002 - Free like the Wind
Page 20
Es war kein Parfum. Cayden hat an diesem einen Morgen, als ich Haven bei Jackson abholen wollte und sie nicht da war, nicht nach Parfum gerochen, sondern nach Gin.
Gin zum Frühstück, Gin beim Campen … langsam lege ich die Flasche wieder unter das Handtuch zurück.
Ob sich noch mehr Alkohol in Caydens Rucksack befindet? Ob ich einen schnellen Blick hineinwerfen soll, nur um das zu überprüfen?
Nein, das wäre nicht in Ordnung. Vielleicht sollte ich ihn darauf ansprechen? Aber eigentlich geht es mich auch gar nichts an.
Draußen lege ich mir den Kocher und den Brennstoff zurecht. Ich habe ungefähr im Kopf, wie die beiden Teile miteinander verbunden werden, unsicher bin ich allerdings, wie ich das Ding dann zum Laufen bringe. Wenn ich den Regler an der Flasche jetzt auf ON drehe, mache ich dann alles richtig? Es wäre doch peinlich, wenn Cayden wiederkäme, und hier gäbe es nur noch einen Krater zu bestaunen.
Wo bleibt er eigentlich? Seit ich wieder da bin, sind bestimmt zwanzig Minuten vergangen. So langsam müsste er wieder zurück sein, wenn er nur zu den Waschräumen gegangen ist.
Ich lasse den Kocher Kocher sein und laufe ein paar Schritte in die Richtung, aus der Cayden kommen müsste. Von hier aus sind auf den nächsten Plätzen zwei Caravans zu sehen und einige Leute, die entweder an den Picknicktischen sitzen oder in der Nähe ihrer Feuerstellen herumstehen, aber kein Cayden, der gerade zurück zu unserem Platz laufen würde.
Vage beunruhigt wende ich mich wieder ab. Hätte ich vorhin nicht Steven getroffen, der mir irgendetwas über Bären erzählt, würde ich mir jetzt garantiert überhaupt keine Gedanken machen. Leider habe ich Steven getroffen.
Wenn Cayden allein zu einem Spaziergang vor dem Abendessen aufgebrochen wäre, hätte er mir das doch gesagt, oder? Miese Stimmung hin, miese Stimmung her.
Unschlüssig beiße ich auf dem Gelenk meines linken Daumens herum.
Die App befindet sich nur auf Caydens Handy. Ihn trotzdem suchen zu wollen, wäre total sinnfrei.
Moment, sein Handy – wieso fällt mir das jetzt erst ein?
Eine halbe Minute später weiß ich, dass sein Telefon nicht eingeschaltet ist. Verdammt, Cayden.
In Gedanken sehe ich ihn vor einem riesigen Grizzly stehen und sein Bärenspray suchen, und das scheint mir nicht halb so witzig zu sein wie gestern noch.
Ob ich Steven Bescheid sagen sollte?
Herrgott. Ich bin wie Mum. Cayden ist jetzt vielleicht eine halbe Stunde unterwegs. Kein Grund, gleich einen Notruf abzusetzen, oder? Er wäre bestimmt extrem begeistert, wenn er irgendwo hundert Meter weiter am Fluss sitzt und plötzlich ein Großaufgebot an Rangern auf ihn zustürmt.
Ich werfe einen Blick auf die Uhr. Kurz vor sechs.
Halb sieben. Wenn er bis halb sieben nicht wieder da ist, suche ich Steven.
Cayden
Als ich zu unserem Zeltplatz zurückkehre, stürzt Rae mit einem Ausdruck im Gesicht auf mich zu, bei dem ich unwillkürlich stehen bleibe.
«Wo warst du?»
«Hä?»
«Du warst über eine Stunde weg! Warum hast du nicht Bescheid gesagt, bevor du einfach abhaust?»
«Du warst nicht da.»
«Ich war nur kurz bei den Lockern!»
«Das kann ich doch nicht wissen. Entspann dich, Rae.»
Ich gehe an ihr vorbei, und sie folgt mir keineswegs entspannt.
«Zumindest dein Telefon hättest du einschalten können!»
«Ich hab’s halt ausgemacht. Was ist eigentlich dein Problem? Du führst dich auf, als wären wir zusammen, und ich hätte die Nacht durchgemacht.»
«Hier gibt es Bären!», sagt sie wütend. «Man soll sich abmelden, wenn man in den Wald geht!»
«Wir sind im Wald. Hier ist überall Wald. Und ich bin nur ein bisschen am Fluss entlanggegangen, jetzt komm wieder runter!»
«Ach, mach doch, was du willst. Tust du ja sowieso immer.»
Abrupt wendet Rae sich ab und geht zu unserer Feuerstelle. In einiger Entfernung davon steht der Kocher und daneben die Brennstoffflasche. Raes finsteren Gesichtsausdruck ignorierend, hocke ich mich daneben und beginne, alles für das Abendessen vorzubereiten. Wenn ich das richtig sehe, soll es wohl Linsen mit Kartoffelpüree geben.
Wir essen schweigend und ohne uns anzusehen. War die Stimmung vorhin bereits angespannt, so ist sie jetzt richtig im Keller. Klar, ich hätte Bescheid sagen sollen, aber ich hatte gar nicht vor, so lange wegzubleiben, sondern wollte nur ein paar Schritte gehen. Dass ich letztlich weiter und immer weiter gelaufen bin, war nicht geplant, und als mir nach einer halben Stunde auffiel, wie viel Zeit schon vergangen ist, bin ich sofort umgekehrt.
All das könnte ich Rae erklären, aber, ganz ehrlich – ich habe keine Lust. So ein Aufstand wegen einer lächerlichen Stunde. Mag ja sein, dass die Überängstlichkeit ihrer Mutter abfärbt, es nervt aber selbst dann, wenn ich mir zusammenreimen kann, woher es kommt.
Heute sitzen wir nicht mehr gemeinsam am Feuer. Unmittelbar nach dem Essen verschwindet Rae mit dem Geschirr, und als sie wiederkommt und es ordentlich vor meinen Zelteingang deponiert hat, kriecht sie doch tatsächlich mit einem knappen «Gute Nacht» in ihr eigenes Zelt und schließt den Reißverschluss hinter sich.
Es ist nicht einmal halb neun und noch taghell!
Nach ein paar Minuten stehe ich auf. «Ich geh noch mal eine Runde über den Campingplatz.»
«Gut.»
Dass man ein so kurzes Wort so angepisst aussprechen kann.
Es ist noch halbwegs warm, und ich nehme keine Jacke mit. Bereits ein gutes Stück von unserem Platz entfernt geht mir auf, dass ich damit auch das Bärenspray nicht dabeihabe, doch ohne meinen Schritt zu verlangsamen, gehe ich weiter. Direkt auf dem Campingplatz werden sich wohl keine Bären rumtreiben, und falls doch, gibt es garantiert genügend Leute, die ihre Sprays bei sich tragen. Oder womit sie sich sonst so gewappnet haben. Vielleicht setzen andere ja eher auf Glöckchen. Oder auf Kleinkaliberpistolen.
Der Wapiti Campground ist weitläufig und die einzelnen Stellplätze riesig. Fast fühlt es sich an, als liefe man durch einen Teil des Waldgebiets, in dem die Bäume einfach etwas weiter voneinander entfernt stehen. Die zwischen den Stämmen parkenden Camper und die Zelte fügen sich geradezu harmonisch ein, wie Wohnnmobilhausen im Zwergenland. Oder vielmehr im Riesenland, mal von der Höhe der Bäume ausgehend.
Es ist einiges los, überall brennen Lagerfeuer, sehr viele scheinen noch mit dem Abendessen beschäftigt. Ab und zu sieht jemand auf, wenn ich vorbeikomme, und grüßt mit einem Nicken. Ich grüße zurück, ohne stehen zu bleiben. In der Nähe der sanitären Anlagen laufen Leute mit Zahnbürsten und Kulturbeuteln herum, und kurz überlege ich, ob Rae ihr Zelt heute noch mal verlassen wird, um sich die Zähne zu putzen. Darauf warten werde ich mit Sicherheit nicht.
Es riecht nach Grillfeuer und Fleisch und gelegentlich nach Marihuana. Wäre ich ein Bär, würde ich mit Sicherheit mal vorbeischauen. Vermutlich halten nur die Rauchschwaden sämtliche Bären der Umgebung davon ab.
Irgendwann zieht es mich zum Fluss zurück. Im Moment ist das steinige Ufer der Ort, von dem ich mich hier am stärksten angezogen fühle. Auf das vorbeifließende Wasser zu starren ist beruhigend, es vermittelt mir das Gefühl, dass alles sich stetig ändert, auch wenn es nicht so aussieht. Eine Weile versuche ich mir vorzustellen, wie es wäre, wenn sich alles ändern würde, doch die Bilder bleiben blass. Einzig mein Vater tritt in aller Deutlichkeit hervor, und zumindest was ihn betrifft, weiß ich, wie der Idealzustand aussähe: Er würde keine Rolle mehr in meinem Leben spielen.
Würde ich jetzt erfahren, er sei tot, ich glaube, es würde mir besser gehen. Nur kurz natürlich, weil dann das schlechte Gewissen käme, vermutlich zusammen mit Erinnerungen, in denen er sich nicht wie ein Arsch verhalten hat.
Angestrengt überlege ich.
Aber sosehr ich mich auch bemühe, es scheint einfach nichts zu geben, das sich für einen wehmütigen Nostalgieflash eignen würde. Und was mir stattdessen alles einfällt …
Weg mit diesen Gedanken. Ich starre auf den Fluss, bis es mir gelingt, sie mit dem Wasser davontreiben zu lassen.<
br />
Gesprächsfetzen hinter mir bringen mich dazu, mich umzusehen. Über den schmalen Weg, der zum Campground führt, nähern sich zwei Frauen. Sie sind beide deutlich älter als ich, schätzungsweise Mitte dreißig, und als sie mich bemerken, lächeln sie mir zu.
«Hi», sagt eine der beiden. Sie trägt ultrakurze Shorts und über ihrem roten Shirt eine Jeansjacke. «Schöner Abend, oder?»
«Stimmt», erwidere ich und registriere erst jetzt die Flasche in der Hand der zweiten Frau.
«Wir wollten hier gerade einen Wein zusammen trinken – möchtest du vielleicht auch einen Becher?» Das Lächeln der Frau mit dem roten Shirt ist etwas breiter geworden.
Ich kenne den Ausdruck in ihren Augen. Sie hat ihre Bestandsaufnahme abgeschlossen und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass sich ein Flirt mit mir lohnen würde. Ein Flirt oder mehr. Ihre Haare fallen ihr offen über die Schultern, sie sind hellbraun und leicht gewellt, und sie hat schöne Beine. Kein Wunder, dass sie so kurze Hosen trägt.
«Ja, warum nicht? Danke für die Einladung.»
«Gern.» Sie legt ihrer Freundin eine Hand auf den Arm. «Ich geh schnell noch einen holen.» Dann drückt sie mir die zwei Becher in die Hand, die sie mitgebracht haben. «Ich heiße übrigens Gwen. Bin gleich zurück.»
Ich sehe ihr hinterher, wie sie zwischen den hohen Baumstämmen in die Schatten des Waldes eintaucht. Genau genommen sehe ich ihrem Hintern hinterher. Ein sehr ansprechender Hintern.
Das Lächeln der zweiten Frau fällt eher etwas verlegen aus. «Hi», sagt sie. «Ich bin Sarah.»
«Cay. Freut mich, Sarah.»
Ich habe mich von dem Stein erhoben, als die beiden auf mich zugekommen sind, und jetzt biete ich ihn Sarah mit einer Handbewegung an, als handele es sich um einen Stuhl. Kichernd setzt sie sich und lehnt die Weinflasche vorsichtig gegen den Felsen. Von ihrem Verhalten her könnte man sie auf Anfang zwanzig schätzen – im Gegensatz zu Gwen ist sie es eindeutig nicht gewohnt, mindestens zehn Jahre jüngere Typen anzuquatschen. Oder überhaupt irgendeinen Typen.
«Seid ihr schon länger hier?», beginne ich ein belangloses Gespräch, das lediglich dazu dient, die Zeit zu überbrücken, bis Gwen wieder zurück ist. Sarah ist blond, hat ein spitzes Kinn und blickt verschämt ein paar Zentimeter an mir vorbei.
«Seit einer Woche. Morgen fahren wir wieder zurück.» Sie bückt sich nach einer Handvoll Steinchen, wirft alle ins Wasser und bückt sich erneut. Auf die Gegenfrage, seit wann ich hier bin, warte ich vergeblich. Scheint so, als sei Sarah mit mir allein überfordert.
«Und?», nehme ich den Faden wieder auf. «Was habt ihr euch so alles angesehen?»
«Die Athabasca Falls und den Medicine Lake», zählt Sarah auf. «Und wir waren im Valley of the Five Lakes, das ist sehr schön.»
«Da waren wir heute auch. Konntet ihr auch Elche beobachten?»
«Oh … nein, schade. Elche haben wir nicht gesehen.»
Ein paar Sekunden lang lasse ich das Schweigen zwischen uns größer werden, bevor ich die nervöse Sarah erlöse, die bereits zum dritten Mal in Richtung des Weges schaut, auf dem Gwen zum Campingplatz zurückgelaufen ist.
«Wir waren gestern bei der Maligne-Schlucht», setze ich an und berichte Sarah von dem Wanderweg am Fluss, bis kurz darauf Gwen wieder zu uns stößt.
«So, wir können loslegen», sagt sie, reicht Sarah den mitgebrachten Becher und greift nach der Weinflasche. Sogar an einen Flaschenöffner haben die beiden gedacht. Sarah holt ihn aus einer der vielen Taschen, über die ihre Trekkinghose verfügt, und reicht ihn an Gwen weiter, die schwungvoll die Flasche öffnet.
Es ist ein Rotwein, und in der beginnenden Dämmerung wirkt er in meinem Becher beinahe schwarz. Gwen prostet erst mir, dann Sarah zu, als halte sie ein Bier in der Hand, bevor sie einen ersten Schluck probiert. Ich tue es ihr nach.
Nicht übel. An sich bin ich kein Weintrinker, im Gegensatz zu meinem Vater, dessen Weinkeller es unter Kennern sogar zu einiger Berühmtheit gebracht hat. Keine Kunst, wenn man über so viel Geld verfügt, dass man sich jeden Jahrgang leisten kann, den ein versnobter Sommelier empfiehlt.
«Worüber habt ihr gerade gesprochen?», will Gwen wissen.
«Über den Maligne Canyon», erwidere ich. «Dort waren wir gestern.»
«Wir?», hakt Gwen nach. «Bist du mit einem Freund unterwegs?»
«Mit einer Bekannten.» Warum sage ich nicht Freundin? Weil Rae keine Freundin von mir ist, vermutlich. Meine Freundinnen kenne ich allesamt sehr viel näher.
«Ach so – meinst du, sie würde sich auch gern zu uns setzen?»
«Sie ist schon schlafen gegangen.»
«Oh, okay.» In dem Ton, in dem Gwen diese beiden unschuldigen Worte ausspricht, hätte sie auch Umso besser sagen können. «Und wie fandet ihr es beim Canyon? Den haben wir uns gleich am ersten Tag hier angesehen.»
Kurz werfe ich Sarah einen Blick zu, den diese nicht bemerkt, weil sie damit beschäftigt ist, auf ihr Smartphone zu gucken. Wie schüchtern muss man sein, um nicht mal eine kurze Bemerkung darüber fallenzulassen, dass man die Maligne-Schlucht bereits selbst gesehen hat?
«Beeindruckend», beantworte ich dann Gwens Frage. «Wir sind von der sechsten Brücke aus zur ersten gelaufen – wie habt ihr das gemacht?»
«Wir sind mit dem Auto direkt zum Parkplatz an der ersten Brücke gefahren und nur bis zur dritten gegangen. Aber wir haben dort gegessen, das Restaurant ist hervorragend. Habt ihr euch bestimmt auch nicht entgehen lassen, oder?»
Ich muss an Raes Cracker denken, und als Gwen jetzt von ihrer gegrillten Regenbogenforelle schwärmt, nehme ich mir vor, morgen Abend mal einem der beiden Restaurants in der Nähe des Campingplatzes einen Besuch abzustatten. Tütensuppe mit Nudeln oder Reis wird es garantiert noch oft genug in den nächsten Tagen geben.
Sarah bleibt schweigsam. Gwen und ich haben uns neben ihr auf zwei kleineren Felsen niedergelassen. Ab und zu ergänzt sie einige Sätze, doch nur dann, wenn Gwen sie explizit in das Gespräch einbezieht, und als Gwen das irgendwann nicht mehr tut, vergesse ich in der zunehmenden Dunkelheit gelegentlich, dass sie noch da ist.
Irgendwann erhebt sie sich, ein schwarzer Schatten vor dem mittlerweile nachtblauen Himmel. «Ich glaube, ich geh dann mal zum Zelt zurück», sagt sie. «Ich nehme an, du bleibst noch, oder, Gwen?»
«Vielleicht komme ich kurz mit und hole eine zweite Flasche Wein aus dem Auto, was meinst du, Cayden? Trinken wir noch einen Becher zusammen?»
Die erste Flasche haben sie und ich beinahe allein geleert, Sarah hat sich nach einem Becher nicht mehr nachschenken lassen.
«Klar, warum nicht? Ist ja gerade erst zehn.»
«Dann bis gleich – nicht weglaufen!»
Gwens Lachen wirkt ein wenig angetrunken, dagegen kommt Sarahs Gute Nacht fast schon förmlich rüber. Anzunehmen, dass sie nicht besonders begeistert darüber ist, ihrer Freundin am letzten gemeinsamen Abend hier dabei zusehen zu müssen, wie die einen Typen aufreißt.
Als beide verschwunden sind, blicke ich zum sternenklaren Himmel hinauf. Mir fällt wieder ein, wie Rae an meiner Schulter einschlief. Oh Gott, sieh dir die Sterne an. Ist das nicht unglaublich? Das waren ihre letzten Worte, bevor ihr Kopf zur Seite sank. Ob sie jetzt tatsächlich schon schläft? Ich stelle mir Rae in ihrem winzigen Zelt vor, eingerollt in ihrem Schlafsack. Man würde nicht viel mehr von ihr sehen als ihr blaues Haar und ihre leicht nach oben geschwungene Nase.
Meine Gedanken verheddern sich.
Woher weiß ich, dass Rae eine leicht nach oben geschwungene Nase hat? Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals bewusst darüber nachgedacht zu haben.
«Da bin ich wieder!»
Gwen macht sich schon von weitem bemerkbar. Die knappen Shorts hat sie gegen einen weiten Rock getauscht. Na, das ist mal eine Ansage.
Zur Begrüßung hebt sie die zweite Flasche Wein in die Höhe. Einen Augenblick später quetscht sie sich neben mich auf meinen Felsen und füllt unsere Becher neu.
Ein paar Sekunden lang ist nur das Rauschen des Wassers zu hören und das Zirpen von Insekten.
«Wunderschön, oder?», bemerkt Gwen, und ich wende meinen Blick vom s
ternenübersäten Himmel ab, um sie anzusehen.
Gwen küsst mich. Obwohl mir spätestens, seit ich ihren Rock bemerkt habe, klar war, dass es darauf hinauslaufen würde, kommt es jetzt doch ein wenig überraschend. Sie schmeckt nach dem Wein und presst ihre Lippen ein wenig zu heftig gegen meine.
«So was mache ich eigentlich nicht», murmelt sie. «Hoffentlich denkst du jetzt nicht, ich sei so eine … so eine …»
«Denke ich nicht», unterbreche ich sie. So was denke ich nie über Frauen. Wäre auch ziemlich heuchlerisch.
Gwen stellt den Wein zu ihren Füßen ab, und während sie sich erneut vorbeugt, um mich zu küssen, höre ich den Becher umkippen. Ihre Hände gleiten unter meine Jacke und weiter unter mein Shirt. Kühl streichen ihre Finger meinen Bauch hinauf bis hoch zur Brust und wieder hinunter.
«Oh Gott.» Sie lacht leise.
«Was ist?»
«Ich hab noch nie einen Typen geküsst, bei dem sich alles so durchtrainiert anfühlt. Ich wünschte, es wäre nicht schon so dunkel.»
Noch immer halte ich meinen eigenen Becher in den Händen, und jetzt lehne ich mich kurz zurück, um ihn mit einigen letzten Schlucken zu leeren, bevor ich ihn hinter mir zwischen die Steine lege. Gwen nutzt diese Gelegenheit, um sich über meinen Schoß zu schwingen. Der raue Felsen muss sich unangenehm unter ihren nackten Knien anfühlen, doch ich denke nicht weiter darüber nach, als sie meine Hand nimmt und sie zwischen ihre Beine führt.
Keine Unterwäsche.
Ein bisschen stoppelig, weich und ziemlich feucht. Irgendwie fühle ich mich gerade, als sei ich versehentlich in einen Pornofilm geraten. Noch immer streicht sie über meinen Bauch, während sie mich küsst und gleichzeitig ihre Hüften so bewegt, wie es angenehm für sie ist. Ganz automatisch suchen meine Finger nach einer bestimmten Stelle, und als Gwens plötzliches Seufzen mir klarmacht, dass ich sie gefunden habe, werde ich tastender, vorsichtiger. Verstärke sanft den Druck. In sie hineinzugleiten ist leicht, sie ist so was von bereit. Gwen atmet scharf ein. Sie schiebt mir das Shirt so hoch, wie es eben geht, und lehnt sich ein Stück zurück, eine Bewegung, die sie zum einen aufstöhnen lässt und es ihr zum anderen ermöglicht, mich anzusehen.