Faded Duet 1 - Faded - Dieser eine Moment

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Faded Duet 1 - Faded - Dieser eine Moment Page 3

by Julie Johnson


  Ich bin so gebannt, dass ich nicht mal bemerke, dass Carly neben mir auftaucht.

  »Wisch dir den Sabber aus dem Gesicht, bevor du die Getränke servierst.«

  Ich zucke zusammen und reiße den Blick von Ryder los. »Ich habe nicht … Es ist nicht so, wie du denkst. Ich habe nur …«

  »Schamlos die Ware begafft?«

  Meine Wangen drohen, rot anzulaufen.

  »Oh, entspann dich.« Sie grinst. »Dieser Junge ist heißer als eine gusseiserne Bratpfanne. Du musst dich nicht dafür entschuldigen, dass es dir aufgefallen ist.«

  »Ich schätze schon«, sage ich und bemühe mich um Lässigkeit. »Wenn man auf diesen Typ Mann steht.«

  Sie stößt mit ihrer Hüfte gegen meine. »Jeder steht auf Ryder. In diesem Raum gibt es keine Frau, die nicht gern mal eine Runde auf diesem Bike drehen würde.«

  »Ich nicht.« Ich schüttle den Kopf. »Ich lasse mich nicht auf Musiker ein.«

  Carly schnaubt. »Dann ist es ja gut, dass du nach Nashville gezogen bist.«

  »Nicht jeder hier ist Musiker.«

  »Aber so gut wie jeder.«

  »Tja, dann muss ich mir wohl einfach jemanden suchen, der unmusikalisch ist.«

  »Viel Glück dabei.« Sie schüttelt den Kopf und hat den Blick dabei immer noch fest auf die Bühne gerichtet. »Sie spielen mindestens zweimal pro Monat hier. Ihre Leadsängerin, Lacey, ist talentiert, aber total unzuverlässig. Tatsächlich hat sie hier mal gearbeitet, aber jetzt verfolgt sie eine Gesangskarriere. Oder … hat sie jedenfalls mal. Die halbe Zeit über taucht sie zu Auftritten gar nicht erst auf, also übernimmt Ryder ihren Part.«

  »Ich bin überrascht, dass sie weiterhin Auftritte bekommt. Isaac erwähnte, dass es für Auftritte im Nightingale eine Warteliste gebe.«

  Carly lacht. »Ja, tja, ich schätze, Lacey hat sich mit Wade auf eine spezielle Abmachung geeinigt, denn er bucht sie immer wieder.«

  Ich ziehe fragend die Augenbrauen hoch, doch sie führt das nicht weiter aus. Sie ist zu sehr damit beschäftigt, die Bühne im Auge zu behalten – oder den Mann darauf. »Du musst zugeben, dass er verdammt sexy ist.«

  Ich zucke mit den Schultern.

  »Soll das dein Ernst sein?« Sie zieht die Nase kraus. »Sieh ihn dir an!«

  »Tut mir leid. Musiker … reizen mich einfach nicht.«

  »Warum nicht?« Ihr Blick wird neugierig. »Schlimme Erfahrung?«

  Ich mustere Ryder, der die Menge mit einem Ausdruck purer Freude auf dem Gesicht anheizt. Ich schüttle mich, damit ich aufhöre, ihn anzustarren, und drehe der Bühne den Rücken zu.

  »Jeder, der so viel Bestätigung braucht, wird in einer Beziehung niemals zufrieden sein«, sage ich und starre auf mein Getränketablett. »Musiker und Monogamie vertragen sich einfach nicht. Und ich habe noch nie verstanden, warum man sich auf etwas einlassen sollte, das von Anfang an zum Scheitern verurteilt ist.«

  »Trügen mich meine Ohren, oder haben wir endlich eine Mitarbeiterin mit Geschmack eingestellt?« Adam kommt auf uns zu und schließt sich unserer Unterhaltung an. Er betrachtet mich mit neuer Anerkennung im Blick. »Die meisten Frauen würden alles tun, um eine Chance zu erhalten, sich an einen Angeber heranzuschmeißen, der auf einer Gitarre herumklimpern und einigermaßen brauchbare Coverversionen singen kann.«

  Ich schenke ihm ein schwaches Lächeln und unterdrücke den Drang, die Augen zu verdrehen. Trotz seiner großen Töne macht sein neidvoller Blick in Richtung Bühne klar, dass Adam liebend gern mit den anderen Jungs dort oben stehen und das Objekt zahlreicher weiblicher Sexualfantasien sein würde.

  Carly schnaubt unfein. »Herrgott, Adam. Bist du etwa eifersüchtig?«

  »Eifersüchtig? Versuch’s mal mit ›sauer‹.« Er beißt die Zähne zusammen. »Das ist echt nicht zu fassen. Das ist jetzt das dritte Mal, dass Lacey nicht aufgetaucht ist.«

  Carly schiebt sich eine Strähne ihres kurzen platinblonden Haars hinters Ohr. »Rede mit Wade. Er ist derjenige, der ihr immer noch Auftrittstermine gibt.«

  »Wade ist zu sehr damit beschäftigt, mit seinem Schwanz zu denken, um tatsächlich mal seinen Job zu machen.« Adams Miene wird immer finsterer, während Ryder ein beliebtes Lied von Sam Hunt zum Besten gibt. »Meine Güte, das Nightingale ist doch keine Karaokebar.«

  »Lacey ist noch nie besonders verlässlich gewesen. Hast du sie deswegen nicht gefeuert?«

  »Sie war eine schlechte Kellnerin, aber sie kann singen.« Sein Tonfall klingt missgünstig. »Leider scheint sie in letzter Zeit nicht mehr viel Interesse daran zu haben, tatsächlich zu singen. Schließlich lässt sie uns dauernd hängen, und wir müssen uns dann mit einem Leadgitarristen begnügen, der kaum eine Melodie halten kann …«

  »Ich habe nicht gerade den Eindruck, dass sich die Frauen im Publikum beschweren«, sagt Carly ironisch und wirft einen Blick auf die beinahe tollwütige Menge. Jede Frau in der Bar hat die Augen fest auf Ryder gerichtet, als wäre er ein hochwertiges Stück Rindfleisch, während er die Texte schmettert.

  Adam gibt einen angewiderten Laut von sich. »Ja, was auch immer. Tu mir einen Gefallen. Sag dem Lustknaben, dass er nach dem Auftritt in meinem Büro vorbeikommen soll. Wir müssen über ihre Zukunft hier reden. Wenn sich Wade nicht um diese Situation mit Lacey kümmert, dann werde ich das eben selbst machen.«

  »Geht klar, Boss.« Carly salutiert spöttisch vor ihm, während er davongeht. Sie senkt die Stimme zu einem amüsierten Murmeln, sobald er außer Hörweite ist. »Gott, der hat den Stock heute aber besonders tief in seinem Hintern, oder?«

  Ich schnaube. »Ich habe keine Vergleichswerte – das hier ist meine erste Schicht.«

  »Oh! Stimmt, tut mir leid. Ich habe das Gefühl, dich schon ewig zu kennen.«

  »Kann ich dich etwas fragen?«

  »Ich bin ein offenes Buch.«

  »Isaac ist der Besitzer … Aber es scheint, als wäre Adam derjenige, der alle Entscheidungen trifft, oder?«

  Carly seufzt schwer. »Das stimmt schon. Isaac eröffnete diese Bar vor etwa vierzig Jahren, aber wenn man bedenkt, dass Adam derjenige ist, der sie eines Tages erben wird … Ich schätze, dass es so eine Art Machtkampf zwischen der alten und der neuen Welt gibt, wenn es darum geht, wie die Dinge hier gehandhabt werden sollen.«

  Ich blinzle überrascht. »Sie sind Vater und Sohn?«

  »Ja.«

  »Wow. Der Apfel ist ziemlich weit vom Stamm gefallen, was?«

  Sie grinst. »Wie du bereits herausgefunden hast, hat Isaac unter seiner rauen Schale einen ziemlich weichen Kern. Adam ist genauso. Seine Schale ist nur … schwerer zu knacken.«

  »Also ist er nicht immer so ein Idiot?«

  »Er ist noch nie übermäßig freundlich gewesen, aber im Großen und Ganzen trifft auf ihn die Bezeichnung ›große Klappe, nichts dahinter‹ zu. Ryder hat … einfach ein Talent dafür, das Arschloch in ihm hervorzurufen.«

  »Warum?«

  »Ich glaube, dass sie früher mal befreundet waren. Ich bin nicht sicher, was passiert ist. Ich weiß nur, dass sie vor einer Weile einen großen Streit hatten. Wann immer Ryder auftaucht, um hier zu spielen, ist Adam besonders schlecht gelaunt.« Sie seufzt. »Soll ich dir einen Rat geben? Halte dich an den Abenden, an denen Laceys Band auf dem Plan steht, vom Kriegspfad fern.«

  »Danke, das werde ich mir merken.«

  »Ich muss mit den Jungs reden, die als Nächstes auftreten werden, und du musst diese Drinks servieren, bevor das ganze Eis schmilzt.« Sie drückt kurz freundschaftlich meinen Ellbogen und schenkt mir ein warmes Lächeln. »Wir sehen uns, Felicity.«

  Ich verspüre einen Stich im Herzen, als ich sie in der Menge verschwinden sehe. Vielleicht wird es doch nicht so schlimm werden, hier zu arbeiten. Vielleicht, aber nur vielleicht wird es mir sogar gelingen, ein paar Freunde zu finden.

  Das wäre mal was Neues.

  Ich lächle immer noch in mich hinein, als ich das Tablett nehme und mich in die Menge aufmache, um die Getränke zu servieren.

  3. KAPITEL
r />   Ryder

  »Also gut, Nashville«, brülle ich ins Mikro und schaue dabei auf das Meer aus schreienden Frauen hinaus. »Lasst uns das verdammt noch mal durchziehen.«

  Ich schenke ihnen mein verführerischstes Grinsen – das Grinsen, das dafür sorgt, dass in ihren Augen Lust aufblitzt und sie die Brüste nach vorn recken, damit ich sie besser sehen kann. Ihnen ist egal, wie ich heiße, wo ich herkomme oder ob ich das verdammte Lied, das ich singe, überhaupt mag. Sie sehen nur die Gitarre in meinen Händen, das Grinsen auf meinem Gesicht und den Körper, den sie nach dem Auftritt gerne ausgiebig betatschen würden, nur damit sie sagen können, dass sie jemanden aus einer Band abgeschleppt haben.

  Zum Teufel mit dir, Lacey.

  Ich wäre nicht hier oben, um über verfluchtes frittiertes Hühnchen zu singen, wenn sie sich die Mühe gemacht hätte, für unseren Auftritt aufzutauchen. Ich lege die Hand ein wenig fester um den Hals meiner Gitarre, während Wut durch meinen Körper rauscht. Ich muss meine ganze Selbstbeherrschung aufbringen, um meine Wut im Zaum zu halten und weiterzulächeln und -zusingen, als würde mich das hier auch nur im Geringsten kümmern.

  Nur noch ein paar Lieder, denke ich und zwinkere einer Frau in der ersten Reihe zu. Dann ausreichend Whiskey, um zu vergessen, dass ich das hier tun musste. Wieder einmal.

  Ich nicke Lincoln zu, während wir zu einem weiteren miesen Top-Einhundert-Hit übergehen, der dafür sorgt, dass das Publikum ausrastet. Diese Leute würden gute Musik nicht mal erkennen, wenn sie ihnen einen Schlag auf den Kopf verpassen würde. Ich schätze, das sollte mich nicht überraschen. Immerhin sind sie hergekommen, um Lacey singen zu hören.

  Die Frau ist verflucht heiß – ihr Körper hat mehr Kurven als eine gottverdammte Achterbahn. Leider ist sie aber auch ein unzurechnungsfähiges Chaos auf zwei Beinen. Ein Zugunglück mit billigem Parfüm und abgeschnittenen Jeansshorts, die sie so gut ausfüllt, dass sie sie eigentlich gar nicht außerhalb des Hauses tragen dürfte, weil sie sich dadurch eine Anzeige wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses einhandeln könnte. Wenn sie nicht singen könnte, würde sie vermutlich in irgendeinem heruntergekommenen, schmuddeligen Club, weit von den Neonlichtern des Broadways entfernt, an der Stange tanzen. Sie würde strippen, um Dollarscheine von fetten Männern mittleren Alters zugesteckt zu bekommen, die in der Dunkelheit an ihren Bauchnabeln herumspielen.

  Doch aus unerfindlichen Gründen wurde sie mit einer Stimme gesegnet, die ihre lange Liste mit nicht so attraktiven Eigenschaften beinahe kompensiert.

  Aber auch nur beinahe.

  An Abenden wie heute, wenn sie sich nicht mal die Mühe macht, zu einem Auftritt zu erscheinen, was dann dazu führt, dass ich wie ein gutes Steak auf einem Fleischmarkt über die Bühne stolzieren und Coverversionen zum Besten geben muss, die ich nicht ausstehen kann, fällt es leicht zu vergessen, wie heiß sie in diesen kurzen Jeansshorts aussieht. Auch ihre unübertroffene Lungenkapazität, die sich zugegebenermaßen für Fähigkeiten eignet, die besser in einem Schlafzimmer als auf einer Bühne zum Einsatz kommen, ist dann nicht mehr so beeindruckend.

  Die Standpauke kann man sich sparen.

  Ich weiß, dass ich nicht mit ihr hätte schlafen sollen. Ich schiebe es auf die halbe Flasche Jack Daniel’s, die ich hinuntergekippt hatte, bevor sie sich auf mich warf und an meinem Reißverschluss zerrte wie eine rollige Katze. Dann bearbeitete sie mich mit solcher Begeisterung mit ihrem Mund, dass man hätte meinen können, dass sie sich für eine Pornokarriere empfehlen wollte. Für meinen Geschmack war das ein wenig übertrieben … Aber wenn ich ehrlich bin, ist ein schlechter Blowjob von einer Tussi, die man nicht ausstehen kann, immerhin noch ein Blowjob.

  Ich habe nie behauptet, dass ich ein Heiliger wäre.

  »Wir lieben dich, Ryder!« Zwei Blondinen um die zwanzig an einem der Bartische kreischen um die Wette. »Du bist so heiß!«

  Ich grinse sie an, als wäre das der einzige Grund für meine Existenz, und sehe zu, wie sie daraufhin kichern wie verknallte Schulmädchen. Herrgott, das ist eine meiner leichtesten Übungen.

  Ein Kinderspiel.

  Ich könnte das im Schlaf machen.

  Aber das bedeutet nicht, dass ich es genieße. Wenn es nach mir ginge, würde ich lieber im Hintergrund bleiben, meine Gitarre spielen und Backgroundgesang beisteuern. Ich muss nicht berühmt sein. Ich muss nur irgendwie an eine einfache Fahrkarte raus aus dieser Stadt kommen, bevor ich hier am Ende für immer feststecke – ein weiterer vergessener Musiker, der in der Ecke irgendeiner traurigen Kneipe herumlungert und in Erinnerungen daran schwelgt, wie er vor einer Million Jahren beinahe mal einen Plattenvertrag bekommen hätte, damals, bevor seine Träume dem Weg seines Stoffwechsels und seines Sextriebs folgten.

  So werde ich nicht enden. Ich werde Nashville verlassen und niemals zurückschauen. Für nichts und niemanden. Ich muss meinen Wagen nur an das Pferd spannen, das am schnellsten das Rennen zu machen verspricht. Momentan ist das zufällig Lacey Briggs – aufsteigender Popstar auf der Schwelle zum großen Durchbruch … Vorausgesetzt, sie kann sich lange genug zusammenreißen, um einen Plattenvertrag zu bekommen.

  Eine verdammt große Hürde, wenn man bedenkt, dass sie jetzt schon das vierte Mal in einem Monat nicht zu einem Auftritt erschienen ist. Ich hätte gedacht, dass sie es wenigstens ins Nightingale schaffen würde. Es ist so gut wie unmöglich, hier einen Termin zu bekommen. Jeder in der Stadt, der echte musikalische Ambitionen hat, steht auf der Warteliste, um auf dieser Bühne zu spielen. An jedem Abend der Woche ist der Laden gerammelt voll. Außerdem hat man fast eine Garantie dafür, dass mindestens eine Person im Publikum über genug Einfluss verfügt, um die wildesten Träume jedes Musikers wahr werden zu lassen. Vertreter aller großen Plattenfirmen haben es sich zur Gewohnheit gemacht, hier vorbeizuschauen, um nach neuen Talenten Ausschau zu halten.

  Ich lasse den Blick über die wogende Menge wandern und suche nach einem getarnten Anzugträger. Sie sind leicht zu erkennen, sobald man weiß, wonach man suchen muss – normalerweise sitzen sie allein am Rand der Menge, schauen ein wenig zu intensiv zu und haben ständig eine Hand am Handy. Außerdem strahlen sie eine Selbstgefälligkeit aus, die so greifbar ist, dass man sie in Flaschen füllen könnte. Ich habe die komplette linke Seite des Raums abgesucht, als mein Blick an etwas an der Theke hängen bleibt.

  An jemandem.

  Da ist eine junge Frau, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Sie steht neben Carly und trägt die typische billige Arbeitsuniform des Nightingale. An ihrem gertenschlanken Körper sieht dieses Outfit vollkommen falsch aus, als hätte man eine Porzellanpuppe in Kunstleder gekleidet. Ihr hüftlanges Haar ist zu einem dunklen unordentlichen Zopf geflochten, und sie hat die feinsten Gesichtszüge, die ich je gesehen habe – zierlich und zerbrechlich. Als ich in ihre Richtung schaue, sieht sie auf und blickt mich direkt an, als hätte ich ihren Namen gerufen. Für den Bruchteil einer Sekunde begegnen sich unsere Augen über die Menge hinweg.

  Verdammt.

  Meine Finger rutschen an den Saiten ab.

  Das ist ein untypischer Fehler – so untypisch, dass mir Aiden einen erstaunten Blick zuwirft. Verunsichert zwinge ich meine Aufmerksamkeit von der Frau weg und konzentriere mich wieder auf den Auftritt. Ich stürze mich auf mein Gitarrensolo und singe mit neuer Begeisterung. Trotzdem kann ich nicht verhindern, dass mein Blick in der kurzen Pause zwischen den Liedern zurück zur Theke wandert, um zu sehen, ob sie noch da ist.

  Ungewohnte Wut flammt in mir auf, als ich sehe, dass sich Adam einen Weg an ihre Seite gebahnt hat. Er begafft sie, als hätte er bereits Anspruch auf sie erhoben. Plötzlich will ich von der Bühne springen, zur Theke marschieren und ihn von ihr wegschubsen.

  Was zum Teufel ist denn jetzt los? Ich schüttle mich und bin angesichts meiner Reaktion auf eine Frau, die ich gar nicht kenne, vollkommen verwirrt. Eine beliebige Kellnerin hat dich nicht zu interessieren. Reiß dich zusammen.

  Ich rede mir ein, dass meine Wut nichts mit ihr zu tun hat. Mein Blut kocht deswegen, weil ich zusehen muss, wie sich dieser Mistkerl Adam überhaupt an
eine Frau heranmacht.

  Ich schaffe es, einen einigermaßen kühlen Kopf zu bewahren, während wir unsere letzten Lieder spielen, indem ich die seltsame Energie, die in mir brodelt, in die Musik umleite. Mein Körper ist voller Adrenalin und noch etwas anderem, das ich nicht kenne. Meine Finger fliegen über die Saiten, und meine heisere Stimme klingt so voll, wie sie es sonst nur tut, wenn ich allein in meiner Wohnung bin und an meinen eigenen Liedern arbeite – den Liedern, die ich mit niemandem teile.

  Das hier ist der beste Auftritt, den wir je hingelegt haben.

  »Ry, du warst heute Abend der Hammer!«, brüllt mir Lincoln ins Ohr, um das Gegröle der Menge zu übertönen, als wir von der Bühne gehen. »Du hast alle regelrecht elektrisiert!«

  Ich lasse den Blick über das Meer aus Fremden wandern und suche nach einem dunklen, unordentlichen Zopf, der mich abgelenkt hat, seit ich ihn zum ersten Mal erblickt habe. Ich würde ihn gern lösen, meine Finger in diesem Haar versenken, während ich …

  Ich schüttle den Kopf, um die unerwarteten unanständigen Gedanken loszuwerden, die in meinem Kopf auftauchen.

  »Wo ist diese Energie hergekommen?«, fragt Aiden.

  »Keine Ahnung«, lüge ich.

  »Was auch immer es war, weiter so! Wir haben noch nie so gut geklungen. Noch nie. Nicht mal, wenn Lacey gesungen hat.«

  »Er hat recht.« Lincoln schlägt mir auf den Rücken. »Und nun, meine Herren, gibt es ein paar wichtige Punkte, die unsere Aufmerksamkeit erfordern.« Er nickt in Richtung eines nahe gelegenen Tischs, an dem drei Frauen warten. Sie trinken Wodka Soda und verschlingen uns mit ihren Blicken. Ihre knappen Outfits und lockenden Blicke machen unmissverständlich klar, dass Sex heute Abend nicht nur eine Möglichkeit ist, sondern definitiv auf dem Programm steht.

 

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