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Charisma

Page 14

by Michael G. Coney


  »Mein Gott, Stratton!«

  »Hören Sie mir doch zu, Mann«, sagte er müde. »Ich habe gesagt: Nehmen wir einmal an, daß Sie Mellors ermordet hätten.

  Oder nehmen wir an, Sie hätten irgendein anderes schweres Verbrechen begangen. Sind Sie noch nicht auf den Gedanken gekommen, daß eine parallele Welt ein ideales Versteck böte?«

  »Nein. Die Menschen würden es als seltsam empfinden, wenn ich von den Toten auferstehe.«

  »Aber wir wissen nicht, wie Sie auf jeder dieser Welten gestorben sind. Sie hätten auf ein Dutzend verschiedene Arten gestorben sein können. Wenn Sie ertrunken wären, zum Beispiel, könnte Ihre Leiche niemals gefunden worden sein –

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  also könnten Sie irgendwo auftauchen und sagen: ›Wo bin ich?

  Anscheinend habe ich das Gedächtnis verloren.‹«

  »Genial. Und warum erzählen Sie mir das?«

  »Oh…« Er machte eine vage Bewegung mit seiner Zigarette.

  »Aus keinem bestimmten Grund.« Der Regen trommelte gegen das Fenster. Die schönen Herbsttage sind Einzelfälle. Der spartanische Raum war grau und trübe; der Blick aus dem Fenster zeigte fast ausschließlich Maschendrahtzäune. Die Bürokratie errichtet ihre armseligen, kleinen Gefängnisse selbst auf dem grünsten, schönsten Land.

  »Dann wollen wir das Thema fallenlassen«, sagte ich. »Ich habe kein Verbrechen begangen.« Ich warf einen Blick auf meine Uhr. »Sollten wir nicht lieber anfangen?«

  »Dies ist ein wissenschaftliches Experiment, Maine. Ich möchte, daß Sie bestimmte Beobachtungen durchführen.«

  »Das tue ich schon.«

  Sein Gesichtsausdruck war undurchschaubar, als er mich musterte. »Ich sollte Ihnen etwas sagen. Es könnte Ihnen einfallen, eine Wiederholung von Mellors’ Ermordung beobachten zu wollen. Falls Sie das tun, verschwenden Sie wahrscheinlich nur Ihre Zeit. Es gab mehrere Menschen mit adäquaten Motiven

  – also hat die Identität des Täters keinerlei Bedeutung. Das einzig Wichtige ist, daß dieser Mann ermordet wurde. Und ich möchte behaupten, daß es mehrere Welten gibt, wo Sie der Täter waren.«

  »Das sehe ich nicht ein. In jeder Welt, die der unseren nahe ist, reagieren die Menschen in identischen Situationen auf eine fast gleiche Weise. Wenn nicht, würde es eine unendliche Zahl von Welten geben, die der unseren so ähnlich sind, daß wir die Unterschiede niemals feststellen könnten.«

  »Auch wenn Sie es nicht glauben: die gibt es.«

  »Was meinen Sie damit?«

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  »Ich meine damit, daß ich meine Theorien ein wenig korrigie-ren mußte, Maine. Was wir Welt minus 2 nennen, könnte genau so gut Welt minus 200 sein, zum Beispiel. In dem Maß, in dem sich meine Technik weiterentwickelt, bin ich in der Lage, eine größere Zahl von Wahrscheinlichkeiten zu erkennen. Nehmen wir wieder das Beispiel von Welt minus 2; was wir mit dieser Bezeichnung wirklich meinen, ist: die der unseren zunächstlie-gende Welt, die jedoch ausreichende Abweichungen aufweist, um zum Zeitpunkt des Experiments und am Ort des Experiments von der unseren unterscheidbar zu sein. Und um diese Unterschiede feststellen zu können, müssen die Ereignisse, die diese Welt von der unseren unterschiedlich machen, für uns erkennbar sein – mit anderen Worten: Sie müssen in diesem Teil des Landes stattgefunden haben. Was bedeutet, daß die Welt, die wir als Welt minus 2 bezeichnen, in Manchester Welt minus 5

  genannt werden mag. Immer mehr gelange ich zu der Erkenntnis, daß Zeit und Raum untrennbar sind.«

  Ich spürte wieder eine leichte Unruhe in mir aufsteigen. »Aber das bedeutet doch, daß das Zurückrufen sehr leicht von einer falschen Welt versucht werden könnte, selbst wenn Sie glauben, die Matrize während der ganzen Zeit, die ich fort bin, zu halten.

  Ich könnte in Welt minus 2 stehen und auf den Rückruf warten, während Sie, durch einen winzigen Fehler, den Rückruf auf eine nur um einen Bruchteil davon entfernte Welt richten. Welt minus 2,01 oder so etwas.«

  Er lächelte finster. »Das habe ich bestimmt schon getan. Aber eine so geringfügige Abweichung würden Sie nicht einmal merken. So wie Sie sich vage an ein Erlebnis erinnern mögen, das niemals stattgefunden hat. Aber Sie würden nicht merken, daß Sie nicht ganz derselbe Mensch in ganz derselben Welt sind.

  Während der Maine in Welt minus 2 ein ganz anderer Mann mit anderen Erinnerungen ist, die von völlig anderen Erlebnissen geprägt wurden. So anders, daß er sterben kann, während Sie weiterleben…

  Selbst diese Welt, die wir Welt 1 nennen, die, in der wir leben und die uns konstant vorkommt, selbst diese Welt ist in

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  ständiger Veränderung begriffen, die jedoch in den verschiedenen Regionen unterschiedlich ablaufen. Zu einem bestimmten Zeitpunkt mag es hier Welt 0,999997 sein, während es zehn Meilen entfernt Welt 1.0000002 ist. Nichts ist konstant, Maine.

  Nichts war jemals konstant.«

  Er beugte sich vor und schnippte einen Bleistift über die Schreibtischplatte. Er glitt über die polierte Fläche und fiel zu Boden. Die Spitze brach ab.

  »Sehen Sie«, sagte Stratton. »Ich habe die Welt verändert.«

  Nach dieser beunruhigenden Lektion war ich verständlicherweise nervös, als ich in dem Kreis stand und den Transport zu Welt minus 6 erwartete, ich hatte beinahe Angst zu husten, für den Fall, daß so etwas den Ablauf der Ereignisse beeinflussen könnte.

  Strattons Versicherungen hatten mich nicht überzeugt. Der einzige Grund dafür, daß ich hier zitternd auf dem nassen Gras stand und auf die wenige Yards entfernt heranrollenden Wellen starrte, war die verschwundene Fischpistole. Und, natürlich, Susanna…

  Ich war überzeugt, daß meine Pistole dazu benutzt worden war, Mellors zu erschießen – und ich war genau so überzeugt, daß sie irgendwann wieder auftauchen würde, mit meinen Fingerabdrücken auf dem Griff und Mellors Blut an dem Bolzen –

  und dann würde man von mir eine Menge Erklärungen

  verlangen…

  Also mußte ich in die Vergangenheit zurückgehen – zu Welt minus 6, um genau zu sein – und versuchen, den Weg dieser Waffe zu verfolgen, von dem Augenblick an, als sie aus dem kleinen Schrank auf der Hausyacht genommen worden war.

  Vorausgesetzt, daß Mellors auf Welt minus 6 ermordet und meine Pistole dazu benutzt worden war. Eine dünne Chance, aber verdammt, ich mußte doch irgend etwas voraussetzen.

  Ich seufzte, und die Welt kippte, restabilisierte sich in Welt minus 6, mit geringfügigen Abweichungen nach beiden Seiten…

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  Und wieder befand ich mich in dem wirbelnden Zylinder, was nach Strattons Ansicht bedeutete, daß ich in dieser Welt noch am Leben war. Frustriert stand ich in der Mitte der grauen Masse und dachte daran, daß ich erst in vier Stunden zurückgeholt werden würde. Das war eine verdammt lange Wartezeit. Ich setzte mich auf den umgestürzten Baumstamm und versuchte, nicht an Susanna zu denken.

  Nach einer Weile wurde aus der Frustration Skepsis. Dies war nun das zweite Mal, daß Stratton versucht hatte, mich in die Vergangenheit zu schicken, und das zweite Mal, daß es ihm mißlungen war. Vielleicht war das Reisen zwischen parallelen Welten eine Einbahnstraße. Stratton hatte behauptet, Kaninchen in die Vergangenheit geschickt und wieder zurückgeholt zu haben, doch woher wollte er das wissen? Ein Kaninchen kann kaum als kompetenter Beobachter bezeichnet werden.

  Während ich darüber nachdachte, löste sich der Nebel plötzlich auf; ich sah Wolken über mir, und das dumpfe Schlagen der Wellen gegen das felsige Ufer wurde lauter, interpunktiert von den heiseren Schreien der Möwen. Ich kam zu dem Schluß, daß die Verzögerung auf eine technische Panne in der Station zurückzuführen sei, atmete tief durch und trat in die Vergangenheit.

  Das Gras federte unter meinen Füßen, als ich den Berghang hinauf zum Rand der Klippen ging. Ein leichter Sprühregen wurde diagonal über den Pfad geweht, und, verstärkt von der feuchten Seeluft, kann er einen Menschen innerhalb weniger Sekunden bis auf die Haut durchnässen. Ich
stellte meinen Kragen auf und schritt rascher aus, den Kopf zwischen die Schultern gezogen. Ein paar Schafe blickten mich apathisch an.

  Falcombe kam in Sicht, feucht und nebelig lag es tief unten im Flußtal. Ich stieg den schlüpfrigen, steinigen Pfad hinab, der zur Straße führte. Wenig später ging ich durch die Straßen von Falcombe; einige Passanten musterten mich mit neugierigen Blicken.

  Anfangs konnte ich mir nicht erklären, aus welchem Grund ich ihre Blicke anzuziehen schien; ich hatte den Eindruck, daß die

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  Menschen mir länger und genauer ins Gesicht sahen, als es normalerweise üblich war. Der erste Mensch, der das tat, war ein junges und relativ hübsches Mädchen, und ich gab ihren Blick offen und auf die übliche Art zurück. Als sie an mir vorbeiging, wandte sie jedoch den Kopf hastig ab, als ob sie dabei erwischt worden wäre, einen körperlich verunstalteten Menschen anzustarren. Ich schrieb ihr Verhalten einer konstitutionalen Jungfräulichkeit zu, entdeckte jedoch zu meiner Überraschung wenig später denselben Ausdruck auf dem Gesicht einer älteren Fischfrau, die ganz gewiß keine Jungfrau mehr war. In diesem Augenblick begann ich mir Gedanken über die Auswirkungen des Regens auf Strattons lächerliche Maskierung zu machen.

  Ich trat in die öffentliche Toilette in der Nähe des Ufers. Es hing kein Spiegel über dem schmierigen Waschbecken, doch in einer Ecke stand ein abgestoßener Wiegeautomat, wie ein alternder Perverser, mit einem starrenden Chromauge in der Mitte seiner Skala. Ich trat an ihn heran, bückte mich ein wenig und überprüfte mein Gesicht.

  Senkrechte Streifen in gelb, rot und braun zogen sich über die Haut, wie die Kriegsbemalung eines Indianers. Ich blickte entgeistert in den Chromspiegel. Ich hatte kein Make-up mitgebracht, und ich konnte auf keinen Fall in diesem Zustand durch die Stadt gehen. Es gab nur eine Möglichkeit: Ich mußte das ganze Zeug abwaschen und sofort zur Starfish Bay zurückgehen und einen weiten Bogen um alle Menschen machen, denen ich begegnete. Ich trat an das am wenigsten verdreckte Waschbecken, atmete tief durch und begann, mein Gesicht kräftig mit eisigem Wasser zu waschen. Da es hier keine Seife gab und das Make-up ziemlich viel Fett enthielt, brauchte ich eine ganze Weile, um es herunterzukriegen. Plötzlich spürte ich, daß jemand neben mir stand.

  »Jesus, hier steckst du also. Wo bist du die ganze Zeit gewesen? Jemand hat mir gesagt, du seist noch auf dem Boot.«

  Ich wischte mir das Wasser aus den Augen, spürte, daß mein Herz rascher schlug, richtete mich dann auf und blickte Pablo an.

  »Noch auf dem Boot?« wiederholte ich und versuchte, sehr rasch

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  nachzudenken. Nach allen Gesetzen sollte mein Doppelgänger auf dieser Welt tot sein, doch hier stand Pablo und begrüßte mich ohne besondere Überraschung.

  »Was für ein Spiel spielst du eigentlich?« Seine Stimme klang verärgert.

  »Spiel?«

  »Mellors sollte die Boote versichern lassen, doch ich glaube nicht, daß er es getan hat. Was soll ich jetzt machen?«

  Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach. Er würde das sehr bald merken, und dann konnte meine Lage recht kompliziert werden. Ich saß in der Falle. Ich sagte vorsichtig: »Hör zu, Pablo, ich verstehe nicht, was du meinst.«

  Er starrte mich an. »Wo hast du während der letzten Stunden gesteckt?«

  »Oh, ich bin nur spazierengegangen. Oben auf den Klippen, weißt du.«

  Begreifen dämmerte in seinem Gesicht, doch es sah deshalb nicht glücklicher aus. »Verstehe. Okay, komm mit und sieh dir die Bescherung an.«

  Ich trocknete mein Gesicht so gut es ging mit dem Taschentuch und folgte ihm, als er mit schnellen Schritten die Straße entlangging, den Pier überquerte und vor den noch immer rauchenden Trümmern der Hausyacht stehenblieb – der Hausyacht meines Doppelgängers.

  »Wie ist das passiert…?« fragte ich.

  Ich konnte mir einen Teil denken, und ich konnte den Todes-zeitpunkt meines Doppelgängers auf die Sekunde genau festlegen: als der Nebel in der Starfish Bay plötzlich verschwand und ich aus dem Zeitkreis treten konnte… Ich vergeudete also nur meine Zeit in Welt minus 6. Entweder war die Fischpistole bereits vom Boot gestohlen worden, oder sie war von den Flammen zerstört worden.

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  »Ich hoffte, daß du mir vielleicht sagen könntest, was passiert ist«, sagte Pablo betreten. »Dies wird Mellors’ Vertrauen einen ziemlichen Stoß versetzen, kann ich dir versichern. Als ob ich nicht ohnehin genug Arbeit damit hätte, den Bastard zum Unterschreiben zu bringen. Seit heute morgen suche ich ihn, aber er ist nirgends zu finden. Dorinda ist auch keine Hilfe; sie scheint alles ihm zu überlassen…« Seine Stimme versickerte.

  Sein Gesicht war zerfurcht vor Sorgen, als er zusah, wie die Feuerwehrleute ihren Schlauch aufrollten. Die Gaffer hatten sich verlaufen. Die Show war vorbei.

  Eine bekannte Gestalt in einem braunen Regenmantel trat auf uns zu und begrüßte uns, und ich mußte mich daran erinnern, daß ich ihn nicht kannte – nicht hier.

  »Guten Tag, Gentlemen«, sagte Inspektor Bascus. »Ich habe gehört, daß das Boot einem von Ihnen gehört.« Er blickte von Pablo zu mir.

  »Es ist mein Boot«, sagte Pablo. »Mr. Maine hat auf ihm gewohnt.«

  »Mr. Maine… Oh, richtig, der Manager des Falcombe Hotels. Ich wußte doch, daß ich Sie schon irgendwo gesehen habe…

  Inspektor Bascus«, stellte er sich dann vor. »Würden Sie mir bitte schildern, wie es geschehen ist?«

  »Ich weiß nicht. Wie ich Mr. Blakesley eben erklärt habe, bin ich gerade zurückgekommen. Ich bin auf den Klippen spazierengegangen.« Der Regen war stärker geworden, aus dem Nieseln war ein Prasseln geworden. Ich war durchnäßt und fror. »Warum gehen wir nicht alle ins Hotel«, schlug ich vor. »Wir können Ihnen die Einzelheiten auch dort schildern.« Wir setzten uns in Bewegung.

  »Komisches Wetter für einen Spaziergang auf den Klippen.«

  Das war eine für Bascus typische Bemerkung, gesprochen auf die für ihn typische, wegwerfende Art. Ich zog es vor, sie zu ignorieren. Er fuhr mit einer Beobachtung fort, die für mich etwas schwieriger war. »Sie haben ziemlich viel braunes Zeug auf Ihrem Gesicht, Sir«, sagte er. »Sieht wie Ruß aus oder so

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  etwas. Haben Sie in dem Wrack umhergestochert? Etwas verloren?«

  Ich hatte das komische Gefühl, daß er auf die Fischpistole anspielte. »Ich habe so gut wie alles verloren«, sagte ich bissig.

  »Und ich habe nicht herumgestochert. Ich habe Ihnen doch gesagt, daß ich gerade zurückgekommen bin – Mr. Blakesley kann das bezeugen. Wenn Sie es unbedingt wissen müssen, ich bin ausgeglitten und in den Schlamm gefallen. Der Pfad auf den Klippen ist ziemlich rutschig, bei diesem Regen.«

  »Natürlich.« Bascus verließ diese Richtung seiner Vernehmung sofort wieder. Schließlich gab es nicht den geringsten Hinweis dafür, daß ein Verbrechen stattgefunden hatte. »Ich hoffe, das Boot ist versichert, Sir?« wandte er sich an Pablo.

  »Wahrscheinlich nicht.« Pablo ging mit gesenktem Kopf weiter.

  »So? Das ist schlimm.« Bascus ging langsamer, als ob diese Eröffung seine Beinmuskeln geschwächt hätte. Ein kleiner Wasserfall ergoß sich in meinen Kragen. Irritiert beschleunigte ich meine Schritte, und Pablo tat das gleiche. Bascus holte uns kurz darauf ein.

  Wir hatten die Kreuzung erreicht, wo die Straße von Boniton auf die Hauptstraße stößt. Zuerst hörten wir die erschrockenen Schreie nicht. Ich dachte über die seltsame Lage nach, in der ich mich befand; ich ging durch eine parallele Welt, nahm den Platz meines Doppelgängers ein und fragte mich, wie lange ich das Spiel durchhalten konnte. Dann rissen die schrillen Schreie einer Frau mich aus meinen Gedanken. Ich blickte auf und sah ein schwarzes Hover-Car den Hang herabkommen, in rasender Fahrt, von einer Seite zur anderen schlingernd, außer Kontrolle.

  »Was, zum Teufel…?« Bascus stand mitten auf der Kreuzung, sicher ob der Majestät seines Berufes – oder vor Angst versteinert.

  Pa
blo stürzte an mir vorbei. Ich war mit einem Sprung in einer Türnische.

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  Überall sprangen Menschen zur Seite, als das Hover-Car direkt auf Bascus zuschleuderte. Im letzten Augenblick ließ der Polizist seine Würde fahren, warf sich zur Seite und rollte aus meinem Gesichtsfeld, als das Fahrzeug in die Ladenfront krachte. Die große Scheibe des Schaufensters implodierte, und Glasdolche schwirrten durch den Innenraum des Geschäfts; die Dekoration des Schaufensters brach zu einem Chaos zerreißender Stoffe und brechender Holzteile zusammen.

  Es gab die unvermeidlichen Sekunden Totenstille, bevor das Schreien einsetzte.

  Ich sprang auf und half Pablo auf die Füße; ein dünner Blutfaden rann aus einer Schnittwunde in seiner Wange. Bascus war wieder auf den Beinen. Mit rotem Gesicht bahnte er sich seinen Weg durch die Trümmer zu der offenen Tür des Wagens.

  Ein Mann war vom Fahrersitz geglitten und hing halb heraus, das Gesicht auf dem Boden des Ladens. Ein durchdringender Geruch nach teuren Parfüms drang aus den Trümmern der Schaufen-sterdekoration. Zum ersten Mal stellte ich fest, daß der Laden eine Mode-Boutique war.

  »Ich habe alles genau gesehen. Er ist wie ein Irrer um die Ecke gesaust!«

  Bascus ignorierte die erregte Frau und kniete sich neben den Verunglückten, der matte Bewegungen machte und sich aufzurichten versuchte. Irgend etwas an ihm kam mir bekannt vor.

  »Ruhig, ruhig.« Bascus umfaßte den Arm des Mannes mit überraschender Sanftheit. »Bleiben Sie ganz ruhig liegen. Der Krankenwagen ist gleich da.« Er blickte auf, sah mich und hob fragend die Brauen.

  »Mr. Blakesley ist zum Visiphon gegangen«, sagte ich. Als ich mich zwischen die Trümmer hockte, wandte der Verletzte den Kopf.

  Es war Stratton. Als er mich sah, zuckte ein Ausdruck des Erkennens über sein blutverschmiertes Gesicht. »Maine«,

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