Exodus

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Exodus Page 66

by Leon Uris


  Das Telefon klingelte. Weizmann hob den Hörer ab. »Ja — das ist gut«, sagte er. »Sehr gut — Schalom.« Er legte den Hörer auf. »Samuel hat aus der Stadt angerufen. Die Äthiopier sind einverstanden, sich der Stimme zu enthalten.«

  Man hatte angenommen, daß Äthiopien unter dem Druck des benachbarten Ägypten gegen die Teilung stimmen werde. Der Entschluß, sich der Stimme zu enthalten, zeigte Haile Selassie als einen Mann von großem Mut.

  Es klopfte an der Tür. Ein Pressemann, der dem Jischuw nahestand, kam herein. »Ich denke, es wird Sie interessieren, zu erfahren, daß es in Siam eine Revolution gegeben hat und der siamesische Delegierte nicht mehr akkreditiert ist.« Lauter Jubel begrüßte diese Nachricht. Sie bedeutete, daß die Araber eine weitere Stimme verloren hatten. Barak machte einen raschen Überschlag — er wußte die Namensliste der Nationen auswendig — und berechnete, wie es nach diesen Veränderungen mit dem Stimmenverhältnis stand.

  »Wie sieht es aus, Barak?«

  »Also, wenn Haiti und Liberia dafür stimmen, und wenn Frankreich dazukommt und keiner mehr abspringt, dann können wir vielleicht so eben durchkommen.«

  Wieder klopfte es an der Tür, und ihr Vorkämpfer im Streit, Granados von Guatemala, kam herein. Tränen standen ihm in den Augen: »Der Präsident von Chile hat seiner Delegation soeben persönlich die Anweisung übermittelt, sich der Stimme zu enthalten. Die Delegation ist aus Protest zurückgetreten.«

  »Das ist doch nicht möglich!« rief Dr. Weizmann. »Der Präsident ist Ehrenvorsitzender der chilenischen Zionisten.«

  Die krasse Realität, die völlige Hoffnungslosigkeit der Situation wurde ihnen niederschmetternd bewußt. Welcher Druck war auf den chilenischen Präsidenten ausgeübt worden? Und wer wußte, wo die Daumenschrauben in den nächsten vierundzwanzig Stunden angezogen würden?

  FREITAG, DEN 29. NOVEMBER 1947.

  Der Hammer ertönte. Die Sitzung der Vollversammlung der Vereinten Nationen war eröffnet.

  »Wir werden die einzelnen Nationen namentlich aufrufen, wenn sie ihre Stimme zu der Resolution des Untersuchungsausschusses abgeben. Für die Annahme des Vorschlages zur Teilung Palästinas ist eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Die Delegierten wollen sich bitte darauf beschränken, ihre Stimme entweder dafür oder dagegen abzugeben oder aber sich der Stimme zu enthalten.«

  In dem großen Raum entstand eine erwartungsvolle Stille, und der Vorsitzende begann, die einzelnen Länder aufzurufen.

  »Afghanistan!«

  »Afghanistan stimmt dagegen.«

  Der Jischuw hatte die erste Stimme verloren. Barak notierte es auf seinem Block.

  »Argentinien!«

  »Die Regierung von Argentinien möchte sich der Stimme enthalten.«

  »Wir müssen etwas gegen diese Stimmenthaltungen unternehmen«, flüsterte Barak. »Sie können uns das Genick brechen.«

  »Australien.«

  Alles beugte sich gespannt vor, als sich Evatt erhob, um als erster Vertreter einer Nation, die dem Britischen Commonwealth angehörte, seine Stimme abzugeben.

  »Australien stimmt für die Teilung«, sagte Evatt.

  Durch den Raum ging ein Summen. Überall wurden geflüsterte Vermutungen ausgetauscht. Weizmann beugte sich zu Barak und sagte ihm leise ins Ohr: »Halten Sie es für möglich, daß das die allgemeine Haltung der Commonwealth-Staaten sein könnte?« »Schwer zu sagen — wir werden es erleben.«

  »Belgien.« »Belgien stimmt für die Teilung.«

  Erneut erhob sich aufgeregtes Stimmengewirr in dem großen Sitzungssaal. Bei der Testabstimmung vor einigen Tagen hatte sich Belgien der Stimme enthalten. Doch Spaak hatte sich in letzter Minute über den Druck hinweggesetzt, den England auf Belgien auszuüben versucht hatte.

  »Bolivien.«

  »Bolivien stimmt für die Teilung.«

  »Brasilien.«

  »Brasilien befürwortet die Teilung.«

  Die südamerikanischen Länder hielten zusammen. Der nächste Aufruf mußte eine Entscheidung von grundsätzlicher Bedeutung erbringen. Hatte die Sowjetunion ein doppeltes Spiel gespielt, so würde die Welt es jetzt erfahren, denn als nächster Staat war ein Satellitenstaat an der Reihe, Weißrußland.

  »Belorußland.«

  »Weißrußland stimmt für die Teilung.«

  Alle Mitglieder der jüdischen Nation atmeten gleichzeitig erleichtert auf. Der slawische Block war auf ihrer Seite. Die Aussichten waren gut.

  »Kanada.«

  Lester Pearson erhob sich und verkündete mit fester Stimme: »Kanada stimmt für die Teilung.«

  Das zweite Land des Commonwealth hatte sich in Gegensatz zu Großbritannien gestellt.

  »Chile.«

  Anstelle des Leiters der chilenischen Delegation, der aus Protest von seinem Posten zurückgetreten war, erhob sich einer der anderen Delegierten. »Chile wurde angewiesen, sich der Stimme zu enthalten«, sagte er langsam.

  »China.«

  China, das darauf ausging, die herrschende Macht in Asien zu werden, scheute sich, die Mohammedaner in Indien und in Pakistan zu brüskieren.

  »China enthält sich der Stimme.«

  Das war ein Rückschlag für den Jischuw.

  »Costarica.«

  Mit dem Delegierten von Costarica hatten sich die Araber in Verbindung gesetzt und versucht, ihm seine Stimme durch das Versprechen abzukaufen, ihm einen einflußreichen Posten bei der UNO zu verschaffen. Er erhob sich und richtete seinen Blick auf die ägyptische Delegation.

  »Costarica stimmt für die Teilung«, sagte er.

  Der Mann, der sich nicht kaufen lassen wollte, nahm lächelnd wieder Platz.

  »Kuba.«

  »Kuba stimmt gegen die Teilung.«

  Das war für den Jischuw ein Schock, der völlig unerwartet kam. »Tschechoslowakei.«

  »Die Tschechoslowakei stimmt für die Teilung«, sagte Jan Masaryk. »Dänemark.«

  »Dafür.«

  »Dominikanische Republik.«

  »Die Republica Dominicana stimmt zugunsten der Teilung.« »Ägypten.«

  »Ägypten ist dagegen, und wird sich an diese schandbare Verletzung seiner Rechte nicht gebunden fühlen!«

  Der Vorsitzende klopfte mit dem Hammer, und nach dem wütenden Protest Ägyptens wurde es langsam wieder ruhig.

  »Ekuador.«

  »Ekuador stimmt für die Teilung.«

  »Äthiopien.«

  »Äthiopien — enthält sich der Stimme.«

  Die Erklärung schlug wie eine Bombe ein! Die Gesichter sämtlicher arabischer Delegierten wandten sich voller Verblüffung dem Äthiopier zu. Der syrische Delegierte drohte ihm wütend mit der Faust.

  »Frankreich.«

  Die erste der vier Großmächte, das zögernde Frankreich, war an der Reihe. Parodi erhob sich langsam von seinem Sitz. Wenn sich Frankreich der Stimme enthielt, konnte sich das für den Jischuw verheerend auswirken. War es Leon Blum und der öffentlichen Meinung in Frankreich gelungen, sich durchzusetzen?

  »Die Französische Republik stimmt für die Teilung«, sagte Parodi rnit einer Stimme, der Genugtuung anzuhören war.

  Durch den Saal ging erwartungsvolles Gemurmel. Zum erstenmal wurden sich die Versammelten voller Erregung bewußt, daß sich tatsächlich ein Wunder ereignete.

  »Guatemala.«

  Granados, der entschiedenste Verfechter der Teilung, erhob sich.

  »Dafür«, sagte er.

  »Griechenland.«

  »Griechenland stimmt gegen die Teilung.«

  Im letzten Augenblick hatten die Griechen den Erpressungen Ägyptens nachgegeben.

  »Haiti.«

  Der Delegierte von Haiti, dessen Stimme von entscheidender Bedeutung war, war in den letzten beiden Tagen von seiner Regierung plötzlich ohne Instruktionen gelassen worden. »Die Regierung von Haiti hat ihrer Delegation soeben die Anweisung erteilt, ihre Stimme zugunsten der Teilung abzugeben.«

  »Honduras.«

  »Honduras möchte sich der Stimme enthalten.«

  »Island.«

  »Island stimmt für die Teilung.« Die älteste Republik der Welt hatte ihren Beitrag geleistet, um d
ie jüngste Republik der Welt entstehen zu lassen.

  »Indien.«

  »Indien stimmt gegen die Teilung.«

  »Iran.«

  »Dagegen.«

  »Irak.«

  »Irak stimmt gegen die Teilung Palästinas; wir werden die Juden nie und nimmer anerkennen! Sollte die Vollversammlung der Teilung zustimmen, so wird der heutige Tag blutige Folgen haben. Wir stimmen dagegen!«

  »Libanon.«

  »Libanon stimmt gegen die Teilung«, sagte Malik.

  »Wie steht es?« fragte Dr. Weizmann.

  »Fünfzehn Stimmen dafür«, sagte Barak, »acht dagegen, und sieben Stimmenthaltungen.«

  Es war nicht sonderlich ermutigend. Bisher fehlte den Juden eine Stimme zu der Zweidrittelmehrheit, und die verheerenden Stimmenthaltungen nahmen weiter zu.

  »Wie beurteilen Sie die Lage, Barak?«

  »Das werden wir wissen, wenn die nächsten drei südamerikanischen Länder ihre Stimme abgegeben haben.«

  »Ich finde, wir müßten langsam einen Vorsprung gewinnen. Annähernd die Hälfte der vertretenen Nationen hat bereits ihre Stimme abgegeben, und wir liegen noch keineswegs entschieden vorn im Rennen«, sagte Weizmann.

  »Liberia.«

  »Liberia stimmt für die Teilung.«

  »Luxemburg.«

  Ein anderes kleines Land, das wirtschaftliche Schwierigkeiten hatte und in der britischen Einflußsphäre lag.

  »Luxemburg stimmt für die Teilung.«

  Wieder einmal bekamen die Engländer eine offene Abfuhr erteilt. Der Jischuw hatte jetzt eine Stimme über die erforderliche Zweidrittelmehrheit hinaus erreicht.

  »Mexiko.«

  »Mexiko enthält sich der Stimme.«

  Alle Angehörigen der Jischuw-Delegation zuckten zusammen. »Niederlande.«

  »Die Niederlande stimmen für die Teilung.«

  »Neuseeland.«

  »Dafür.«

  »Nikaragua.«

  »Dafür.«

  »Norwegen.«

  »Dafür.«

  »Pakistan.«

  »Pakistan stimmt gegen die Teilung.«

  Die nächsten Stimmen mußten die Entscheidung bringen.

  »Wenn wir die nächsten vier Stimmen für uns bekommer, dann glaube ich, daß wir es geschafft haben«, sagte Barak mit einer Stimme, die vor Aufregung unsicher war.

  »Panama.«

  »Dafür.«

  »Paraguay.«

  »Paraguay hat soeben Anweisung erhalten, sich nicht der Stimme zu enthalten — Paraguay stimmt für die Teilung.«

  »Peru.«

  »Peru befürwortet die Teilung.«

  »Philippinen.«

  Für einen atemlosen Augenblick stand die Welt still. Romulo war von Flushing Meadow abberufen worden. Der Delegierte, der an seiner Stelle die Philippinen vertrat, erhob sich.

  »Die Philippinen stimmen für die Teilung.«

  Lautes, aufgeregtes Stimmengewirr! Die Mitglieder der jüdischen Delegation sahen sich fassungslos an.

  »Mein Gott«, sagte Barak. »Ich glaube, wir haben es geschafft.« »Polen.«

  »Polen stimmt für die Teilung.«

  Die Juden begannen, Vorsprung zu gewinnen. Polen hatte für die Jahre der Verfolgung hilfloser Juden eine kleine Entschädigung geleistet.

  »Siam.«

  Siam war nicht vertreten.

  »Saudi-Arabien.«

  Der Araber im weißen Gewande erklärte mit lauter, haßerfüllter Stimme, daß sein Land gegen die Teilung sei.

  »Schweden.«

  »Schweden stimmt für die Teilung.«

  Jetzt ging es in die letzte Runde, und die Araber standen mit dem Rücken gegen die Wand.

  »Syrien.«

  »Dagegen!«

  »Türkei.«

  »Die Türkei stimmt gegen die Teilung.«

  Barak machte einen raschen Überschlag. Die Araber hatten noch immer eine kleine Chance. Sie hatten bisher zwölf Stimmen, und eine weitere Stimme war ihnen sicher. Sollte in letzter Minute ein Stellungswechsel erfolgen, konnte alles in Frage gestellt sein. »Ukraine.«

  »Dafür.«

  »Südafrikanische Union.«

  »Dafür.«

  »UdSSR.«

  Wyschinski erhob sich. »Die Sowjetunion stimmt für die Teilung.« »Großbritannien.«

  Es wurde still im Raum. Der britische Delegierte stand auf, aschfahl im Gesicht, und sah sich um. In diesem unbehaglich kritischen Augenblick stand er allein. Die Länder des Commonwealth hatten England im Stich gelassen. Frankreich war abgesprungen, die Vereinigten Staaten von Amerika ebenfalls.

  »Die Regierung Seiner Majestät wünscht sich der Stimme zu enthalten«, sagte der Engländer mit stockender Stimme.

  »Die Vereinigten Staaten von Amerika.«

  »Die Vereinigten Staaten stimmen für die Teilung.«

  Es war entschieden. Die Berichterstatter stürzten in die Telefonzellen, nachdem die letzte Stimme gefallen war, um diese neueste Nachricht in Blitzgesprächen der ganzen Welt mitzuteilen. In Tel Aviv brach ungeheurer Jubel aus.

  Doch die Männer, die in Flushing Meadow diesen Kampf durchgekämpft und gewonnen hatten, die erlebt hatten, wie das Wunder Wirklichkeit geworden war, waren Realisten. Auch die Juden in Tel Aviv feierten das Ereignis nur für einen kurzen Augenblick. Ben Gurion und die führenden Männer des Jischuw waren sich darüber klar, daß sich ein noch größeres Wunder ereignen mußte, wenn ein unabhängiger jüdischer Staat Wirklichkeit werden sollte. Tönte doch gleichzeitig aus Millionen arabischer Kehlen der donnernde Ruf: »Juda, verrecke!«

  II.

  KUWATLY, PRÄSIDENT VON SYRIEN: Wir leben und sterben mit Palästina!

  AL KULTA-ZEITUNG, KAIRO: Fünfhunderttausend Iraker rüsten sich für diesen heiligen Krieg gegen die Zionisten. Hundertfünfzigtausend Syrer werden in einer reißenden Welle über die Grenzen von Palästina stürmen, und die mächtige ägyptische Armee wird die Juden in das Meer werfen, wenn sie es wagen sollten, einen unabhängigen jüdischen Staat auszurufen.

  JAMIL MARDAM, SYRISCHER PREMIERMINISTER: Der Reden sind genug gewechselt, meine mohammedanischen Brüder. Erhebt euch zur Austilgung dieser zionistischen Plage!

  IBN SAUD, KÖNIG VON SAUDI-ARABIEN: Es gibt fünfzig Millionen Araber. Was macht es schon, wenn wir zehn Millionen verlieren, um alle Juden umzubringen? Der Preis lohnt den Einsatz. SELEH HARB PASCHA, FÜHRER DER MOHAMMEDANISCHEN JUGEND: Zieht das Schwert aus der Scheide gegen die Juden! Tod allen Juden! Der Sieg ist unser! SCHEICH HASSAN AL BANNAH, FÜHRER DER MOHAMMEDANISCHEN BRÜDERSCHAFT: Alle Araber sollen sich zur Vernichtung der Juden erheben! Wir wollen das Meer mit ihren Leichen anfüllen.

  AKRAM YAUYTAR, SPRECHER DES MUFTI: Fünfzig Millionen Araber werden bis zum letzten Blutstropfen kämpfen. HADSCH AMIN EL HUSSEINI, MUFTI VON JERUSALEM: Ich erkläre einen heiligen Krieg, meine mohammedanischen Brüder! Tötet die Juden! Bringt sie alle um.

  AZZAM PASCHA, GENERALSEKRETÄR DER ARABISCHEN LIGA: Dieser Krieg wird ein Vernichtungskrieg sein, ein Massaker, von dem man in Zukunft reden wird wie von dem Massaker der Mongolen.

  Andere führende Araber, die arabische Presse und der arabische Rundfunk antworteten in ähnlicher Weise auf die von der Vollversammlung der UNO beschlossene Teilung Palästinas.

  Am 1. Dezember 1947, einen Tag nach der Beschlußfassung durch die UNO, rief Dr. Khalidi vom Großarabischen Aktionsausschuß in Palästina zu einem Generalstreik auf, bei dem der fanatisierte Mob zu wilden Ausschreitungen überging. Die Araber drangen in das jüdische Geschäftszentrum in Jerusalem ein, plünderten Läden und steckten Gebäude an, während die englischen Truppen untätig zusahen.

  In Aleppo, in Aden und in allen Teilen der arabischen Welt drangen aufgehetzte Volksmengen in die jüdischen Ghetto-Quartiere ein, um die Männer umzubringen, die Frauen zu vergewaltigen und die Läden nach Herzenslust zu plündern.

  Anstatt eine internationale Polizeitruppe aufzustellen, beschränkte sich die UNO darauf, Ausschüsse zu bilden und endlose Reden zu halten. Man schien sich dort einreden zu wollen, daß die Teilung Palästinas erzwungen werden könnte, ohne d
aß es dazu eines einzigen Gewehres bedurfte.

  Die Juden waren realistischer. Zwar hatte man eine unwiderrufliche völkerrechtliche Grundlage für einen jüdischen Nationalstaat erreicht; wenn die Juden aber die Absicht haben sollten, nach Abzug der Engländer einen unabhängigen jüdischen Staat auszurufen, standen sie den arabischen Horden allein gegenüber.

  Konnte eine halbe Million ungenügend bewaffneter Leute hoffen, der hereinbrechenden Flut von fünfzig Millionen verhetzter und haßerfüllter Araber standzuhalten? Dabei hatten es die Juden nicht nur mit den Arabern Palästinas zu tun, die sie von allen Seiten und auf hundert Fronten bedrängten, sondern außerdem auch noch mit den regulären Armeen der anderen arabischen Nationen. Chaim Weizmann machte sich an die Arbeit, um die zionistischen Gruppen in den einzelnen Ländern zu veranlassen, Gelder für den Ankauf von Waffen aufzubringen.

  Barak ben Kanaan blieb in Lake Success, um als Führer der Jischuw-Delegation die Einzelheiten der Teilung Palästinas durchzukämpfen und um zu versuchen, Waffen aufzutreiben.

  Die große Frage war: Erklärten die Juden ihre Unabhängigkeit?

  Die Araber hatten keine Lust, bis zum Mai zu warten, um es zu erfahren. Sie hielten ihre regulären Armeen zwar noch zurück, doch sie gingen daran, mehrere »Befreiungsarmeen« aufzustellen, die angeblich aus Freiwilligen bestanden, und sie brachten den Arabern in Palästina bergeweise Waffen.

  Hadsch Amin el Husseini, der alte Kollaborateur der Nazis, wurde erneut aktiv. Er errichtete sein Hauptquartier in Damaskus. Die erforderlichen Geldmittel für die »Palästina-Freiwilligen« wurden von den Arabern im ganzen Nahen Osten erpreßt. Kawuky, der alte Brigant, der in den Aufständen der Jahre 1936-39 für den Mufti tätig gewesen war, wurde erneut sein »Generalissimus«.

  Kawukys Agenten begaben sich in die Slums von Damaskus, Beirut und Bagdad und musterten hier den Abschaum der Menschheit: Diebe, Mörder, Straßenräuber, Rauschgiftschmuggler, Mädchenhändler. Der neuen Streitmacht gab Kawuky in Erinnerung an eine Schlacht, die die Araber vor Jahrhunderten gewonnen hatten, den romantischen Namen »Yarmuk-Truppen«. Diese »Freiwilligen« wurden von anderen »Freiwilligen«, Offizieren der syrischen Armee, ausgebildet. Bald begannen Kawukys Streitkräfte über die libanesische, syrische und transjordanische Grenze nach Palästina einzusickern und sich in arabischen Dörfern zu sammeln. Das entscheidende Aufmarschgebiet war das nördlich von Jerusalem in einem vorwiegend von Arabern bewohnten Gebiet von Samaria gelegene Nablus.

 

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