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Exodus

Page 40

by Leon Uris


  »Wir sind Brüder, Barak. Du hast mich auf deinem Rücken nach Palästina getragen.«

  »Ja, und heute bedaure ich es.«

  »Ich liebe Palästina nicht weniger als du«, sagte Akiba mit zitternden Lippen. »Du verurteilst mich, weil ich dem Gebot meines Gewissens folge.«

  Barak, der an der Tür stand, kam einen Schritt zurück. »Du bist es, Akiba, du und deine Makkabäer, die aus Brüdern Gegner gemacht haben. Seit wir Kinder waren, habe ich immer wieder gehört, wie du bei jeder Gelegenheit die passende Stelle aus der Bibel zitiertest. Nun, vielleicht solltest du wieder einmal die Stelle lesen, wo von den Zeloten berichtet wird, die den Bruder gegen den Bruder aufhetzten, die Juden untereinander uneinig machten und die Zerstörung Jerusalems durch die Römer verschuldeten. Ihr nennt euch Makkabäer — ich nenne euch Zeloten.« Damit wandte sich Barak erneut zum Gehen.

  »Vergiß das eine nicht, Barak ben Kanaan«, sagte Akiba. »Nichts von alledem, was immer wir tun mögen, sei es recht oder unrecht, kann mit dem verglichen werden, was man dem jüdischen Volk angetan hat. Die Makkabäer sind nicht in der Lage, etwas zu tun, das man auch nur einen Augenblick lang für ein Unrecht halten könnte, wenn man an das Morden denkt, das sich über zwei Jahrtausende erstreckt.«

  XV.

  Yad El erblühte zu einem Garten Eden. Unablässig wurden die Sümpfe zurückgedrängt, bis genügend anbaufähiges Land vorhanden war, um weitere hundert Familien anzusiedeln. Die Zentrale des Moschaw verfügte über zwei Dutzend schwerer landwirtschaftlicher Maschinen und eine Versuchsstation. Die Fischzucht in den angelegten Teichen wurde von allen Angehörigen des Moschaw gemeinsam betrieben.

  Die Wege von Yad El waren das ganze Jahr hindurch grün, und im Frühling und Herbst blühten und leuchteten sie in vielen Farben. Yad El besaß eine Grund- und eine Oberschule, ein großes Gemeindezentrum mit Schwimmbad, Bibliothek und Theater, und ein kleines Krankenhaus mit zwei Ärzten.

  Ein ganz großes Ereignis war die Fertigstellung der elektrischen Zuleitung. Sie wurde in sämtlichen Siedlungen des Hule-Tals festlich begangen. Dieses Fest übertraf alles bisher Dagewesene; in Ejn Or, Kfar Gileadi, Ayelet Haschachar und in Yad El gingen gleichzeitig die Lampen an.

  Im selben Jahr halfen die Juden von Yal El ihren arabischen Nachbarn, eine Wasserleitung nach Abu Yesha zu legen, die es bisher in keinem arabischen Dorf in ganz Palästina gegeben hatte. Außerdem dehnte Yad El einen Teil der elektrisch betriebenen Bewässerungsanlage bis auf die Felder von Abu Yesha aus, um den Arabern zu zeigen, wie sich der Ertrag des Bodens durch die künstliche Bewässerung steigern ließ.

  Als Zeichen seiner Dankbarkeit schenkte Kammal der Zionistischen Siedlungsgesellschaft mehrere Dunam eines Hochplateaus oberhalb von Abu Yesha. Er hatte gehört, daß die Juden im Hule-Gebiet nach einem Stück Land zur Errichtung eines Jugend-Dorfes suchten.

  Ari ben Kanaan war der ganze Stolz seines Vaters. Mit siebzehn Jahren war er einsachtzig groß und stark wie ein Löwe. Außer Hebräisch und Englisch beherrschte er Arabisch, Deutsch, Französisch und Jiddisch, die Sprache, in die seine Mutter Sara immer wieder zurückfiel, wenn sie aufgeregt war oder sich ärgerte und ihrem Herzen Luft machen wollte.

  Ari war ein begeisterter Landwirt. Wie die meisten jungen Leute des Moschaw und des ganzen Jischuw, gehörten auch Ari und Dafna zu einer Jugendgruppe. Sie wanderten kreuz und quer durch Palästina und besuchten die Stätten berühmter Schlachten der Vergangenheit. Sie bestiegen den Berg, auf dem die Hebräer mehr als drei Jahre lang der Belagerung durch die Römer standgehalten hatten, und sie wanderten durch die Wüste auf dem Wege, den Moses mit den zwölf Stämmen gezogen war. Sie trugen die traditionellen blauen Hemden und kurzen Hosen, und sie sangen Lieder, die von dem hohen Ziel der Wiedergewinnung der Heimat handelten.

  Dafna war zu einem frischen, kräftigen Mädchen herangewachsen. Sie war sehr attraktiv und voller Liebe für den Sohn Barak ben Kanaans. Es schien, als ob die beiden früh heiraten wollten. Sie hatten die Absicht, entweder in Yad El eine neue Siedlerstelle zu errichten oder aber, wie das die jungen Leute nach Beendigung der Schule häufig taten, sich mit einer Jugendgruppe aufzumachen, um irgendwo eine neue Siedlung zu gründen. Doch als die Unruhen in Palästina zunahmen, hatten Ari und Dafna immer weniger Zeit füreinander.

  Ari hatte sich bei der Hagana außerordentlich hervorgetan, und Avidan hielt ihn trotz seiner Jugend für einen der verheißungsvollsten Soldaten in ganz Palästina. Tatsächlich waren die besten Soldaten der Hagana meist noch keine zwanzig. Als der Kampf mit den Engländern um die Einwanderung begann, wurde Ari von der Hagana an die Stellen kommandiert, wo die Aliyah-Bet-Schiffe an Land kamen. Er hatte die Aufgabe, die illegalen Einwanderer in den Kibbuzim untertauchen zu lassen und die Pässe der »Touristen« einzusammeln, die legal nach Palästina gekommen waren. Hatte er einmal einen oder gar zwei Tage dienstfrei, dann rief er meist in Yad El an und bat Dafna, per Anhalter nach Tel Aviv zu kommen. Dort konnten sie etwa ein Konzert des neu gebildeten Philharmonischen Orchesters hören, dessen Mitglieder größtenteils deutsche Juden waren und dessen erstes Konzert von Toscanini dirigiert wurde. — Sie konnten Kunstausstellungen besuchen oder Vorträge hören, die im Jugendzentrum veranstaltet wurden, oder sie konnten irgendeinen einsamen Badestrand nördlich von Tel Aviv aufsuchen. Sie liebten sich sehr, und die Trennung fiel ihnen von Mal zu Mal schwerer.

  Ari wollte erst heiraten, wenn er ein Stück Land besaß und ein Haus bauen konnte. Doch da die Situation bedrohlich blieb und Aris Dienste mehr und mehr in Anspruch genommen wurden, sah es so aus, als ob diese Zeit niemals kommen werde.

  Die Spannungen, die 1933 mit der Aliyah-Welle der deutschen Juden einsetzten, erreichten 1935 einen Höhepunkt. In diesem Jahr gelang es den Juden, mehr Einwanderer als je zuvor ins Land zu bringen; teils legal, teils illegal. Hatte die zweite Aliyah-Welle sowohl politische Ideen wie führende Männer, und die dritte Pioniere und Siedler ins Land gebracht, so hatte die Einwanderung der deutschen Juden einen enormen kulturellen und wissenschaftlichen Aufschwung des Jischuw zur Folge.

  Die Effendis, die ansehen mußten, wie die Juden ständig weitere Fortschritte machten, gerieten außer sich vor Wut. Ihre Erbitterung erreichte ein solches Maß, daß sie ihre inneren Streitigkeiten zum erstenmal außer acht ließen und geschlossen eine ultimative Aufforderung an die Engländer richteten, die jüdische Einwanderung und den Verkauf von Grund und Boden an die Juden zu unterbinden. Zu Beginn des Jahres 1936 erbat der Jischuw-Zentralrat von den Engländern mehrere tausend Einreisevisa, um der wachsenden Notlage der Juden in Deutschland zu begegnen. Die Engländer, von den Arabern schwer unter Druck gesetzt, gewährten nicht einmal ganze tausend Visa.

  Angesichts der zunehmenden Schwäche der Engländer versuchte der Mufti die Macht über Palästina nun endlich an sich zu bringen. Im Frühling des Jahres 1936 inszenierte er eine neue Reihe von Unruhen und Ausschreitungen. Auch diesmal fielen ihnen vorwiegend die wehrlosen alten und strenggläubigen Juden in den heiligen Städten zum Opfer. Unmittelbar nach dem Ausbruch der Unruhen verkündete Hadsch Amin die Bildung eines Großarabischen Aktionsausschusses mit dem Ziel, erneut einen arabischen Generalstreik als Protest gegen die »projüdische« Politik der Engländer zu unternehmen.

  Diesmal hatte der Mufti sein Manöver sorgfältig vorbereitet. Kaum war die Bildung des Großarabischen Aktionsausschusses bekanntgegeben, da setzten sich seine Leute vom Klan El Husseini, verstärkt durch gedungene Rowdies, in Bewegung und überzogen das gesamte arabische Gebiet, um die Durchführung des Generalstreiks zu erzwingen und dafür zu sorgen, daß der befohlene Boykott überall strikt eingehalten wurde. Es begann ein wildes Morden, bei dem systematisch alle Araber beseitigt wurden, die als Gegner des Mufti bekannt waren. Zwar tat man, als würde sich die Aktion gegen Juden und Engländer richten, doch das eigentliche Ziel war es, sämtliche politischen Gegner des Mufti zu liquidieren.

  Auch Kammal, der langjährige Freund Barak ben Kanaans und Muktar von Abu Yesha, mußte für seine Freundschaft mit den Juden büßen. Husseinis Leute fanden den betagten Muktar, der in der kleinen Moschee seines Dorfes kniete und betete, und schnitten
ihm die Kehle durch. Taha, sein Sohn wurde eilig nach Yad El in Sicherheit gebracht und blieb dort bei der Familie Ben Kanaan.

  Der Mufti und seine Leute erzwangen mit blutiger Gewalt Generalstreik und Boykott der Juden. Den Arabern, die keinerlei Absatzmöglichkeiten für ihre Produkte hatten, verfaulte die Ernte auf den Feldern. Im Hafen und in der Umgebung von Jaffa kam der Handel fast völlig zum Stillstand. Der Streik wirkte sich für die arabische Bevölkerung verheerend aus; doch gegen den Mufti konnten die Leute nichts machen. Hadsch Amin el Husseini bediente sich abermals der Kanzel, um für alles den Juden die Schuld in die Schuhe zu schieben. Verzweiflung und Wut der Araber wuchsen in dem Maße, in dem sich ihre Situation verschlechterte. Es dauerte nicht lange, und sie gingen dazu über, jüdische Siedlungen anzugreifen, die Felder in Brand zu stecken und die Ernte zu stehlen. Wenn ihnen ein einzelner, unbewaffneter Jude in die Hände fiel, wurde er erschlagen und seine Leiche auf das grauenhafteste verstümmelt.

  Als die Greuel zunahmen, richtete Avidan einen Appell an die jüdische Bevölkerung. Er ermahnte sie inständig, Zurückhaltung zu üben. Die Araber seien nichts als Opfer einer Hetzpropaganda, erklärte er, und es bessere sich nichts, wenn man Böses mit Bösem vergelte.

  Akiba und seine Makkabäer waren anderer Ansicht. Bald, nachdem sie sich von der Hagana getrennt hatten, wurde die Organisation der Makkabäer von den Engländern verboten und gezwungen, unterzutauchen und in den illegalen Widerstand zu gehen.

  Die Makkabäer versuchten, Terror gegen Terror zu setzen; doch die Organisation war noch nicht groß und schlagkräftig genug, um mit den Marodeuren des Mufti Schritt halten zu können. Obwohl sich der Jischuw-Zentralrat offiziell von ihnen distanzierte, gab es nicht wenige Juden, die es großartig fanden, daß die Makkabäer zurückschlugen.

  Der Mufti, der schon die Hände an der Gurgel von Palästina hatte, schritt nunmehr zur nächsten Phase seines Plans. Er ließ einen in fanatischen Worten abgefaßten Appell an die Araber aller Länder mit der Aufforderung hinausgehen, sich im gemeinsamen Kampf zur Errettung Palästinas aus den Klauen des britischen Imperialismus und des Zionismus zu vereinigen. Seine Gangster begaben sich in alle arabischen Dörfer und riefen die Männer zum Kampf gegen die jüdischen Siedlungen auf. Die Fellachen hatten meist nicht die geringste Lust, zu kämpfen, doch sie hatten viel zu große Angst vor dem Mufti, um abzulehnen.

  Antwort auf den Appell des Mufti kam nicht nur aus Palästina, sondern auch von außerhalb. Ein Offizier der irakischen Armee namens Kawuky erblickte in der Palästina-»Revolte« seine seit langem ersehnte Chance, als bewaffneter Verbündeter des Mufti zu Macht und Reichtum zu gelangen. Er ließ sich eine ganze Kollektion prächtiger Uniformen mit allen möglichen Phantasieorden anfertigen und ernannte sich selbst zum Generalissimus der Befreiungsarmee. Mit dem Geld, das der Mufti von den Arabern in Palästina erpreßt hatte, machte sich Kawuky ans Werk, außerhalb des Landes seine Armee aufzustellen. Was er auf die Beine brachte, war eine Bande von Räubern und Banditen, Rauschgiftschmugglern, Mädchenhändlern und dergleichen, denen er den Mund mit der Aussicht auf die vielen jüdischen Frauen wäßrig machte, die sie vergewaltigen konnten, und auf das viele »Hebräische Gold«, das ihnen als Kriegsbeute in die Hand fallen würde.

  Kawukys Taktik war dabei ebenso einfach wie hinterhältig. Nachdem er sich vorher überzeugt hatte, daß seinen Truppen Rückzugswege offenstanden, errichtete er an geeigneten Orten Straßenfallen und legte sich auf die Lauer, bis ein Autobus oder ein anderes unbewaffnetes Personenfahrzeug, gelegentlich auch nur ein paar Passanten herannahten. War er sicher, daß kein Widerstand zu erwarten war, dann sprangen die Araber aus ihrem Versteck, griffen an, plünderten und flohen.

  Bald stand das ganze Land unter dem Terror der »Befreiungsarmee« Kawukys und der Banden des Mufti. Die arabische Bevölkerung war wehrlos, die Engländer unwillig und gegen einen Kampf, und die Juden waren entschlossen, nur im Falle der Notwehr zu den Waffen zu greifen.

  Die Engländer schlugen die arabischen Angriffe nicht nieder, sondern beschränkten sich auf Maßnahmen, die geradezu lächerlich waren. Ein paarmal führten sie in Ortschaften, in denen man ein Versteck der Banditen vermutete, Razzien durch und legten der Gemeinde eine Geldbuße auf, und ein- oder zweimal zerstörten sie auch einige Dörfer. Im übrigen aber zogen sie sich in ein Schneckenhaus zurück. Sie bauten mehr als fünfzig riesige Betonbunker, die sich über ganz Palästina erstreckten. Jedes dieser Forts bot Platz für einige hundert oder tausend Soldaten und war dazu bestimmt, die unmittelbare Umgebung zu kontrollieren. Ein Mann namens Teggart hatte diese Betonburgen entworfen, gebaut wurden sie von den Juden.

  Die Teggart-Forts, die Palästina umschlossen, beruhten auf einem System, das ebenso alt war wie das Land selbst. Schon im Altertum hatten die Juden zwölf Berge benützt; ein Feuer auf der Spitze des einen konnte vom nächsten wahrgenommen und weitergemeldet werden. Die Kreuzritter hatten an diesem System festgehalten und ihre Burgen jeweils in Sichtweite der nächsten oder einer befestigten Stadt errichtet. Und jetzt legten die Juden ihre landwirtschaftlichen Siedlungen gleichfalls stets in Sichtweite eines Nachbardorfes an.

  Am Abend zogen sich die Engländer in ihre Teggart-Forts zurück und kamen bis zum nächsten Morgen nicht wieder heraus. Die Ausflüge, die sie bei Tage unternahmen, waren wirkungslos. Kaum setzte sich eine englische Wagenkolonne von einem dieser Forts aus in Bewegung, so ging die Nachricht darüber wie ein Lauffeuer durch das Land. Wenn die Engländer dann am Ziel anlangten, war natürlich kein Gegner mehr zu sehen.

  Doch selbst unter diesem unvorstellbaren Druck hörten die Juden nicht auf, illegale Einwanderer ins Land zu schmuggeln und neue Siedlungen für sie zu errichten. Am ersten Tage versammelten sich mehrere hundert Bauern und Bauhandwerker aus allen umliegenden Siedlungen an der Stelle der neuen Landerschließung. In der Zeit von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang errichteten sie in aller Eile einen Turm, der mit Generator und Scheinwerfer ausgerüstet und rings von einer kleinen Palisade umgeben war. Am Abend, wenn Turm und Palisade standen, entfernten sich die Helfer wieder zu ihren eigenen Siedlungen, und die Neusiedler blieben, unter dem Schutz einer kleinen Gruppe der Hagana, innerhalb der Palisade allein.

  Ari ben Kanaan, der eben erst zwanzig Jahre alt geworden war, entwickelte sich zu einem Fachmann für Wehrsiedlungen. Er hatte meistens das Kommando der Hagana-Einheit, die zurückblieb, um den Neusiedlern beizubringen, wie man mit arabischen Spitzeln und Angreifern fertig wurde, oder er bildete sie an den Waffen aus, die ihnen zur Verfügung standen. Fast jede dieser Neusiedlungen wurde von den Arabern angegriffen. Die Anwesenheit der Hagana-Leute und ihre Fähigkeit, die Angreifer in die Flucht zu jagen, hatte auf die Neusiedler einen sehr beruhigenden und ermutigenden Einfluß. Wenn Ari einige Wochen an einer Stelle gewesen war, zog er mit seinen Leuten zu der nächsten Wehrsiedlung, die gerade errichtet wurde.

  Die Araber wurden immer dreister, bis schließlich selbst die Engländer nicht mehr untätig zusehen konnten. Der Mufti und sein Generalissimus Kawuky machten sie zum Gespött. So entschlossen sie sich endlich, etwas zu unternehmen, lösten den Großarabischen Aktionsausschuß auf und erließen einen Haftbefehl gegen den Mufti. Der Mufti rettete sich vor der britischen Polizei in den Schutz des Felsendoms, der Moschee Omars, der heiligsten muselmanischen Stätte in ganz Palästina.

  Die Engländer wagten nicht, die Moschee zu betreten. Sie fürchteten, dadurch möglicherweise einen »heiligen« Aufstand der gesamten muselmanischen Welt auszulösen. Nachdem er sich eine Woche lang in der Moschee verborgen gehalten hatte, floh Hadsch Amin, als Frau verkleidet, nach Jaffa, von wo ihn ein Schiff nach dem Libanon brachte. Besonders die arabische Bevölkerung atmete erleichtert auf, als der Mufti von Jerusalem Palästina verlassen hatte. Die Angriffe hörten auf, die Unruhen klangen ab, und die Engländer machten sich wieder einmal daran, Untersuchungsausschüsse einzusetzen und Erhebungen anzustellen.

  Nach einer abermaligen Überpüfung der Situation schlugen die Engländer einen neuen Kurs ein und kamen mit dem Vorschlag, das Gebiet von Palästina in zwei getrennte Staaten aufzuteilen. Dabei sollten die Araber den Löwenantei
l bekommen, und den Juden sollte ein schmaler Landstreifen von Tel Aviv nach Haifa und diejenigen Teile von Galiläa, die sie wieder urbar gemacht hatten, zuerkannt werden.

  Der Jischuw-Zentralrat, die Zionisten in aller Welt und die Juden in Palästina waren des fortgesetzten Blutvergießens müde. Sie hatten genug von dem zunehmenden Fanatismus der Araber und der sich immer deutlicher zeigenden Wortbrüchigkeit der Engländer. Ursprünglich hatte das Mandat für die jüdische Heimstätte das Land beiderseits des Jordans vorgesehen — und jetzt boten die Engländer ihnen nur ein kleines Stückchen davon an. Dennoch beschlossen die Juden, den Vorschlag zu akzeptieren.

  Die Engländer versuchten den Arabern klarzumachen, daß sie klug daran täten, auf diesen Vorschlag einzugehen, da das Gebiet, das man den Juden zugemessen hatte, nicht sehr viel Einwanderer mehr aufzunehmen vermochte. Doch die Araber verlangten nicht mehr und nicht weniger, als daß alle Juden ins Meer geworfen würden. Von Beirut aus setzte Hadsch Amin el Husseini die arabische Rebellion gegen die Juden erneut in Gang.

  Teggart, der Erbauer der britischen Forts, errichtete längs der libanesischen Grenze einen elektrisch geladenen Stacheldrahtzaun, um den Strauchdieben und Waffenschmugglern des Mufti von Jerusalem den Weg zu versperren. Zur Verstärkung dieses Walls aus Stacheldraht baute Teggart in geringen Abständen Betonbunker. Eines der Forts des Teggart-Walls wurde oberhalb von Abu Yesha und Yad El ungefähr an der Stelle errichtet, an der sich nach jüdischer Überlieferung die Grabstätte der Königin Esther befinden soll. Es wurde unter dem Namen »Fort Esther« bekannt. Der Teggart-Wall behinderte zwar die arabische Infiltration, war aber nicht in der Lage, sie auszuschalten.

  Die Hagana, die sich lange zurückgehalten hatte, wurde allmählich immer unruhiger, und die Juden in Palästina fingen an, sich zu fragen, wann der Zentralrat der Hagana endlich erlauben werde zu kämpfen. Unter diesem wachsenden Druck fand sich Ben Gurion schließlich bereit, einem Vorschlag zuzustimmen, den Avidan gemacht hatte. Die Zionistische Siedlungsgesellschaft erwarb ein Stück Land im äußersten Norden von Galiläa, unmittelbar an der libanesischen Grenze, an einer Stelle, wo nach Ansicht des Geheimdienstes der Hagana ein Schwerpunkt der arabischen Infiltration war. Kurze Zeit nach dem Ankauf dieses Landes wurden Ari ben Kanaan und zwei weitere junge Leute der Hagana-Elite aufgefordert, nach Tel Aviv zu kommen und sich in dem geheimen Hauptquartier der Hagana bei Avidan zu melden.

 

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