Book Read Free

Love is Loud – Ich höre nur dich

Page 21

by Engel, Kathinka


  »Ist es dir unangenehm, weil du das, was ich tue, unangenehm findest oder weil es dir peinlich ist, dass ich dich erkunde?«

  »Weil es mir peinlich ist.« Ihre Stimme ist hoch, alarmiert beinahe. Doch dann schiebe ich meinen Finger komplett in sie und entlocke ihr ein leises, unbewusstes »Hmmmmh«. Ihre feuchte Hitze bringt mich um den Verstand, so sehr, dass ich mich darauf konzentrieren muss, mich selbst aufrecht zu halten.

  »Das hier sind nur wir beide. Du und ich. Sonst niemand. Vor mir muss dir nichts peinlich sein. Und ich will dich spüren. Bitte sag, dass ich dich spüren darf.«

  »Du … darfst«, sagt sie mit feuerroten Wangen, und ich schiebe meinen Finger wieder und wieder in sie. Sie ist so feucht, und die Tatsache, dass allein diese leichte Penetration mit meinem Finger sie schon zum Stöhnen bringt, entfacht ein kaltes Feuer in mir.

  »Willst du dich hinlegen?«, frage ich, und selbst die Formulierung dieser einfachen Frage kostet mich eine ungeheure Anstrengung. Sie nickt.

  Ich ziehe eine Decke aus meinem Rucksack und breite sie auf dem Bootsboden aus. An meinem Finger haftet ihr himmlischer Duft, der bewirkt, dass meine Triebe langsam die Oberhand gewinnen und mein Kopf sich komplett ausschaltet.

  Ich ziehe sie auf die Decke, bette ihren Kopf auf ihr T-Shirt. Mit meinen Fingern fahre ich ihre Wange entlang, streiche über ihr Haar.

  »Ich will, dass du dich komplett entspannst«, sage ich und küsse sie auf die Nasenspitze. Dann wandern meine Lippen über ihr Gesicht. »Ich will, dass du alles vergisst.« Ich drücke weitere Küsse auf ihre Haut. Auf ihren Hals, ihr Schlüsselbein, ihre Schultern. »Um dich herum ist nichts. Nicht einmal ich bin hier. Das ist alles nicht wichtig.«

  Meine Lippen wandern über ihr Brustbein und zu ihren Brüsten. Ich beiße sie sanft in ihre Nippel, und sie keucht. Allerdings so leise, dass die Geräusche der Natur diesen süßen Klang verschlucken. »Lass dich fallen«, bitte ich sie. »Lass los. Lass es raus.«

  Mit dem Zeigefinger meiner rechten Hand streiche ich über ihre Klitoris. Immer wieder. Ich hauche noch ein paar Küsse auf ihren Bauch, dann gleite ich mit meinem linken Zeigefinger in sie. Beinahe kommt es mir so vor, als hätte ihr Inneres auf mich gewartet. Als würde es mich in sie hineinziehen. Ich nehme einen zweiten Finger dazu und beginne sie von innen zu massieren, während ich die Reibung außen intensiviere. Der Anblick ihrer geschlossenen Augen, ihres sich windenden Körpers, lässt mich erschaudern. Mein Herz explodiert für sie.

  Frenzy beißt sich auf die Unterlippe, um das Stöhnen, das sich einen Weg hinausbahnen möchte, zu unterdrücken. Immer noch gelingt es mir nicht, ihr mehr als ein hohes, gehemmtes Seufzen zu entlocken.

  »Lass mich dich hören«, raune ich, und für einen kurzen Moment öffnet sie die Augen und sieht mich an .

  Ihre Wangen werden dunkelrot, und sie verbirgt das Gesicht in den Händen. Dann schüttelt sie den Kopf.

  »Warum nicht?«

  »Ich kann nicht«, sagt sie erstickt, während ich spüre, dass sie innerlich wie äußerlich unter meinen Berührungen beginnt, anzuschwellen. Sie pulsiert um mich.

  »Es wird besser, wenn du laut bist«, verspreche ich. »Stöhne für mich, Frenzy. Nein, stöhne für dich!«

  Und schließlich tut sie es. Erst zögerlich, leise. Dann etwas lauter. Ich erhöhe das Tempo meiner Bewegungen und spüre, wie sie sich immer wieder um meine Finger zusammenzieht. Ein lang gezogenes Stöhnen, ein tiefes Stöhnen, ein lautes. Sie bäumt sich auf und kommt mit einem lauten erleichterten Schrei.

  29

  Franzi

  Ich zittere am ganzen Körper. Ich hatte schon einige Orgasmen. Viele habe ich mir selbst verschafft, ein paar hatte ich mit Langweiler-Elias. Aber in dieser Intensität habe ich es noch nicht erlebt. Ich merke, dass ich meinen Mund nicht koordinieren kann. Meine Lippen sind ganz taub geworden.

  Ich habe die Augen geschlossen, weil ich es noch nicht wage, Link nach diesem Moment der absoluten Losgelöstheit in die Augen zu sehen. Gleichzeitig frage ich mich, was um Himmels willen seine Finger in mir angestellt haben und wie es sein kann, dass Orgasmen intensiver werden, wenn man sie herauslässt.

  »Das war wunderschön«, flüstert Link auf einmal dicht an meinem Ohr.

  Ich spüre, wie er sich neben mich legt. Seine Erektion ist direkt an meiner Hüfte, und ich genieße die Gewissheit seiner Erregung, mit der er vollkommen schamlos, ohne jede Scheu umgeht. Es kommt mir vor, als würde er mir zeigen wollen, wie sehr er mich begehrt. Durch Worte, Taten und seine körperliche Reaktion. Und es ist schön. Es gibt mir Sicherheit.

  »Du weißt, dass alles in Ordnung ist, was du spürst, oder? Und du weißt, dass jede Reaktion ihre Berechtigung hat? Und dass es nur noch viel heißer ist, wenn du loslässt?«

  Nun öffne ich die Augen doch. »Ich …«, murmle ich etwas un deutlich, weil ich immer noch nicht wieder Herrin über meinen Mund bin. »Ich habe das nie so gesehen. Mich nie so gesehen.«

  »Okay, solltest du aber. Wenn du mit mir zusammen bist, will ich, dass du dich frei fühlst. Und das war, nebenbei bemerkt, mit Abstand der heißeste Orgasmus, den ich je gesehen habe.«

  In mir breitet sich erneut eine Hitze aus. »Und du hast schon viele Orgasmen gesehen, nehme ich an«, sage ich so dahin. Im nächsten Moment finde ich es unpassend. Doch wie immer lässt Link sich überhaupt nicht aus dem Konzept bringen.

  »Wenige waren es nicht gerade. Aber bei deinem wäre ich fast vom Zuschauen gekommen.« Er grinst, und ehe ich noch etwas sagen kann, bedeckt er mit seinen Lippen meinen Mund und dringt gierig ein.

  Mein Körper reagiert sofort. Obwohl ich gerade eben innerlich noch ganz leicht und leer war, fängt es nun in mir drin wieder an zu wummern und zu pochen. Ich spüre Links Atem auf meiner Wange und höre sein lustvolles Schnaufen.

  »Was willst du jetzt?«, fragt er, als er unseren Kuss kurz unterbricht.

  Ich zucke mit den Schultern, obwohl ich genau weiß, was ich will. Ihn. Aber es fällt mir schwer, es auszusprechen.

  »Du weißt es nicht?«

  »Äh …«

  »Du willst es nicht sagen?«

  »Ich will …«

  »Du bekommst alles von mir. Alles. Du musst es mir nur sagen.«

  Ich spüre seinen Penis an meiner Seite und strecke meine Hand nach ihm aus. Ich fahre über seine weiche Haut, die runde Eichel. Spüre einen klebrigen Tropfen an ihrer Spitze und will alles von ihm und mit ihm.

  »Ich will …« Ich verstehe nicht, warum es mir dennoch so schwerfällt, die natürlichsten Dinge auszusprechen. Dabei möchte ich nichts mehr, als Link zu sagen, wie sehr ich mich danach sehne, ihn in mir zu spüren. Ich habe mich immer zu erwachsen für Dirty Talk gefühlt. Zu rational und reif. Doch in diesem Augenblick wünschte ich, ich würde diese Kunst beherrschen, ohne mich albern zu fühlen.

  »Weißt du, was ich will?«, fragt er, und ich schüttle den Kopf, obwohl ich es mir denken kann. Mein Gesicht glüht. »Ich will mich auf dich stürzen, tief in dich eindringen. Ich will dich so heftig vögeln, dass dir Hören und Sehen vergeht. Ich will, dass du meinen Namen schreist, wenn du zum zweiten Mal kommst. Noch heftiger als gerade eben. Und ich will deinen flüstern, wenn wir danach völlig fertig nebeneinanderliegen.«

  Während Links Worten hat es zwischen meinen Beinen wieder angefangen zu pulsieren.

  »Das will ich auch«, sage ich heiser.

  Er grinst schelmisch. »Was genau von all dem?«

  »Dass du … dass du dich … auf mich stürzt und tief in mich eindringst. Dass du mich heftig … vögelst, dass mir Hören und Sehen vergeht. Ich will deinen Namen schreien, wenn ich … wenn ich komme. Dass du meinen flüsterst, wenn wir nebeneinanderliegen.«

  »Ich könnte deinen auch schreien, wenn ich komme«, schlägt er vor, und mir wird heiß und kalt zugleich. Meine Haut kribbelt bis in meine Fingerspitzen. Ich weiß nicht, ob ich schon einmal in meinem Leben etwas so gewollt habe. Und ich weiß, dass ich noch nie jemanden so begehrt habe wie Link in diesem Moment.

  Er küsst mich wieder, und ich spüre, wie er in seinem Rucksack nach etwas kramt. Einen Augenblick später hat er ein Kondom herausgefischt. Es
kommt mir vor, als wären seine Hände überall auf mir und in mir, während seine Zunge immer tiefer in meinen Mund stößt. Mir verschlägt es beinahe den Atem, so intensiv sind die Empfindungen, die seine Berührungen auf mir auslösen. Es ist eine Mischung aus Brennen, Ziehen und Zittern. Ein Feuerwerk aus den widersprüchlichsten Gefühlen, die gleichzeitig von jedem Winkel in meinem Körper Besitz ergreifen. Eine Qual und gleichzeitig das Süßeste, was ich je gespürt habe.

  Weil ich jetzt schon kaum noch weiß, wo oben und unten ist, taste ich ein wenig orientierungslos nach Links Körper, der nun über mir ist. Kurz unterbricht er seine Berührungen, um sich das Kondom überzustreifen, und ich streiche mit meinen Fingern an seiner Seite entlang. Ich merke, dass ich bebe. Mein Atem geht schnell. Die Aufregung, die ich verspüre, lässt mein Herz beinahe aus meiner Brust springen.

  Mein gesamter Körper prickelt nun außen wie innen. Link stöhnt leise, als er sich zwischen meine Beine schiebt. Dann führt er seinen Penis mit der Hand an meinen Eingang. Ich bin so feucht, dass er ohne Probleme auf einmal in mich eindringen könnte, doch er lässt sich Zeit. Einen quälenden Moment lang verharrt er reglos und zwingt mich damit, meine Augen zu öffnen, meinen Blick zu fokussieren. Er sieht mich einfach nur an, und mein Herz platzt beinahe, als ich erkenne, wie viel auch er in diesem Moment empfindet.

  »Gott, du bist so schön«, raunt er und zieht die Luft geräuschvoll durch die Zähne, als könnte er sich an mir verbrennen.

  Ohne dass ich weiß, woher es kommt, sage ich auf einmal zögerlich: »Ich … ich will dich. «

  In seinen graublauen Augen blitzt etwas auf.

  »Ich will dich«, sage ich noch einmal, mit mehr Nachdruck. »In mir.«

  Und endlich, endlich dringt er in mich ein, dringt in mich vor. Weitet mich. Füllt mich und erfüllt mich. Ein Stöhnen entweicht meinen Lippen, und kurz geniere ich mich. Doch dann erinnere ich mich daran, dass er meine ungefilterten Reaktionen will. Diese Tatsache macht mich mutig, und ich lasse zu, dass es mir gefällt. Link in mir und auf mir. Mein kehliges, tiefes Stöhnen, das bewirkt, dass alles nur noch intensiver, noch unerträglicher wird.

  Link beginnt sich zu bewegen. Es ist ein langsamer, schwerer Rhythmus, der sich mit unserem Schnaufen und Keuchen zu einem sinnlichen, rauschhaften Lied steigert. Wir sind Haut an Haut, Lippen an Lippen, Zunge an Zunge, Atem an Atem. Link erhöht das Tempo, und unsere Bewegungen sind in perfektem Einklang. Unsere Hitze verschwimmt mit der Hitze um uns, und wir werden eins – eins miteinander, eins mit unserer Umgebung. Ich vergesse alles. Alles um mich herum. Es gibt nur noch Link und mich, unser erregtes Stöhnen, die tiefen lustvollen Stöße, das Reiben unserer Körper aneinander.

  Auf einmal wird er langsamer. Immer langsamer. Noch langsamer. Quälend langsam, bis er innehält.

  »Was ist los? Hör nicht auf«, wimmere ich und wölbe mich ihm entgegen.

  »Warte«, sagt er. »Bitte warte.«

  »Warum?«

  Er sieht mich aus seinen wunderschönen Augen an. Die Dämmerung, die während unseres Liebesspiels langsam über uns hereingebrochen ist, taucht ihn in ein sanftes Licht. Ein Schweißtropfen löst sich von seiner Stirn und fällt neben mich. Auch ich bin komplett nass geschwitzt .

  »Ich will nicht, dass es vorbei ist«, flüstert er. »Dieser Moment, unser erstes Mal. Ich will, dass es für immer dauert.«

  Ich sehe, dass er schluckt, und schlinge meine Arme um ihn, ziehe ihn in einen weiteren leidenschaftlichen Kuss. Sein Stöhnen wird von meinem Mund erstickt, meines von seinem. Sein Glied zuckt in mir, giert nach Erlösung. Und ganz langsam nimmt Link wieder einen Rhythmus auf. Einen vorsichtigeren. Und ich komme ihm entgegen. Immer und immer wieder. Er ist so tief in mir, so unendlich tief. Ich stöhne laut und immer lauter. Sein Schweiß vermischt sich mit meinem und umgekehrt. Ich merke, dass ich kurz davor bin, erneut zu kommen, und mache mich darauf gefasst, tatsächlich seinen Namen zu schreien, als er wieder aufhört, sich zu bewegen.

  Ich stoße einen frustrierten Laut aus. »Bitte«, sage ich. »Bring es zu Ende!«

  »Nein«, flüstert er. »Ich will nicht, dass es endet.« Er umfasst meine Brust, saugt daran, zieht meinen Nippel zwischen seine Zähne. »Ich will, dass es niemals endet.«

  Gerade als ich mich in meiner kolossalen Verwirrung, Überforderung und Überstimulierung fragen will, wie himmlisch so ein Leben wohl aussehen müsste, das nur noch daraus besteht, dass wir ineinander verschlungen sind, da stößt er mit einem tiefen Seufzen wieder in mich.

  »Lass mich kommen«, flehe ich. »Es ist danach nicht vorbei. Es fängt gerade erst an!«

  Ich höre ihn leise lachen zwischen seinem Stöhnen und meinem Stöhnen, das erneut lauter wird. Anschwillt. So wie ich das Gefühl habe, anzuschwellen. So wie Link in mir anschwillt.

  »Hör nicht auf!« Ich könnte es nicht ertragen, würde er sich erneut zurückziehen, und klammere mich an ihn, komme ihm entgegen, bäume mich auf, winde mich. Er stößt immer heftiger. Und ich schreie. Ich schreie vor Lust, und ich schreie seinen Namen. Und höre von irgendwo weit weg seine Stimme, die meinen Namen schreit …

  In meinem ganzen Leben habe ich noch nicht so empfunden. Ich bin so voll von Gefühl und Liebe, voll von Befriedigung und Ruhe und Aufgewühltheit. Link bricht auf mir zusammen. Sein Herzschlag rast mit meinem um die Wette, und in meiner Kehle, die gerade noch seinen Namen in die warmen Sümpfe Louisianas hinausgeschrien hat, bildet sich ein Kloß. Ein unerklärlicher Kloß, an dem ich nicht vorbeischlucken kann. Mein Atem zittert, hinter meinen Augen brennt es. Und dann – beginne ich zu weinen. Mein ganzer Körper bebt, Tränen rinnen aus meinen Augen meine Schläfen hinunter. Ich kann mir nicht erklären, woher sie kommen, weiß nicht, wie mir geschieht.

  Link scheint zunächst nicht mitzukriegen, was Seltsames mit mir passiert, dazu ist er viel zu ausgelaugt. Doch dann wischt er mit einem zärtlichen Lächeln eine Träne von meinem Gesicht.

  »Entschuldigung«, bringe ich unter größten Schwierigkeiten hervor, weil mir diese heftige Reaktion doch ein wenig peinlich ist. »Ich weiß auch nicht, was das ist …«

  »Schhhh«, macht er und küsst mich auf die Stirn, »auch das ist in Ordnung. Das kann schon mal passieren.« Er grinst.

  »Passiert dir das öfter?«, frage ich und verschlucke mich fast, weil sich ein Lachen mit meinem Weinen mischt.

  Doch statt einer Antwort küsst er mich sanft auf die Lippen. »Frenzy«, flüstert er dann in mein Ohr, wie er es versprochen hat. Er rollt sich von mir runter und zieht mich in seinen Arm. »Meine Frenzy.«

  Ich sauge seinen Duft ein, nach Sex, Schweiß, Wärme. Nach Wald und Harz und Link. Ich will nie wieder etwas anderes riechen, denke ich und schließe die Augen. Ich will nie wieder irgendwo anders sein als in seinem Arm. Und ich will nie wieder irgendjemand anders sein als ich selbst. Leise und laut. Gerade so, wie ich es mag.

  »Die Alligatoren tun einem wirklich nichts?«, frage ich.

  »Hm?«, brummt Link.

  »Ich glaube, ich will schwimmen.« In der Dämmerung sieht die Umgebung noch mal magischer aus, und ich will mir nichts entgehen lassen. Es ist, als wäre in mir dieser starke, unüberhörbare Ruf nach Leben.

  »Jetzt?« Er spricht undeutlich.

  »Kommst du mit?«

  »Willst du dir den Sex abwaschen?«, fragt er und hebt etwas mühsam den Kopf.

  »Ich will es erleben.«

  Er grinst. Ein wenig müde zwar, aber doch deutlich.

  »Also dann …« Link erhebt sich schwerfällig, und das Boot wankt leicht unter seinen unkoordinierten Bewegungen. Er zieht mich auf die Beine und streicht mit seinen Händen einmal über meine Schultern, meinen Rücken.

  »Gehst du vor?«, frage ich, denn ein bisschen mulmig ist mir bei dem Gedanken an das trübe Wasser schon.

  Er lacht. »Alles, was du willst.« Dann setzt er sich auf den Bootsrand und lässt sich ins Wasser gleiten.

  »Wirst du immer noch nicht gefressen?«

  »Immer noch nicht.«

  Also tue ich es ihm nach. Diesmal zähle ich nicht. Denn diesmal ist keine Unsicherheit in meinem Kopf. Ich stoße mich vom Bootsrand ab und lande
im Wasser. Es ist lauwarm, angenehm. Es duftet nach Natur und Wildnis.

  »Ich bin drin!«, rufe ich. »Ich habe mich getraut!«

  »Das hast du«, sagt Link und ist mit zwei kräftigen Schwimmzügen bei mir. Er streicht mir die nassen Haare hinter die Ohren. »Und es gibt nichts Schöneres. «

  »Nichts Schöneres als das hier?«, frage ich, zeige auf die Natur um uns herum, auf die satten, grünen Baumkronen, die Seerosen mit ihren gelben Blüten.

  »Nichts Schöneres, als wenn du über deinen Schatten springst.«

  »Ach Quatsch«, sage ich, doch irgendwo weit hinten in meinem Kopf merke ich, dass ich ihm glaube.

  »Wenn du stöhnst, wenn du springst. Wenn du lebendig wirst. Dann wirst du irgendwie größer. Dein Sein wird größer. Und das, Frenzy, kann nicht groß genug sein.«

  Ich lächle breit und schlinge meine Arme und Beine um ihn. »Ich glaube nicht, dass mich schon mal jemand überhaupt so gesehen hat«, sage ich mit dem Gesicht an seinem Hals.

  »Dann empfinde ich aufrichtiges Mitleid mit allen anderen Menschen auf dieser Welt. Jeder sollte dich sehen. Jeder sollte erfahren, wer du bist.« Er nimmt mein Gesicht in seine Hände und küsst mich. »Mit den Waschbären fangen wir an«, sagt er dann. »He, Waschbären! Seht euch diese atemberaubende Frau an!«, ruft Link in die Dämmerung hinein.

  »Hör auf, was machst du denn?«, frage ich lachend und versuche, ihm den Mund zuzuhalten.

  »Ich teile«, nuschelt er unter meiner Hand und dreht den Kopf weg, um wieder in die Sümpfe hineinzurufen. »Seht ihr sie? Die wunderbarste Frau der Welt? Die mutigste? Die schönste?« Mit einem Flüstern fügt er hinzu: »Die, die macht, dass ich vollständig bin.« Dann wendet er sich ab.

  Eigentlich ist das mein Part. Das verschämte Ausweichen, das Augen-Niederschlagen. Ich kann kaum glauben, was ich sehe, geschweige denn, was ich höre.

  »Ist das dein Ernst?«, frage ich leise. »Fühlst du so?«

  »Entschuldige«, sagt er, und sein verschmitztes, freches Grinsen ist zurück. »Ist mit mir durchgegangen. «

  »Du hast selbst gesagt, man soll sich nicht entschuldigen.« Ich klinge ein wenig triumphierend, weil ich auf einmal die Oberhand habe.

 

‹ Prev