Don't HATE me (Die Don't Love Me-Reihe 2) (German Edition)
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Ich ließ ihn los und stand auf. »Verpiss dich«, murrte ich. »Bevor ich es mir anders überlege.«
Der Kerl kämpfte sich auf die Füße, schlüpfte eilig durch den Zaun und war bald aus meiner Sicht verschwunden. Tief atmete ich ein, das Adrenalin noch in meinem Blut, die Anspannung löste sich nur langsam aus meinen Knochen. Ich besah mir den Schaden am Zaun, machte mir eine mentale Notiz, dass wir das reparieren mussten. Dann wandte ich mich um und ging zurück zum Strand.
18
Kenzie
Clea behielt recht: Kassiopi war wirklich traumhaft. Allein die Fahrt dorthin war an einem schönen Tag wie diesem ein Highlight, aber als wir das Auto auf einem Parkplatz nahe des Hafens abstellten und eine Tour durch das kleine Städtchen machten, hatte ich zum ersten Mal ein echtes Urlaubsgefühl. Und so ging es nicht nur mir – wir alle hatten diesen Ausflug wirklich gebraucht. Marthas Stirnfalten entspannten sich mit jedem Schritt in der Frühlingssonne, und selbst Elliott und Bella zankten sich nicht so hitzig wie sonst. Nur Dionys, der unseren Fremdenführer spielte, war wenig beeindruckt von der Kulisse.
»Wird es irgendwann langweilig, dass es hier so schön ist?«, fragte ich ihn, während wir nebeneinander zu der Ruine hinaufliefen, die oberhalb der Stadt lag.
»Langweilig ist das falsche Wort«, sagte er grinsend. »Man gewöhnt sich einfach daran. Du kommst doch aus der Nähe von London, nicht wahr?«
Ich nickte. »Aus High Wycombe, das ist etwa eine halbe Stunde entfernt.«
»Ich war einmal in London und bin drei Tage mit offenem Mund durch die Stadt gelaufen. Big Ben, die Tower Bridge, Camden Market, das war für mich wie eine andere Welt. Dir geht es bestimmt nicht mehr so, oder?«
Ich überlegte, dann schüttelte ich den Kopf. »Nein. London ist zwar immer beeindruckend, allerdings ist es mir mittlerweile vertraut.« Ich lebte nicht dort, aber ich war oft genug da gewesen.
Dionys zeigte auf das blaue Meer, auf dem im Hafen momentan nur wenige Jachten dümpelten. »Siehst du. So ist es hier auch. Es ist … vertraut. Als ich in Athen studiert habe, hat es mir gefehlt, weil es Heimat ist. Aber so wie ihr es seht, werde ich es wohl nie betrachten.«
»Das ist schade. Oder auch nicht. Wenn man diesen Ort als Zuhause betrachten kann, muss man schließlich ein glücklicher Mensch sein.« Ich lächelte und bemerkte, dass Dionys’ eigenes Lächeln darauf etwas schief geriet. »Was hast du eigentlich vor, wenn der Job als Junge für alles vorbei ist? Willst du wieder weg von der Insel?«
Er sah mich an. »Nicht, wenn ich es verhindern kann. Ich bin gerne in der Nähe meiner Familie. Aber für jemandem mit meinem Abschluss gibt es hier nicht viele Jobs. Also muss ich mich wohl woanders umsehen.«
»Ich wette, Dora würde dich vom Fleck weg als Koch für das Kefi Palace engagieren«, lächelte ich. »Dein Essen ist unglaublich gut.«
Dionys verzog das Gesicht. »Ja, aber ich habe keine Ausbildung. Und ich wollte unbedingt studieren, also haben meine Eltern es möglich gemacht. Wenn ich jetzt sage, ich will als Koch arbeiten, haben sie ihr Geld völlig umsonst investiert.«
»Ich wette, dass sie in erster Linie möchten, dass du glücklich bist.« Ich sah ihn an. »Meine Eltern haben uns immer gesagt, wir sollen den Beruf ergreifen, der zu uns passt. Ganz egal, ob es nun Koch oder Innendesigner oder Lamazüchter ist. Letzteres ist übrigens der aktuelle Favorit meiner kleinsten Schwester.«
»Wie viele Geschwister hast du?«, fragte Dionys.
»Drei Schwestern«, lächelte ich.
»Deine Mutter muss viel zu tun haben.« Er lachte, schien dann aber zu sehen, dass mein Lächeln schwächer wurde. »Habe ich etwas Falsches gesagt?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, keine Sorge. Es ist nur … meine Mum lebt nicht mehr. Sie starb vor einigen Jahren bei einem Unfall.«
Dionys sah mich bestürzt an. »Das wusste ich nicht – tut mir sehr leid, Kenzie. Bestimmt war es schlimm, als sie gestorben ist.«
»Ja, war es. Aber mittlerweile kann ich wieder an sie denken, ohne dass es ausschließlich wehtut.« Was auch Lyalls Verdienst war, wenn man es genau nahm, denn er hatte an dem Abend der Ausstellung dafür gesorgt, dass ich meinen Zusammenbruch überstehen konnte. Genauso war es aber seine Schuld, dass mir die Erinnerung an diesen Moment damals mit 14 auf der Brücke nach wie vor einen Schauer über den Rücken jagte.
»Kenzie?« Dionys berührte mich am Arm. »Entschuldige, wenn ich dich an deine Mutter erinnert habe. Dieser Tag sollte schön für dich sein, nicht traurig.«
Ich bin gerade nicht traurig, weil meine Mum tot ist , dachte ich, ich bin traurig, weil ich mich in jemanden verliebt habe, den ich eigentlich gar nicht kannte . Ich sagte es aber nicht laut. Lieber kam ich auf das Thema zurück, das mit mir nichts zu tun hatte: Dionys und seine Zukunft.
»Vielleicht redest du noch mal mit deinen Eltern. Wenn du ihnen sagst, dass du nicht in einem Büro sitzen, sondern am Herd stehen willst … Oder nein, koch ihnen doch am besten etwas. Das werden sie sicherlich verstehen.«
Er hob die Schultern und schien nicht überzeugt zu sein, was ich ihm nicht verübeln konnte. Also ließ ich ihn damit in Ruhe und sah mir stattdessen die Umgebung an.
Die Ruine über Kassiopi war beeindruckend, wenn auch durch all die Kriege der letzten tausend Jahre stark zerstört. Dionys erklärte uns, was diese Mauern alles gesehen hatten, und ich konnte mir gut vorstellen, wie die Griechen früher hier gegen die Normannen gekämpft – und verloren hatten. Eine Stunde lang erkundeten wir die Überreste einer fast vergessenen Zeit, gingen über von Büschen gesäumte Steinwege und bestaunten den Ausblick über das Meer bis nach Albanien. Dann zog es uns wieder hinunter in die Stadt.
Wir liefen durch die grob gepflasterten Straßen, vorbei an den Tavernen und kleinen Souvenirgeschäften, in denen es nicht nur bunte Gitarren, verrückte Kleider und ziemlich hässliche Katzen aus Holz gab, sondern auch geschnitzte Schalen, Kochbesteck und jede Menge Figürchen der griechischen Götter. Während Martha und Bella darüber diskutierten, ob Zeus oder doch Apollo die besseren Bauchmuskeln hatte, kaufte ich für meine Schwestern ein paar geflochtene Armbänder mit bunten Perlen und für meinen Dad eine winzige Nachbildung der Akropolis, weil er auf so einen Kitsch total abfuhr. Als wir den Laden nach einer Weile wieder verließen, hatten wir alle Hunger, also beschlossen wir, auf Dionys’ Anraten in ein kleines Lokal zu gehen, das etwas weiter oben am Hang lag. Dort setzten wir uns an einen der Tische auf der Terrasse, die eine tolle Sicht auf den Hafen hatte, genossen das Gefühl von Urlaub und bestellten die Speisekarte rauf und wieder runter.
»Das war so eine gute Idee, Kenzie.« Bella schloss die Augen und hielt ihr Gesicht in die Sonne. »Ich dachte schon, ich werde zur Mumie, weil ich nur noch Tapeten kleistere und in irgendwelchen vollgemüllten Abstellkammern herumkrieche.«
Ich grinste. »Man kann Nikolaos auf keinen Fall vorwerfen, er hätte zu viel weggeworfen. Aber es hat System, er hat alles mit Datum beschriftet. Deswegen wissen wir auch, dass es in der Werkstatt Lackdosen gibt, die schon vor unser aller Geburt zum ersten Mal geöffnet wurden. Ob ein Museum an so etwas Interesse hat?«
»Bestimmt«, lachte Bella. »Die stellen sie direkt neben den Pfeilspitzen und Tonschalen aus. Buntlack weiß, mattglänzend, 1985.«
»Wahrscheinlich sollten wir noch einen Container extra bestellen«, seufzte Elliott, aber sogar er grinste.
Der Kellner brachte unsere Getränke und etwas Brot. Ich war hungrig genug, um mir sofort ein Stück zu nehmen und hineinzubeißen. Es war noch herrlich warm.
»Wo ist eigentlich Dionys hin?« Martha verteilte das Besteck.
»Der wollte seine Tante besuchen«, sagte ich zwischen zwei Bissen. »Er meinte, er kommt später zum Strand, bevor wir zurückfahren.«
»Das ist aber eine männliche Tante. Und ziemlich jung.« Elliott zeigte über die Brüstung, und ich erkannte unten am Hafen Cleas Bruder, der sich in einem Gespräch mit einem Typen befand, der teure Klamotten trug – Hemd und Stoffhose, dazu Segelschuhe. Neben ihm wirkte Dionys in Jeans und Shirt ziemlich abgerissen, obwohl seine Kleidung völlig normal war.
Beide verhielten sich so, als w�
�rden sie sich schon länger kennen, aber nicht unbedingt mögen: Dionys’ Körpersprache war abweisend und sein Gesicht verschlossen, während der andere Kerl auf ihn einredete, als wolle er ihn von etwas überzeugen.
»Worüber die wohl sprechen?«, fragte sich Bella laut.
»Wahrscheinlich illegale Geschäfte.« Elliott gab mal wieder den Mann von Welt. »Das ist doch eindeutig ein Drogendeal oder so was.«
Martha lachte auf. »Na, du bist ja wirklich ein Kenner des Milieus. Hast du jemals in deinem Leben Drogen gekauft?«
»Bist du verrückt?«, empörte er sich nur halb im Ernst. »Das ist gegen das Gesetz!«
Wir lachten darüber und freuten uns, als endlich das Essen gebracht wurde. Unten am Hafen trennten sich währenddessen Dionys und sein Bekannter ohne Handschlag – und ohne etwas ausgetauscht zu haben. Aber ich fragte mich trotzdem, was das für ein Gespräch gewesen war.
»Hat Dora eigentlich gesagt, wann sie zurück sein wird?« Bella sah von ihrer gefüllten Paprika auf. Sie schien Dionys schon wieder vergessen zu haben.
»Es wird wohl übernächste Woche«, sagte ich. Erst gestern hatte ich mit ihr telefoniert, da ich eine Entscheidung wegen der Speisesaal-Ausstattung gebraucht hatte und Lyall nicht danach fragen wollte, ob er Bote spielte. Je weniger ich in seine Nähe kam, desto besser. »Dubai scheint ein wirklich schwieriges Projekt zu sein.« Oder die Henderson-Obrigkeit sorgte dafür, weil sie Theodoras Solo-Hotel missbilligte. Lyalls Großmutter traute ich so ziemlich alles zu.
Bella hob die Schultern. »Wir kommen ja auch ohne sie ganz gut zurecht. Und wenn es an die Ausstattung der Villen geht, wird sie wieder da sein.«
»Geht Lyall dann eigentlich zurück nach Chicago?«, fragte mich Martha.
»Keine Ahnung.« Ich fand mein Brot plötzlich echt interessant. »Ist ja nicht so, als würden wir viel miteinander reden.« Im Grunde sprach ich weniger mit Lyall als alle anderen an diesem Tisch.
»Ich finde, er macht einen guten Job.« Elliott nickte fast schon anerkennend. »Ich dachte immer, der Henderson-Nachwuchs wäre in erster Linie Sohn oder Tochter von Beruf, aber zumindest auf Lyall scheint das nicht zuzutreffen.«
»Auf die anderen auch nicht«, sagte ich. »In dieser Familie darf man gar nicht nutzlos sein.« Es sei denn, man wollte das Recht verspielen, etwas entscheiden zu dürfen. Ich dachte daran, wie Lyall mir erzählt hatte, dass er den Plan hatte, die strengen Regeln zu ändern, damit alle nach ihm es leichter hatten. Mein Herz zog sich zusammen, als ich mich daran erinnerte, wie er mich in jenem Moment angesehen hatte – so, als wäre es die Wahrheit, dass er nirgendwo anders lieber sein wollte als in den Highlands mit mir.
Martha schubste ein paar Oliven rüber auf meinen Teller. Sie wusste, ich mochte sie. »Was hat Lyall eigentlich heute Vormittag bei dir gewollt?«
»Bei mir?«, fragte ich verwundert.
»Ja, er hat mich nach dem Frühstück gefragt, ob du rechts oder links von mir wohnst. Ich dachte, er hätte dich wegen irgendetwas gesucht.«
»Er war nicht bei mir.« Ich schüttelte den Kopf, aber dann fiel mir das Skizzenbuch wieder ein. Also war es tatsächlich von ihm. Wieder wurde mir warm, als mir klar wurde, dass es die einzige Möglichkeit war. Aber was bezweckte er damit, mir so etwas zu schenken? Vielleicht gar nichts. Vielleicht wollte er dir einfach nur eine Freude machen.
Sofort fühlte ich mich mies wegen meines Misstrauens. Sicher war es generell gerechtfertigt – galt das jedoch auch in diesem Fall? Lyall hatte mir das Buch anonym vor die Tür gelegt, er hatte also offenbar kein Dankeschön dafür erwartet. Aber jetzt, wo ich es wusste, musste ich mich doch bedanken. Oder nicht? Sollte ich besser so tun, als hätte ich keine Ahnung, von wem das Geschenk war? Das war eine gute Frage.
Immerhin blieben mir noch ein paar Stunden Zeit, um darüber nachzudenken.
19
Lyall
Das Intermezzo mit Davidges Handlanger hatte die Entspannung meiner Schwimmtour komplett zunichtegemacht, also versuchte ich, sie mit einer langen, warmen Dusche zurückzuholen. Während ich unter dem Wasserstrahl stand, spürte ich, dass der Schlag gegen meinen Kiefer mir spätestens morgen einen ordentlichen Bluterguss bescheren würde, denn die Stelle pochte unangenehm. Nur war das nicht der Punkt, um den sich meine Gedanken drehten. Es war der Typ von vorhin.
Dass Davidge einen Spitzel schickte, beunruhigte mich nicht sonderlich, denn das war in unserem Geschäft traurigerweise normal. Aber etwas an ihm hatte meinen siebten Sinn klingeln lassen. Ich wusste nur nicht, was. Und ich kam auch nicht darauf, während ich mir das Hirn zermarterte, also versuchte ich mein Denken abzuschalten und die Grübeleien einfach mit Wasser wegzuspülen.
Als ich aus der Dusche kam und das kleine Fenster im Badezimmer öffnete, um den Dampf entweichen zu lassen, hörte ich, dass es an der Tür klopfte. Schnell schlang ich mir ein Handtuch um und ging, um zu öffnen. Meine Augen wurden groß, als ich sah, wer davorstand.
»Was tust du denn hier?«
»Ganz offensichtlich den Anfang eines Pornos versauen.« Finlay klappte die Sonnenbrille zusammen und verstaute sie in der Brusttasche seines Hemdes. »Machst du jedem in diesem Aufzug die Tür auf? Oder hattest du mit anderem Besuch als mir gerechnet?«
Sein missbilligender Ton imitierte meine Grandma, und ich grinste, als mir klar wurde, dass Finlay es einfach immer schaffte, meine Laune zu heben. Ich umarmte ihn zur Begrüßung und hielt dabei vorsorglich das Handtuch fest – man hatte meinen Cousin in Eton nicht umsonst den Blankzieher genannt.
»Kein Vertrauen?«, schnalzte er jetzt mit der Zunge und grinste, als ich mir lieber schnell Boxershorts überzog, bevor er auf blöde Ideen kam.
»Also, was machst du hier?«, wagte ich einen zweiten Versuch.
»Du hast so geklungen, als würdet ihr Hilfe brauchen.« Finlay drehte sich einmal um die eigene Achse. »Also dachte ich, komme ich her und helfe.«
Ich grinste. Ein gewisses Bewusstsein für Stil hatten alle Hendersons, das lag uns in den Genen. Aber darüber hinaus war Finlay auf einer Baustelle kaum zu gebrauchen. »Du. Helfen. Hier. Wie stellst du dir das vor? Du bist handwerklich ungefähr so begabt wie ein Stein.«
»Oi!«, rief er aus. »Das tut weh. Meine Töpferarbeiten aus der Schule sind legendär.«
»Du meinst diesen klobigen Klotz, der ein Aschenbecher werden sollte? Und den dein Dad immer noch als Briefbeschwerer verwendet, weil er einfach der weichherzigste Mensch der Welt ist?«
Finlay schüttelte den Kopf. »Tse! Nicht jeder von uns hat diesen Hang zu filigranem Kunsthandwerk – und außerdem zählt die Geste. Dein Dad hat deine hübsche Vase jedenfalls nicht auf dem Schreibtisch stehen, soweit ich weiß.«
»Mein Dad ist ja auch ein Arsch«, sagte ich leichthin. Obwohl ich es ätzend fand, wie unser Verhältnis war, konnte ich mittlerweile damit leben, dass mein Vater sich nicht für Edina und mich interessierte.
Mein Cousin hob die Schultern. »Ich kann mich hier ja auch anders nützlich machen. Ihr habt doch sicher irgendetwas abzureißen. Mit dem Vorschlaghammer bin ich eine Naturgewalt.«
»Du bist immer eine Naturgewalt«, kommentierte ich und lächelte dann. »Ist echt cool von dir, dass du gekommen bist. Und es hat sicher nichts mit dem Wetter in New York zu tun, oder?« Finlay hasste Kälte wie die Pest und entkam seinem Studienort daher in den kühleren Monaten, so oft er konnte.
»Absolut nicht.« Er zeigte zur Tür. »Die hübsche Griechin vorne in der Lobby hat übrigens gesagt, ich müsste vorübergehend bei dir unterkommen, weil sie heute keine Zeit hat, eines der anderen Zimmer herzurichten. Ich habe angeboten, bei ihr zu übernachten, aber ich glaube, sie hat mich nicht richtig verstanden.«
Ich musste lachen. »Ja, so wird es wohl gewesen sein.« Finlays Trefferquote war zwar unanständig hoch, Clea heiratete jedoch nächstes Jahr und war daher vermutlich gegen seinen Charme immun.
»Ist auch egal, ich habe gesagt, dass ich um der alten Zeiten willen auch gerne länger ein Zimmer mit dir teile. Das wird wie in Eton.«
Ich grinste angesichts seiner Begeisterung, auch wenn mir sein Schnarchen eigentlich nicht gefehlt hatte. »Dann hol mal dein Zeug
und ich ziehe mir solange was an. Danach zeige ich dir alles.«
Mein Cousin dackelte davon, und ich wühlte in meiner Tasche nach frischen Klamotten, wurde aber nur in Sachen Hose fündig, bevor es wieder klopfte. Da es nur Finlay sein konnte, ging ich in meinen Cargoshorts hin, öffnete die Tür und drehte mich im gleichen Moment wieder um in Richtung Zimmer.
»Bitte lass dir einen Schlüssel geben, wenn du bei mir schlafen willst«, bat ich meinen Cousin, während ich von ihm weglief. Irgendwo hatte ich noch saubere Shirts, das wusste ich.
»Danke für das Angebot, aber ich glaube, ich verzichte«, sagte jemand, der nicht Finlay war. Ich drehte mich um.
Definitiv nicht Finlay.
»Oh, fuck«, entfuhr es mir, als ich Kenzie erkannte. »Sorry, das galt nicht dir, ich dachte, du wärst Fin.«
Ich sah, wie sie mich musterte und sich Mühe gab, unbeeindruckt zu bleiben. Ohne großen Erfolg. Schnell schnappte ich mir ein T-Shirt und zog es über, weil es mich alles andere als kalt ließ, wenn sie mich so ansah.
»Finlay ist hier?«, fragte sie dann. »Seit wann?«
»Seit gerade eben.« Ich räusperte mich. »Er will helfen, sagt er. Was ungefähr so ist, als würde deine kleine Schwester anbieten, für uns Lkw zu fahren.«
»Eleni fährt eigentlich ganz gut.« Ich sah Kenzie grinsen und merkte, wie sehr mir das fehlte. Wie sehr sie mir fehlte. Vor allem, weil sie heute viel entspannter wirkte als bisher. Und schöner denn je, in ihren sommerlichen Klamotten und dem Hauch Sonne im Gesicht.
»Wie war euer Ausflug?«, wagte ich den Anfang eines normalen Gesprächs und lehnte mich gegen die geöffnete Tür. Ich hätte sie hereinbitten können, aber sie hätte sicher verneint.