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Don't LOVE me (Die Don't Love Me-Reihe 1) (German Edition)

Page 33

by Kiefer, Lena


  »Hör schon auf, du hast gewonnen.« Fiona sah mich feindselig an.

  »Gut. Dann brauche ich nur noch eine Sache.«

  »Was denn?«, fauchte sie.

  »Deine Generalkarte.« Ich streckte die Hand aus. »Ich habe keinen Bock, darum betteln zu müssen, dass du meine Log-Daten löschst, sondern mach es lieber selbst.«

  Sie riss sie von der Halterung an ihrem Gürtel und knallte sie mir förmlich in die Hand. »Tu, was du willst.«

  »Werde ich.« Ich steckte die Karte ein und ließ Fiona mit der Angst zurück, ich könnte sie verraten. Was ich vermutlich erst mal nicht tun würde. Wer wusste schon, wann mir dieses Druckmittel später noch nützlich sein konnte. Zum Beispiel, um eine zusätzliche Stimme im Rat zu bekommen, wenn es drauf ankam.

  Fünf Minuten später war ich im Park, zwei danach am Zaun zum Campingplatz. Die meisten Wohnmobile waren längst dunkel, Camper gingen offenbar früh schlafen. Mit angehaltenem Atem lief ich auf Kenzies Van zu, aber als ich näher kam, erkannte ich – auch hier brannte kein Licht. Enttäuscht stieß ich die Luft aus und wollte schon umdrehen, bevor man mich entdeckte. Dann hörte ich jedoch Kenzies Stimme. Ganz leise nur, sie sprach gedämpft mit jemandem. Ich schlich näher und ging im Schatten von Loki in Deckung.

  »Hey, Willy. Ich wollte nur Bescheid sagen, dass ich gut angekommen bin. Wie geht es Leni?«

  Kenzie saß auf der Bank in Richtung Loch und telefonierte offenbar mit ihrer Schwester. Ich kam mir vor wie ein Stalker, aber trotzdem ging ich in die Hocke, um zu lauschen. Ich konnte nicht anders.

  »Ich habe ihn nur kurz gesehen … keine Sorge, ich habe es überstanden.« Ihre Worte klangen erschöpft, soweit ich das überhaupt ausmachen konnte. Sie sprach sehr leise und der Wind tat sein Übriges. »Nein, ich habe nicht mit ihm geredet. Warum auch? Es gibt nichts mehr zu sagen. Ich hoffe nur, dass er Abstand hält.«

  Ich atmete ein, aber ich kam nicht dazu, den Schlag zu verdauen, den mir ihre Worte versetzten, weil sie längst weiterredete.

  »Es sind noch zwei Wochen, das schaffe ich schon. Ich bin einfach froh, wenn es vorbei ist und ich ihn nicht mehr sehen muss.«

  Mir wurde schlagartig kalt, als ich sie das sagen hörte und die Endgültigkeit darin erkannte. Sie klang, als wäre es eine unerträgliche Last für sie, mir zu begegnen, als würde sie sich wünschen, dass es nie wieder dazu kam. Damit hatte ich meine Antwort – und das, ohne mit ihr gesprochen zu haben: Alles, was sie am Telefon zu mir gesagt hatte, war absolut auch so gemeint gewesen. Sie wollte mich nicht. Sie wollte mich nicht einmal sehen, geschweige denn mit mir reden oder irgendetwas anderes. Mein Magen krampfte sich zusammen, als mir bewusst wurde: Ich hatte gehofft. Auf ein anderes Ende. Aber das würde es nicht geben. Und es war Zeit, damit klarzukommen.

  Als ich mich erhob und über den breiten Weg zum Zaun ging, ließ ich meine Hoffnungen bei Kenzie zurück. Alles, was ich jetzt noch wollte, war, dass die nächsten sieben Tage verflogen, damit ich abhauen konnte. Wie hatte Kenzie gesagt? Ich bin einfach froh, wenn es vorbei ist.

  »Ich auch«, murmelte ich leise, »glaub mir, ich auch.«

  34

  Kenzie

  Vor dem Meeting am Montag im Hotel bekam ich kein Auge zu, weil ich riesige Angst vor der ersten richtigen Begegnung mit Lyall hatte. Aber er tauchte gar nicht auf.

  Auch nicht bei dem Treffen am Dienstag oder Donnerstag. Er blieb sämtlichen Besprechungen fern, obwohl er noch da war, denn ich sah ihn ab und zu von Weitem im Neubau mit dem Architekten reden. Offenbar hatte er eine Ausrede gefunden, um nicht an den Terminen teilnehmen zu müssen.

  Das hätte mich erleichtern sollen. Nur war es nicht so. Die ganze ausweglose Situation bescherte mir einen Phantomschmerz, den ich umso heftiger spürte, je länger ich Lyall nicht sah. Alles in mir sehnte sich nach ihm, nach einem neckenden »Miss Bennet«, nach einer Berührung, nach uns beiden in einem Bett – während ich genau wusste, ich musste Abstand halten.

  Es war jedoch ein Auf und Ab. Manchmal war ich drauf und dran, ihn zu suchen und ihm alles zu beichten, damit dieser grauenhafte Zustand ein Ende hatte. Damit ich aufhören konnte, ihn zu vermissen. Aber immer rechtzeitig rief ich mich zur Ordnung und bekam die Kurve. Dann flüchtete ich mich in die Werkstatt und arbeitete an den Entwürfen für die Raumteiler, die eine Firma in Glasgow nun in Serie herstellen sollte. Die Arbeit lenkte mich ab, zumindest kurz. Nur spätestens am Abend, wenn es unausweichlich wurde, Loki zu betreten, kam der Schmerz zurück, und an kaum einem dieser Tage war ich stark genug, um ihn wegzuschieben. Als ich nach Kilmore gekommen war, hatte ich geglaubt, die Trauer um meine Mutter wäre das Schlimmste, was ich empfinden könnte. Jetzt wusste ich es besser.

  Immerhin war nun endlich Samstag und damit das vorletzte Wochenende angebrochen, an dem ich hier sein würde. Noch eine Woche, dann war es vorbei. Dann fuhr ich nach Hause und Lyall flog wieder nach Chicago. Und ich würde ihn nie wiedersehen.

  »Kenzie? Bist du fertig?«, rief Amy von draußen.

  Ich wischte mir schnell über die Augen. »Ja, eine Sekunde!« Hastig prüfte ich mein Outfit im Spiegel – Amy hatte mir einen Rock von ihrer Schwester geliehen, der aus Tartanstoff gefertigt war und deswegen ideal zu dem Spektakel passte, das heute und morgen auf dem Gelände des Grand stattfand. Ich hatte mich nicht dagegen gewehrt, zu den Spielen zu kommen. Dort waren genug Leute, um Lyall in der Menge aus dem Weg gehen zu können, und trotz meines Kummers war ich neugierig auf das Event.

  Als ich den Van verließ, stand Amy davor, in einen ähnlichen Rock wie ich gekleidet, nur, dass meiner rot-grün kariert war und ihrer blau-grün. Ich hatte ein dunkelgrünes Top mit kurzen Ärmeln dazu gewählt, sie trug ein Poloshirt.

  »Steht dir ausgezeichnet.« Sie lächelte mich an. »Und, wie schottisch fühlst du dich auf einer Skala von 1 bis 10?«

  Ich grinste schnell. »Solide 6,5. Der Rock macht davon aber ungefähr die Hälfte aus.«

  Amy lachte. »Das war ja auch der Plan. Komm, gehen wir. Ich will den Anfang nicht verpassen.« Sie hakte mich unter und wir liefen zum hinteren Ausgang des Campingplatzes, der direkt zu der großen Rasenfläche führte, die normalerweise ungenutzt hinter dem Hotelpark lag. Schon gestern hatte ich gesehen, wie Zelte aufgebaut worden waren und Helfer ein riesiges rundes Areal abgesteckt hatten. Jetzt tummelten sich hier unglaublich viele Menschen, die um die Arena herumstanden oder sich an den Essensständen einen Snack holten. Amy zog mich mit zu einer kleinen Tribüne und stieg in die oberste Reihe. Von dort aus hatte man eine gute Sicht über das Gelände.

  »Wie läuft das ab?«, fragte ich. »Gibt es erst Baumstammweitwurf und dann Tauziehen? Oder umgekehrt?«

  »Erst einmal werden die Teams präsentiert«, sagte Amy mit wichtiger Miene. »Im Prinzip kämpft jeder für seine eigenen Punkte, aber es gibt auch einen Teamwettbewerb. Traditionell hat Kilmore mehrere Mannschaften am Start – in einer davon ist Drew –, aber es kommen auch einige aus anderen Städten Schottlands, und dann gibt es natürlich noch die Hendersons. Die haben immer ihr eigenes Team.« Sie spähte über die Menge hinweg. »Oh, die Teilnehmer marschieren auf. Das ist das Beste daran.«

  Aus einem weißen Zelt am Rande des Areals kamen in diesem Moment zunächst zehn Dudelsackspieler in voller Montur, die ein traditionelles und sehr getragenes Stück spielten. Dann folgten fünf Schotten in rot gemusterten Kilts und Kniestrümpfen, einer größer als der andere und alle bester Laune. Es war ein imposantes Bild, als sie sich nebeneinander aufreihten und zu den Zuschauern sahen. Diesem ersten folgten noch sechs weitere Teams, in einem davon Drew, der das gleiche blaugrüne Schottenkaro wie Amy trug. Und dann verließen die Hendersons das Zelt. Mein Blick glitt über Finlay hinweg, der ganz vorne war, nur um Lyall zu suchen, der schließlich als Letzter herauskam.

  Heilige Scheiße.

  Bis zu diesem Tag hatte ich nicht kapiert, wieso sämtliche Frauen beim Anblick eines Schotten im Kilt fast ohnmächtig wurden. Jetzt verstand ich es.

  Es war, als wäre er für diese Klamotten geboren worden. Für das Tragen des Henderson-Tartans, der in Dunkelgrün und Silber gehalten schlicht und elegant war. Lyall trug zu seinem Ki
lt ein schwarzes Shirt mit einem Wappen auf der Brust, wahrscheinlich das seiner Familie, und an den Füßen einfach nur grobe Boots. Als er neben Finlay zum Stehen kam und ernst in die Menge sah, bildete ich mir ein, dass ein Raunen durch die Reihen ging und ihn so ziemlich jede Frau auf dem Platz und sogar einige Männer anstarrten. Und ich konnte es verstehen. Er sah auch in allem anderen verboten gut aus. Aber dieses Outfit machte Lyall Henderson endgültig zum heißesten Typen auf dem Planeten.

  Ohne mich von dem Anblick erholt zu haben, registrierte ich den Rest von Lyalls Team. Neben ihm stand Finlay, der sich für ein schwarzes Hemd entschieden hatte, und sein älterer Bruder Logan, der jetzt viel weniger seriös dreinschaute als auf dem Familienfoto. Aber wenn man glaubte, dass nur die Jungs die Hendersons repräsentierten – Fehlanzeige. Edina und Fiona waren ebenfalls mit von der Partie, genauso in Kilts, wenn auch schmaler geschnitten, mit dem Familienwappen auf dem Shirt, die Haare in einem geflochtenen Zopf. Alle fünf zusammen sahen aus wie bei einem Casting für die schottische Tourismusbehörde. Nein, eher wie nach dem Casting. Wenn man alle nicht umwerfend schönen Kandidaten bereits aussortiert hatte.

  Aber egal, wie gut die anderen vier aussahen, mein Blick flog wieder zu Lyall, und mein Körper schmerzte, so schlimm war es, ihn dort stehen zu sehen und zu wissen, ich würde ihm nie wieder nahe sein dürfen. Und im nächsten Moment sah er ebenfalls zu mir, als hätte er mich in der Menge gespürt. Auch diesmal hielt ich die Luft an – obwohl er sich so schnell abwandte, dass ich nicht erahnen konnte, was er wohl dachte. Hatte er mich schon abgehakt? Bei unserer Begegnung im Wald hatte es nicht danach ausgesehen. Aber da war ich schließlich selbst sofort verschwunden, damit er mir bloß nichts anmerkte.

  »Klapp den Mund zu, Kenzie«, riss mich Amy aus meinen Gedanken. Kein Wunder, sie wusste nicht, dass Lyalls Anblick mich viel heftiger traf als jeden anderen hier. »Du hast so lange durchgehalten, krieg jetzt in deiner letzten Woche bloß keinen Anfall von Lyallitis.«

  Zu spät , dachte ich nur. Aber da stießen zum Glück Tamhas und Mara zu uns, sodass ich nicht antworten musste.

  »Du machst nicht mit?«, fragte ich Drews besten Freund.

  »Bist du wahnsinnig?« Mara lachte. »Tam würde mit dem Baumstamm nur irgendjemanden erschlagen. Seit er in der sechsten Klasse mal beim traditionellen Hochwurf seinen Sportlehrer mit dem Gewicht getroffen hat, darf er an nichts mehr teilnehmen, das mit den Worten Highland und Games zu tun hat.«

  Der Geächtete hob die Schultern. »Ich kann eben echt gut zielen. Und ich mochte den Lehrer nicht besonders.«

  Ich zwang mich zu einem Grinsen und versuchte mir einzureden, dass die Spiele eine gute Ablenkung wären. Es würde ein buntes, lautes, vielfältiges Spektakel werden, und ich wollte es wenigstens ein bisschen genießen. Also nahm ich mir vor, mich grundsätzlich auf die Teilnehmer zu konzentrieren, die gerade Gewichte warfen, ein Fass rollten oder an einem Tau zogen – und möglichst wenig zu Lyall rüberzuschauen.

  Es war jedoch sehr schwer, ihn zu ignorieren, wenn er selbst an der Reihe war. Dann folgte ich jeder Bewegung seiner Muskeln, jeder Regung seines Gesichts, um mir einzuprägen, wie er aussah, für die Zeiten, wenn keiner von uns mehr hier sein würde. Mein Herz schmerzte dabei in jeder Sekunde, aber ich flüchtete nicht. Ich blieb und hielt es aus. Als wäre es die gerechte Strafe für das, was ich getan hatte.

  Nach den ersten vier Disziplinen wurde die offizielle Mittagspause ausgerufen, und Amy machte sich mit Mara auf, um uns etwas zu essen zu besorgen. Tamhas dagegen wollte Drew gratulieren, der beim Hammerwerfen eine ziemlich gute Figur gemacht hatte. Ich stieg von der Tribüne und ging mit meinem Handy in der Hand ein Stück von der Szenerie weg, um für meine Schwestern ein Bild von dem Treiben zu machen.

  »Hey, Kenzie.«

  Ich zuckte zusammen, denn Edina Henderson war wieder einmal wie aus dem Nichts neben mir aufgetaucht.

  »Hey«, sagte ich.

  »Ich dachte schon, du wärst gegangen.« Sie sah mich aufmerksam an. »Wie geht es dir?«

  Ich hob nur die Schultern. »Furchtbar trifft es ganz gut, schätze ich.«

  »Ja, ich weiß, was du meinst.« Ihr Blick ging hinüber zu der Menge und zu Finlay, der in einiger Entfernung neben seinem Bruder stand. »Aber wir werden das schon überstehen, irgendwie«, sagte sie, als sie mich wieder anschaute, und lächelte schief.

  Ich schnaubte unglücklich. »Redest du das gerade mir ein oder dir selbst?«

  »Uns beiden, schätze ich. Aber –«

  »Edie!« Wir sahen uns um und ich entdeckte Lyall neben dem Pie-Stand. Lyall in seinem Kilt, die dunklen Haare leicht wellig, weil er bei den Wettkämpfen geschwitzt hatte, das Gesicht noch ernster als vorhin bei der Parade. Mein Herz stockte für eine Sekunde, dann begann es, schmerzhaft schnell zu schlagen. Am liebsten wäre ich zu ihm gelaufen und hätte mich in seine Arme geworfen. Aber ich tat – nichts.

  »Er denkt, ich mache dich fertig, weil du ihm wehgetan hast«, raunte Edina mir hastig zu. »Spiel mit, okay?« Sie drehte sich zu ihrem Bruder um und rollte genervt mit den Augen. »Ich unterhalte mich gerade, Lye. Was ist denn?«

  »Dein Typ wird verlangt.« Er blieb stehen, wo er war, höchstens fünf Meter von mir entfernt. So nah war er mir nicht mehr gewesen, seit er mich im Krankenhaus zum Abschied geküsst hatte. Jetzt wich er meinem Blick allerdings aus, und ich war dankbar dafür, denn ich schaffte es nicht, das Gleiche zu tun.

  »Geht das auch genauer?« Edina tat verärgert.

  »Moira sucht dich«, sagte Lyall. »Mum sitzt immer noch in Paris am Flughafen fest, und man will, dass du für sie beim Mittagessen mit dem Bürgermeister einspringst.«

  »Das kann Finlay genauso gut machen.«

  »Nein, kann er nicht«, beharrte Lyall. »Moira will, dass du es übernimmst.«

  Die Geschwister fochten den Rest nur mit Blicken aus, schließlich schnaubte Edina und ging, ohne mich auch nur anzusehen.

  »Sorry«, murmelte sie leise. Dann verschwand sie mit ihrem Bruder, während die beiden zischend miteinander stritten. Als sie schon ein ganzes Stück entfernt waren, sah Lyall über seine Schulter zu mir. Der Blick fuhr mir wie ein Schlag in den Magen, obwohl er keinerlei Emotionen zeigte. Vielleicht auch genau deswegen. Weil ich wusste, er würde mich nie wieder anders ansehen als so.

  Amy und Mara entdeckten mich, in den Händen Schachteln mit Pommes und etwas anderem Frittierten, das ich nicht identifizieren konnte. Aber ich schüttelte nur den Kopf und ging an ihnen vorbei. Ich hielt es hier nicht mehr aus. Ich konnte Lyall keine einzige Sekunde länger zusehen.

  »Hey, wo willst du hin?« Amy schwenkte eine der Pappschalen. »Gleich geht es weiter mit dem Baumstammwerfen. Das ist ein Highlight.«

  »Sorry, ich muss los.« Ich deutete in Richtung Campingplatz. »Kleiner Notfall zu Hause. Meine Schwester hat angerufen, sie brauchen meine Hilfe bei dem Kostüm, das Eleni bei der Aufführung in zwei Wochen tragen soll. Also muss ich ihnen einen Fernnähkurs geben. Ich wette, ihr schafft das mit dem Jubeln auch allein.«

  »Aber du kommst nachher zum Loch, oder?«, fragte mich Amy. »Wir feiern Drews Sieg oder ertränken seine Niederlage.«

  Ich rang mir ein Lächeln ab. »Klar. Das lasse ich mir nicht entgehen.«

  Und dann flüchtete ich von der Tribüne, vom Gelände, weg von Lyall und meinen Gefühlen für ihn. Nur dass ich ihnen nicht entkam. Ich konnte lediglich hoffen, dass sie freiwillig verschwanden.

  Eines Tages.

  Beinahe hätte ich die Party mit den anderen sausen lassen. Aber nach mehreren Stunden des Verkriechens wurde mir Loki wieder einmal zu klein, und ich hatte nichts, wo ich hinkonnte, außer zu dieser Feier am Loch. Also ging ich, und es war ganz nett, denn es gab ein Lagerfeuer mit Marshmallows, und alle zogen Drew damit auf, dass er beim Baumstammwurf nicht mal ansatzweise 12 Uhr getroffen hatte, wie es sein sollte, sondern eher ein klägliches halb drei. Während sie spotteten, achtete niemand auf mich, und ich konnte stumm dasitzen, meinen Becher mit Scotch in der Hand. Aber als kurz darauf die Hendersons Thema wurden, die sich vor allen anderen Kilmore-Mannschaften auf Platz 2 gekämpft hatten, spannte ich mich an.
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  »Ich will gar nicht wissen, wie viele von den Weibern die mit in ihre schicken Hotelzimmer nehmen«, lästerte ein Freund von Drew, den ich bis heute noch nie gesehen hatte. »Habt ihr bemerkt, wie die Mädels die drei Kerle angestarrt haben? Als gäbe es unter uns Normalsterblichen keine heißen Typen.«

  Na, du bist jedenfalls keiner, du Idiot, dachte ich.

  »Nicht die drei Kerle«, meldete sich Aaron Delaney, schon deutlich angetrunken. »Die meisten waren nur scharf auf Lyall, so wie immer. Vielleicht sollten wir endlich mal im Ort ans Schwarze Brett schlagen, was er mit Ada gemacht hat. Damit alle gewarnt sind.«

  »Nee, selbst das hält sie vermutlich nicht ab.« Drew schüttelte den Kopf. »Es gibt schließlich auch Frauen, die Serienkillern Liebesbriefe in den Knast schreiben, wenn sie nur gut genug aussehen.«

  »Immerhin hat Kenzie noch die Kurve gekriegt.« Aaron zeigte auf mich. »Sonst wär sie vermutlich schon längst nicht mehr hier.«

  Wut stieg in mir hoch.

  »Na, dann müsste ich immerhin nicht dein dummes Gelaber ertragen«, gab ich scharf zurück. Ich hasste es, wenn sie so über Lyall redeten. Als wüssten sie irgendetwas über ihn.

  »Oho! Da ist aber jemand bissig heute.« Aaron lehnte sich vor. »Was ist los? Hat er dich etwa rumgekriegt und danach nicht mehr angerufen?«

  »Nein, leider war da nichts«, sagte ich und ließ es bedauernd klingen. »Aber falls doch, wäre es sicherlich fantastisch gewesen. Wenn ihr mich fragt – ich für meinen Teil verstehe, warum sich ihm alle an den Hals werfen. Im Gegensatz zu vielen anderen haben die Hendersons nämlich Klasse.«

  Manche lachten, weil sie meine Worte für einen Scherz hielten. Der Rest sah mich sensationsgierig an. Ich wusste, sie fragten sich schon länger, ob da was lief.

  Aber weil ich keine Lust auf die Spekulationen hatte und sicher nicht auf irgendwelche dämlichen Fragen antworten wollte – geschweige denn noch mehr Lästereien über Lyall ertragen –, stand ich auf, sagte Amy und Mara, dass ich ins Bett gehen wollte, und verschwand dann vom Strand.

 

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