Neben ihr schnarchte Thrael, der sich inzwischen an die Kost, die Hylei ihm bereitete, gewöhnt zu haben schien. Zumindest war sein Appetit die letzten Abende wieder größer geworden und Hylei meinte sogar, dass seine Hautfarbe bereits wieder rosiger geworden war, nachdem er anfänglich doch recht blass ausgesehen hatte.
Irgendwie hatte sie den frotzelnden Magier inzwischen adoptiert. Er war fürs erste ihre neue Gruppe und sie würde besser auf ihn achtgeben als auf ihre alte.
Der Morgen war grau, wie jeder Morgen. Und kalt. Gleichgültig, wie gut man sich einpackte, wie sauber der Unterstand gebaut war, wie warm die Decke unter einem gelegen hatte, wenn man aufstand, war es kalt bis man sich ein wenig Bewegt hatte. Thrael spürte es wohl noch mehr als Hylei, denn er stand immer sehr widerwillig auf, meist erst, wenn sich andeutete, dass der Feenling bereits alle Arbeit erledigt hatte.
Doch heute schien er etwas mehr Elan zu haben. Nicht dass er sich mehr als sonst an der Arbeit beteiligt hätte, aber er vermied sie an diesem Morgen im Sitzen und Stehen, nicht im Liegen. Hylei konnte an seinem Gesicht sehen, dass es ihn drängte, weiterzukommen. So waren sie heute, als es Hylei nicht langsam genug hätte gehen können, schneller wieder auf dem Weg, als an jedem anderen Tag.
Und plötzlich standen sie am Rand eines Feldes. Nur mit Mühe konnte sich Hylei überwinden, einen Fuß aus dem Gebüsch zu setzen und so zum ersten Mal seit fünf Jahren absichtlich sichtbar für die Augen der Menschen zu werden. Die ersten 100 Schritte tat sie auch noch sehr zögerlich. Als der erste Mensch in Sicht kam, wäre Hylei am liebsten weggelaufen. Es war nur ein kleines Mädchen, vielleicht sieben Jahre. Es hatte wohl gespielt und die beiden Wanderer erst bemerkt, als sie zwischendurch aufgestanden war. Sobald sie sie jedoch gesehen hatte, rief sie nach ihren Eltern. Dann sah sie den beiden mit großen Augen entgegen. Hylei fühlte sich nackt und schutzlos. Und als der Vater aus einem Schuppen zu seiner Tochter geschlendert kam, begann sich Hyleis Hand hinter ihrem Rücken um den Griff ihres Wurfholzes zu verkrampfen. Als Thrael ihren Arm berührte, schreckte Hylei auf und hatte das Holz schon halb gezogen, bevor sie bemerkte, dass er mit ihr redete. Sie hätte in diesem Moment nicht zu sagen vermocht, ob sie das Holz geworfen hätte oder nicht, und wenn, ob sie es auf den Vater oder auf Thrael gezielt hätte.
Ihre Ankunft im Dorf war für alle etwas Besonderes. Thrael genoss es, wieder daheim zu sein und die Bewunderung der Kinder wie auch einiger Erwachsener zu spüren, die viel Respekt vor ihm und seinesgleichen zu haben schienen. Aber noch viel mehr galt die Aufmerksamkeit aller dem jungen Feenling, der so schlank, grazil und wild den Zauberer ins Dorf begleitet hatte. Hylei versuchte sich hinter dem kleineren aber breiteren Thrael zu verstecken. Dennoch kamen die Gaffer von allen Seiten. Es waren weniger als in der Stadt, aber Hylei kam es vor, als wenn eine riesige Horde wilder Tiere über sie herfallen würde.
Keiner berührte sie, so wie auch niemand Thrael berührte, dem er nicht zuvor die Hand ausgestreckt oder ein ähnliches Zeichen gegeben hatte. Sie kamen nicht einmal nahe an sie heran, aber dennoch war die Nähe der fremden Menschen erstickend und Hylei drängte den Zauberer mit immer größerem Nachdruck zur Eile, damit sie bloß dieses Dorf verlassen konnten. Doch selbst, als sie das Dorf verlassen hatten, folgten ihnen einige Neugierige in den Wald des Dorfes. Thrael sah sich nicht zu ihnen um, aber er lächelte Hylei zu, als wollte er sagen, was für dumme Kinder ihre Verfolger doch wären. Nach vielleicht 500 Schritten innerhalb des Waldes begann Thrael sich umzusehen. Er betrachtete einige Bäume, berührte kleine Schnitte in der Rinde und berührte mit den Fingerspitzen die äußersten Zweige eines Busches. Dann blickte er sich ein letztes Mal um und schritt zu einer Stelle, die ziemlich genau in der Mitte dreier großer Bäume war. Das Licht fiel hier ungefiltert von den Blättern der Bäume auf die Erde. Er winkte Hylei zu sich, vollführte einige ausladende Bewegungen und plötzlich gab es einen lauten Knall und dichter Rauch stieg auf. Thrael griff Hyleis Hand, rannte mit Ihr im Schutz des Rauches davon und versteckte sich mit Ihr hinter einem großen Busch. Der Feenling wandte sich dem Zauberer zu, während sie sich die Ohren rieb, die noch von dem Knall schmerzten. Sie wusste nicht, was Thrael gemacht hatte, aber so viel begriff sie, dass er eine Ablenkung geschaffen hatte um die Verfolger von ihrer Spur zu bringen. Deshalb blieb sie auch still und begann nicht, die Fragen, die ihr durch den Kopf schossen, auszusprechen. Dennoch wunderte sie sich, wie Thrael hoffen konnte, lange unentdeckt zu bleiben, denn sie waren nicht weit gelaufen und es bedurfte nicht der scharfen Augen eines Feenlings, um jemanden hinter einem Busch zu entdecken. Da bemerkte sie jedoch, dass ihr Reisegefährte sehr angestrengt auf die Erde schaute und ihm das Blut in den Kopf gestiegen war. Doch dann verlor sie das Interesse daran, ihn anzublicken und vergaß beinahe, dass er neben ihr saß, denn einer der ganz hartnäckigen Burschen aus dem Dorf kam ganz dicht an ihrem Versteck vorbei so dicht, dass sie ihn hätte berühren können, ohne ihren Arm Vollständig ausstrecken zu müssen. Obwohl die dünnen Zweige der Büsche und die wenigen Blätter auf diese Entfernung sie kaum verbergen konnten, blickte der Bursche einfach über die beiden hinweg und schien sie gar nicht wahrzunehmen.
Bald darauf verloren die Dörfler das Interesse an Thrael und ihr, wobei Hylei den Ärger über das plötzliche Verschwinden in den Stimmen zu hören meinte.
Erst als alle aus der Sichtweite waren, erhob sich der Magier neben ihr und forderte sie leise auf, ihr zu folgen. Sie schlugen einen weiten Bogen um das Dorf herum, hin zu einem zweiten Wald, der etwas weiter entfernt lag und von niemandem beansprucht wurde. Es hatte schon zu dämmern begonnen, als sie eine Lichtung betraten und eine große Wurzel zur Seite bogen, die eine kleine Treppe nach unten Preis gab.
Thrael deutete ihr, hinunterzugehen.
„Ich muss den Eingang wieder schließen.”
Hylei blickte ihn an. Sie wusste, dass es, wenn sie jetzt diese Treppen hinabstieg, kein Zurück mehr geben würde, dass die Magier alles mit ihr machen könnten, was sie wollten. Sie atmete noch einmal die Luft des Waldes und machte den ersten Schritt hinab.
Es war ein Loch, anders konnte sie es nicht beschreiben. Selbst später fragte sie sich immer noch, wie man es nur in so engen Räumen unter der Erde länger als einen Tag aushalten konnte, ohne verrückt zu werden. Alles war feucht und wie die Meister es schafften, die Bücher trocken zu halten, blieb ihr bis an ihr Lebensende ein Rätsel.
Aber es war hell, hell und warm, ohne dass sie den Qualm von Kerzen, Fackeln oder Feuern riechen konnte. Das Licht, welches von Punkten an der Wand ausging, viel ihr sofort auf, aber die Wärme wurde ihr erst am nächsten Morgen bewusst, als ihr Körper nicht steif von der Kälte des Bodens wurde.
Zuerst machte es den Eindruck, als würde ihr Empfang in der Zuflucht der Magier schnell ebenso unerfreulich werden, wie ihr Empfang im Dorf. Aber einige strenge Worte Thraels und eines anderen Meister, der gerade Aufsicht über die Wachen am Eingang hatte, sorgten dafür, dass alle wieder an ihre Arbeit gingen.
Hylei wurde zuerst in ein Zimmer gebracht, wo sie mit Thrael zusammen auf einen gewissen Meister Zelon wartete. Auf dem Weg dorthin spürte sie mehrfach deutlich ein seltsames Kribbeln im Nacken und wendete immerzu den Kopf hin und her, da sie meinte, Schatten vorbeihuschen zu sehen. Aber immer wenn sie sich versuchte, auf die Schatten zu konzentrieren, waren sie verschwunden und es blieb nur der Eindruck, als würden ihre Augen tränen.
Meister Zelon war eine Überraschung für Hylei. Zum einen, weil der Meister eine Meisterin war und weil sie mit einem schüchternen Schüler hereinkam, der aussah, als hätte man ihn in seinem Leben oft geschlagen und verhöhnt. Hylei mochte ihn vom ersten Augenblick an nicht, denn er war das Opfer, das sie nicht mehr sein wollte.
Dann überraschte die Meisterin Hylei jedoch vor allem durch ihre offene Art und ihre Vorurteilslosigkeit. Vielleicht war es dabei sogar ein Glück, dass Hylei zu erschöpft war, denn so war sie nicht in der Lage, gegenüber Zelon ihre übliche Abwehrhaltung einzunehmen.
„Meister Thrael hat mir soeben mitgeteilt, dass du gerne die geheimen Künste der Magie erlernen würdest.” Meister Zelon fragte nicht, schien
aber auf eine Antwort zu warten. Nur stockend kamen die Worte aus dem Feenling heraus.
„Äh ... ja ... äh ... ich meine, ich würde gerne, wenn ich darf.” Hylei blickte zu Boden. Sie war wütend auf sich. Sie, die vor kurzem noch dem Tod in die Augen geschaut hatte, brachte jetzt im Angesicht dieser kleinen Frau, die vermutlich sogar jünger war als sie selbst, keinen anständigen Ton mehr heraus. Gleichzeitig war sie jedoch zu beschämt, um ihrer Wut freien Lauf zu lassen, wie sie es bei jedem anderen getan hätte.
„Das ist schön.” Die Meisterin nahm Hyleis schmale Hand in die ihre und drückte sie ermutigend. „Du wirst sehen, es ist alles etwas anders hier. Du bist hier unter deinesgleichen und keiner wird dich hier verfolgen.”
Hylei hob den Kopf und blickte die andere Frau entsetzt an. Genau dies hatten die Feenlinge ihr auch in der Stadt gesagt.
*
Darun hatte sie erst vier Tage, nachdem der Drachenritter sie besucht hatte, verlassen. Er hatte viel vorbereiten müssen. Zuerst war er gleich am nächsten Morgen ins Dorf gelaufen, um dort ein wenig Papier zu besorgen. Außerdem hatte er die Lüge verbreitet, das Breka schwer krank geworden sei und wohl auch die Kinder angesteckt worden sein könnten. Anschließend hatte er noch ein Ges gekauft, um damit, angeblich, in die nächste Stadt zu reiten und einen Arzt zu holen. Niemand war auf die Idee gekommen, an Daruns Worten zu zweifeln und, was noch viel wichtiger war, niemand hätte auch nur gewagt, ihm zu folgen oder zu seinem Hof zu gehen.
Seine Arbeit hatte jedoch erst begonnen. Stundenlang hatte er am Tisch gesessen und minutiös eine Liste nach der anderen auf das teure Papier geschrieben. Oft hatte ihm Breka dabei über die Schulter geblickt. Die Kinder jedoch hatte sie, oft mit harschen Worten, hinausgeschickt, denn es fiel ihr schwer zu erklären, was geschehen würde. Sie wusste es ja selbst nicht.
Am dritten Tag dann nahm sich ihr Mann viel Zeit für die Kinder und erklärte ihnen, dass sie eine lange Reise machen würden und dass sie auf dieser Reise Wachen und Diebe spielen würden. Er wäre die Wache und sie wären die Diebe. Er würde sie verfolgen, sie würden ihn jedoch nicht sehen, denn er würde sich gut verstecken, sie müssten jedoch so tun, als wenn sie jemand anderes wären, damit es ihrem Vater schwerer fallen würde, sie zu fangen.
Er hatte dieses Spiel oft mit ihnen gespielt, weshalb es für sie normal war, sich zu verstellen. Erst jetzt begriff Breka, dass ihr Mann wohl immer damit gerechnet hatte, vom Hof weggehen zu müssen und er seine Kinder heimlich darauf vorbereitet hatte. Auch die Geschichten von fernen Ländern und fremden Städten, die er ihnen immer erzählt hatte, erschienen jetzt in einem anderen Licht.
Schließlich besprach er sich auch mit Breka, die bei jedem Satz, den er beendete, spürte, dass er sich immer weiter von ihr entfernte. Sie versuchte, ihre Angst und Trauer zurückzuhalten, wusste jedoch, dass er sie leicht durchschauen würde, so wie er es immer tat.
Am nächsten Morgen war er nicht mehr da. Obwohl sich Breka alle Mühe gegeben hatte, um nicht zuzulassen, dass sich ihr Mann davon stahl, war er davongeschlichen, ohne dass sie noch einmal sein Gesicht hatte sehen können.
Die Jungs nahmen es gut auf. Für sie hatte das Spiel begonnen. Und Breka fühlte sich, zumindest in dieser Beziehung, nicht anders als all die Jahre zuvor, seitdem sie mit Enk ihre Familie verlassen hatte. Sie musste sich weiter verstellen, nur dass sie jetzt nicht einmal mehr ein Haus haben würde.
Der erste Tag ohne ihren Darun verlief so wie alle anderen Tage: Sie machte Essen, wusch, pflegte ihren Gemüsegarten, kümmerte sich um die paar Tiere, die sie hielten, machte ihren Teil der Feldarbeit. Abends übernahm sie den Unterricht. Erst als die Kinder ins Bett gegangen waren, begann sie, das nötigste zu packen. Es brach ihr fast das Herz, bei dem Gedanken, was sie alles zurücklassen musste. Als sie aus ihrer Burg geflohen war, hatte sie es mit leichtem Herz getan, obwohl sie viel mehr besessen hatte. Aber die Dinge, die sie hier zurücklassen würde hatte sie mit ihren eigenen Händen täglich benutzt und jeder Gegenstand war kostbar. So blieb es nicht aus, dass sie am Ende ein zweites Mal packen musste, um den unnötigen Schnickschnack loszuwerden. Das kleine Kästchen mit den Münzen, das Darun immer unter einem Brett neben dem Eingang versteckt hatte, entleerte sie in einen kleinen Beutel, nahm sich jedoch einen Teil der Münzen für die Reise in die Rocktasche. Den Beutel versteckte sie tief in einem der Säcke, die sie gepackt hatte. Bis zum gestrigen Abend hatte sie von diesem Geld nichts gewusst.
Leise stellt sie die Taschen vor den Eingang und holte das Ges, welches die Kinder wegen seiner abgeschnittenen Hörner Stummel getauft hatten. Sie band es an und belud es, so gut es ging. Eine schwere Tasche ließ sie für sich übrig, da sie die Kinder abwechselnd reiten lassen wollte.
Schließlich schüttete sie teures Lampenöl auf die Erde, stellte eine Kerze daneben und zündete sie an, genauso, wie Darun es ihr gezeigt hatte. Erst jetzt weckte sie die Kinder und half ihnen beim Anziehen. Von der Begeisterung über das neue Spiel mit ihrem Vater, die sie durch den Tag getrieben hatte, war in ihrem verschlafenen Zustand nichts zu merken. Shek war etwas schneller angezogen und besah sich die Lache mit der Kerze. Bevor er jedoch etwas Fragen konnte, zog Breka die Kinder auch schon hinaus. Zuerst setzte sie Enki auf das Ges und wollte schon losgehen, als dieser jedoch bemerkte, dass er sein Holztier, einen abgenutzten, laufenden Wolf mit nur einem Bein, vergessen hatte. Schnell, und mit einem nervösen Blick auf die Kerze rannte Breka noch einmal hinein, brachte neben dem Holztier auch noch den Sack mit, den die beiden zum Schlafen verwendeten und, mit Shek an der einen und dem Ges an der anderen Hand begann sie den langen Marsch in eine ungewisse Zukunft.
Als die Kerze niedergebrannt war, konnten sie das Haus schon lange nicht mehr sehen. Als sie sich später jedoch noch einmal umdrehte, meinte sie am Horizont den Feuerschein des brennenden Hofes als kleinen Funken flackern zu sehen und sie weinte leise vor sich hin. Shek blickte zu ihr hoch, aber am nächsten Tag erschien ihm die Abreise vom Hof so unwirklich, dass er die Tränen seiner Mutter für einen Alptraum hielt.
*
Erst spät in der Nacht war Ohnfeder auf ihren Hof zurückgekehrt. Sie war zwei Tage länger bei den Pilzschabers geblieben. So lange hatte sie sich nicht zurückgewagt. Dabei war die Offenbarung Emaofhias nicht wirklich schlimm gewesen, im herkömmlichen Sinne, nur hatte sie sie bis ins Mark erschüttert. Sie hatte die Zeit bei den Zurückgebliebenen gebraucht, um sich davon zu erholen und Kraft zu sammeln, denn die Pilzschabers waren zwar einfache Aleneshi, aber ihr Glaube war fest und ihr Verständnis um das Wirken des Gottes tiefer als alles, was Ohnfeder in ihrer Gemeinschaft erwarten konnte. Aber selbst bei Ihnen hatte sie zwei Tage dazu geschwiegen was die Priester von ihr gewollt hatten. Nur so viel hatte sie verlauten lassen, dass ihr nichts geschehen war noch würde. Zumindest in dem Rahmen dessen, was die Priester ihr hätten antun können.
Dass sich etwas Besonderes vor dem Reshan ereignet hatte bemerkten die Pilzschabers jedoch recht schnell, spätestens als ihnen die ersten Gerüchte zu Ohren kamen. Aber schon die Begleitung der zwei Priester, die Ohnfeder zurück zur Wohnhöhle gebracht hatten, hatte einen nachdenklichen Ausdruck auf das Gesicht von Erdenmoos gezeichnet. Dennoch hatte sie nichts gesagt. Erst als die ersten Bekannten und Freunde ihr Kek gerufen hatten, um Ohnfeder zu sehen und sie mit Fragen zu durchlöchern, sah sich Ohnfeder doch dazu gezwungen, alles zu erzählen, wollte sie die Pilzschabers davon überzeugen, den Besuch nicht zu empfangen.
Es war ein seltsames Gespräch gewesen, in dem Erdenmoos, wie immer, Kieselherz als erstes auf Ohnfeders Schoss gesetzt hatte. Sie schien der Meinung zu sein, dass ihrer Freundin für immer die Freuden der Mutterschaft verwehrt bleiben würden, ohne die eine Frau kaum glücklich sein könnte. Nie war sich Ohnfeder dieses seltsamen Mitleids so bewusst gewesen, wie bei diesem einen Gespräch. Die Ironie der Situation machten es jedoch schwer, sich an der Nähe der kleinen Kieselherz zu erfreuen.
Nachdem sie den beiden die Wahrheit offenbart hatte, geschah etwas, womit sie überhaupt nicht gerechnet hatte.
Erdenmoos und Wurmfänger begannen zu weinen, der Vater ein wenig mehr als die Mutter. Dann standen sie
auf und begannen sie abwechselnd zu umarmen: „Dû geehret wordden bist, Ohnfeder.”
„Stolsama wire sind.” und ähnliche seltsame Dinge sagten die beiden, wobei Ohnfeder nicht verstehen konnte, wieso sie so fühlten. Sie fühlte sich nicht geehrt. Sie war nicht stolz. Für sie war der angebliche Gunstbeweis des Gottes eine Last und sie wagte es nicht, sich vorzustellen, wo eine solche Verantwortung, wie sie ihr auferlegt worden war, hinführen würde.
Aber die Fürsorge, die sie nun von ihren Pilzschabern erfuhr rührte sie dennoch und erleichterte ihr die Zeit bei ihnen. Besonders Erdenmoos behandelte sie von nun an wie ein rohes Ei. Sie hatten sogar dafür gesorgt, dass sie nachts aus den Höhlen gehen konnte, damit sie nicht den vielen Gläubigen begegnen musste.
Als sie jedoch auf ihrem Hof angelangt war, wartete Shaljel bereits vor der Tür. Sie hatte, gegen jede Vernunft, gehofft, dass sie erst am nächsten Morgen mit ihm hätte sprechen müssen, denn tief in sich drin wusste sie, dass er ihr auf den Boden ihrer Seele blicken und wissen würde, was vorgefallen war und wie sie darüber dachte. Und Shaljels seltsame Religiosität machte es schwer für die Aleneshi, vorherzusehen, wie er auf ihre Empfindungen reagieren würde.
„Ach, da bist du ja endlich. Ich hatte schon gedacht, du würdest nicht mehr zurückkommen.” Dazu lächelte er sein entwaffnendes Lächeln, dass diesmal jedoch an ihr verloren war.
Feen Buch 1: Der Weg nach Imanahm Page 21