Charisma

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by Michael G. Coney


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  Michael G. Coney – Charisma

  unbewußt einzureden, daß sie nicht stattgefunden habe. Beinahe automatisch trat ich in Waterman’s Arms.

  Wilfred stand hinter der Theke und polierte ein Glas. Sonst war niemand da. Die regulären Mittagstrinker waren schon gegangen.

  »Scotch, bitte.« Ich dachte daran, ihn nicht mit seinem Namen anzusprechen.

  Er blickte kaum auf, als er mir das Glas zuschob. Ich tat einen Spritzer Soda in den Whisky und setzte mich an einen Tisch beim Fenster, um mir meinen nächsten Schritt zu überlegen. Die Aschenbecher waren anders als in den Waterman’s Arms, die ich kannte: Sie waren mit einer Reklame für Johnny Walker beschriftet. Aber sonst glich dieser Raum dem anderen.

  »Auf der Durchreise?« versuchte Wilfred, ein Gespräch in Gang zu bringen.

  »Ja. Ich bin aber schon mehrmals hier gewesen. Dachte, ich könnte ein paar Freunde aufsuchen, bevor ich wieder abreise.«

  Sein Gesicht verriet milde Neugier. »Mir war gleich so, als ob ich Sie schon einmal gesehen hätte. Ich vergesse nie ein Gesicht.« Er blickte erwartungsvoll zur Tür. Der Drücker klickte, und sie schwang auf.

  »Tag, Tom«, sagte er. »Wartest du auf die Beerdigung?«

  Der kleine Mann trat zur Theke. »Ich denke, für ein Bier habe ich noch Zeit.« Er wandte den Kopf, sah mich und wandte sich nach einem kurzen, prüfenden Blick wieder ab. Ich kannte ihn in meiner Welt als Tom Parkes, den Inhaber der Hover-Fähren-Konzession. Wahrscheinlich war er hier im selben Geschäft.

  Er lehnte sich an die Theke, das Glas in der Hand, und sah mich wieder an. »Fremd hier, wie?« sagte er freundlich.

  »Das stimmt.«

  »Um diese Jahreszeit haben wir hier nicht viele Besucher.«

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  »Ich bin nur auf ein paar Stunden hier«, sagte ich ihm. »Ich möchte wissen… Kennen Sie einen Mann namens Bill Stratton?«

  »Dr. Stratton von der Forschungsstation?«

  »Richtig. Ich wollte ihn sehen, bevor ich die Stadt wieder verlasse. Man hat mir gesagt, daß er häufig um die Mittagszeit in die Stadt kommt.«

  Die beiden Männer tauschten einen raschen Blick. »Wann haben Sie ihn zum letzten Mal gesehen?« fragte Wilfred nach einer Pause.

  »Oh, das ist schon eine Weile her«, sagte ich, um mich nicht festzulegen.

  »Vielleicht haben Sie dann nicht von dem Unfall gehört.«

  »Unfall?« Mein Herz schien lauter zu schlagen. »Sie haben eben von einer Beerdigung gesprochen…«

  »Beerdigung? Nein, das ist ein anderer. Dies sind seltsame Zeiten in Falcombe. Nein, Ihr Dr. Stratton lebt, obwohl er das nur seinem Glück verdankt, wie man sagt. Das halbe Gesicht weggebrannt, und er war ein so gutaussehender Bursche… Ein paar Leute in der Stadt sagen, es sei ein Mordversuch gewesen, und vielleicht haben sie recht. Aber immerhin…« – Wilfred lächelte kalt – »ist der andere Bastard dabei gestorben.«

  »Ist das der, für den die Beerdigung ist?«

  Er lachte kurz auf. »Die Beerdigung ist für einen guten Mann.

  Vielleicht kennen Sie ihn nicht, aber er hat viel für diese Stadt getan. Nein, der Mann, von dem wir sprechen, war Maine. Ein widerlicher Bastard. Wir sind froh, daß wir ihn los sind, was, Tom?«

  »Das kann man wohl sagen«, stimmte der Fährmann ihm zu.

  Ich zahlte und ging hinaus. Der Regen hatte aufgehört, zumindest vorläufig, und ich ging rasch zur Pier hinab. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, daß ich noch zwei Stunden Zeit hatte, das

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  reichte, um einen raschen Blick auf meine Hausyacht zu werfen, bevor ich das Krankenhaus aufsuchte. In Gedanken versunken grüßte ich Esme, das junge Mädchen aus dem Supermarkt. Sie blickte mich überrascht an, schritt dann steif an mir vorbei. Sie dachte, ich sei ein Fremder, der sie aufreißen wollte. Ich war dankbar für Strattons Make-up. Wenn sie mein wirkliches Gesicht gesehen hätte, würde sie die ganze Stadt zusammenge-schrien haben; eine wandelnde Leiche hätte selbst ihren etwas unterentwickelten Verstand stimuliert…

  Mit diesem ein wenig abseitigen Gedanken an den Tod schien ich etwas ausgelöst zu haben. Es waren jetzt mehr Menschen als sonst in der engen Straße, und sie standen auf eine lächerlich sinnlose Art herum, sprachen kaum miteinander, und ihre Gesichter zeigten einen verschlossenen Ausdruck. Ich sah Menschen, die ich in meiner Welt kannte; an der Ecke, wo die Straße nach Boniton auf die Hauptstraße stößt, stand eine Gruppe von Angestellten des Falcombe Hotels. Irgend etwas an ihrer Haltung, ihrem Schweigen, schlug in meiner Erinnerung eine Saite an, und ich blieb in der Nähe des Parkplatzes stehen und beobachtete sie. Und plötzlich wußte ich, was es war. Sie erinnerten mich an streikende Arbeiter. Es lag eine Atmosphäre von Niedergeschlagenheit und Unsicherheit in der Luft, als ob sie überlegten, woher ihre nächste Mahlzeit kommen würde.

  Ich hatte den brennenden Wunsch, Mellors in dieser Welt gegenüberzutreten, um festzustellen, was er wirklich von mir hielt. Eine Zeitlang, bis vor einigen Wochen, waren wir prächtig miteinander ausgekommen. Beinahe hätte ich mich umgedreht und wäre zum Hotel gegangen; dann erinnerte ich mich an Strattons Warnung. Der Doppelgänger Pablos würde wahrscheinlich dort sein, und der Dicks. Es wäre sehr leichtsinnig, mich Menschen zu zeigen, die mich gut kannten; dazu reichte diese einfache Tarnung nicht.

  Unter den wartenden Gruppen erhob sich ein Murmeln, und sie begannen erwartungsvoll mit den Füßen zu scharren. Köpfe wandten sich, und Augen blickten zur Boniton-Straße, zu der Stelle, wo sie hinter einer alten Kirche ins Blickfeld kam. Ich

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  glaube, das war der Augenblick, wo mir klar wurde, was ich sehen würde. Ich kannte alles, die ganze Geschichte, soweit sie Welt 2 betraf.

  Der Leichenwagen glitt ins Blickfeld: ein altertümlicher Rolls-Royce, auf Rädern, vornehm und langsam. Die Zuschauer murmelten. Auf dem Dach des Wagens stand ein riesiger, mit Blumen gefüllter Silberkorb. Hinter ihm folgten weitere Wagen, ebenfalls Radfahrzeuge, und wahrscheinlich von Kolbenmaschi-nen angetrieben. Der Leichenwagen bog um die Ecke in die Hauptstraße ein, und die Männer, die am Straßenrand standen, nahmen die Hüte ab. Viele von ihnen, die ich aus meiner Welt kannte, hatte ich noch nie mit einem Hut gesehen; ich glaube, sie trugen ihn nur zu diesem Anlaß, um ihn respektvoll abnehmen zu können.

  Der Sarg war aus heller Eiche und sah unglaublich kostbar aus, doch das hatte ich erwartet. Im nächsten Wagen erwartete ich Dorinda zu sehen – und ich sah sie, schwarz verschleiert und leidvoll. Ich erkannte viele der Menschen in den folgenden Wagen und auch unter den Trauergästen, die dem letzten Wagen zu Fuß folgten. Pablo war unter ihnen, und Dick.

  Als der Zug sich auf das Falcombe Hotel zubewegte, hörte ich einen der Zuschauer zu einem anderen sagen: »Einen Mann wie ihn wird es nicht wieder geben. Manche haben ihn hart genannt; schön, das war er auch – aber ich habe ihn immer fair gefunden.

  Die Stadt schuldet Mr. Mellors sehr viel.«

  Sein Nachbar antwortete: »Du hast völlig recht. Und ich will dir noch etwas sagen: Maine kann von Glück sagen, daß er so schnell in dem Feuer gestorben ist, sonst würden wir ihn jetzt aufhängen für das, was er Mr. Mellors angetan hat.«

  Ich ging rasch fort, weil mir übel wurde, und fand meinen Weg über die mit allem möglichen Unrat bestreute Pier fast nur durch meinen Instinkt.

  Die Hausyacht war ein Wrack, ein völlig verbrannter, schwarzer Rumpfrest, der auf dem Wasser lag wie ein riesiger, toter Käfer.

  Von den Aufbauten war nichts übrig geblieben, und der Rumpf

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  war stellenweise bis zur Wasserlinie niedergebrannt. Er würde beim nächsten Oststurm versinken, falls der Stadtrat ihn nicht vorher fortschleppen ließ. Ich blickte das Wrack eine Weile an, erholte mich langsam von dem letzten Schock, war mir jedoch sehr der Tatsache bewußt, daß ein Teil meines totalen Selbst in diesem Wrack gestorben war…

  Der unvermeidliche jugendliche Angler saß auf den R
esten des Bugs und hielt mit fröhlicher Unbekümmertheit für Tragödien seine Angelschnur in das Wasser der rasch abfließenden Ebbe.

  Ich dachte daran, wie oft ich seinen Doppelgänger in Welt 1 von meinem Boot gejagt hatte und fragte mich, ob er mir wohl einige Informationen geben konnte. Zumindest mußte er mir sagen, was mit dem Boot geschehen war.

  »Du! Izaak Walton!« rief ich ihn an, und gebrauchte unwillkürlich die Formulierung, die ich auf Welt 1 gebrauchte.

  Er fuhr mit einem Ausdruck reinen Entsetzens herum. Er hatte eine Stimme aus dem Grab gehört. Er konnte nicht mehr als einen flüchtigen Blick auf mich geworfen haben, als er das Gleichgewicht verlor und mit einem erschrockenen Aufschrei in das rasch strömende Wasser fiel. Ich sprang auf das Boot, beugte mich über das Heck, und versuchte, ihn bei der Schulter zu packen, als er vorbeigetrieben wurde. Aber er war zu weit entfernt. Ich kletterte auf die Pier zurück und lief auf ihr entlang, um mit ihm auf gleicher Höhe zu bleiben.

  Am Ende der Pier ist eine Bootswerft. Ich lief um an Land gezogene Dinghis herum, behielt den Jungen ständig im Auge und rief ihm zu durchzuhalten. Ich sprang von der Helling auf den Rasen des Falcombe Hotels, wo ein Dutzend Menschen bereits unsicher am Flußrand umherliefen und dem Jungen Anweisungen zuschrien. Dann fiel mir der Anleger ein Stück flußabwärts ein, der Haltepunkt der Fähre, die zwischen Falcombe und dem Dorf am anderen Flußufer verkehrt. Es ist eine erhöhte Plattform auf Pfählen. Ich glaubte, daß es möglich sein müßte, an einem der Endpfeiler hinabzuklettern und den Jungen zu packen, wenn er vorbeigetrieben wurde. Ich lief über

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  den Rasen und die Stufen hinter dem Hotel hinauf und sprintete die Straße entlang.

  Ich bog nach rechts ab, sprang ein paar Stufen hinab und rannte über die dröhnenden Planken des Anlegers. Eine alte Frau lehnte am Geländer und verbrachte ihre letzten Tage damit, auf das zeitlose Wasser zu starren. Sie blickte erschrocken auf, als ich mich über das Geländer schwang und zwischen den Querstreben der Pfeiler aus ihrem Blickfeld verschwand.

  Das Wasser rauschte etwa ein Yard unter mir meerwärts. An einen schwarz imprägnierten Pfeiler geklammert blickte ich den Fluß hinauf. Etwa fünfzig Yards entfernt lag eine konische Boje in der Flußmitte; das strömende Wasser gischte an ihr empor wie die Bugwelle eines Zerstörers. Der Junge hatte sich an der Boje festgeklammert, und ein Ruderboot hielt diagonal zur Strömung auf ihn zu. Kurz darauf wurde der Junge an Bord gezogen.

  Seltsam enttäuscht kletterte ich auf den Anleger zurück. Die Waden der alten Frau waren knotig wie Treibholz. Sie sah mich mit einem Blick fader Neugier an, wie ein Schaf.

  Sie ließen mich Stratton besuchen. Ich hatte eigentlich nicht damit gerechnet, am Empfangsschalter vorbeizukommen, doch kurz darauf stieg ich hinter den muskulösen Waden einer Krankenschwester die Treppe hinauf, wurde in das weiße, aseptische Krankenzimmer geführt und ermahnt, daß ich nur fünf Minuten bleiben dürfe, nicht länger.

  Er war ein Klumpen unter der Decke, sein Kopf eine weiß bandagierte Kugel auf dem Kissen. Er hätte jeder sein können, oder niemand, wäre in dem Knäuel weißer Binden nicht ein Schlitz gewesen, der seinen Mund freiließ.

  »Hallo, Stratton«, sagte ich.

  Die Gestalt erstarrte. Der Mund flüsterte. »Sie sprechen wie Maine. Die Schwester sagte mir, daß Sie sich Maine nennen, und ich habe ihr nicht geglaubt. Gestern wurde mir gesagt, daß

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  Maine tot sei, schon seit Tagen. Wer sind Sie, um Gottes willen?«

  »Ich bin Maine.«

  »Man hat mir gesagt, es hätte eine Explosion gegeben, und Maine sei dabei getötet worden. Dann sind sie gekommen und haben mich vernommen, weil Maine anscheinend etwas mit dem Mord an Mellors zu tun hat. Was wollen Sie hier?«

  »Ich war Susannas Kontakt«, erklärte ich. »Ich komme von Welt 1.«

  »Die wir Welt 2 nennen«, sagte Stratton trocken. »Die Eitelkeit der Menschen hat viele Formen. Eines Tages wird es uns vielleicht sogar gelingen, die Original-Welt zu entdecken.« Nach dem ersten Schock hatte er mich mit bewundernswert sachlicher Haltung akzeptiert.

  »Was haben Sie bisher herausgefunden?« fragte ich. »Ich möchte so viele Informationen wie möglich mit zurücknehmen.

  Vielleicht können wir bei dieser Sache zusammenarbeiten. Ich nehme an, daß ich Ihre Welt wieder besuchen werde.«

  »Parallele Welten«, murmelte er. »Fast identisch. Seltsam… es scheint, als ob Ihre Welt in subjektiver Zeit bei parallelen Geschehnissen einen bis drei Tage zurückliegt. Die Geschichte gleicht aus, doch die Ereignisse finden nicht simultan statt. Die Ihren folgen den unseren; wir befinden uns deshalb in Ihrer Zukunft.«

  »Und ich bin noch immer am Leben.« Mein Mund war plötzlich trocken. »Und Mellors lebt, in meiner Welt. Wie lange habe ich noch, Stratton?«

  »Ihr Doppelgänger in unserer Welt ist vor mehreren Tagen gestorben. Ziehen Sie daraus die Schlüsse, die Ihnen passen.«

  In diesem Augenblick trat die Schwester herein. »Sie müssen jetzt gehen, Mr…. Maine.« Sie führte mich hinaus und schloß die Tür.

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  »Wie ist es passiert?« fragte ich. Sie war sehr hübsch. Ich fragte mich, ob sie eine Doppelgängerin in meiner Welt hatte…

  Unwichtige Gedanken treten zu den unmöglichsten Zeiten auf.

  »Bei einem Feuer und einer Explosion auf Mr. Maines Hausyacht«, sagte sie. »Niemand weiß, wodurch die Katastrophe ausgelöst wurde, aber die Polizei glaubt, daß die beiden Männer getrunken haben und eingeschlafen sind, und eine Zigarette das Bettzeug in Brand gesetzt hat, und später ist die Gasflasche explodiert.«

  Ich starrte sie an. Stratton hatte in der vergangenen Nacht auf der Hausyacht geschlafen, und ich auch. Wir hatten getrunken.

  Aber in meiner Welt hatte es kein Feuer gegeben. Vielleicht war der Zeitpunkt meines Sterbens verstrichen. Vielleicht würde dieses eine Geschehen, das Feuer in Welt 2, in meiner Welt nicht parallel ablaufen. Vielleicht würde ich leben…

  »Ihr Name…« Sie fuhr zögernd fort: »Sind Sie ein Verwandter von Mr. Maine? Sie sehen ihm sehr ähnlich.«

  »Ja.«

  »Ich habe Mr. Maine gekannt. Er war… nett. Ich glaube nicht, was jetzt in der Stadt über ihn geredet wird, daß er Mr. Mellors getötet und versucht habe, auch Dr. Stratton zu ermorden.« Sie blickte mir offen in die Augen. »Ich möchte nur, daß Sie das wissen, sonst nichts.«

  Ich fragte sie nach ihrem Namen – für den Fall, daß ich noch einmal ins Krankenhaus kommen sollte – und sie sagte ihn mir: Schwester Marianne Peters. Nicht nur Schwester Peters…

  Eine halbe Stunde später stand ich im Zeitkreis, blickte aufs Meer hinaus und wartete, daß ich in meine Welt zurückgeholt würde.

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  DAS HOVER-CAR MATERIALISIERTE, hockte auf dem flachgedrückten Gras, das vor einer Sekunde aufgerichtet gewesen und vom Wind bewegt worden war. Ich verließ den Kreis, stieg ein und fuhr zur Station.

  Ich fuhr langsam, weil ich zitterte und nicht sicher war, das Fahrzeug unter Kontrolle halten zu können. Es war über mich gekommen, als ich über die unsichtbare Grenze in meine eigene Welt zurücktrat. In diesem Augenblick begann ich mich zu fragen, wie, zum Teufel, ich in diese Sache hineingeraten war.

  Und ich fragte mich, wie sicher Stratton war, daß ich zurückkeh-ren würde. Während ich in Welt 2 gewesen war, hatte ich zeitweise die Existenz paralleler Welten völlig vergessen; alles war so ähnlich. Doch als ich in dem Kreis gewartet hatte, gewartet daß Stratton – der mich nicht mochte – auf den Knopf drücken und mich zurückholen würde, wurde ich mir meiner Fehlplazierung in Raum und Zeit unbehaglich bewußt.

  Angenommen, irgend etwas war schiefgegangen. Angenommen, Stratton war nicht in der Lage, mich zurückzuholen. Ich wäre in einer Welt gestrandet, in der mein Doppelgänger tot war. Doch ich hätte nur ungern versucht, das den Bürgern von Falcombe zu erklären. Wenn sie meine einfache Tarnung durchschau
t hätten, wären sie natürlich zu der Annahme gelangt, daß ich bei der Explosion auf der Hausyacht entkommen war und mich versteckte, zerrissen von Schuldgefühlen für die Ermordung Mellors’ und die Verstümmelung Strattons. Ich dachte eine ganze Weile darüber nach. Während der letzten Tage seines Lebens schien mein Doppelgänger jede Minute voll ausgeschöpft zu haben. Es war eine Erleichterung, wieder unter Menschen zu sein, die mir nichts vorwarfen.

  Als ich auf die Hauptstraße einbog, hatte ich mich fest entschlossen, unter die ganze, verdammte Geschichte einen Schlußstrich zu ziehen; ich wollte weder mit Mellors noch mit Stratton und allen anderen länger etwas zu tun haben. Ich würde zu Pablo kriechen und ihn bitten, mich wieder einzustel-

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  len. Ich würde versuchen, Susanna zu vergessen – sie war in ihrer Welt genau so tot wie in der meinen…

  Ich brauchte einen Drink, bevor ich weiterfuhr, also lenkte ich den Wagen auf den Parkplatz des Hotels an der Straße und sagte mir, daß Stratton ein Idiot war, wenn er glaubte, mich durch Panikmache zwingen zu können, für ihn die Dreckarbeit zu machen. Die Gefahr lag nicht in der Möglichkeit, auf meinen Doppelgänger zu stoßen und mich selbst auszulöschen, sie lag in einer Fehlfunktion des Transferprozesses, der mich ganz einfach auslöschen würde. Ich beschloß, Stratton aufzufordern, mir den Prozeß genau zu erklären. Nur um zu sehen, ob es ihm möglich war; nur aus Spaß…

  Die Bar war leer; der Barmann starrte auf den winzigen Bildschirm seines Newspocket-Gerätes und sah nicht einmal auf, als ich hereintrat. Ich blickte ihn an, dann den Tisch in der Ecke, und ich begann plötzlich am ganzen Körper zu zittern.

 

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