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Midnight Chronicles 02 - Blutmagie

Page 32

by Bianca Iosivoni u . Laura Kneidl


  Ich schnaubte und ließ Cain los. »Ernsthaft, schon wieder? Du musst echt an deinem Timing arbeiten, Mann.«

  »Sorry! Finn hat gefragt, ob wir alle zusammen etwas essen gehen wollen. Aber wenn ihr euch lieber gegenseitig vernaschen wollt, haben sicherlich alle Verständnis dafür«, sagte Shaw mit einem amüsierten Grinsen.

  Ich schnaubte und sah Cain an. »Was denkst du?«

  »Ich denke, eine kleine Auszeit würde uns allen guttun.«

  Cain

  »Wie ist das passiert? Ich dachte, ihr hasst euch.« Finn starrte erst Warden, dann mich fassungslos an. »Ich versteh echt die Welt nicht mehr. Plötzlich ist Jules ein künstlich erschaffener Vampir, James am Leben und betreibt Forschung für Isaac und ihr seid wieder Kampfpartner – mit Vorzügen! Als Nächstes erzählt ihr mir wahrscheinlich, dass Roxy sich jetzt vegan ernährt.«

  »Ach, weißt du das noch nicht? Ich bin komplett auf Rohkost umgestiegen. Karotten sind die neuen Burger«, sagte Roxy, verzog dabei allerdings das Gesicht, als würde es ihr schon körperliche Schmerzen bereiten, ihr heiliges Fast Food nur zu verpönen, geschweige denn tatsächlich darauf zu verzichten. »Wo wir gerade von Burgern reden, können wir endlich bestellen?« Suchend sah sie sich nach der Kellnerin um.

  Wir waren im Espy, einem gemütlichen Restaurant, das an der Strandpromenade von Portobello lag. Mit dem Rauschen des Meeres im Ohr schmeckte das Essen doppelt so gut. Wir waren eine ziemlich große Runde mit Roxy, Shaw, Finn, Ella, Owen, Warden und mir und hatten daher einen der runden Tische bekommen, von denen aus man auf den Strand und die Wellen blicken konnte. Beziehungsweise hätte blicken können, wäre es nicht so dunkel gewesen.

  Roxy winkte eine Kellnerin heran, und wir bestellten unser Essen.

  »Ich habe noch immer keine Antwort bekommen«, sagte Finn mit Nachdruck und nippte an dem kostenlosen Wasser, das man uns auf den Tisch gestellt hatte.

  Ich sah zu Warden, der neben mir saß, eine Hand auf meinem Knie. Das erste Mal, seit wir seinen Vater gefunden hatten, wirkte er wirklich entspannt. Dasselbe konnte ich von mir nicht behaupten, aber vielleicht würden ein paar Cocktails helfen. »Nach der Gedenkfeier für Jules und Floyd bin ich losgezogen, um Jules zu suchen, da ich nicht an seinen Tod geglaubt habe. Warden hat mir geholfen. Dabei haben wir erkannt, was für ein gutes Team wir sind, und uns ausgesprochen.«

  Skeptisch hob Finn die Brauen. »Das ist alles?«

  »Mehr oder weniger.«

  »Aber jetzt mal ehrlich …« Shaw beugte sich über den Tisch und ließ den Blick von Warden zu mir und wieder zurückwandern. »Wer küsst besser? Cain oder ich?«

  Irritiert hob ich eine Augenbraue. Das war nicht das erste Mal, dass Shaw etwas in diese Richtung andeutete …

  Warden schnaubte. »Du kennst die Antwort darauf.«

  »Mhm, ich natürlich.« Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Hab ich mir schon gedacht. Sorry, Cain«, fügte er augenzwinkernd hinzu.

  »Wann habt ihr zwei euch geküsst?«, fragte Owen und nippte an seinem Bier.

  Es freute mich, dass er mitgekommen war. Ich hatte ihn die letzten Male in unserer Runde vermisst, und es war schön zu sehen, dass Ella und er ihre Unstimmigkeiten offenbar hatten beilegen können.

  »In London. Aber nur aus Spaß, weil Shaw doch keine Erinnerung hat und noch versucht herauszufinden, auf was oder wen er steht«, sagte Warden, wobei sein Blick wenig diskret in Roxys Richtung zuckte, die auf einmal ein unglaubliches Interesse an ihrer Serviette zu entwickeln schien.

  »Konntest du in den letzten Wochen denn etwas über deine Vergangenheit herausfinden?«, fragte Ella.

  Shaw wurde ernst und schüttelte den Kopf.

  »Tut mir leid, dass ich dir nicht mehr helfen konnte.«

  »Schon in Ordnung. Das mit dem Café war ein guter Hinweis. Aber entweder bist du die Einzige, die mich dort bemerkt hat, oder du hast mich mit einem Typen verwechselt, der mir einfach sehr ähnlich sieht.«

  Ella erwiderte nichts, aber die kleine Furche auf ihrer Stirn zeigte deutlich, dass sie nicht glaubte, sich getäuscht zu haben. Genauso wenig wie ich. Sie hatte ein ziemlich gutes Gedächtnis, wenn es um Gesichter ging, zumal sie mit ihrem Seelenblick auch die Aura einer Person sah und ihre Farben mit dem entsprechenden Gesicht verknüpfen konnte. Das machte Menschen für sie eigentlich unverwechselbar.

  »Hast du dich mal an der Universität umgehört?«, erkundigte sich Warden.

  »Ja, da bin ich noch dran, aber wie du weißt, hatte ich auch noch andere Dinge zu tun.«

  Warden nickte.

  Es interessierte mich, wie die Jagd mit dem Ghostvision verlief, aber ich verkniff mir die Frage, da Owen und Ella nichts von der brenzligen Lage wussten, in der Roxy sich befand.

  Ich sah zu Finn. »Wisst ihr schon, wie lange ihr noch in Edinburgh bleibt?«

  »Nur noch ein paar Tage.«

  »Wo geht es anschließend hin?« Die Frage kam von Ella.

  »Das wissen wir noch nicht«, antwortete Roxy ausweichend und zuckte mit den Schultern. »Vielleicht zurück nach London, vielleicht auch nicht.«

  Die Kellnerin kam mit unserer Bestellung zurück an den Tisch. Das Essen sah fantastisch aus, und ich mopste mir sofort eine Pommes von Wardens Teller. Ich selbst hatte mir die Mac ’n’ Cheese bestellt und wollte gerade den ersten Bissen nehmen, als mein neues Handy signalisierte, dass ich eine Nachricht bekommen hatte. Sie konnte nur aus dem Quartier stammen, da all meine Freunde bei mir saßen.

  Mich beschlich ein ungutes Gefühl, und ich griff nach meiner Tasche, als plötzlich auch Wardens Handy vibrierte, gefolgt von Ellas, Owens und schließlich auch Roxys und Finns.

  »Was zur Hölle?«, fragte Shaw, den Mund voller Essen.

  Kaum dass ich die Nachricht geöffnet hatte, gefror mir das Blut in den Adern.

  NOTFALL! Das Quartier wird von Vampiren angegriffen!!

  30. KAPITEL

  Warden

  Auf der Straße vor dem Friedhof, die zum Calton Hill führte, herrschte erschreckende Stille. Normalerweise wimmelte es hier von Touristen, aber nun war der Platz leer, beinahe so, als würden sie die Gefahr, die unter unseren Füßen lag, erahnen.

  »Seid ihr bewaffnet?«, fragte ich die anderen.

  »Immer«, erwiderte Roxy und berührt das blaue Amulett der Stufe 5, das um ihren Hals baumelte und bei der Berührung hell aufleuchtete, als wollte es zeigen, dass es bereit war, ein paar Vampire zu vernichten.

  Cain hatte bereits ihre Khukuri gezückt, Owen zwei Schlagringe mit spitzen Stacheln angelegt, und Shaw hielt eine Pistole in der Hand. Ellas Amulett der Stufe 4 saß in der Form eines Rings an ihrem Finger.

  »Dann los!« Ich marschierte voraus, durch das gusseiserne Tor, meine Schritte im Gleichklang mit meinem Herzschlag.

  Cain war direkt an meiner Seite, und gemeinsam betraten wir den Friedhof. Sie sicherte die linke, ich die rechte Seite, ehe wir uns Grabstein für Grabstein bis zum Eingang des Quartiers vorarbeiteten, um sicherzugehen, dass nicht hier bereits Vampire lauerten.

  »Shit«, fluchte Cain.

  Die steinerne Tür, die den Aufzug schützte, war zerschmettert. Davor lag ein junger Mann, ein Hunter, dem offensichtlich das Genick gebrochen worden war. Anstelle des Aufzugs, der für gewöhnlich hinter dem Gestein wartete, klaffte ein Loch. Dumpfe Geräusche – einzelne Schreie und Hilferufe – drangen aus dem Untergrund.

  Cain tippte eilig ihren Sicherheitscode ein, um den Aufzug zu rufen, aber er kam nicht. Sie versuchte es erneut – mit demselben Ergebnis. »Sieht aus, als müssten wir nach unten klettern.«

  Ich nickte und stieg als Erster in den Schacht. Es gab eine schmale Leiter aus Metall, die nach unten führte. Mit jedem weiteren Meter wurde der Geruch nach Rosmarin und Blut intensiver. Es drehte mir den Magen um, aber die Übelkeit war nichts im Vergleich zu dem brennenden Verlangen, die Vampire bereuen zu lassen, hierhergekommen zu sein.

  Ich sprang die letzten Meter von der Leiter auf das Dach des Aufzugs, der an dieser Stelle hängen geb
lieben zu sein schien. Cain war dicht hinter mir, gefolgt von den anderen. Meine eigene wilde Entschlossenheit spiegelte sich in ihren Gesichtern wider. Ich nickte, und Owen öffnete die Luke im Dach des Fahrstuhls.

  »Oh, shit!«, fluchte Shaw.

  Im Aufzug lag ein Berg Leichen. Ich entdeckte Florence und Carl, zwei Magic Hunter, und Floyds Mum, deren Namen ich vergessen hatte, aber die ich von seiner Gedenkfeier wiedererkannte. Ihre leblosen braunen Augen starrten mich an. Dies war das wahre Gesicht der Vampire, ihre wahre Natur. Egal wie zivilisiert sie sich zeigten, egal wie kultiviert sie wirkten, in ihrem Herzen waren sie alle Monster.

  »Bitte sagt mir, dass wir da nicht draufsteigen müssen«, kam es von Ella.

  Cain verzog die Lippen, was Antwort genug war.

  Ich erbarmte mich und ging als Erster. Vom Rand der Luke ließ ich mich langsam, sehr langsam nach unten gleiten, um möglichst sanft auf den Körpern aufzukommen. Dennoch gab ihr weiches Fleisch unter meinen Stiefeln nach.

  Fuck!

  Vorsichtig stieg ich von dem Haufen und sicherte die Tür. Wohin ich auch sah, entdeckte ich Tote. Das Einzige, was mich beruhigte und mir Hoffnung gab, war, dass sich unter den Leichen mindestens doppelt so viele Vampire wie Hunter und Archivare befanden. Das Klirren von Waffen und das Geräusch dumpfer Faustschläge drangen an mein Ohr, und meine Muskeln zitterten in Erwartung des Kampfes.

  Ich half Cain, Ella und Roxy zu mir zu kommen, anschließend folgten Owen, Shaw und Finn. Vermutlich verfluchte Letzterer sich dafür, seinen Familienurlaub nicht noch etwas in die Länge gezogen zu haben. Aber ich war froh, dass er es nicht getan hatte. Er war ein verdammt guter Grim Hunter, und so wie die Lage aussah, konnten wir ihn gebrauchen.

  »Wir sollten zuerst zur Waffenkammer«, sagte Cain.

  Dagegen hatte keiner Einwände zu erheben.

  Offenbar waren die Kämpfe auf dieser Ebene des Quartiers bereits beendet, denn wir erreichten die Waffenkammer ohne Zwischenfälle. Sie war schon ziemlich ausgebeutet, und ich konnte nur hoffen, dass sich andere Hunter eingedeckt hatten und nicht die Vampire. In Windeseile statteten wir uns mit dem aus, was noch da war. Ich schnappte mir zwei Macheten, und Shaw nahm sich eine alte Schrotflinte aus einer der Vitrinen. Cain bestückte sich mit weiteren Messern und uns alle mit Pfefferspray und Tränengas.

  Dann machten wir uns gemeinsam auf den Weg, um nachzusehen, wo unsere Hilfe benötigt wurde.

  Die Tür zum Treppenhaus wurde vom Körper eines durchlöcherten Vampirs aufgehalten. Die Rufe und Schreie erklangen hier lauter, ebenso wie das Fauchen und Zischen der Vampire.

  Wir erreichten die zweite Etage, auf der sich unter anderem die Cafeteria und die Gemeinschaftsräume befanden. Auch hier herrschte Chaos und Verwüstung. Türen waren aus den Angeln gehoben und Tische umgestoßen worden, und von irgendwoher kreischte laut Musik aus einer Stereoanlage, die zusammen mit den Kampfgeräuschen zu einer schrecklichen Hintergrundkakofonie verschmolz.

  Aufmerksam folgten wir dem Gang in Richtung der Auseinandersetzungen, als plötzlich ein Vampir aus einem der Räume sprang. Sein Mund war blutverschmiert. Er machte einen Satz auf unsere Gruppe zu, aber gegen Cain und mich, die an der Spitze liefen, hatte er keine Chance. Binnen Sekunden sackte sein Körper zwischen uns zu Boden. Doch sein Tod verschaffte mir keine Befriedigung. Er fühlte sich nicht an wie ein Sieg, sondern erst wie der Anfang.

  Wir gingen weiter und entdeckten zwei tote Archivare, die Waffen noch in den Händen, die es nicht geschafft hatten, den Vampiren zu entkommen. Wir nahmen ihre Dolche an uns, womöglich würden sie uns später das Leben retten.

  Plötzlich schrie Ella hinter mir auf. »Oh mein Gott!«

  Alarmiert packte ich meine Macheten fester, als sie an mir vorbeistürzte, direkt auf einen Körper zu, der mitten im Gang am Boden lag. Es dauerte einen Moment, bis ich erkannte, dass es Wayne war, der dort in einer Lache seines eigenen Bluts lag. Tiefe Kratzer überzogen sein geisterhaft blasses Gesicht, und an seinem Oberschenkel klaffte eine große Fleischwunde. Sein Bein war auf eine Art und Weise verdreht, wie ich es noch nie gesehen hatte. War es überhaupt noch Teil seines Körpers?

  Ella war vor ihm auf die Knie gesunken und berührte seine Schulter. »Wayne!«

  Ich hielt den Atem an.

  »Wayne … wach auf!«

  Er rührte sich. Erst nach ein paar Sekunden öffnete er stöhnend ein Auge, das andere war blau und zugeschwollen. Eine Verletzung, die bei einem Blood Hunter eigentlich umgehend heilen sollte, aber wenn zu viele lebensbedrohliche Wunden zusammenkamen, verlangsamte das unsere Regenerationsfähigkeit.

  »Wayne«, wiederholte Ella noch einmal und umfasste sein Gesicht mit beiden Händen. »Hörst du mich?«

  »Ja«, krächzte er. Seine Stimme war schwach und gebrochen und kaum wiederzuerkennen. Seine Lider flatterten, als stünde er kurz davor, erneut das Bewusstsein zu verlieren.

  »Bleib wach! Wir bringen dich hier raus.« Ella schob einen Arm unter seine Schultern. Ihre Hände zitterten. Es brach mir das Herz, mit anzusehen, wie sie versuchte, ihn aufzurichten. Aber sie war zu schwach und er nur ein lebloser Klumpen Fleisch in ihren Händen. Dabei konnten wir uns nicht einmal sicher sein, ob das, was sie vorhatte, etwas brachte oder ihn nur unnötig quälte.

  »Owen, hilf mir!« Tränen rannen Ella über das Gesicht, und ich konnte spüren, wie auch hinter meinen Augen der Druck größer und die Enge in meiner Brust fester wurde.

  Owen trat vor, den Kiefer angespannt, und hob Wayne in einer einzigen fließenden Bewegung vom Boden auf, als wäre er ein Kind und kein ein Meter neunzig großer, muskelbepackter Hunter.

  »Wir bringen ihn raus und kommen dann zurück«, sagte Owen und wollte sich gerade abwenden, als sich Wayne in seinen Armen noch einmal regte. Seine Lippen teilten sich, und ich entdeckte Blut an seinen Zähnen. Das war kein gutes Zeichen.

  »Iiiiisaaa…«

  Ich trat näher an ihn heran. »Was hast du gesagt?«

  Er schluckte schwer. »I… Isaac.«

  »Isaac?«

  Wayne nickte, ein kaum sichtbares Zucken seines Kopfes. »Hier.«

  Ich erstarrte. »Isaac ist hier?«

  Er nickte erneut.

  »Wir müssen jetzt gehen«, drängte Ella.

  Ich sah Ella, Owen und Wayne kurz nach, dann wandte ich mich wieder den anderen zu. Cain weinte nicht, aber ich konnte die Tränen in ihren Augen schimmern sehen, doch anders als bei Ella waren es keine der Trauer und Angst, sondern der Wut.

  »Er muss wegen Jules hier sein«, sagte sie.

  Ich nickte. Alles andere wäre ein zu großer Zufall. Er wollte den künstlich erschaffenen Vampir zurück, den wir aus seinem Labor entwendet hatten.

  »Wenn das so ist«, warf Finn ein, »dann sollten wir besser nach unten. Früher oder später wird Isaac bei den Zellen auftauchen, um sich Jules zu schnappen.«

  Niemand in der Gruppe widersprach, also setzten wir uns wieder in Bewegung und liefen zurück zum Treppenhaus. Wir sprinteten die Stufen nach unten, vorbei an der dritten Etage bis hinunter zur vierten, als plötzlich schrilles Schreien und lautes Weinen zu hören waren.

  Cain erstarrte so urplötzlich mitten in der Bewegung, dass Shaw beinahe in sie hineingerannt wäre. Panisch sah sie zu mir auf. »Das sind die Kinder! Wir müssen ihnen helfen!«

  Ohne zu zögern, stürzten wir aus dem Treppenhaus zu den Wohnräumen.

  Hier waren die Kämpfe noch in vollem Gange. Wir entdeckten mehrere Hunter, die an den verschiedensten Stellen in den Fluren und Räumen gegen die Vampire kämpften. Wir folgten dem Kindergeschrei. Offenbar hatte man versucht, sie in einer der Wohnungen in Sicherheit zu bringen, aber die Vampire hatten sie aufgespürt.

  Es waren mindestens ein Dutzend von ihnen, die versuchten, eine Wand aus sechs erwachsenen Huntern zu durchbrechen, um an die Kinder zu gelangen. Darunter auch Xavier, der Leiter der Blood Hunter, und Ronja, eine Grim Huntress, die verzweifelt versuchten, ihre Kinder zu beschützen. Blut tropfte ihr von der Stirn, und ihre Kleidung war an unz�
�hligen Stellen zerfetzt, als wäre sie heute schon einmal in die Klauen der Vampire geraten. Die Kinder in ihren Rücken klammerten sich aneinander und weinten in Todesangst.

  »Wir müssen ihnen helfen«, sagte Cain, doch Roxy hielt sie mit einer Bewegung ihres Armes zurück und trat vor.

  Sie hatte ihr Amulett berührt, und die Luft war erfüllt vom Knistern der Magie, die sich in blauen Fäden um ihre Finger wickelte. »Finn, Shaw und ich kümmern uns darum, geht ihr Jules und Isaac suchen. Sie dürfen nicht entkommen.«

  Cain zögerte. »Seid ihr euch sicher?«

  Finn verzog den Mund zu einem grimmigen Lächeln. »Wir schaffen das. Und sobald wir hier fertig sind, kommen wir nach und helfen euch mit Isaac.«

  »Passt auf euch auf«, sagte ich, bevor Cain noch etwas erwidern konnte, denn uns blieb keine Zeit zu diskutieren. Ich packte sie an der Hand und zerrte sie mit mir zurück in Richtung des Treppenhauses, während sich die anderen drei in den Kampf gegen die Vampire stürzten.

  In der fünften Etage roch es nach Rauch. Dunkle Schwaden waberten aus der Richtung, in der Grants Büro lag, über den Flur. Die Angst schien hier unten noch dichter zu sein als in den Ebenen über uns, denn hier befand sich die Krankenstation mit den Verletzten, und auch die Archivare, von denen die wenigsten im Kampf ausgebildet waren, hatten auf diesem Stock ihren Sitz.

  Vorsichtig schlichen Cain und ich vorwärts und sicherten auf dem Weg zu den Arrestzellen einen Flur nach dem anderen. Jeder Muskel in meinem Körper war angespannt, und ich hörte das Rauschen des Blutes in meinen Ohren.

  Wir wollten gerade in einen neuen Gang einbiegen, als Alessandra um die Ecke gestürzt kam, dicht gefolgt von einem Vampir. Als sie uns entdeckte, stolperte sie fast, beschleunigte dann jedoch ihre Schritte wieder und hielt direkt auf uns zu. »Hilfe!«

  Cain rannte los und warf sich zwischen Alessandra und den Vampir. Er versuchte sie zu fassen, aber Cain packte seinen Arm und verdrehte ihn mit voller Kraft. Er schrie auf und wirbelte zu ihr herum, doch sie fing seine Faust ab. In einem Sturm aus Hieben und Stichen umtanzten die beiden einander, bis es Cain gelang, die Klinge eines ihrer Khukuri durch sein Herz zu rammen. Der Vampir sackte zu Boden.

 

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