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Love is Wild – Uns gehört die Welt (Love-is-Reihe 3): Roman (German Edition)

Page 14

by Engel, Kathinka


  Wieder lacht sie, und diesmal zuckt Richard theatralisch zusammen und verzieht den Mund. »Neulich hat sie ein ganzes Restaurant mit ihrer mathematischen Forschung unterhalten. Oder, besser gesagt, gestört, wenn man ehrlich ist.« Er grinst mich blöde an, als würde er sich mit mir verbünden wollen.

  »Witzig«, sage ich und spüre, wie die Enge in meinem Hals zurückkehrt. Da kommt mir eine Idee. »Du, Jacob, du bist doch Arzt, oder?«

  Jacob dreht sich überrascht zu mir um, lächelt mich an. Es ist ein erstaunliches Lächeln. Eins, das sein gesamtes Gesicht ausfüllt. Eins, das auf mich überzugehen scheint.

  »Ich bin kein Allgemeinmediziner, wenn du das meinst. Ich bin Therapeut.«

  »Aber kennst du dich mit Geschwüren und so aus?«

  »Also, nicht fundiert …«

  »Hm.«

  Richard erhebt sich und geht nach drinnen. Das Schlucken fällt mir augenblicklich etwas leichter. Denn wenn ich Richards dumme Schönlingsfresse sehe, kommt zur Enge innen auch noch das Gefühl von zwei Händen hinzu, die meine Kehle von außen zudrücken.

  »Ist alles in Ordnung?«, fragt Jacob.

  »Ja, ja. Alles super.«

  Aber in seinem Blick ist etwas, das bewirkt, dass ich mit ihm sprechen will. »Ich habe manchmal Schluckbeschwerden. Das ist alles.«

  »Vielleicht solltest du das mal abchecken lassen«, schlägt er vor. »Seit wann hast du das?«

  »Schon eine Zeit lang.« Ich zucke mit den Schultern.

  »Wird es schlimmer?«

  Ich schüttle den Kopf. »Nein, das nicht. Es kommt und geht. Manchmal ist es komplett weg.«

  »Und Halsschmerzen sind es nicht? Hmmm … Vielleicht bist du gegen irgendwas allergisch? Wann treten die Beschwerden denn auf?«

  Einen Moment lang denke ich nach. »Wenn es mir sowieso nicht gut geht.«

  »Körperlich?«

  Der Kloß wird wieder dicker, und ohne dass ich es will, schüttle ich den Kopf.

  »Vielleicht solltest du mal mit jemandem sprechen«, schlägt Jacob vor.

  »Was soll das denn heißen?«

  »Viele meiner Patienten haben körperliche Symptome, die verschwinden, wenn sie ihre psychischen Schwierigkeiten in den Griff bekommen haben.«

  »Schlägst du vor, ich soll einem Seelenklempner meine Lebensgeschichte vorheulen?« Mir entfährt ein Schnauben. »Glaubst du, ich bin gestört, oder was?«

  »Nein.« Seine Stimme ist ganz ruhig, und er lächelt einfach weiter.

  »Okay, gut, sonst hätten wir ein Problem«, sage ich, erhebe mich und setze mich zu Link und Jasper – nicht ohne Jacob vorher einen verächtlichen Blick zuzuwerfen. Doch er hat die Arme vor der Brust verschränkt – und lächelt. Immer noch.

  Bald darauf muss erst Maya und wenig später auch Weston ins Bett gebracht werden. Charlie und Con verabschieden sich, ebenso Lula und Annabella. Ich sehe, dass Richard sich Hilfe suchend nach Amory umsieht. Er wittert seine Chance, endlich ins Bett zu kommen.

  Es gehört wirklich einiges dazu, sich in einer Gruppe, in der jeder genau das ist, was er will, unwohl zu fühlen. Jeder außer mir, fällt mir auf, denn ich habe den Abend damit verbracht, an diesem Hindernis in meinem Hals vorbeizuschlucken und mich davon abzuhalten, erst Richard und dann auch ein kleines bisschen Jacob aufs Maul zu hauen.

  Um kurz nach drei Uhr nachts verabschieden auch wir uns und machen uns auf den Weg nach Hause. Zu Fuß, weil Richard gerne Taxi fahren möchte und ich nicht einsehe, dass er seinen Willen bekommt. Ich laufe voraus, Amory und Richard hinterher. Durch die nächtlichen Straßen Tremés.

  »… manchmal ein bisschen zurückhalten«, sagt Richard gerade zu Amory. Und wie schon den ganzen Abend lang, zwinge ich mich auch jetzt, cool zu bleiben. Es ist nicht leicht, aber ich versuche angestrengt, meine Aufmerksamkeit auf die Dinge vor mir zu lenken. Auf den kaputten, teilweise aufgebrochenen Fußweg, auf die Schlaglöcher. Auf die verbeulten Autos – eines von ihnen steht auf Ziegelsteinen, weil es keine Räder mehr hat. Auf die Mülltonnen in den Vorgärten, auf das leichte Frösteln, das mich überkommt, weil ich keine Lust habe, meine Jacke anzuziehen.

  Ich bin beinahe beeindruckt von mir selbst. Wie ruhig ich bleibe. Den ganzen Abend schon. Wie ich mich einfach abgewendet habe, als es in mir zu brodeln begann. Als hätte ich mir selbst diesen Abend und den Frieden in diesem Augenblick gegönnt. Demnächst wird es aus mir herausbrechen. Es wird eine Erleichterung sein. Aber nicht heute Abend.

  Die Müdigkeit, die Hochstimmung nach unserem Gig – was auch immer es ist, es gestattet mir einen privaten Moment der Ruhe. Ruhe, während Richard labert. Ruhe, während Amory viel zu still ist. Ruhe während eines betrunkenen Streits, während des Knatterns eines Mopeds. Ruhe, während wir begleitet von Polizeisirenen Tremé hinter uns lassen und unter der Interstate 10 hindurchgehen. Ruhe, während aus der Ferne ein neues Geräusch an meine Ohren dringt. Schrappschrappschrapp. Eines, das meine Eingeweide erfrieren lässt. Schrappschrappschrapp. Eines, das mein Herz zu Stein und meine Kehle zu einem Nadelöhr werden lässt. Schrappschrappschrapp. Es ist noch ganz leise, kaum hörbar, und doch stellen sich mir die Nackenhaare auf. Schrappschrappschrapp. Ich beschleunige meinen Gang, als würde mich etwas nach Hause zerren. Schrappschrappschrapp. Eine größere Macht.

  »Curtis?«, höre ich Amorys Stimme. Doch sie scheint ebenso fern zu sein wie das drohende Geräusch.

  Schrappschrappschrapp. Dieses ratternde, schabende Peitschen, das mir durch Mark und Bein geht. Schrappschrappschrapp. Das mir die Luft abschnürt.

  Ich werde noch schneller, als ich in unsere Straße einbiege. Nur noch zwei Blocks. Zu dieser späten Stunde ist abseits der Bourbon Street abgesehen von ein paar Verirrten nichts mehr los. Schrappschrappschrapp.

  Vor meinem inneren Auge bin ich auf einmal wieder zehn Jahre alt. Warte bei meiner Großmutter auf die Rückkehr meiner Eltern. Höre das tackernde Dröhnen, das seit Tagen und noch tagelang von der Stadt Besitz ergriffen hat. Schrappschrappschrapp. Warte und warte, höre und höre. Warte noch etwas mehr.

  Stecke den Schlüssel ins Türschloss, öffne sie, steige die Stufen nach oben. Warte und höre. Schrappschrappschrapp. Und lausche und hoffe.

  »Curtis!«, sagt Amory mit mehr Nachdruck. Jedoch leise genug, um niemanden zu wecken.

  Das Geräusch wird lauter. Kommt näher. Schrappschrappschrapp. Man hört es durch die Hauswand, durch die Türen, durch die Fenster. Es ist in der Luft, es ist überall.

  »Gute Nacht«, murmle ich, einfach nur, um ein bisschen Normalität zu heucheln. Einfach nur, um Amory zu beruhigen. Um vor Richard nicht wie der absolute Loser dazustehen. Gestört, kommt es mir in den Sinn. Schrappschrappschrapp.

  Ich schlage meine Zimmertür zu, lasse mich auf mein Bett sinken. In völliger Dunkelheit. Das Geräusch ist mir hierher gefolgt. Schrappschrappschrapp. Es lässt mich nicht in Ruhe. Schrappschrappschrapp. Es ist allgegenwärtig. Schrappschrappschrapp . Es ist in mir und um mich herum. Schrappschrappschrapp. Es füllt mich aus, dehnt sich aus.

  Ich stütze meinen Kopf in meine Hände, presse die Handballen auf meine Augen, bis ich Sterne sehe.

  21

  Amory

  Ich liege neben Richard im Bett. Das Geräusch des Helikopters ist immer noch nicht verstummt. Er fliegt den Fluss hinauf und hinunter. Wahrscheinlich vermuten sie, jemand ist ins Wasser gefallen oder gesprungen. Mein Herz klopft schnell. Obwohl diese Nacht schon bald von einem neuen Morgen abgelöst wird, kann ich nicht einschlafen. Richards Atemzüge werden regelmäßiger. Zum ersten Mal, seit wir miteinander ausgehen, bin ich froh darüber, dass er wenig sexuelle Initiative zeigt. Denn eigentlich warte ich nur darauf, dass er endlich tief genug schläft.

  Vor meinem inneren Auge sehe ich Curtis. Wie er seine Schritte beschleunigt, wie er mit zitternden Fingern die Wohnungstür aufschließt. Höre sein hektisches Schnaufen, dann seine Zimmertür. Ich weiß, dass er dieses Geräusch nicht erträgt. In den Wochen nach Katrina umkreisten zu jeder Tages- und Nachtzeit Helikopter die Stadt auf der Suche nach Überlebenden. Überlebenden, die seine Eltern hätten sein können.

  Schon einmal habe ich erlebt, wie er ein
fach zusammengeklappt ist, als er dieses Brummen vernahm. Es war, kurz nachdem er hier eingezogen war. Wir sahen einen Film, und auf einmal wurde sein Atmen zu einem Keuchen, sein Blick starrte ins Leere. Er legte die Hände auf seine Ohren, murmelte irgendwas und ging in sein Zimmer. Vor Sorge lief ich ihm nach, setzte mich neben ihn und hielt seine Hand. Sein Kopf lag auf meiner Schulter. Und als das Geräusch endlich verstummt war, konnte ich meine Finger nicht mehr bewegen, so fest hatte er zugedrückt.

  Richard atmet durch den Mund ein, schnarcht, verschluckt sich fast und dreht sich leise schmatzend auf die Seite. Und ohne dass ich wirklich den Befehl dazu gegeben hätte, schwinge ich vorsichtig meine Beine aus dem Bett. Um jeden Preis will ich verhindern, dass er aufwacht. Ich möchte keine Fragen beantworten. Warum stehle ich mich mitten in der Nacht weg, noch dazu zu meinem Mitbewohner? Was ist mit ihm? Warum mache ich es zu meiner Angelegenheit?

  Meine Tür quietscht leise, aber es gelingt mir, aus dem Zimmer zu schlüpfen, ohne dass Richards Atemzüge flacher werden. Auf Zehenspitzen schleiche ich durch den Flur. Hilbert kommt angetrottet, streicht an meinem Bein entlang und maunzt leise.

  »Nicht jetzt, Süßer«, flüstere ich und streichle ihm zum Trost einmal über seinen weichen Rücken.

  An Curtis’ Tür klopfe ich zaghaft, doch ich erhalte keine Antwort von drinnen. Ebenso vorsichtig, wie ich mein Zimmer verlassen habe, trete ich nun in sein Reich ein. Als ich ihn erblicke, schlucke ich.

  »Oh, Curtis!«, sage ich, und meine Stimme bricht beinahe.

  Er sitzt wieder auf dem Rand seines Betts, den Kopf in die Hände gestützt, und wiegt sich vor und zurück.

  Sofort sehe ich, dass er es nicht einmal geschafft hat, sein Fenster zu schließen. Nicht, dass das einfache Glas wirklich viel ausrichtet, aber einen kleinen Unterschied macht es. Mit zwei großen Schritten bin ich beim Fenster, ziehe es entschlossen zu, als könnte ich die Dämonen damit aussperren. Dann bin ich bei ihm, setze mich neben ihn. Ich streiche ihm über seinen Rücken. Das T-Shirt ist nass geschwitzt, doch das ist mir egal. Ich murmle beruhigende Worte, die vermutlich noch niemandem je geholfen haben.

  »Alles wird gut. Es ist nichts. Bald ist es vorbei. Siehst du, es wird leiser. Sie fliegen weg. Sie haben, was sie gesucht haben.« Dann wird das Geräusch allerdings wieder lauter.

  »Fuck«, sagt Curtis tonlos, und ich schlinge meine Arme um ihn.

  Ich weiß nicht einmal, ob es ihm hilft, dass ich da bin, aber als ich meine Position nur leicht verändere, versteift er sich augenblicklich und krallt seine Finger in meinen Arm.

  »Ich geh nicht weg«, sage ich. »Ich bleibe bei dir, solange du willst.«

  Ein Laut, der klingt wie eine Mischung aus Stöhnen und Röcheln, entweicht ihm. Ich interpretiere es als Dankbarkeit und streiche ihm wieder und wieder über den klammen Rücken. Seinen Nacken. Seine Haare. Über seine muskulösen Arme.

  »Wieso verschwinden sie nicht?«, bringt er nach einer Weile erstickt durch seine zusammengebissenen Zähne hervor.

  Schließlich wird das Geräusch wieder leiser. Und immer leiser. Und noch leiser. Bis der Helikopter weg ist. Eine Weile bleiben wir einfach nebeneinandersitzen. Wir schweigen. Ich lausche Curtis’ Atem, der erst stoßweise und abgehackt geht, sich dann aber langsam beruhigt.

  Nach einer gefühlten Ewigkeit räuspert er sich. »Du bist da«, sagt er, als wäre ihm das eben erst aufgefallen.

  »Natürlich.«

  Ich höre ihn schlucken. »Puh.«

  »Ich glaube, du solltest dein T-Shirt ausziehen.« Ich zupfe an seinem Ärmel.

  »Interessanter Moment, um mich anzugraben.« Er lacht ein unsicheres, verlegenes Lachen. Und ich lache mit. Erleichtert darüber, dass er wieder einigermaßen da ist.

  »Ich hab meine Schuhe noch an«, sagt er etwas überrascht, nachdem er sich sein verschwitztes Shirt über den Kopf gezogen hat. Mit einem verstohlenen Blick auf seinen Oberkörper nicke ich.

  »Bleibst du noch?«, fragt er.

  »Solange du willst«, wiederhole ich mein Versprechen.

  Erneut lacht er leise. »Das würde Richard nicht gefallen.«

  Allerdings bin ich mir da nicht einmal so sicher. In letzter Zeit hat er immer mehr an mir zu meckern. Ich bin ihm zu laut, zu BH -los, zu ich. So scheint es. Aber das sage ich nicht, denn es geht hier nicht um mich.

  »Er schläft tief und fest. Mach dir um ihn keine Gedanken.«

  Curtis kickt seine Schuhe von den Füßen. »Pass auf, jetzt kriegst du noch mehr zu sehen«, sagt er mit einem schwachen Grinsen und zieht seine Jeans aus.

  »Sehr witzig.« Aber ich kann nichts dagegen tun, das Lächeln findet von ganz allein den Weg auf meine Lippen.

  »Ich hau mich mal besser hin«, murmelt er, und ich sehe, dass ihm jetzt, wo er wieder da ist, die ganze Angelegenheit ein bisschen unangenehm ist. Dieser Aussetzer war sehr weit von dem Bild entfernt, das er seiner Umgebung von sich selbst vermitteln will. Der starke, unerschütterliche Curtis, dem nichts etwas anhaben kann. Dem alles egal ist. Der Gefühle in Wut und Aggression verpackt.

  Er klettert immer noch leicht zitternd ins Bett. Legt seinen Kopf auf sein Kissen, zieht die Decke nur so weit hoch, dass sie gerade bis zu seinem Bauchnabel reicht. »Damit du auch was davon hast«, sagt er, und ich boxe ihm leicht in die Schulter. Streiche ihm einmal durchs Haar. Seine Stirn ist etwas klebrig, aber das ist mir vollkommen egal, und so drücke ich meine Lippen ganz sanft, ganz vorsichtig darauf.

  »Legst du dich …« Er räuspert sich erneut. »Legst du dich noch ein bisschen zu mir?« Er blickt mich an. In seinen Augen ein stummes Flehen.

  Ich kichere leise, um meine leichte Unsicherheit zu überspielen. Doch die Gedanken an meinen Freund, der schnarchend in meinem Bett liegt, schiebe ich ganz weit weg.

  »Das würde mir helfen«, sagt Curtis, der anscheinend merkt, dass ich innerlich mit mir ringe.

  Damit nimmt er mir die Entscheidung ab. Wie könnte ich einem Freund, der mich braucht, meine Hilfe verweigern? Ich weiß, dass ich es mir leicht mache. Dass Curtis es mir leicht macht. Aber in dieser Nacht – oder, besser gesagt, an diesem Morgen, denn die Dunkelheit wird langsam von einem tiefen Blau abgelöst – spielt es keine Rolle. In dieser Nacht will ich bei ihm sein. Bei Curtis.

  »Dann rutsch rüber«, sage ich.

  Curtis’ Augen werden ganz groß, seine Mundwinkel wandern langsam und etwas ungläubig nach oben. Einen Moment später rutscht er und hebt die Bettdecke, sodass ich darunterkriechen kann. Sofort umfängt mich seine Wärme. Sie ist innerhalb von Hundertstelsekunden überall. Ebenso wie das Wohlsein, das mich durchströmt, als hätte ich versehentlich irgendeinen Gemütlichkeitstank angezapft.

  »Kann ich vielleicht … kann ich näher kommen?«, fragt Curtis.

  »Na klar.« Ich klinge ein bisschen gequetscht.

  »So?« Seine Stimme ist auf einmal ganz nah, und dann spüre ich, wie er von hinten an mich heranrobbt. Seine nackte Brust an mein dünnes Oberteil drückt, seinen Arm um mich legt.

  Ich atme flach, ziehe für einen Augenblick wie unbewusst meinen Bauch ein. Doch dann erinnere ich mich daran, dass es Curtis ist, der neben mir liegt. Curtis, der alles von mir kennt und mag. Und ich lasse locker. Genieße das Gefühl seiner Hand auf meinem Bauch, das Gewicht seines Arms auf meiner Hüfte. Ich schlucke, so gut fühlt es sich an, so vertraut.

  »Und?«, frage ich ein bisschen heiser. »Hilft es?«

  »Sehr«, erwidert er und vergräbt sein Gesicht in meinen Haaren. Sein warmer Atem kitzelt meinen Hals, das Vibrieren seiner Stimme mein Herz.

  Ich spüre, wie sein Daumen langsam über den Stoff meines Oberteils streicht, und ein gewaltiges Ziehen durchfährt mich. Es ist genau das, wovor ich mich schützen wollte, als Curtis und ich anfingen, miteinander zu schlafen. Ein Gefühl, das ich nicht zuließ, weil es einfach keinen Sinn machte. Jetzt, in diesem Moment, trifft es mich unvorbereitet, und dennoch ergebe ich mich einfach. Mit den Konsequenzen beschäftige ich mich, wenn ich wieder bei Sinnen bin.

  »Ist das okay?«, fragt er dicht an meinem Ohr. »Es beruhigt mich«, schiebt er erklärend hinterher, »dich anzufassen.«

  Ic
h schließe die Augen. Halb frustriert, halb gespannt. »Wenn es einem guten Zweck dient«, sage ich mit einem leisen Glucksen.

  Seine Hand tastet sich etwas weiter vor. Bestimmt sollte ich ihn davon abhalten. Aber seine Atmung wird tiefer. Er wird ruhiger. Und das ist alles, was zählt. Seine Fingerkuppen sind unter dem Saum meines Tops, malen warme Kreise auf meiner Haut. Tänzeln über meinen Bauch, um meinen Nabel herum. Während ich an meinem Rücken spüre, wie sich Curtis’ Herzschlag wieder normalisiert, beschleunigt sich meiner.

  Ganz langsam schiebt er seine Finger unter den Stoff, bis seine ganze Hand auf meinem nackten Bauch liegt. Er drückt mich an sich, atmet, verströmt Wärme und einen Duft, der meinen Unterleib zum Pochen bringt. Seine Hand wandert höher. Krabbelt über meinen Körper, macht unterhalb meiner Brust halt.

  »Wenn ich deine Brüste berühren dürfte, würde mich das noch mehr beruhigen«, flüstert er in mein Ohr.

  »Untersteh dich«, sage ich sanft, und er lacht leise. »Du kannst nicht im einen Moment eine Panikattacke haben und mich im nächsten befummeln wollen.«

  »O doch, ich kann«, sagt er. »Ich kann dich auch während einer Panikattacke befummeln wollen, wenn wir schon dabei sind. Aber ich kann es dann nicht so gut artikulieren.«

  »Curtis!«, ermahne ich ihn leise. »Nutz die Situation nicht aus. Ich warne dich.« Doch ich weiß, dass er nur zu überspielen versucht, was mit ihm vor über einer Stunde passiert ist.

  »Nur für den guten Zweck«, sagt er, und ich ertappe mich dabei, wie ich mir wünschte, er würde mich trotzdem einfach berühren. Jetzt fühle ich mich elend.

  »Auch nicht für den guten Zweck«, sage ich und bereue es im gleichen Moment. Und dann schäme ich mich für die Reue und beschließe, erst einmal nichts mehr zu sagen.

  »Wir haben heute im Palace gespielt«, sagt Curtis auf einmal.

  »Das habt ihr.« Mir bleiben beinahe die Worte im Hals stecken, so sehr törnt mich seine Berührung an.

  »Und wir waren richtig geil.«

 

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