Aufenthalt im Gefängnis vorgesehene Zeit um fünfzehn Minuten verlängern und diese zusätzliche Zeit dazu benützen, um sämtliche Gefangenen, die sich dort befinden, zu befreien. Die befreiten Häftlinge werden in zwanzig verschiedene Richtungen davonlaufen, und die Engländer, die ihnen in ebenso viele Richtungen nachlaufen müssen, werden dadurch aufgesplittert und geschwächt.«

  Ben Mosche nickte zustimmend.

  »Unsere eigenen Leute sollten sich gleichfalls in kleine Gruppen aufteilen, und jede dieser Gruppen sollte sich in einer anderen Richtung von Akko entfernen. Ich werde Akiba mitnehmen, und ihr nehmt den Jungen mit.«

  »Weiter«, sagte Nachum ben Ami, dem beim Zuhören klargeworden war, daß Aris Vorschläge Hand und Fuß hatten.

  »Was mich betrifft, so werde ich versuchen, nach Kfar Masaryk durchzukommen. Dort werde ich in einen anderen Wagen umsteigen, um die Verfolger abzuschütteln und um auf Umwegen zum Karmelberg südlich von Haifa zu fahren. Ich habe zuverlässige Freunde in dem Drusendorf Daliyat el Karmil. Die Engländer werden gar nicht auf den Gedanken kommen, dort oben Nachforschungen anzustellen.«

  »Das klingt nicht schlecht«, sagte Nachum. »Auf die Drusen kann man sich verlassen — besser als auf gewisse Juden, die ich kenne.« Ari überhörte die Beleidigung. »Die zweite Gruppe, die mit Dov Landau flieht, fährt an der Küste entlang nach Nahariya und teilt sich dort. Ich kann in einem halben Dutzend Kibbuzim in der Umgebung von Nahariya dafür sorgen, daß man die Flüchtlinge aufnimmt und verbirgt. Was Landau angeht, so möchte ich vorschlagen, daß er zum Kibbuz Hamischmar an der libanesischen Grenze gebracht wird. Ich war dabei, als Hamischmar gegründet wurde; es gibt dort viele Höhlen
. Dein Bruder David war im zweiten Weltkrieg mit mir dort. Wir haben Hamischmar jahrelang als Unterschlupf für unsere führenden Männer verwendet. Landau wird dort absolut sicher sein.« Ben Mosche saß unbeweglich wie eine Statue und sah auf seine Pläne. Er war sich klar, daß das geplante Unternehmen ohne diese Verstecke nicht mehr als ein dramatisches Himmelfahrtskommando war. Mit Aris Hilfe bestand immerhin eine gewisse Möglichkeit, davonzukommen. Sollte er es riskieren, mit der Hagana zusammenzuarbeiten?

  »Also gut, Ari, machen Sie weiter. Zeichnen Sie die Fluchtpläne auf, die Sie entwickelt haben. Ich traue Ihnen nur, weil Sie den Namen Ben Kanaan tragen.«

  Noch vier Tage bis zum Tage X.

  Vier Tage trennten Akiba und Dov Landau noch von dem Strick des Henkers. Der Untersuchungsausschuß der UNO flog von Lydda nach Genf ab. Über Palästina senkte sich die bedrohliche Stille vor dem Sturm. Die Demonstrationen der Araber hörten auf. Die Aktivität der Makkabäer hörte gleichfalls auf. Jerusalem war ein Feldlager, in dem es von britischen Polizisten wimmelte.

  Noch drei Tage bis zum Tage X.

  Der englische Premierminister richtete an die beiden zum Tode durch den Strang Verurteilten einen letzten, verzweifelten Appell, das Gnadengesuch zu unterschreiben. Akiba und der Kleine Giora lehnten ab.

  Der Tag X.

  Markttag in Akko. Bei Tagesanbruch strömten aus zwanzig Dörfern in Galiläa Massen von Arabern in die Stadt. Der Marktplatz füllt sich mit Eselskarren und fahrenden Händlern. Auf den Straßen drängen sich die Passanten.

  Orientalische und afrikanische Juden, die Mitglieder der Makkabäer waren, mischen sich, als Araber verkleidet, unter die Menge, die zum Markt nach Akko strömt. Alle, ob Frau oder Mann, tragen unter ihren langen Gewändern Sprengstoff, Sprengkapseln, Drähte, Zünder, Handgranaten oder leichte Waffen.

  Elf Uhr. Noch zwei Stunden bis zum Zeitpunkt X. Zweihundertfünfzig Makkabäer und fünfzig Makkabäerinnen, alle als Araber verkleidet, befinden sich jetzt unter der Menge, die sich in der Nähe des Gefängnisses um die Stände des Marktplatzes drängt. Elf Uhr fünfzehn. Noch eine Stunde und fünfundvierzig Minuten bis zum Zeitpunkt X.

  Wachablösung im Gefängnis von Akko. Vier Angehörige der Wachmannschaft, die mit den Makkabäern zusammenarbeiten, stehen auf dem Sprung.

  Elf Uhr dreißig. Noch eine Stunde und dreißig Minuten bis zum Zeitpunkt X.

  Außerhalb von Akko, auf dem Napoleonsberg, versammelt sich eine zweite Gruppe von Makkabäern. Drei Lastwagen mit Leuten in englischen Uniformen fahren nach Akko hinein und parken auf der Mole in der Nähe des Gefängnisses. Die »Soldaten« bilden rasch kleine Gruppen von jeweils vier Mann und gehen durch die Straßen, als ob sie sich auf einem Streifengang befänden. Es sind ohnehin so viele Soldaten unterwegs, daß diese zusätzlichen hundert Soldaten überhaupt nicht auffallen.

  Zwölf Uhr mittags. Noch eine Stunde bis zum Zeitpunkt X.

  Ari ben Kanaan, in der Uniform eines britischen Majors, kam in einem englischen Dienstwagen angefahren. Sein Fahrer parkte den Wagen am westlichen Ende des Gefängnisses auf der Mole. Ari ging zu Fuß zu der Schanze am nördlichen Ende der Mole und lehnte sich gegen eine verrostete Kanone aus türkischer Zeit. Er steckte sich eine Zigarette an und sah zu, wie das Wasser vor ihm gegen die bemoosten Steine der Mole schlug.

  Fünf nach zwölf. Noch fünfundfünfzig Minuten bis zum Zeitpunkt X.

  Die Läden schließen einer nach dem andern für die Mittagspause. Die Araber, die in den Cafés sitzen, dösen vor sich hin, und die englischen Soldaten schleichen ermattet durch die stickige Hitze. Zwölf Uhr und zehn Minuten. Noch fünfzig Minuten bis zum Zeitpunkt X.

  Ein Muselmann klettert die vielen Stufen der Wendeltreppe des Minaretts hinauf. Seine Stimme klingt durch die mittägliche Stille, und die Mohammedaner versammeln sich in der großen Moschee mit der weißen Kuppel und in dem Hof davor und knien, das Gesicht nach Mekka gewandt, nieder zum Gebet.

  Zwölf Uhr und zwölf Minuten. Noch achtundvierzig Minuten bis zum Zeitpunkt X.

  Die Hitze lähmt die Araber und auch die englischen Soldaten. Die Makkabäer begeben sich zu den verschiedenen Treffpunkten. Zu zweit oder zu dritt gehen sie scheinbar ziellos durch die engen, schmutzigen Straßen.

  Die erste Gruppe versammelt sich beim Abu-Christos-Café.

  Eine zweite, größere Gruppe versammelt sich bei der Moschee. Ihre Mitglieder lassen sich am Rande des riesigen Hofes zwischen den betenden Arabern gleichfalls wie zum Gebet auf die Knie nieder.

  Eine dritte Gruppe versammelt sich auf dem Khan, einem großen offenen Platz, der seit mehr als hundert Jahren als Rastort für die Karawanen dient. Hier mischen sich die Makkabäer unter die Kamele, die Esel und die Hunderte von Arabern, die zum Markt nach Akko gekommen sind und jetzt auf der Erde hocken und ausruhen.

  Gruppe vier versammelt sich am Kai bei den Booten der Fischer.

  Die fünfte Gruppe versammelt sich auf der Mole.

  Gleichzeitig gehen die hundert Makkabäer, die als britische Soldaten verkleidet sind und sich infolgedessen freier bewegen können, in Stellung. Sie steigen auf die Dächer der Häuser, und zwar so, daß sie jeden möglichen Weg, der in das Gefängnis hinein- oder aus dem Gefängnis herausführt, überblicken und mit ihren Schußwaffen bestreichen können.

  Die letzte Gruppe der Makkabäer geht außerhalb der Stadt in Stellung. Die Angehörigen dieser Gruppe sind nicht getarnt. Sie verlegen Landminen und postieren sich auf den Straßen mit Maschinengewehren, um englische Truppen aufzuhalten, die versuchen sollten, als Ersatz nach Akko hereinzukommen.

  Zwölf Uhr fünfundvierzig. Noch fünfzehn Minuten bis zum Zeitpunkt X.

  Die Makkabäer in britischer Uniform, die die Zugänge zum Gefängnis zu kontrollieren haben, befinden sich in ihren Feuerstellungen. Die Gruppen, die außerhalb von Akko die Zufahrtsstraßen blockieren, sind gleichfalls in Stellung gegangen.

  Der entscheidende Stoßtrupp, zweihundertundfünfzig Mann als Araber verkleidet, setzt sich von den verschiedenen Treffpunkten aus in kleinen Gruppen in Bewegung und vereint sich an der Stelle, wo der Angriff stattfinden soll.

  Ben Mosche und Nachum ben Ami sind als erste zur Stelle. Sie sehen, wie ihre Leute herankommen und sich sammeln. Sie blicken zu den Dächern der Häuser hinauf und stellen fest, daß ihre Soldaten in Stellung gegangen sind. Sie sehen zu dem Gefängnis hin, wo einer der vier Helfershelfer das verabredete Zeichen gibt, daß alles bereit ist.

  Ari ben Kanaan drückt seine Zigarette aus und geht zu der Stelle, wo der Angriff stattfinden soll. Der Fahrer kommt mit dem Wagen langsam hinter ihm her.

  Der Punkt des Angriffs ist Haman El Basha, ein hundertzwanzig Jahre altes türkisches Bad. Diese Badeanstalt, erbaut von El Yazzar, liegt unmittelbar an der Südwand des Gefängnisses. Auf der Rückseite der Badeanstalt befindet sich ein Hof, in dem man Sonnenbäder nehmen kann. Von diesem Hof aus führt eine Treppe zum Dach der Badeanstalt und unmittelbar an die Mauer des Gefängnisses.

  Die Makkabäer hatten festgestellt, daß die Engländer von ihren verschiedenen Wachpositionen innerhalb des Gefängnisses jeden möglichen Zugang zu dem Gefängnis sehen und jede verdächtige Bewegung entdecken konnten. Die einzige Ausnahme war die Badeanstalt und die Südmauer. Hier sollte der Angriff erfolgen.

  Ein Uhr. Der Zeitpunkt X ist da.

  Ben Mosche, Ben Kanaan und Ben Ami holen tief Luft und geben das Zeichen. Der Angriff auf das Gefängnis beginnt.

  Ari ben Kanaan führt die Angriffsspitze, eine Gruppe von fünfzig Mann. Sie betreten die Badeanstalt und gehen sofort, ohne sich aufzuhalten, zu dem hinter dem Gebäude gelegenen Hof. Die Männer dieser Gruppe haben den Sprengstoff, die Sprengköpfe und die Zündkabel bei sich.

  Die Araber, die im Dampf sitzen und schwitzen, sehen völlig verblüfft die Spitzengruppe vorbeikommen. Sie werden von panischer Angst ergriffen. Im nächsten Augenblick ist das Bad ein wirres Durcheinander nackter, nasser Araber, die schreiend davonzulaufen versuchen. Eine zweite Gruppe kommt herein, drängt die Badegäste in einem der Räume zusammen und sperrt sie ein, damit sie nicht nach draußen laufen und Alarm schlagen können. Draußen vor dem B
ad bekommt Ben Mosche die Meldung, daß Ari mit seiner Gruppe den Hof erreicht und daß die zweite Gruppe alle Araber eingesperrt habe.

  Aris Leute stürmen die Stufen der Treppe hinauf, die vom Hof aus zum Dach hinaufführt, überqueren das Dach und bringen an der südlichen Mauer des Gefängnisses ihre Sprengladungen an. Dann ziehen sie sich in sichere Deckung zurück und legen sich im Hof flach auf die Erde.

  Ein Uhr fünfzehn.

  Eine ohrenbetäubende Explosion läßt Akko erzittern. Ein Hagel von Steinen fliegt durch die Luft. Es dauert volle zwei Minuten, bis sich der Rauch verzieht und eine riesige Öffnung in der Gefängnismauer erkennen läßt.

  Im Innern des Gefängnisses machen sich die vier Verschworenen, als die Detonation erfolgt, an die Ausführung ihrer Sonderaufträge. Der erste vernichtet mit einer Handgranate den Klappenschrank und unterbricht die telefonische Verbindung. Der zweite vernichtet, gleichfalls mit einer Handgranate, die Hauptsicherung, so daß es im ganzen Gefängniskomplex keinen Strom mehr gibt und die elektrische Alarmanlage außer Funktion gesetzt ist. Der dritte schnappt sich den Schließer, und der vierte rennt zu der Bresche in der Mauer, um den hereinströmenden Makkabäern den Weg zu zeigen.

  Aris Männer stürmen in das Gefängnis. Die Hälfte seiner Gruppe begibt sich zunächst zur Waffenkammer. Wenige Augenblicke später sind sie alle bis an die Zähne bewaffnet.

  Die andere Hälfte der Spitzengruppe riegelt die Unterkünfte der Wachmannschaften ab, um zu verhindern, daß diese Männer den Posten zu Hilfe kommen, die im Gefängnis Wache halten.

  Von draußen schickt Ben Mosche im Abstand von jeweils einer Minute weitere Gruppen von zehn oder auch zwanzig Mann in das Gefängnis hinein. Jede dieser Gruppen hat einen ganz bestimmten Auftrag und weiß genau, an welcher Stelle sie zuzuschlagen hat. Die Makkabäer stürmen durch die Gänge und die Korridore des altertümlichen Gebäudes, schalten mit Feuerstößen ihrer Maschinenpistolen die englischen Wachtposten aus und sprengen sich mit Handgranaten den Weg frei. Sie verteilen sich durch den ganzen Gebäudekomplex, schnappen sich die englischen Posten und haben knappe sechs Minuten nach der Sprengung der Mauer das Innere des Gefängnisses in ihrer Hand.

 

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