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Faded Duet 2 - Faded - Wenn alles stillsteht

Page 17

by Julie Johnson


  »Es ist zehn Uhr morgens«, ruft Aiden ihm ins Gedächtnis.

  »Und warum sollte das ein Problem darstellen?«

  Aiden schüttelt einfach nur den Kopf.

  »Ry? Was ist mit dir?«

  »Ich trinke nicht«, erinnere ich ihn geistesabwesend und überfliege die Essensangebote auf der Speisekarte, während mein Magen knurrt.

  »Ja, ich weiß. Aber ich dachte, dass du die Zügel nun, da wir unterwegs sind, vielleicht etwas lockerer lassen würdest.« Linc seufzt. »Ist das nicht der wahre Sinn einer Tournee? Dass man endlich wie ein Star lebt?«

  »Eigentlich geht es bei einer Tournee um die Musik.« Aidens Tonfall wird ernst. »Wenn du einfach nur ständig Party machen willst, kannst du ebensogut wieder mit Lacey spielen.«

  Angesichts dieser Vorstellung stößt er ein Zischen aus. »Herrgott, ihr zwei seid echte Spielverderber.«

  Wieder räuspert sich der Kellner. Dieses Mal klingt er deutlich weniger geduldig.

  »Wir nehmen eine Runde Orangensaft«, sage ich zu ihm. »Und ich bekomme das Omelett mit extra Kartoffelpuffern und etwas Speck.«

  »Das nehme ich auch«, sagt Linc. »Aber kippen Sie um Himmels willen bitte eine halbe Flasche Champagner in meinen Saft. Jemand hier muss diesen gottverfluchten Moment schließlich feiern.«

  Ich schüttele den Kopf angesichts so viel Melodramatik. Aiden bestellt Blaubeerpfannkuchen, und der Kellner verschwindet, um seine anderen Tische zu bedienen. Sofort breitet sich zwischen uns eine unangenehme Stille aus.

  »So wird es also von jetzt an laufen, ja?« Lincoln klingt, als hätte er eine seiner Launen – ich spüre, dass er gleich einen Wutausbruch bekommen wird. Der Blick, den mir Aiden quer über den Tisch zuwirft, legt nahe, dass er ähnliche Gedanken hegt.

  Großartig.

  Ich beiße die Zähne zusammen. »Wovon redest du, Linc?«

  »Von euch! Von euch zwei Spaßbremsen, die ich mal als meine Freunde bezeichnet habe.«

  »Spaßbremsen? Weil wir nicht schon beim Frühstück mit dem Trinken anfangen wollen?« Ich runzle die Stirn. »Du bist echt unmöglich.«

  »Nein! Nein.« Linc atmet geräuschvoll aus. »Es geht nicht ums Trinken. Mir ist vollkommen egal, ob ihr feiern wollt oder nicht. Wenn du nüchtern bleiben willst, ist das dein gutes Recht, Mann.«

  »Worum zum Teufel geht es dir dann?«

  »Das hier«, sagt er inständig« ist etwas, wovon wir immer geträumt haben, oder? Seit wir achtzehn waren und in Spelunken in Nashville spielten. Das Leben auf der Straße! Die Tourbusse, die Hotels … Jede Woche eine neue Stadt, jede Nacht eine neue Frau … Wir drei wollten zusammen die Welt erobern.« Das Leuchten in seinen Augen lässt ein wenig nach. »Das war der Traum. Beim letzten Mal waren wir so nah dran, so verdammt nah … Und dann ging alles den Bach runter.«

  »Linc …«

  »Nein, Ryder. Du verstehst nicht, wie das war, als du den Entzug gemacht hast und dann einfach verschwunden bist, um beim Surfen zu dir selbst zu finden. Aiden weiß es, weil er es am eigenen Leib erfahren hat. Wir steckten bis zum Hals in der Scheiße.« Er bläht die Nasenflügel. »Über ein Jahr lang haben wir zwischen den Auftritten gekellnert, um über die Runden zu kommen, bis wir endlich für Lacey spielen durften – ausgerechnet für Lacey. Und ›spielen‹ ist ein hochgegriffener Ausdruck für das, was wir machten. Dieser Mist war keine Musik.«

  »Das verstehe ich«, murmle ich. »Linc, ich verstehe das wirklich. Glaub mir, die letzten zwei Jahre waren auch für mich nicht gerade ein Zuckerschlecken.«

  »Das weiß ich.« Sein Kehlkopf bewegt sich auf und ab, als er heftig schluckt. »Aber genau deswegen will ich ja, dass wir das hier genießen. Wir müssen diese Gelegenheit nutzen, weil das nicht so schnell wieder passiert. Und wenn uns Felicity nach dieser Tournee wieder verlässt, wie sie sagt … dann ist das außerdem die einzige Gelegenheit, die wir haben werden. Das wird das einzige Mal sein, dass wir je Wildwood sein werden.« Er senkt die Stimme und klingt plötzlich ungewohnt ernst. »Jede Sekunde zählt. Nehmt es mir nicht übel, wenn ich wie ein verdammter Idiot klinge, aber ich will nur … Ich will es einfach richtig machen. Okay? Ich will das Leben genießen, bevor es mir aus den Fingern gleitet.«

  Aiden seufzt tief. »Linc, heute ist erst unser zweiter Tag.«

  »Ganz genau. Das sollte der amüsante Teil sein, bevor wir total erschöpft sind und unter Schlafmangel leiden. Wir sollten Spaß haben. Stattdessen habt ihr beide schlechte Laune.«

  »Ich habe keine schlechte Laune.« Aidens Stimme ist düsterer als seine Miene.

  »Oh bitte. Du hast doch schon schlechte Laune, seit Carly in Kalifornien eingetroffen ist.«

  Aiden schnaubt und schaut auf den Pool hinaus.

  »Und du.« Linc richtet den Blick auf mich. »Ich weiß nicht, was zum Teufel dein Problem ist, aber du und Felicity, ihr müsst eure Differenzen klären, bevor alles vor die Hunde geht.«

  Meine Wirbelsäule versteift sich. »Zwischen Felicity und mir ist alles in Ordnung.«

  »Ach wirklich? Als ich euch das letzte Mal gesehen habe, wart ihr nicht mal Freunde, ganz zu schweigen von einem wiedervereinten Paar. Wie lange wird das deiner Meinung nach funktionieren?«

  »Halt dich da raus, Linc«, warne ich ihn leise.

  »Das würde ich ja gern, aber die Sache betrifft uns alle – wenn ihr euch nicht ganz schnell einig werdet, wird das Ganze in einem Fiasko enden, bevor wir diese Tournee auch nur zur Hälfte hinter uns gebracht haben.«

  »Hattest du gestern Abend ein Problem mit unserem Auftritt?«, knurre ich. »Denn ich bin mir ziemlich sicher, dass es das beste verdammte Konzert war, das wir je gespielt haben.«

  »Das mag stimmen. Aber nur weil ihr die ganze Zeit wütend aufeinander wart. Das hat euch angetrieben. Sobald diese Wut jedoch verebbt … Sobald das Feuer zwischen euch erlischt … Was bleibt dann noch? Was gibt eurer Musik die Basis? Was verschafft euch den emotionalen Antrieb, die Menge davon zu überzeugen, dass ihr zusammengehört? Was hält euch dann überhaupt noch zusammen, abgesehen von einer Unterschrift auf einem Vertrag?«

  Seine Worte treffen mich härter als erwartet.

  Was hält uns zusammen?

  Früher waren es mal lange Nächte, in denen wir mit ramponierten Gitarren unter den Sternen saßen und gemeinsam Liedtexte schrieben. Früher waren es mal nackte Gliedmaßen im Mondlicht und unser Keuchen und Stöhnen, das Melodien erzeugte, die keinerlei Begleitung benötigten. Früher gab es mal verdammt viele Dinge, die nun nicht länger relevant sind.

  Gibt es überhaupt noch etwas, woran man sich festhalten kann?

  Die Stille dauert an, während ich über seine Worte nachdenke. Sogar Aiden wirkt besorgt, als er mich über den Tisch hinweg ansieht.

  »Finde eine Lösung«, sagt Linc sanft und schaut mir dabei in die Augen. »Bring das mit ihr in Ordnung. Begrabt das Kriegsbeil, bevor wir alle darunter leiden müssen.«

  Wir warten auf die Rechnung, als wir sie in atemberaubend winzigen Bikinis in den Poolbereich gehen sehen. Carly trägt Rot, Felicity Gelb. Ich lasse die Augen Zentimeter für Zentimeter über ihren Körper wandern und genieße den Anblick all dieser hellen Porzellanhaut unter der brennenden Sonne am Himmel. Es ist schon schlimm genug, dass sie so gut wie nackt ist. Aber als ich sehe, dass sie ihr dunkles Haar zu einem dichten Zopf zusammengeflochten hat, verliere ich restlos die Kontrolle. Ich werde augenblicklich hart und ertrinke in Erinnerungen.

  Meine Finger, die in einer dunklen Gasse draußen vor der Bar in seidigen Tiefen versinken, während sich meine Selbstkontrolle mit jeder Strähne, die sich aus dem Zopf löst und ihr ins Gesicht fällt, ein wenig mehr auflöst.

  Meine Hand, die um diesen Zopf gelegt ist und ihn wie eine Leine festhält, während ich sie mit unermüdlichen Stößen von hinten nehme.

  Mein Name auf ihren Lippen und ihre Schreie, die in meinen Ohren die schönste Symphonie sind, die ich je gehört habe.

  Verdammt.

  Ich rutsche auf meinem Stuhl herum, aber vergeblich. Meine
Erektion ist härter als Stahl und wird nicht von allein wieder verschwinden. Jeder Tag, den ich ohne sie verbracht und wie ein keuscher Mönch auf Hawaii gelebt habe, war eine Tortur. Aber diese letzten paar Wochen sind eine ganz neue Art von Hölle gewesen. Ich bin ein lebendes Beispiel für Kavaliersschmerzen und geiler als ein Highschoolschüler. Selbst ihre unschuldigsten Gesten machen mich scharf.

  Die Art, wie sie auf ihrer Unterlippe herumkaut, wenn sie nervös ist.

  Die Art, wie sie geht und dabei mit natürlicher Anmut die Hüften schwingt.

  Das unerwartete Lachen, das aus ihrer Kehle perlt.

  Der Griff ihrer feingliedrigen Finger am Mikrofonschaft.

  Zwei Jahre sind eine viel zu lange Zeit, um nicht das Verlangen zu spüren, sie zu schmecken, ihre Haut zu berühren, ihren Mund zu erobern oder sie meinen Namen schreien zu hören.

  »Ihr solltet mal den Ausdruck auf euren Gesichtern sehen.« Linc lacht, als würde er sich köstlich amüsieren.

  Ich schaue auf und stelle fest, dass Aiden eine gequälte Miene aufgesetzt hat, die ein Spiegelbild meiner eigenen ist. Sein Blick ist jedoch auf die Blondine in dem roten Bikini gerichtet, die gerade Felicitys Rücken mit Sonnencreme einreibt.

  »Also …« Linc wackelt mit den Augenbrauen. »Hat jemand Lust zu schwimmen?«

  17. KAPITEL

  Felicity

  »Das ist das wahre Leben.«

  Carly trinkt einen großen Schluck von ihrem Mojito und lehnt sich auf der Poolliege zurück. Der neue rote Bikini, den sie trägt, ist so knapp, dass er verboten sein sollte, aber wir hatten es so eilig, zum Pool zu kommen, dass wir uns während unserer impulsiven Einkaufstour im Souvenirladen des Hotels an diesem Morgen nicht die Mühe gemacht haben, irgendetwas anzuprobieren.

  »Hey, erinnere mich daran, dass ich dir das Geld für den Bikini zurückgebe.« Sie verlagert ihre Position, um es sich bequemer zu machen. »Ich kann nicht glauben, dass wir vergessen haben, Badeanzüge einzupacken.«

  »Betrachte ihn als Willkommensgeschenk für die Tournee, Managerin.«

  Sie grinst. »Dann erinnere mich daran, dir ausgiebig dafür zu danken, dass du mich mit auf dieses unerwartete Abenteuer geschleppt hast. Ich liebe Nashville … aber in letzter Zeit hatte ich das Gefühl, mich irgendwie nicht mehr von der Stelle zu bewegen.«

  »Carly, ich bin diejenige, die dir danken sollte. Wenn du nicht hier wärst, wäre ich mit den Jungs allein. Was sollte ich denn mit der freien Zeit zwischen den Auftritten anfangen, wenn du nicht hier wärst, um mich zu unterhalten?«

  Sie wirft mir einen vielsagenden Blick zu. »Ich könnte mir die ein oder andere Beschäftigung für dich vorstellen.«

  »Zum Beispiel …?«

  »Mir kommt da ein gewisser schmunzelnder, breitschultriger Leadsänger in den Sinn.«

  Ich verdrehe die Augen. »Ich dachte, wir hätten dieses Thema hinter uns gelassen.«

  »Das war bevor ich euren kleinen Beinahemoment gesehen habe, als ich gestern Nacht ins Bett gegangen bin. Du kannst dich belügen, so viel du willst, aber meine Augen haben mich nicht getrogen.«

  Ich schnappe mir die Sonnencreme und verreibe sie mit wütenden Bewegungen auf meinen nackten Armen. Man würde nie meinen, dass ich die letzten paar Wochen in L. A. gelebt habe – nach der ganzen Zeit in dunklen Probenräumen und auf künstlich beleuchteten Tonbühnen bin ich immer noch so bleich wie ein Geist.

  »Felicity«, drängelt Carly.

  »Was?«

  »Willst du wirklich nicht mit mir über letzte Nacht reden?«

  »Was gibt es da zu reden? Es ist nichts passiert.«

  »Ein Beinahekuss ist nicht nichts.«

  Sie ist wie ein Hund, der sich festgebissen hat, und dabei habe ich ihr noch nicht mal von dem Rest erzählt – wie ich in der Dunkelheit fast eine Stunde lang in Ryders Augen geblickt und mich in seinem Blick verloren habe, bis ich schließlich eingeschlafen bin. Ich weiß, dass sie mich fragen wird, was das alles zu bedeuten hat, wenn ich mich ihr anvertraue. Und was das anbetrifft, bin ich mir ehrlich gesagt nicht ganz sicher.

  Ich stehe auf, damit ich meine Beine, meinen Bauch und den unteren Teil meines Rückens mit Sonnencreme einreiben kann. Ich ziehe die schmalen Stoffstreifen meines gelben Bikinis beiseite, damit ich keine sichtbaren Bräunungsstreifen bekomme.

  »Also, um das mal klarzustellen … Du wolltest ihm nicht an die Wäsche gehen?« Ihre Stimme klingt skeptisch. »Denn aus meiner Perspektive …«

  »Carly, was willst du hören? Dass ich nach dem längsten Tag meines Lebens einen schwachen Moment hatte und die Vorstellung, mich wieder in Ryders Arme fallen zu lassen, um für ein paar Stunden ein wenig Ablenkung zu haben, für eine Minute – nur für eine Minute! – verlockend klang?«

  »Mhmm.«

  »Schön. Ich gebe es zu. Für einen kurzen Moment hat mich die Verlockung eines befriedigenden, bedingungslosen Orgasmus in Versuchung geführt.« Ich klappe den Verschluss der Sonnencremetube zu. »Das beweist gar nichts, außer, dass ich auch nur ein Mensch bin, und es ändert ganz sicher nichts an meinen Gefühlen für ihn. Die, nur fürs Protokoll, rein platonischer Natur sind.«

  Carly trinkt einen weiteren Schluck von ihrem Mojito und murmelt etwas vor sich hin, das ich nicht ganz verstehe. Es klingt wie »stures Weib«. Bevor sie deutlicher werden kann, erklingt hinter mir ein trocknes Husten. Ich wirbele herum und entdecke Linc, Aiden und Ryder, die ein paar Schritte von uns entfernt stehen und problemlos alles gehört haben könnten, was ich gerade gesagt habe.

  Verflixt noch mal.

  Ryder hat sein Oberteil ausgezogen und ist gebräunter als ein Meeresgott. Über seinem Herzen ist ein Tattoo, das ich noch nie zuvor gesehen habe – ein winziger Schriftzug, den ich auf diese Entfernung nicht entziffern kann. Seine Bauchmuskeln sind so durchtrainiert, dass man Münzen daran abprallen lassen könnte. Sein Haar fällt ihm unordentlich in die Augen, und er trägt eine rote Badehose, die sehr tief auf seinen Hüften sitzt.

  Er sieht aus wie die fleischgewordene Mädchenfantasie von einem Rettungsschwimmer.

  Eine Mund-zu-Mund-Beatmung ist umgehend erforderlich.

  Leider straft der Ausdruck auf seinem Gesicht die ansehnlichen Erscheinung Lügen – seine Züge sind zu einem so düsteren Blick verzerrt, dass sich die Sonne über uns zu verfinstern scheint, je länger ich ihn anstarre. Ich versuche angestrengt in seinen Augen auch nur eine winzige Spur der sanften, stummen Übereinkunft zu entdecken, die gestern Nacht zwischen uns herrschte … aber vergeblich. Sie hat sich durch die achtlos dahingeworfenen Worte, die ich nur gesagt habe, um Carly dazu zu bringen, mich nicht länger zu nerven, in Nichts aufgelöst.

  »Ryder, ich …« Mein Versuch einer Wiedergutmachung wird unterbunden, bevor ich mehr als seinen Namen aussprechen kann.

  »Hallo, die Damen!« Linc grinst, begafft uns von oben bis unten und stößt einen anerkennenden Pfiff aus. »Ihr seht an diesem schönen Tag ja besonders schnuckelig aus.«

  »Niemand hat dich nach deiner Meinung gefragt, Travers«, fährt Carly ihm in die Parade und wirft ihm einen finsteren Blick über den Rand ihrer dunklen Sonnebrille hinweg zu, während er sich auf der Liege neben ihrer ausstreckt und ohne zu fragen einen Schluck von ihrem Mojito trinkt.

  »Besorg dir gefälligst deinen eigenen Drink.«

  »Oh, Baby, du weißt doch, wie sehr mich dieses Süßholzgeraspel auf Touren bringt …«

  Auch wenn Carly sich noch so sehr um eine unbeeindruckte Haltung bemüht, zucken ihre Lippen, als Linc so tut, als würde er ihretwegen in Verzückung geraten. Aiden hingegen wirkt alles andere als amüsiert, während er beobachtet, wie sich das spielerische Geplänkel vor seinen Augen entfaltet. Er lässt sein Handtuch auf unseren Sonnenschirmtisch fallen, zieht sein T-Shirt aus und entblößt einen Körper, der so perfekt geformt ist, dass er selbst bei Michelangelo Begehrlichkeiten wecken würde.

  Seine wütenden Schwimmzüge bringen ihn schnell an die Bar auf der anderen Seite des Pools, wo er so weit wie möglich von uns weg ist.

 
»Was hat der denn für ein Problem?«, fragt Linc, und seine Augen funkeln schelmisch.

  Carly zuckt mit den Schultern, aber ihre Stimme klingt alles andere als gelassen. »Ich habe keine Ahnung.«

  Und sie besitzt die Frechheit, mich mit dem Thema Beziehungen zu piesacken …

  Als ich mich wieder zu Ryder umdrehe, weil ich hoffe, dass ich mich entschuldigen und ihm erklären kann, warum ich das, was er gerade mit angehört hat, gesagt habe, ist er spurlos verschwunden. Er ist nicht im Wasser und auch nicht an der Bar im Tikistil. Er liegt nicht auf einer der Liegen und versteckt sich auch nicht unter einem Schirm vor der Sonne. Er ist einfach …

  Verschwunden.

  Ich versuche, mir deswegen keine Gedanken zu machen, und rede mir ein, dass ich ihn später sehen werde. Aber … das passiert nicht. Nicht für den Rest des Tages. Nicht im Kasino, während wir später an diesem Nachmittag ein wenig mit Aiden und Linc umherwandern, um dabei zuzusehen, wie Leute zum Spaß ihr Geld verschleudern. Nicht in den nebeneinander liegenden Suiten, die wir uns alle auf der Penthouseetage teilen, als wir uns für unseren einzigen freien Abend fertig machen, um den Strip zu erkunden. Nicht mal beim Abendessen in dem schicken italienischen Restaurant, in dem Carly, Aiden, Linc und ich erstklassige Steaks verschlingen, die so groß sind, dass ich befürchte, nicht mehr in mein Bühnenoutfit zu passen, wenn ich es für den nächsten Auftritt anziehe.

  Kein Ryder.

  Ich lächle und hebe mein Wasserglas, um auf unsere zweite Tourneestadt und den ganzen Rest, der noch kommt, anzustoßen.

  Ich schaue mir eine beeindruckende akrobatische Aufführung des Cirque du Soleil an, für die Carly dank eines Flirts mit dem Hotelconcierge irgendwie Karten in der ersten Reihe ergattert hat, und gebe an den richtigen Stellen Laute der Begeisterung von mir.

  Ich lache, als wir um zwei Uhr morgens in der Bar der Hotellobby auf Aiden und Linc stoßen, die um mehrere Hundert Dollar ärmer sind, nachdem sie sich auf ein Pokerspiel eingelassen haben. Außerdem sind sie ziemlich betrunken, wie ihre glasigen Augen unschwer erkennen lassen.

 

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