Exodus

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Exodus Page 58

by Leon Uris


  Gleichzeitig mit der Aktion der Makkabäer hatte Aliyah Bet drei weitere Schiffe mit illegalen Einwanderern nach Palästina gebracht. Obwohl die illegale Einwanderung nicht so auffällig war, schädigte sie das britische Ansehen jedoch im gleichen Ausmaß wie der Terror.

  Der Untersuchungsausschuß der UNO war in Kürze zu erwarten. Haven-Hurst beschloß, den Jischuw kleinzukriegen, bevor die internationale Delegation eintraf. Der General besaß eine Liste von Offizieren und Angehörigen des Mannschaftsstandes, die wegen ihrer ausgesprochen antisemitischen Aktivität bekannt waren. Er überprüfte die Liste persönlich und wählte sechs der übelsten Burschen aus: zwei Offiziere und vier aktive Unteroffiziere. Die sechs mußten sich in seiner in der Schneller-Kaserne gelegenen Dienstwohnung melden, wurden zu absoluter Geheimhaltung verpflichtet und mit einer Sonderaktion betraut. Fünf Tage lang wurde die Sache geplant. Am sechsten Tag startete Haven-Hurst das Unternehmen, durch das er die Situation mit einem letzten, verzweifelten Schlag retten wollte.

  Die sechs Leute wurden als Araber getarnt. Zwei von ihnen fuhren mit einem Lastwagen, der zwei Tonnen Dynamit geladen hatte, die King-George-Avenue entlang und auf das Gebäude der Zionistischen Siedlungsgesellschaft zu. Unmittelbar vor der Auffahrt, die zu dem Haupteingang führte, hielt der Wagen an. Der als Araber verkleidete Fahrer stellte das Steuerrad fest, schaltete den Gang ein und stellte den Gashebel auf Vollgas. Die beiden Männer sprangen von dem rasenden Wagen und verschwanden.

  Der Wagen brauste über die Straße, fuhr durch das offene Tor und die Auffahrt entlang. Dabei kam er seitlich aus der Fahrtrichtung, kippte über den Rand der Auffahrt und stieß unmittelbar neben dem Haupteingang gegen die Mauer. Die zwei Tonnen Dynamit detonierten donnernd, und das Gebäude der Zionistischen Siedlungsgesellschaft existierte nicht mehr.

  Gleichzeitig versuchten zwei andere Männer mit einem anderen Lastwagen, der gleichfalls Dynamit geladen hatte, das gleiche Manöver zwei Querstraßen weiter bei dem Gebäude des Jischuw-Zentralrats. Der Zentralrat hielt gerade eine Versammlung ab. In dem Gebäude befanden sich fast alle führenden Männer und Frauen des Jischuw.

  Der Lastwagen, der auf dieses zweite Gebäude losfuhr, mußte im letzten Augenblick die Bordschwelle eines Bürgersteigs nehmen. Als er gegen die Kante stieß, wurde er so weit aus seiner Richtung gebracht, daß er das Gebäude des Zentralrats verfehlte und ein daneben liegendes Wohnhaus in die Luft jagte.

  Die vier Attentäter flohen in zwei Wagen, die von den anderen zwei Männern des Teams gefahren wurden. Sie brausten eilig davon und begaben sich in Sicherheit.

  Im Gebäude der Zionistischen Siedlungsgesellschaft fanden hundert Menschen den Tod. Von den Angehörigen des Jischuw-Zentralrats war niemand ums Leben gekommen. Unter den Todesopfern befand sich Harriet Salzmann, die achtzigjährige Leiterin des Jugend-Aliyah.

  Unmittelbar nach den beiden Explosionen machten sich die Geheimdienste der Hagana und der Makkabäer an die Arbeit, die Täter zu ermitteln. Bis zum Abend desselben Tages hatten beide Organisationen festgestellt, daß es sich bei den »Arabern« um englische Soldaten gehandelt hatte. Sie waren außerdem in der Lage, die Urheberschaft der Aktion bis zu Arnold Haven-Hurst zurückzuverfolgen, wenn sie hierfür auch keine schlüssigen Beweise hatten.

  Haven-Hursts verzweifelter Versuch, die führenden Köpfe des Jischuw mit einem Schlag aus dem Weg zu räumen, hatte den gegenteiligen Erfolg. Unter den Juden von Palästina entstand durch diese Aktion eine Einigkeit, wie es sie bisher noch nie gegeben hatte, und die beiden bisher getrennten Streitkräfte, die Hagana und die Makkabäer, wurden gezwungen, sich zu einigen. Die Hagana war in den Besitz einer Abschrift des »Zwölf-Punkte-Programms« Haven-Hursts gekommen.

  Wem es bis dahin noch nicht klar gewesen sein sollte, dem hatte jetzt die geglückte Zerstörung der Zionistischen Siedlungsgesellschaft und der mißglückte Versuch, das Gebäude des Zentralrats in die Luft zu sprengen, klar und eindeutig gezeigt, daß Haven-Hurst die Absicht hatte, die Juden in Palästina zu vernichten. Avidan schickte Seew Gilboa nach Jerusalem mit dem Auftrag, Bar Israel aufzusuchen und eine Zusammenkunft mit den Führern der Makkabäer zu verabreden.

  Die Zusammenkunft fand um ein Uhr nachts auf offenem Felde statt, an der Stelle, an der sich einstmals das Lager der zehnten römischen Legion befunden hatte. Vier Männer waren dabei anwesend: von den Makkabäern Akiba und Ben Mosche, von der Hagana Avidan, und Seew Gilboa für den Palmach. Zwischen den beiden Parteien wurden weder Händedrücke noch freundliche Worte gewechselt. Voller Mißtrauen standen sie sich in der Dunkelheit gegenüber. Die Nachtluft war kalt, obwohl es auf den Sommer zuging.

  »Ich habe um diese Zusammenkunft gebeten«, sagte Avidan, »um zu prüfen, ob es irgendeine Grundlage für eine engere Zusammenarbeit zwischen uns gibt.«

  »Ach, Sie möchten wohl gern, daß wir uns Ihrer Befehlsgewalt unterstellen?« fragte Ben Mosche mißtrauisch.

  »Ich habe es längst aufgegeben, Einfluß auf die Handlungen der Makkabäer ausüben zu wollen«, sagte Avidan. »Ich bin nur der Meinung, daß es die gegenwärtige Situation erfordert, alle Kräfte zu einer höchsten Anstrengung zu konzentrieren. Ihr verfügt über starke Kräfte in den drei Städten und seid in der Lage, beweglicher zu operieren, als wir das können.«

  »Das also ist der wahre Grund«, sagte Akiba bissig. »Ihr möchtet, daß wir für euch die Kastanien aus dem Feuer holen.«

  »Laß ihn ausreden, Akiba«, sagte Ben Mosche.

  »Mir gefällt die ganze Sache nicht. Ich war von Anfang an gegen diese Zusammenkunft, Ben Mosche. Diese Leute haben uns bisher verraten und verkauft und werden es auch weiter tun.«

  Avidans Gesicht lief bei diesen Worten des alten Mannes dunkel an. »Ich habe mich entschlossen«, sagte er, »mir heute nacht deine Beleidigungen anzuhören, Akiba, weil im Augenblick zuviel auf dem Spiele steht. Ich verlasse mich darauf, daß du trotz aller Differenzen, die zwischen uns bestehen, Jude bist und dein Land liebst.«

  Er überreichte Akiba einen Durchschlag der »Zwölf Punkte« Haven-Hursts.

  Akiba gab das Dokument Ben Mosche, der den Schein seiner Taschenlampe darauf richtete.

  »Vor vierzehn Jahren schon habe ich gesagt, die Engländer seien unsere Feinde. Du wolltest es mir damals nicht glauben«, sagte Akiba leise.

  »Ich bin nicht hergekommen, um über Politik zu streiten. Wollt ihr mit uns zusammenarbeiten, ja oder nein?« fragte Avidan.

  »Wir wollen es versuchen«, sagte Ben Mosche.

  Nach dieser Zusammenkunft machten sich Gruppen von Verbindungsleuten an die Arbeit, den Plan für eine gemeinsame Aktion von Hagana und Makkabäern auszuarbeiten. Zwei Wochen später bekamen die Engländer die Antwort auf ihre Sprengstoffanschläge. In einer einzigen Nacht zerstörte die Hagana sämtliche Gleisanlagen und legte jeden Zugverkehr nach oder aus Palästina lahm. In der nächsten Woche brachen die Makkabäer in die Gebäude von sechs englischen Botschaften und Konsulaten in den Mittelmeerländern ein und zerstörten Aktenmaterial, das der Bekämpfung der illegalen Einwanderung nach Palästina diente. Gleichzeitig unterbrach der Palmach an fünfzehn Stellen die Ölleitung vom Mossul-Gebiet nach Haifa.

  Dann machten sich die Makkabäer daran, den Plan für die letzte und entscheidende Aktion auszuarbeiten: ein Attentat auf General Sir Arnold Haven-Hurst. Angehörige der Makkabäer bewachten Tag und Nacht die Schneller-Kasernen. Sie registrierten alles, was hineinging und herauskam, führten Buch über den Zeitpunkt der Ankunft und Abfahrt aller PKW und Lastwagen und stellten einen bis in alle Einzelheiten gehenden Grundriß des gesamten Gebäudekomplexes her.

  Nach vier Tagen sah es so aus, als sei einfach nichts zu machen. Haven-Hurst saß in der Mitte einer Festung, von Tausenden von Soldaten umgeben. Niemand, der nicht zum britischen Personal gehörte, durfte auch nur in die Nähe seiner Büroräume und seiner Dienstwohnung. Wenn Haven-Hurst diese Festung verließ, dann geschah es heimlich und unter schwerer Bewachung. Die Makkabäer würden hundert Leute verlieren, wenn sie diesen Geleitschutz angriffen.

  Doch dann entdeckte man eine verwundbare Stelle dieser scheinbar uneinnehmbaren Festung. Man stellte fest, daß ein
Privatwagen etwa dreimal in der Woche kurz nach Mitternacht die Schneller-Kasernen verließ und kurz vor Tagesanbruch wieder dorthin zurückkehrte. In dem Wagen war nur ein Fahrer in Zivilkleidung zu sehen. Die Regelmäßigkeit, mit der dieser Privatwagen zu dieser ungewöhnlichen Zeit fortfuhr und zurückkam, ließ ihn verdächtig erscheinen.

  Die Makkabäer machten sich daran, den Eigentümer dieses Wagens festzustellen: es war eine reiche arabische Familie. Sie stellten fest, daß dieser Araber mit den Engländern zusammenarbeitete und man durch ihn an Haven-Hurst nicht herankommen konnte. Inzwischen wurden Informationen über Herkunft, Lebensweise und sonstige Eigenarten von Haven-Hurst zusammengetragen. Es war den Makkabäern bekannt, daß der General ehrgeizig war und eine Frau aus einflußreicher Familie geheiratet hatte. Diese Ehe, die ihm gesellschaftlichen Rang und finanzielle Mittel verschafft hatte, hatte er niemals gefährdet. Haven-Hurst galt als Muster eines Menschen, der es ängstlich vermied, in irgendeiner Weise Aufsehen zu erregen. Man hielt ihn für einen unerträglich korrekten Burschen.

  Als die Makkabäer jedoch zu untersuchen begannen, was sich hinter dieser Fassade verbarg, entdeckten sie, daß Haven-Hurst nicht nur eine, sondern mehrere Affären gehabt hatte. Es gab bei den Makkabäern Leute, die vor Jahren im englischen Heer unter Haven-Hurst gedient hatten. Jeder von ihnen wußte von einer Geliebten zu erzählen.

  Man überlegte, ob sich Haven-Hurst in seiner Festung nicht vielleicht sehr einsam fühlte. Aus Rücksicht auf seine Ehe und seine Stellung würde er es nicht wagen, eine Frau in die SchnellerKasernen kommen zu lassen. Vielleicht fuhr er also irgendwo hin, um sich mit einer Geliebten zu treffen. Möglicherweise war Haven-Hurst ein unsichtbarer Mitfahrer dieses geheimnisvollen Autos, der regelmäßig von den Schneller-Kasernen zu irgendeiner Frau fuhr. Diese Vorstellung schien selbst den Makkabäern absurd, doch solange man noch nicht genau wußte, was es mit dem mysteriösen Wagen auf sich hatte, konnte man einen solchen Gedanken nicht einfach außer acht lassen. Wer konnte die Geliebte des Generals Haven-Hurst sein? Es gab keine Gerüchte, die einen Hinweis hierfür enthalten hätten. Falls er wirklich ein Liebesnest haben sollte, hatte er mit großer Geschicklichkeit verstanden, es geheimzuhalten. Keine Jüdin würde es wagen, sich mit ihm einzulassen, und Engländerinnen gab es nicht. Also kam nur eine Araberin in Frage. Versuchte man, dem Wagen nachzufahren, so riskierte man, entdeckt zu werden. Natürlich hatten die Makkabäer die Möglichkeit, diesem Wagen, der nachts allein durch die Gegend fuhr, den Weg zu versperren; doch der Führungsstab der Makkabäer hielt es für besser, festzustellen, wohin der Wagen fuhr. Dann konnte man ihn — falls Haven-Hurst darin fuhr — bei einem kompromittierenden Rendezvous überraschen.

  Man fand heraus, daß der Wagen einer Familie arabischer Großgrundbesitzer gehörte. Zu dieser Familie gehörte eine junge Frau, die durch ihre außergewöhnliche Schönheit, ihre Bildung und ihr Herkommen einen Mann wie Haven-Hurst sicherlich interessieren konnte. Die einzelnen Teile des Puzzle-Spiels fingen allmählich an, zusammenzupassen.

  Die Makkabäer beobachteten das Haus der arabischen Familie und beschatteten das Mädchen Tag und Nacht. Schon in der zweiten Nacht wurde ihre Ausdauer belohnt. Das Mädchen verließ gegen Mitternacht das Haus und begab sich zu einer Villa in El Baq'a, wo die reichen Araber ihre Häuser hatten. Eine halbe Stunde später kam das geheimnisvolle Auto an, hielt vor dem Haus, und die Makkabäer sahen für einen kurzen Augenblick Haven-Hurst, der aus dem Wagen stieg und sich eilig zu seinem Rendezvous begab.

  Gegen drei Uhr morgens wurde Haven-Hurst aus seinem Schlummer aufgeschreckt durch eine Stimme, die ihm aus der Dunkelheit ein biblisches Zitat zurief, das ihm das Blut gerinnen ließ: »Gelobt sei der Herr, der Israel rächt!«

  Haven-Hurst war mit einem Satz aus dem Bett. Die Araberin schrie auf, als die Schüsse der Makkabäer durch den Raum peitschten. Einige Stunden später erhielt das Britische Oberkommando einen Anruf der Makkabäer. Den Engländern wurde mitgeteilt, wo sie den Leichnam ihres Kommandeurs finden könnten. Außerdem wurden sie davon unterrichtet, daß der Tod des Generals Haven-Hurst fotografisch festgehalten worden sei. Falls die Engländer Vergeltungsmaßnahmen gegen die Juden ergreifen sollten, würden die Makkabäer diese Fotografien veröffentlichen.

  Im Britischen Oberkommando überlegte man sich, welche Auswirkungen der Skandal haben würde. Ihr Kommandierender General war im Bett seiner arabischen Geliebten ermordet worden! Man entschloß sich, die Sache zu vertuschen und öffentlich zu erklären, daß der General bei einem Autounfall ums Leben gekommen sei. Die Makkabäer waren damit einverstanden.

  Nachdem der General von der Bildfläche verschwunden war, hörte die Aktivität der Terroristen auf. Die bevorstehende Ankunft des Untersuchungsausschusses der UNO bewirkte im ganzen Land Ruhe, unter der allerdings eine unheimliche Unruhe schwelte.

  Ende Juni 1947 traf der Sonderausschuß der Vereinten Nationen, bekannt unter der Abkürzung UNSCOP, in Haifa ein. Die neutralen Beobachter waren dabei durch Schweden, Holland, Kanada, Australien, Guatemala, Uruguay, Peru, die Tschechoslowakei, Jugoslawien, den Iran und Indien vertreten.

  Für die Juden sah es ziemlich schlecht aus. Iran war ein mohammedanischer Staat. Indien war teilweise mohammedanisch, und der indische Delegierte war sowohl Mohammedaner als auch Vertreter eines Landes, das dem Britischen Commonwealth angehörte. Kanada und Australien gehörten gleichfalls zum Britischen Commonwealth. Die Tschechoslowakei und Jugoslawien, die zum sowjetischen Block gehörten, waren Länder mit antizionistischer Tradition. Die Vertreter von Südamerika, Uruguay, Peru und Guatemala waren vorwiegend katholisch und möglicherweise von der lauwarmen Einstellung des Vatikans gegenüber dem Zionismus beeinflußt. Nur Schweden und Holland konnten wirklich als unparteiische Länder angesehen werden.

  Die Araber dagegen waren mit der Anwesenheit der Vertreter der UNO nicht einverstanden. Sie riefen in Palästina den Generalstreik aus, veranstalteten Demonstrationen, fluchten und drohten. In den anderen arabischen Ländern kam es zu Unruhen und blutigen Ausschreitungen gegen die dort lebenden Juden.

  Barak ben Kanaan, der alte Kämpfer und Unterhändler, wurde vom Jischuw wieder einmal eingespannt. Zusammen mit Ben Gurion und Dr. Weizmann arbeitete er im Beratungsausschuß für die Delegierten der UNO.

  XIII.

  Kitty und Karen kehrten nach Gan Dafna zurück. Kitty wartete auf den geeigneten Augenblick für die entscheidende Aussprache mit Karen. Als der Brief von Dov Landau kam, beschloß sie, sie nicht länger aufzuschieben.

  Kitty, die Karen die Haare gewaschen hatte, drückte das Wasser aus dem langen, dichten, braunen Haar und rieb es mit einem großen Frottiertuch trocken.

  »Puh«, sagte Karen, nahm einen Zipfel des Handtuchs und wischte sich die Seife aus den Augen.

  Das Wasser im Teekessel kochte. Karen stand auf, band sich das Handtuch als Turban um den Kopf und brühte den Tee auf. Kitty saß auf dem Küchentisch und feilte und lackierte ihre Nägel.

  »Was hast du eigentlich?« fragte Karen.

  »Du lieber Gott, darf ich nicht einmal mehr denken, ohne es gleich zu sagen?«

  »Du hast irgendwas — schon die ganze Zeit, seit du von dem Ausflug zum Tiberias-See zurückgekommen bist. Ist irgendwas zwischen dir und Ari passiert?«

  »Zwischen mir und Ari ist eine Menge passiert, doch das ist es nicht, was mir zu schaffen macht. Karen, ich muß mit dir reden, über uns und unsere Zukunft. Mir scheint, es ist das Beste, wenn wir das jetzt gleich tun.«

  »Ich verstehe überhaupt nicht, was du meinst.«

  Kitty wedelte mit den Händen, damit der Lack auf ihren Nägeln trockne. Dann stand sie auf und steckte sich umständlich eine Zigarette an. »Weißt du eigentlich, was du für mich bedeutest und wie sehr ich dich liebe?«

  »Ja«, sagte Karen, »ich glaube schon.«

  »Dann mußt du mir auch glauben, daß ich mir alles sehr genau überlegt habe und nur dein Bestes will. Du mußt Vertrauen zu mir haben.«

  »Das habe ich auch — das weißt du doch.«

  »Es wird nicht leicht für dich sein, das, was ich dir jetzt sagen will, in seiner ganzen Bedeutung zu begreifen. Auch
mir fällt es schwer, darüber zu reden, weil mir viele von den Kindern hier sehr ans Herz gewachsen sind und mich sehr viel mit Gan Dafna verbindet. Karen — ich möchte dich mitnehmen nach Haus, nach Amerika.«

  Karen sah Kitty fassungslos an. Im Augenblick begriff sie nicht, was sie gehört hatte, oder sie glaubte, nicht richtig verstanden zu haben.

  »Nach Haus? Aber — mein Zuhause ist doch hier. Ich habe kein anderes Zuhause.«

  »Ich möchte, daß dein Zuhause bei mir ist — immer.«

  »Das möchte ich auch, Kitty — ich habe keinen größeren Wunsch. Ach, das ist alles so sonderbar.«

  »Was denn, mein Liebes?«

  »Wie du da eben sagtest: nach Hause, nach Amerika.«

  »Aber ich bin nun einmal Amerikanerin, Karen. Das ist meine Heimat, und ich habe Sehnsucht nach ihr.«

  Karen mußte sich auf die Lippen beißen, um nicht zu weinen. »Komisch, nicht wahr? Ich hatte gedacht, wir könnten immer so weiterleben, wie wir jetzt leben. Du wärest in Gan Dafna, und —.« »Und du beim Palmach — und dann in irgendeinem Kibbuz an der Grenze, nicht wahr?«

  »Ja, ich glaube, so ungefähr hatte ich es mir vorgestellt.«

  »Es gibt vieles hier, was ich schätzen und lieben gelernt habe. Doch dieses Land ist nicht meine Heimat, und die Menschen hier sind nicht meine Landsleute.«

 

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