Charisma

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by Michael G. Coney


  Er streckte die Hand aus, und der Constable reichte ihm seinen Fund. »Haben Sie dies schon einmal gesehen, Mr. Maine?«

  fragte er.

  Es war eine Fischpistole. Und ich hatte den furchtbaren Verdacht, daß es meine Fischpistole war.

  Es war etwas Katzenhaftes an dem Lächeln auf Bascus’

  Gesicht. Aus meinem Schweigen schloß er, daß ich von Schuldgefühlen paralysiert wäre, und fuhr fort: »Wie ich erfahren habe, betreiben Sie den Sport des Bolzen-Fischens, Mr.

  Maine. Sie werden dies als eine Fischpistole erkennen. Das Blut an ihrem Bolzen ist als das von Mr. Mellors identifiziert worden.

  Nach meiner Auffassung ist dies die Mordwaffe.« Er hielt sie vor sein Gesicht und betrachtete sie prüfend. »Eine sehr unschöne Waffe. Soweit ich verstanden habe, wird der Bolzen von einer

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  Treibladung herausgeschleudert… Aber vielleicht können Sie uns das besser erklären, Mr. Maine.«

  »Gehen wir in mein Büro.«

  »Gerne.«

  Obwohl fast jeder Hotelgast das Gegenteil behaupten wird, bleibt es eine Tatsache, daß der kleinste Raum in jedem Hotel das Büro des Managers ist. Wenige Minuten später saßen wir in dem winzigen Gelaß: Bascus und der Constable vor dem Schreibtisch, ich dahinter auf meinem gewohnten Sessel. Die Fischpistole lag zwischen uns auf der Schreibtischplatte. Immer wieder wurde mein Blick von ihr angezogen, und ich stellte mir vor, daß Bascus diese Tatsache in seinem Gehirn sehr genau vermerkte.

  Ich hatte mich bereits damit abgefunden, daß es meine Pistole war. Meine Pistole war verschwunden, und diese war wenig später aufgetaucht; ein Zufall wäre kaum vorstellbar. Ich brach das lange Schweigen.

  »Ich habe das verdammte Ding noch nie in meinem Leben gesehen, Bascus, und ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie nicht vor dem Hotelpersonal Andeutungen machen würden.«

  »Ich habe Sie lediglich gefragt, ob Sie sie schon einmal gesehen haben, Mr. Maine. Das war eine faire Frage. Sie leiten dieses Hotel, und die Pistole ist im Hotel gefunden worden. Sie sind ein Experte für diese Art von Pistolen, während ich nur ein Amateur bin. Natürlich wende ich mich an Sie um Rat.«

  »Den Teufel tun Sie. Sie haben angedeutet, daß es meine Pistole ist.«

  »Ist es Ihre Pistole, Mr. Maine?«

  »Ich habe Ihnen doch bereits gesagt, daß ich sie noch nie zuvor gesehen habe.«

  »Natürlich. Von welchem Typ ist Ihre Pistole?«

  »Sie ist dieser sehr ähnlich. Es gibt nur wenige Typen davon.

  Es ist ein ziemlich neuer Sport.«

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  »Aber es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen dieser Pistole und der Ihren, nicht wahr? Einen Unterschied, der es Ihnen ermöglicht, die beiden Waffen nach einem kurzen Blick zu erkennen. Habe ich recht?«

  Ich nahm die Pistole vom Tisch und hielt sie ihm vor die Augen.

  »Sehen Sie diese Nummer? Alle diese Dinger haben eine Fabrikationsnummer. Diese trägt die Prägung 4F10026. Ich bin mir nicht sicher, welche Nummer die meine hat, aber ich glaube, sie ist 5034162 oder so ähnlich. Es ist ein späteres Modell.«

  »Ich verstehe.« Und er sagte das so, als ob es wirklich der Fall wäre. Er machte ein paar Bemerkungen in seine Spoolette, dann steckte er sie in die Tasche. »Ich brauche Sie nicht länger zu belästigen, Mr. Maine. Vielen Dank für Ihre Hilfe.« Er stand auf, und beide Männer gingen zur Tür. Ich folgte ihnen; ich glaubte nicht eine Sekunde lang, vom Haken zu sein. Als begeisterter Zuschauer von 3-V Krimis wußte ich, daß die Polizei immer bis zum allerletzten Augenblick wartete, bevor sie ihre Trumpfkarte ausspielte…

  Bascus blieb neben dem schwarzen Hover Car stehen. Er nickte dem Constable zu, der ihm die Tür öffnete. Er stieg ein, der Constable setzte sich ans Lenkrad. Die Turbine heulte auf, das Fahrzeug hob sich vom Boden und spritzte Kies um meine Füße.

  Bascus drehte das Fenster herunter. »Ach, übrigens, Mr.

  Maine. Sie bringen Ihre Pistole heute nachmittag vorbei, nicht wahr? Und ich muß auch Ihre Fingerabdrücke abnehmen. Nur eine Formalität, verstehen Sie?«

  »Ja, natürlich«, antwortete ich leichtfertig.

  Diesen letzten Schuß hatte ich die ganze Zeit über erwartet.

  Während ich zu meiner Hausyacht zurückging, hatte ich Zeit, mich zu fragen, wie Dorinda, Pablo und Dick zurechtkamen und wie weit ihre geschäftlichen Verhandlungen gekommen waren.

  Ich traute Dorinda zwar mehr als Mellors – hatte aber trotzdem meine Bedenken, was sie betraf. Sie kam mir als eine sanfte,

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  recht schwache Frau vor, die lange unter der Fuchtel ihres Mannes gelebt hatte. Ich hielt sie auch nicht für besonders intelligent, obwohl ich spürte, daß sie über Reserven von Entschlossenheit oder auch Sturheit verfügte; es kam darauf an, aus welchem Blickwinkel man es sah. Ich fragte mich, wie sie reagieren würde, wenn sie schließlich ganz begriff, daß Mellors endgültig aus dem Weg war und seine Macht nun ganz in ihren Händen lag. Ich hatte das unangenehme Gefühl, daß sie dann diese Macht auszuspielen beginnen würde.

  Die Hausyacht hatte während meiner Abwesenheit nicht Feuer gefangen, und es saß auch kein jugendlicher Angler auf ihrem Vordeck. Ich schloß die Tür auf und trat in die Kabine. Ein Blick auf die Uhr sagte mir, daß es halb zwölf war. Bascus würde mich gegen zwei Uhr erwarten.

  Die Nummer fiel mir wieder ein. 4F10026.

  Auf dem Boden lag eine Zeitung. Ich hob sie auf und faltete sie auseinander. Auf der Titelseite war ein Foto von Dorinda. Sie trug Trauer – und selbst der Umstand, daß ihr Gesicht verschat-tet war, konnte nicht die Lüge des Reporters verhehlen, der sie als attraktive, junge Witwe beschrieb.

  Ich erinnerte mich an etwas, das ich aus meinem Gedächtnis zu streichen versucht hatte: mein Tanz mit ihr, und wie sie mich umklammert hatte.

  Wenn ein Mensch verzweifelt eine Waffe sucht – irgendeine Waffe –, denkt er nicht an die Konsequenzen, bis es fast zu spät ist. Pablo oder Dick hätten meine Pistole auf keinen Fall benützt; Männer haben einen Ehrenkodex bei solchen Dingen. Aber Dorinda…

  Dorinda konnte meine Pistole aus dem Deckschrank genommen haben. Sie konnte erkannt haben, unmittelbar bevor sie sich zu der Durchführung des Mordes zwang, daß die Pistole den Verdacht auf mich lenken mußte, und vielleicht wollte sie das nicht. Also hat sie sie später in den Aufzugsschacht geworfen, wo sie vielleicht niemals gefunden worden wäre, hätte Bascus nicht den Unfall gehabt.

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  Vielleicht. Die Sache war zu kompliziert. Ich zog Schubladen auf und kramte in Papieren und fand schließlich die Rechnung und konnte in dem Meer von Spekulationen eine unwiderlegliche Tatsache festhalten.

  Die Nummer auf der Rechnung lautete 4F10026.

  Die Fischpistole, die sich in Händen der Polizei befand, war die meine.

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  ICH STARRTE EINE WEILE auf die Ziffern, doch es bestand keine Möglichkeit, daß ich aus diesem besonders unangenehmen Traum erwachen würde. Ich hatte keine Ahnung, was ich jetzt tun sollte. Eines war sicher: Es würde nicht lange dauern, bis Bascus sich fragte, warum ich meine Pistole nicht vorgewiesen hatte. Dann würde er einen Wagen schicken, um mich abholen zu lassen, und gleichzeitig sämtliche Sportgeschäfte der Region gründlich überprüfen lassen. Er würde nicht lange brauchen, um fündig zu werden, sich zu überzeugen, daß die Fabrikations-nummern übereinstimmten, und mich dann wegen Mordverdachts festnehmen…

  Vielleicht wäre es besser gewesen, wenn ich von vornherein gestanden hätte, daß meine Pistole verschwunden war, aber über solche Dinge denkt man im richtigen Moment nicht nach, und jetzt war es zu spät.

  Ich hatte die Pistole vor etwa sechs Monaten gekauft, also sollte man in dem Geschäft keine Mühe haben, die Kopie der Rechnung herauszusuchen. Noch einmal blickte ich auf die Nummer und las sogar das Kleingedruckte auf der angehefteten Garantiekarte, in
der vergeblichen Hoffnung, dort einen Tip zu finden, wie ich dieser Falle entkommen konnte. Die Pistole stand für einen Zeitraum von sechs Monaten gegen bei normalem Gebrauch auftretende Schäden unter Garantie; während dieser Zeit wurden schadhafte Teile vom Hersteller gratis ausgewech-selt, die anfallenden Arbeitskosten hatte allerdings der Käufer zu tragen… Und in diesen prosaischen Worten entdeckte ich ein Molekül von Hoffnung.

  Es war kurz nach Mittag, und ich hatte noch nicht gegessen, doch dafür war jetzt keine Zeit. Ich zog meinen Regenmantel über, verließ die Hausyacht, lief den Pier entlang bis zum Waterman’s Arms. Mein Hover-Car stand auf dem Parkplatz, wo ich es am vergangenen Abend abgestellt hatte; zweifellos glaubte Wilfred, daß es einem Gast gehörte, der klugerweise beschlossen hatte, lieber ein Taxi zu nehmen, anstatt selbst zu

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  fahren. Und selbst falls er den Wagen als den meinen erkannte, würde er sich keinerlei Gedanken machen, wenn er ihn längere Zeit auf dem Parkplatz stehen sah; das war schon häufiger geschehen.

  Ich startete und lenkte den Wagen an den anderen vorbei; um die Mittagszeit war die Zufahrt immer blockiert, als ob die Eigentümer der Wagen glaubten, sie seien die einzigen Menschen, die zu dieser Stunde einen Drink wollten. Ich nahm die Inlandroute, am Krankenhaus vorbei und an der Abzweigung zur Starfish Bay, und kurz darauf fuhr ich die Bergkette entlang, die die Küste vom Flußlauf trennt. Der Wind fegte den Regen vom Meer herein, war jedoch nicht stark genug, um das Fahren schwierig zu machen. Unter mir sah ich das kubische Gebäude der Forschungsstation. Ich fragte mich, was Stratton treiben mochte, und ob er sich wunderte, warum ich mich nach meiner Rückkehr von Welt minus 6 nicht bei ihm gemeldet hatte.

  Ich fragte mich, was für ein Gefühl er in dieser Angelegenheit haben mochte.

  Sechs Meilen hinter Falcombe passierte ich Westridge, ein kleines Dorf, das reichlich mit Pubs bestückt ist – es sind drei –

  und keine andere, erkennbare Berechtigung für seine Existenz aufwies. Das Hover-Car sprühte Gischt an die altersgrauen Mauern der wenigen Häuser mit ihren verwilderten Vorgärten und fuhr weiter nordwärts. Die Pfosten der Visiphon-Leitungen mit ihren tropfenden Drähten huschten an mir vorbei, und ich stellte mir vor, daß Bascus’ Anruf in dem Sportartikelgeschäft durch dieselben Drähte mit mir um die Wette raste. Dann tröstete ich mich mit dem Gedanken, daß polizeiliche Untersuchungen bekannterweise langsam und methodisch durchgeführt werden, und wenn das zutraf, die Geschäfte in Falcombe als erste überprüft werden würden.

  Kurz darauf fiel mir ein, daß Bascus der Typ war, um plötzlichen, intuitiven Einfällen nachzugehen – und es in dem Fall in Boniton als erstes versuchen würde. Inzwischen fuhr ich den Hang hinab in die Stadt, und zu meiner Rechten tauchte das regenzernarbte, braune Wasser des Husses auf. Ich parkte, zog

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  den Kragen meines Regenmantels fest um den Hals und lief zu dem Sportartikelgeschäft.

  Ich stieß die Tür auf und trat in den hell erleuchteten Raum, auf dessen Regalen Sportartikel jeder vorstellbaren Art ausgestellt waren, ohne mehr als eine nur vage Vorstellung zu haben, was ich jetzt tun sollte. Ich tat so, als ob ich mich für die erstaunlich reichhaltige Auswahl von Wasserskiern interessieren würde und versuchte, meine Gedanken zu sammeln. Trotz der kühlen Jahreszeit betrachteten sechs oder sieben Menschen die ausgestellten Sachen, unter den desinteressierten Blicken eines unscheinbaren Mädchens am Kassentisch.

  Kurz darauf trat ich zu dem Regal mit Anglerartikeln und sah mir einige der dort ausliegenden Fischpistolen an, um meinen nächsten Schritt überzeugend wirken zu lassen. Ich verbrachte zwei Minuten damit, dann trat ich zum Kassentisch.

  »Ah, ich möchte Sie um einen kleinen Gefallen bitten.«

  Sie zog in einer Geste stummer Frage die Brauen empor, und mir fiel die Ähnlichkeit mit der Rezeptionistin des Falcombe Hotels auf.

  »Ich habe vor ein paar Monaten bei Ihnen eine Fischpistole gekauft«, fuhr ich fort. »Und das verdammte Ding funktioniert nicht mehr. Ich vermute, daß die Blattfeder des Abzugs…« Ich sprach eine Weile so weiter und beschrieb einen rein fiktiven mechanischen Fehler, während sie auf einen Punkt etwa einen halben Zoll unter meinem Haaransatz starrte. Ich fühlte, daß ich unsicher wurde, und fragte mich, ob ich dort einen Pickel hätte.

  Sie ließ mich ausreden, und dann sagte sie: »Schön, aber ich verstehe nichts von diesen Sachen. Ich meine, ich bin hier Kassiererin. Sie sollten mit Mr. Waltham sprechen.«

  »So? Und wo finde ich den?«

  »Er ist nicht hier.«

  »Wo ist er?«

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  »Das weiß ich nicht. Ja, Sir?« Sie wandte sich einem Kunden zu, der gerade mit einer Sechserpackung Golfbälle und einer Scheckkarte an den Kassentisch trat; sie wirkte erleichtert. Dies war etwas, was sie verstand; dafür wurde sie bezahlt. Sie registrierte den Verkauf, packte die Golfbälle rasch und geschickt ein und gewährte dem Mann ein Lächeln, das sofort erlosch, als sie den Kopf wandte und mich noch immer vor ihrer Kasse stehen sah.

  Ich stellte mir vor, daß Bascus in diesem Augenblick die Nummer des Geschäfts wählte.

  Ich blickte umher und sah hinter den Regalen der Wintersport-abteilung ein Fenster, das zu einem Büro führte. Hinter ihm saß ein glatzköpfiger Mann.

  »Ist das Mr. Waltham?«

  Sie blickte mich ehrlich überrascht an. »Wie kommen Sie darauf, daß es Mr. Waltham sein könnte?«

  »Lassen Sie nur. Lassen Sie nur. Hören Sie, ich habe eine Garantie auf die Waffe. Ich verlange Ersatz der schadhaften Teile.«

  Ich hatte die letzten Worte absichtlich lauter gesprochen und erreichte, daß mehrere Menschen sich interessiert nach uns umwandten.

  Die Kassiererin blieb unbeeindruckt. »Haben Sie die Garantiekarte mitgebracht?« fragte sie.

  »Ich habe sie verloren.«

  »Ohne die Garantiekarte können wir nichts unternehmen.«

  Endlich hatte ich das Gespräch in die richtige Bahn gelenkt.

  »Sie können doch die Kopie der Rechnung heraussuchen. Die trägt das Verkaufsdatum. Die Rechnung habe ich auch verloren.«

  »Ja… ich weiß darüber auch nicht Bescheid. Da müssen Sie schon mit dem Buchhalter sprechen.«

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  »Ist er hier?«

  »Ich habe Ihnen doch gesagt, daß Mr. Waltham nicht da ist.

  Erinnern Sie sich?«

  »Hören Sie«, sagte ich, beugte mich vor und lächelte sie an, versuchte, ihren Blick festzuhalten, um einen Funken Interesse in ihre Stumpfheit zu bringen, »dies ist sehr wichtig. Wirklich wichtig, meine ich. Bitte holen Sie die alten Rechnungen her. Es dauert doch nur eine Minute.«

  »Ich weiß nicht… Ich habe keine Zeit, alte Rechnungen durchzusehen. Ich muß die Kunden bedienen.«

  »Dann bringen Sie sie nur her. Ich sehe sie selbst durch.«

  Ich hatte fast gewonnen; ich kann mir vorstellen, daß diese Episode eine Abwechslung in der Monotonie ihres Lebens darstellte. »Wie kann ich sicher sein, daß Sie nicht irgendeine Rechnung für eine Pistole heraussuchen und behaupten, es sei die Ihre?«

  Ich zog ein paar Ausweise aus der Tasche, und sie blickte auf die Karten und Fotografien. »John Maine«, murmelte sie. »Okay, aber wir können trotzdem nichts für Sie tun, wenn Sie die Pistole nicht auch herbringen.«

  »Das werde ich tun. Ich möchte nur das Verkaufsdatum feststellen, wegen der Garantie, das ist alles.«

  Dann, es war fast unglaublich, stand sie auf und ging in das Büro. Kurz darauf kam sie wieder zurück und händigte mir einen Hefter mit einem dicken Stoß Rechnungskopien aus. Inzwischen hatte sich vor der Kasse eine kleine Schlange gebildet, und sie ließ mich allein die Rechnungen durchsehen.

  Rasch blätterte ich die dünnen Papiere durch. Ich konnte es kaum glauben, wie nahe ich meinem Ziel gekommen war; ein Beweis dafür, was man durch ein sorgfältig geplantes Manöver erreichen kann. Jetzt brauchte ich nur noch die Rechnungskopie zu e
ntfernen, dann würde es keinerlei Beweise mehr dafür geben, wer diese bestimmte Fischpistole gekauft hatte.

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  Vorausgesetzt, daß das Mädchen sich nicht mehr an meinen Namen erinnern konnte, wenn die Polizei hier nachfragte.

  Doch selbst darauf kam es nicht an. So wie ich Bascus kannte, würde der sofort zum Inhaber des Geschäfts gehen und nach den Rechnungen fragen. Das Mädchen würde gar nicht

  einbezogen werden.

  Trotz meiner Zuversicht begann der Panikknoten in meinem Solar Plexus sich festzuziehen, als ich immer rascher blätterte, ohne die Rechnung zu finden, die ich suchte. Meine Finger waren trocken geworden; ich leckte ihre Spitzen immer wieder an, um die Adhäsion zu verstärken, und fragte mich, aus welchem Grund ich das Gefühl hatte, Bascus sei mir hart auf den Fersen.

  Ich konnte ihn vor mir sehen, wie sein Finger eine Spalte der gelben Seiten herabfuhr, wie er die Wählknöpfe des Visiphons drückte…

  Wie viele kleinere Geschäfte war auch dieses recht nachlässig mit seiner Ablage, und die Rechnungskopien waren nicht immer nach Daten geordnet; hier und dort befanden sich Lücken, an anderen Stellen waren sie so durcheinander, als ob der abwesende Mr. Waltham mit ihnen seine eigene Version von Patience gespielt hätte, und die Tatsache, daß ich das genaue Verkaufsdatum kannte, half mir nicht.

  »Entschuldigen Sie, Sir.«

  Der Glatzkopf stand neben mir. Ich wandte ihm den Rücken zu und blätterte weiter. Er tippte mir auf den Arm. Er schien der Geschäftsführer zu sein. »Es dauert nur eine Minute«, murmelte ich.

  »Bitte, ich brauche diese Rechnungen, Sir«, sagte er und streckte seine Hand nach ihnen aus.

  Es war sinnlos. Wenn ich mich widersetzte, würde es zu einer Szene kommen. Außerdem, solange er neben mir stand, konnte ich keine Rechnung verschwinden lassen. Ich wandte mich ihm zu, lächelte und reichte ihm den Hefter.

 

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