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Midnight Chronicles 02 - Blutmagie

Page 18

by Bianca Iosivoni u . Laura Kneidl


  »Verschwinde endlich«, zischte Warden, den Kopf über meine Wunde gebeugt.

  Ich hob die Augenbrauen. »Hast du etwas gesagt?«

  »Nein, ich hab nur mit mir selbst geredet.«

  Okay … Unsicher ließ ich den Blick durch das Behandlungszimmer gleiten, an dessen Wänden sich klinisch weiße Regale und Schränke reihten. Doch außer uns war niemand hier. Aber wer wusste schon, was sich in Wardens Kopf abspielte.

  Schweigend ließ ich ihn seine Arbeit verrichten. Das einzige Geräusch war das Surren der Leuchtstoffröhren über unseren Köpfen.

  Ein paar Minuten später war Warden fertig, und ich betrachtete meine Wunde, die mir wohl kein Arzt ordentlicher hätte vernähen können. »Hast du das schon öfter gemacht?« Für eine Premiere war die Naht viel zu sauber gestochen.

  Warden stellte meinen Fuß auf sein Knie, damit er einen Verband um die Wunde legen konnte. »Ja, aber bisher nur bei mir.«

  »Du nähst dich selbst?«

  »Ich kann nicht jedes Mal in eine Krankenstation rennen, wenn ich verletzt werde.« Er zuckte mit den Schultern und befestigte die Mullbinde mit Tape. »Wie fühlst du dich?«

  »Etwas betrunken, aber schon viel besser.«

  Warden nickte und machte sich daran, aufzuräumen und unsere Spuren zu verwischen. Er fand eine Jogginghose, die der Tierarzt anscheinend für Notfälle in seiner Praxis aufbewahrte. Sie war mir viel zu groß, aber besser als nichts, zumal ich ohne Hose vermutlich in kein Taxi der Stadt hätte einsteigen dürfen. Warden bestellte uns eines, da ich mein Bein die nächsten Tage würde schonen müssen. Noch war mein Oberschenkel taub, aber schon bald würde das Lidocain aufhören zu wirken, und dann würde der Schmerz mit voller Wucht zurückkehren.

  Das Taxi parkte vor dem alten Friedhof am Calton Hill, und nachdem Warden den Fahrer bezahlt hatte, half er mir dabei, unbemerkt in mein Zimmer zu kommen.

  Vor meiner Tür blieben wir stehen. Wardens Haar war zerzaust von den unzähligen Malen, die er heute Abend genervt mit den Fingern hindurchgefahren war, und unter seinen Augen lagen dunkle Schatten, als hätte er eine lange Nacht hinter sich, dabei war es noch nicht einmal Mitternacht. Aber ich verstand, wie er sich fühlte. Ich war so ausgelaugt wie sonst nach einer Zwölf-Stunden-Patrouille.

  »Ich glaube, ab hier komme ich allein zurecht«, sagte ich und tippte den Code auf dem Tastenfeld ein, der meine Zimmertür entriegelte.

  »Gut«, erwiderte Warden und sah sich um, als befürchtete er, dass jeden Augenblick ein anderer Hunter um die Ecke biegen und uns dabei erwischen könnte, wie wir miteinander redeten. »Dann lasse ich dich jetzt mal in Ruhe.«

  Ich wollte gern noch etwas sagen, mich vielleicht sogar bedanken, aber Warden erweckte nicht den Eindruck, als wollte er irgendetwas davon hören. Also nickte ich nur, betrat mein Zimmer und ließ mich seufzend aufs Bett fallen. Dieser Abend war eine einzige Katastrophe gewesen, und abgesehen von dem Schmerz, den ich allmählich wieder zu spüren begann, war da dieses Ziehen in meiner Brust, das ich mir nicht so ganz erklären konnte.

  Kurz überlegte ich zu duschen, stellte aber schnell fest, dass ich dazu viel zu erschöpft war. Mein Kopf und meine Glieder fühlten sich so schwer an, als wären meine Adern mit Beton gefüllt. Ich schloss die Augen und nahm einen tiefen Atemzug, um zu vergessen, wie der heutige Abend gelaufen war. Es war zu spät, um daran etwas zu ändern, und mir blieb nichts weiter übrig, als nach vorne zu blicken …

  Ich musste eingenickt sein. Als ein Klopfen an meiner Tür erklang, schreckte ich hoch. Mist. Wie spät war es? Ich tastete nach meinem Handy und stellte fest, dass erst eine Viertelstunde vergangen war. Hatte uns doch jemand ins Quartier kommen sehen und an Grant verpetzt?

  Ich quälte mich von meiner Matratze und humpelte zur Tür. Doch der Flur vor meinem Zimmer war leer. Hatte ich mir das Klopfen nur eingebildet? Ich blinzelte und wollte die Tür gerade wieder schließen, als mein Blick auf etwas fiel, das am Boden lag. Ich bückte mich, um es aufzuheben. Es war eine Flasche Cola und ein Riegel meiner Lieblingsschokolade.

  Ich lächelte. Unglaublich, dass er sich daran noch erinnerte.

  Ich schlurfte zurück zu meinem Bett, schnappte mir mein Handy und öffnete im Messenger meinen Chat mit Warden. Die neuste Nachricht darin war bereits über drei Jahre alt. Ich schluckte. So lange hatten wir schon nicht mehr miteinander geschrieben. Es war an der Zeit, das Schweigen zu brechen.

  Cain: Danke für die Schokolade.

  Cain: Und für deine Hilfe heute.

  Cain: Wenn du irgendwann kein Hunter mehr sein willst, wärst du sicherlich ein hervorragender Arzt.

  Warden: Freut mich, dass du so denkst …

  Cain: Gute Nacht.

  Warden: Schlaf gut, Cain.

  18. KAPITEL

  Warden

  »Fass das nicht an«, ermahnte ich Shaw zum dritten Mal.

  Der Junge benahm sich wie ein Kleinkind in der Entdeckerphase. Alles wollte angefasst, betrachtet und studiert werden, aber meine Werkstatt war garantiert nicht der richtige Ort dafür, seine Neugierde auszuleben.

  Shaw zog seine Finger vom Ghostvision zurück. Ich schnappte mir den Apparat, den ich für Roxy modifizieren wollte, und stellte ihn auf meine Werkbank, die ich zuvor gründlich gereinigt hatte. Werkzeuge und Messgeräte lagen schon bereit, ebenso wie eine Kanüle mit Roxys Blut, wobei ich einiges davon bereits aufgebraucht hatte.

  »Wie läuft es mit deinem Training?«

  »Ziemlich gut. Ich hab ein paar Blood Hunter gefunden, die mir helfen. Und Finn ist jetzt auch wieder da, um mit mir zu üben.«

  »Er geht nicht mit Roxy auf Jagd?«

  »Doch, doch. Die beiden waren erst kürzlich in St. Andrews, einen Geist der Phase 4 erledigen, aber wie sich herausgestellt hat, war er keiner von den Wesen, die sie befreit hat«, antwortete Shaw, während er durch die Werkstatt spazierte. »Sie wird langsam nervös, weil wir jetzt schon so lange hier sind.«

  Ich schnaubte. Nervös war eine ziemliche Untertreibung. Roxy hatte mich vor vier Tagen, kurz nachdem ich Cain die Schokolade vorbeigebracht hatte, im Flur abgefangen und mir einen Vortrag darüber gehalten, dass ich gefälligst endlich das Teil zusammenbauen sollte, das ich ihr versprochen hatte. Und ich machte ihr keine Vorwürfe. Stünde mein Leben auf dem Spiel, würde ich wohl auch unruhig werden. Daher hatte ich die letzten Tage genutzt, um so viel wie nur möglich an dem Gerät zu arbeiten. Nicht zuletzt, weil ich Kevin eins auswischen wollte. Ihm gefiel es nicht, dass ich Roxy half, was nur ein Grund mehr für mich war, es zu tun. Er hatte mir den Schreck meines Lebens eingejagt, als er in der Gasse neben Cain aufgetaucht war. Einen Moment lang hatte ich wirklich geglaubt, der Todesbote wäre gekommen, um sie mir wegzunehmen. Dabei war er nur aus Langeweile dort gewesen. Doch die wenigen Sekunden der Ungewissheit hatten ausgereicht, um mich in blanke Panik zu versetzen.

  »Kann ich dir irgendwie helfen?«, fragte Shaw und spähte mir über die Schulter.

  »Du kannst mir die Werkzeuge angeben.«

  Er nickte entschlossen. Wenn es eine Person auf dieser Welt gab, die Roxy noch mehr helfen wollte als ich, war es Shaw. Und natürlich Finn.

  Konzentriert arbeiteten Shaw und ich an dem Apparat, wobei unser Schweigen nur von seinen gelegentlichen Fragen unterbrochen wurde. Er erkundigte sich nach meinem Vorgehen und welche Funktionen die einzelnen Komponenten hatten, die ich einbaute. Es dauerte den ganzen Nachmittag, aber schließlich war das Gerät tatsächlich für einen weiteren Probelauf bereit. Ich hoffte wirklich, dass es dieses Mal funktionierte.

  Vorsichtig schob ich einen der Teststreifen in das Gerät. Anschließend träufelte ich etwas von Roxys Blut darauf, das daraufhin analysiert wurde. Der Apparat surrte leise, während er die Daten verarbeitete. Dazu wählte er sich in verschiedenste Computer und Satelliten ein, welche von den Archivaren betrieben wurden oder gehackt worden waren, um sie sich für die Suche nach Kreaturen zu eigen zu machen. Gespannt starrte ich mein Handy an, das schließlich mit der Ankündigung einer neuen Nachricht vibrierte. Ich öffnete s
ie und studierte die Koordinaten, welche der Apparat mir geschickt hatte.

  Ich verzog die Lippen. »Okay, shit. Das funktioniert noch nicht.«

  Shaw schielte auf mein Handy. »Wieso nicht?«

  »Das sind die Koordinaten meiner Werkstatt. Offenbar reagiert das Blut auf sich selbst.«

  »Und was heißt das?«

  »Dass ich die Sensoren noch weiter verfeinern muss, damit Roxy nicht immer ihren eigenen Standpunkt angezeigt bekommt.«

  Ich hatte befürchtet, dass so etwas passieren könnte. Immerhin suchte das Gerät nach einer Energie, die jener von Roxys Fluch glich. Und im Moment war es noch so, als versuchte der Apparat, ein Flüstern ausfindig zu machen, während er kontinuierlich angeschrien wurde. Doch nach über acht Stunden in der Werkstatt fühlte sich mein Hirn matschig und mein Körper erschöpft an, und ich wollte nicht riskieren, etwas an der Maschine kaputt zu machen, daher packte ich sie ein und trug sie zurück an ihren Platz im Lager.

  Anschließend machte ich mich mit Shaw auf den Weg zurück ins Quartier, wo ich mit Wayne für eine Trainingssession verabredet war. Ich fragte Shaw, ob er sich uns anschließen wollte, aber er hatte bereits Pläne mit Roxy und Finn.

  Nachdem ich mich schnell in meine Sportkleidung geworfen hatte, erreichte ich mit einer Viertelstunde Verspätung die Trainingsräume.

  »Sorry«, begrüßte ich Wayne, der bereits am Rand der Matten auf mich wartete.

  Er sah von seinem Handy auf und legte es auf die Bank zu seinem Handtuch und seiner Trinkflasche, wo ich auch mein Zeug abstellte. »Kein Ding, ich hab eh noch mit Eva geschrieben.«

  »Die hab ich ewig nicht mehr gesehen. Wie geht es ihr?«

  Wir betraten die Matten und begannen uns aufzuwärmen, wobei ich die Bewegungen imitierte, die Wayne vorgab.

  »Gut. Theo und sie haben endlich ein Haus gefunden.«

  »Weiß sie schon, wann sie wieder zurückkommt?«

  Wayne schüttelte den Kopf und wirkte dabei nicht ganz glücklich. »Um ehrlich zu sein, glaube ich nicht, dass sie überhaupt zurückkommen wird. Sie scheint das Kämpfen nicht sonderlich zu vermissen.«

  Überrascht hob ich die Augenbrauen. Davon hörte ich zum ersten Mal. Früher waren Eva und Wayne für Cain und mich Vorbilder gewesen, obwohl die beiden nur ein paar Jahre älter waren. Und ich war immer davon ausgegangen, dass Eva die Jagd genauso sehr brauchte wie Cain. »Wie kommst du darauf?«

  »Sie liebt es, Mutter zu sein, und erzählt mir ständig, wie gefährlich Theos Arbeit als Polizist ist. Ich glaube, sie hat Angst davor, dass sie eines Tages beide nicht mehr von ihrer Schicht zurückkehren und Jeffrey dann ohne Eltern dasteht.«

  Diesen Gedanken konnte ich verstehen, aber …

  »Dann soll Theodor seinen Job an den Nagel hängen.«

  Wayne lachte. »Ich werde es ihr vorschlagen.«

  Wir waren fertig mit dem Aufwärmen und schnappten uns je zwei Dolch-Attrappen. Cain und ich hatten früher immer mit echten Waffen trainiert, obwohl das eigentlich nicht erlaubt war. Hin und wieder konnte ich Wayne ebenfalls dazu überreden, aber nur, wenn wir ganz allein in den Trainingsräumen waren, da er als Grants rechte Hand eine Vorbildfunktion besaß, die er sehr ernst nahm.

  »Weißt du schon, was du machst, wenn sie nicht zurückkommt?«, fragte ich und blockte mit meinem Dolch mehrere von Waynes Angriffen ab; dabei entstand ein rhythmisches Schlagen von Holz auf Holz.

  »Du meinst, ob ich mir einen neuen Kampfpartner suche?«

  Ich nickte.

  Eine schnelle Abfolge von Waynes Hieben und meinen Versuchen, sie abzuwehren, unterbrach unser Gespräch für ein paar Sekunden, ehe er den Faden wieder aufnahm. »Vermutlich. Wieso? Interesse?«

  Sich mit ihm zusammenzutun, würde bedeuten, meine Blood-Hunter-Karriere weitestgehend an den Nagel zu hängen. Zwar jagte Wayne hin und wieder auch Vampire und andere Kreaturen aus Fleisch und Blut, aber sein Können wurde vor allem für die Jagd nach Geistern benötigt. »Nope.«

  »Schade, dann werde ich mir wohl jemand anderen suchen müssen«, sagte Wayne und setzte zu einem weiteren Angriff an. »Vielleicht frag ich Cain …«

  »Fuck!« Wayne hatte meine Blockade durchbrochen und mich an der Schulter erwischt. Der Schlag tat weh, aber der Schmerz verklangt so schnell, wie er gekommen war. Seine Worte hallten wesentlich länger in mir nach. »Du willst Cains Kampfpartner werden?«, fragte ich verwundert. Nicht darüber, dass er sie grundsätzlich als Partnerin in Erwägung zog, das ergab Sinn, sondern vor allem darüber, wie sehr mir allein der Gedanke gegen den Strich ging.

  »Es würde sich irgendwie anbieten, meinst du nicht?«

  »Klar«, sagte ich mit einem hoffentlich beiläufigen Schulterzucken. Ich konnte nicht einmal sagen, warum mir die Vorstellung, die beiden könnten Partner werden, so bitter aufstieß, und eigentlich wollte ich es auch gar nicht wissen. Ich hatte das dumpfe Gefühl, dass mir die Antwort nicht gefallen würde.

  Wayne lachte. »Du solltest mal dein Gesicht sehen.«

  Ich versuchte, meine Miene zu entspannen. »Keine Ahnung, wovon du redest.«

  »Warden, ich weiß, dass ihr zusammen auf die Jagd geht.«

  »Ich wiederhole: Keine Ahnung, wovon du redest.«

  »Ich habe ihren Mantel gefunden.« Wayne ließ seine Übungswaffen sinken und betrachtete mich mit einem durchdringenden Blick, der mich ermahnte, ihn nicht weiter anzulügen. »In der Gasse, als ich hinter dir aufräumen sollte. Wofür du dich übrigens noch nicht bedankt hast.«

  »Danke.«

  Wayne schnaubte. »Das kannst du dir sparen. Erzähl mir lieber, was du dort mit Cain getrieben hast.«

  Ich trat dichter an Wayne heran. Für Zuschauer sah es mit den Waffen in der Hand vermutlich aus wie eine Konfrontation, doch ich wollte vermeiden, dass irgendjemand unser Gespräch belauschte. »Cain und ich sind auf der Suche nach Jules.«

  »Jules ist tot.«

  »Ich weiß. Aber Cain denkt, dass er noch am Leben ist.«

  »Wieso hilfst du ihr, wenn du vom Gegenteil überzeugt bist?«

  »Jules war der Letzte von uns, der Isaac gesehen hat. Finden wir eine Spur von ihm, finden wir hoffentlich auch Isaac. Oder zumindest einen brauchbaren Hinweis auf ihn«, erklärte ich, auch wenn das nur ein Teil der Wahrheit war. Isaac hätte ich genauso gut allein suchen können, so wie bisher.

  »Das heißt, ihr seid wieder Partner?«, fragte Wayne, ohne seinen Worten irgendeine Gewichtung zu geben.

  Das war einer der Gründe, aus denen er mein bester Freund war. Er verurteilte mich nicht wie Grant und viele der anderen Jäger. Er steckte mich in keine Schublade und tat mich nicht als rebellischen Verrückten ab, nur weil ich meine eigenen Methoden hatte, die Dinge anzugehen. Zwar ließ er mich immer mit deutlichen Worten wissen, wenn er anderer Meinung war, aber er akzeptierte meine Entscheidungen als das, was sie waren: meine Entscheidungen.

  Ich schüttelte den Kopf. »Nein, auf keinen Fall.«

  »Wieso nicht?«

  »Weil ich ihr nicht vertrauen kann«, antwortete ich und nahm wieder eine Kampfhaltung ein, um nicht nur untätig herumzustehen. »Sie hat mich im Stich gelassen, als ich sie am meisten gebraucht habe.«

  Wayne zog die Augenbrauen zusammen. »Hat sie das wirklich? Du warst derjenige, der nicht mehr ihr Partner sein wollte. Du hast sie fallen lassen, nicht andersherum.«

  »Ja, weil sie mich verraten hat.«

  »Hast du je mit ihr darüber geredet? Oder sie gefragt, warum sie es getan hat?«

  Sie hat es getan, weil ihr die Regeln wichtiger waren als ich.

  Für Jules war sie bereit, eben jene Regeln zu brechen, und das sagte mehr über Cains Gefühle für mich aus, als ich je hatte wissen wollen. Und dass ich ihr dennoch half, sagte wiederum mehr über meine Gefühle für sie aus, als ich mir eingestehen wollte.

  »Es ist egal, warum sie es getan hat. Es ist passiert. Ende der Geschichte.«

  Wayne wirkte, als wollte er noch etwas sagen, aber ich ließ ihn nicht zu Wort kommen, so
ndern ging mit meinen Dolchen auf ihn los.

  Die nächsten Minuten blieb uns beiden keine Zeit, zu reden oder auch nur nachzudenken, was mir ganz gelegen kam. Ich hatte in den letzten Tagen schon genug über Cain gegrübelt. Sie war wie ein Fluss, der sich durch mein Leben zog. Und irgendwie war es meinem damaligen Ich gelungen, einen Damm zu errichten, der sie genau aus diesem rausgehalten hatte. Doch nun hatte dieser Damm Löcher und Risse bekommen, die sich nicht so einfach wieder versiegeln ließen.

  Wayne und ich redeten nicht mehr über Cain oder Eva, sondern trainierten bis zur Erschöpfung. Bis mein Herz raste und meine Muskeln zitterten. Es war genau das, was ich gebraucht hatte und was mir hoffentlich später dabei helfen würde, schnell einzuschlafen, bevor ich wieder an den Fluss namens Cain denken musste und daran, was er alles mit sich reißen würde, sollte der Damm brechen.

  Zurück in meinem Zimmer nahm ich eine heiße Dusche, schaltete den Fernseher ein, der noch aus dem Haus meiner Eltern stammte, und warf mich aufs Bett. Wie jede Nacht, die ich nicht auf die Jagd ging, fühlte ich mich ein wenig schuldig, aber heute war einer dieser seltsamen Tage, an denen ich nicht in der Stimmung dafür war, Kreaturen zu töten. Das, was mit Cain geschehen war, hing mir noch immer nach. Es erinnerte mich zu sehr an das, was mit Dominique passiert war. Mir war klar, dass ich mit der Sache abschließen sollte. Nichts und niemand konnte sie zurückbringen, und Amelia war tot, Dominique somit gerächt. Aus irgendeinem Grund konnte ich trotzdem nicht aufhören, an sie zu denken, und ich hatte eine vage Ahnung, warum das so war …

  »Kevin?«, fragte ich in den leeren Raum und schaltete meinen Fernseher stumm. »Kevin? Kannst du mich hören?«

  Ich hatte ihn noch nie gerufen, aber ich hatte eine Frage, die nur er mir beantworten konnte. »Kev?«

 

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