In einem Moment des absoluten Leichtsinns fasse ich nach ihrer Hand.
»Bonnie …«, sage ich.
33 – Bonnie
Heute
Jaspers Finger sind um mein Handgelenk geschlungen. Ich bleibe wie angewurzelt stehen, unterbreche mein nervöses Herumtigern. Doch ich wage es nicht, ihn anzusehen. Schlimm genug, dass mein Kopf offenbar einen Kurzschluss erlitten hat und ich auf einmal völlig ungefiltert Gefühle herauslasse, die ich über dreizehn Jahre für mich behalten habe. Ihm jetzt in die Augen zu blicken und zu sehen, dass er einfach nur konzentriert an einem Songtext arbeiten will, würde ich nicht ertragen.
Er zieht mich sanft zurück auf den Klavierhocker, auf dem eigentlich kein Platz ist für zwei. Aber er hat recht. Kreativität ist etwas Intimes. Wenn der Song gut werden soll, müssen wir zusammenarbeiten.
»Entschuldige«, sage ich. »Im Denkprozess …« Ich suche fieberhaft nach einer Ausrede.
»… brauchst du manchmal Bewegung?«, bietet Jasper an, und ich spüre, wie sein Griff sich lockert, er ein wenig von mir wegrutscht, so als würde er sich mehr Raum verschaffen wollen. Oder mir.
»Ja.« Das ist es natürlich nicht. Die Nähe zu Jasper setzt mein Gehirn außer Kraft. Sie macht mein dämliches Herz stärker, sodass es sich auf einmal Gehör verschafft.
»Also, wo waren wir?«, fragt Jasper, schlägt die letzten Takte noch einmal an. »What took you so long«, singt er leise mit seiner weichen Stimme dazu, und mir läuft es kalt den Rücken hinunter, obwohl ich mit dem Feuer spiele.
Wir lassen die erste Strophe hinter uns. Die paar Ideen, die wir bislang haben, hat Jasper auf einem Block festgehalten. Den Bleistiftstummel steckt er sich hinter sein Ohr. Dann dreht er sich zu mir, lächelt aufmunternd.
Ohne den Blick von mir abzuwenden, spielt er den Refrain. Einmal, und noch einmal. Er sieht mich an und bringt damit etwas in mir zum Glühen. Es ist so heiß, dass ich nicht mehr schlucken kann. Kaum noch in der Lage bin zu atmen. Meine Hand zittert leicht, und ich kneife mich in den Oberschenkel.
Als er den Refrain erneut von vorne beginnt, kann ich nicht anders. »I’ve been dreaming, yearning, craving …«, flüstere ich, räuspere mich, wiederhole die Zeile, will am liebsten im Erdboden versinken, verfluche mein dummes Herz, schelte meinen nutzlosen Kopf –
»For far too long«, singt Jasper. »And now my fantasy …«
Der Kloß in meinem Hals schnürt mir die Luft ab. Etwas hat sich in Jaspers Blick verändert. Es ist ein Blitzen, das ich bei ihm noch nie gesehen habe. Ich erstarre und spüre, dass mein Kopf die Kontrolle abgibt. Er kapituliert vor der emotionalen Übermacht. Er hat keine Chance. Hat nie eine gehabt. Nicht so. Nicht in Jaspers Nähe.
»… is on the verge to reality.« Es klingt wie eine Frage. Eine Frage, die jetzt zwischen uns hängt. Während Jasper mich ansieht, ich ihn ansehe. Merke, dass ich mir am liebsten ein paar Tonnen Sand kaufen würde, um meinen Kopf reinzustecken. Aber welcher normale Mensch macht das schon … Hitze steigt mir ins Gesicht. Sengende Hitze. Unerträgliche Hitze. Ich würde mir gern meine Wasserflasche über den Kopf kippen. Ihn aufwecken. Stattdessen jubelt mein Herz, tanzt in meiner Brust. Hofft und bangt und hofft.
Jaspers Mundwinkel zucken kaum merklich nach oben. Nur ganz kurz. Für eine Millisekunde. Und dann verändert sich erneut etwas in seinem Blick. Die Unsicherheit weicht Entschlossenheit. Beinahe scheint es, als würde er nicken. Und dann –
Er senkt kurz den Blick. Ich hoffe, bete, dass er sich wieder dem Klavier zuwendet, nicht zwischen den Zeilen – ach was, nicht die Zeilen liest. Doch er sieht nicht auf die Tasten. Er sieht zwischen uns. Sucht mit seinen Fingern nach den meinen, verwebt sie. Was passiert hier? Seine Berührungen sind vorsichtig, als fragte er um Erlaubnis. Und mein Herz gibt sie ihm. Gibt sie ihm bereitwillig. Es hat so lange darauf gewartet. Zu verlangen, dass es jetzt die Notbremse zieht, wäre Selbstmord.
Jaspers schlanke Finger, meine kleinen, mit Hornhaut versehenen dazwischen. Seine sind lang und weich. Elegante Pianistenhände. Sie sind trocken und warm. Sie umgeben meine Hand, umfassen sie. Fühlen sie. Sein Daumen streicht über meinen Handrücken. Und ich wünschte, er würde meine Hand noch fester halten. So fest, dass sie nicht mehr zittert. Dass sie Ruhe gibt. Vielleicht könnte er auch mein Herz halten. Es drücken. Es beruhigen. Oder zerdrücken. Ihm seinen Platz zeigen. Vielleicht könnte er mein Gehirn aus seiner Starre befreien. Doch nichts von alledem geschieht.
»Bonnie«, sagt er erneut.
Ich wage es kaum, meinen Blick von unseren verschlungenen Fingern abzuwenden. Doch eine unsichtbare Kraft zwingt meinen Kopf, sich zu heben. Wir sehen uns an. Und Jasper sieht in mich hinein. So scheint es. Nun kann er alles lesen. Zwischen den Zeilen, in den Zeilen, zwischen den Gedanken, in den Gedanken. Ich fühle mich entblößt. Bis auf die Knochen. Vielleicht sieht er sogar in meine Knochen. Die ihn ebenfalls lieben. Sich nach einem Moment wie diesem verzehrt haben. Geschmerzt haben vor Sehnsucht.
Er hebt seine linke Hand und legt sie an meine Wange. Ich schließe die Augen, lehne mich in die Berührung. Mir stockt der Atem, und ich erwarte, mich jeden Moment zu verschlucken. Das wäre die Lösung! Ein Schluckauf, ein Lachen, ein Abwenden und dann ein So-tun-als-wäre-nie-etwas-gewesen. Darin sind wir besonders gut.
Doch ich verschlucke mich nicht. Ich fühle einfach Jaspers Handfläche an meinem Gesicht. Langsam beginnt er, seine Finger über meine Haut gleiten zu lassen. Meine Augen bleiben fest geschlossen, aber ich fühle, wie sich sein Blick noch immer in mich hineinbohrt. Und was mich vor wenigen Sekunden noch beschämt hat, erregt mich nun. Auf eine noch nie gekannte Art. Die Tatsache, dass er mich bis auf die Seele auszuziehen scheint. Dass seine Augen dorthin sehen, wo noch nie jemand war. Wo selbst ich nur dann hingehe, wenn ich keinen anderen Ausweg mehr weiß.
Ich höre nichts als das Wummern meines Herzens, das sich am Ziel seiner Träume wähnt, und meine schnaufenden, unregelmäßigen Atemzüge. Meine Haut fühlt sich an, als würde sie verbrennen, als würde sie mit winzigen Nadeln traktiert, als wäre sie im Himmel. Als wäre ich im Himmel. Denn obwohl es in mir tobt und reißt und zerrt, ist es doch das Süßeste, was ich je empfunden habe. Es ist ein innerer Kampf, der bewirkt, dass ich aufstöhnen will.
»Bonnie.« Wieder höre ich meinen Namen. Und nun spüre ich, wie Jasper seinen Kopf an meinen lehnt. Weiß er, was er hier tut? Einer von uns muss die Kontrolle behalten. Weiß er, dass ich es bin? Weiß er, zu wem der Name Bonnie gehört? Stirn an Stirn, Hand in Hand sitzen wir einen Moment da. Dann berühren sich unsere Lippen. Und ich sterbe.
Es ist perfekt. Es ist wunderschön. Es ist alles, was ich je wollte, alles, was ich nie durfte. Was ich immer noch nicht darf, aber es spielt keine Rolle. Nicht hier. Nicht jetzt. Seine Lippen sind warm, sie sind weich und sanft. Vorsichtig, zögerlich. Sie liegen einfach nur auf meinen, die beginnen zu beben. Die sich nach mehr sehnen und gleichzeitig Angst haben vor dem, was dann folgt.
Ich liebe dich, denke ich. Ich liebe dich. Ich liebe dich. Ich. Liebe. Dich. Ichliebedich. Liebe dich. Ich, Bonnie, liebe dich, Jasper. Mein Herz springt beinahe aus meiner Brust, während er wieder und wieder die Lippen spitzt, zärtliche Küsse auf meine haucht. Ich will es erwidern, aber ich kann nicht. Ich bin erstarrt. Versteinert. Äußerlich. Innerlich bin ich so lebendig, wie ich es in meinem ganzen Leben noch nie war.
Plötzlich zieht er sich ein wenig zurück, und ich muss dem unbedingten, lebensnotwendigen Drang widerstehen, ihn wieder an mich zu ziehen.
»Willst du das?«, flüstert er.
Ich reiße die Augen auf. Natürlich will ich es! Will es, wie ich noch nie zuvor etwas gewollt habe! Ich schlucke. Nicke. Zumindest glaube ich, dass ich es tue.
»Es ist nur …«, sagt er leise, »… es wirkt nicht, als würde es dir gefallen.«
Fast muss ich laut loslachen. Mir nicht gefallen? Ich könnte vor Glück schreien! Weinen! Tanzen! Und gleichzeitig bin ich wie gelähmt, weil die Tatsache, dass es passiert, so unerträglich schön ist!
»Esgefälltmir«, nuschle ich, und entweder ist es die Angst, er könnte aufhören, oder die Tatsache, dass ich jetzt vol
lkommen durchdrehe, aber ich schlinge meine Arme um seinen Hals, presse meinen Mund auf seinen.
»Oh, okay«, sagt er noch mit einem leisen Lachen, dann öffnet er die Lippen – und ich bin verloren.
Ich spüre, wie seine Zunge sich langsam vortastet, mit ihrer Spitze meine Lippen streift. Meine antwortet, indem sie erst zaghaft, dann mutiger über Jaspers streicht. Es ist nicht das erste Mal, dass ich ihn schmecke, und doch ist alles neu. Sein Duft nach Aftershave, der Geschmack nach Wärme – ich lasse mich hineinsinken in unseren Kuss, lasse mich fallen. Tiefer und immer tiefer reißt es mich hinunter und in ihn. Tiefer und tiefer dringen unsere Zungen in unsere Münder vor. Streicheln sich, ringen miteinander, erkunden, finden ihren Rhythmus. Mir entweicht ein sehnsüchtiges Keuchen, das ich nicht unterdrücken kann. Doch Jasper versteht es als Einladung, zieht mich an sich, auf seinen Schoß. Mit wackligen Beinen lasse ich es geschehen, helfe mit, so gut ich kann, positioniere meine Knie links und rechts von ihm. Ich umfasse Jaspers Nacken, spüre den rasierten Haaransatz, der in etwas längere feine Locken übergeht.
Jaspers Arme sind um meinen Körper geschlungen. Einer um meine Mitte, der andere um meine Schultern. So hält er mich dicht an seine Brust gedrückt, während unsere Zungen ein ums andere Mal von seinem Mund in meinen gleiten.
Innerlich explodiere ich beinahe vor süßen, überquellenden Empfindungen. Kleine Feuerwerke werden in jedem noch so versteckten Winkel meines Körpers gezündet. Und ohne, dass ich es mitbekommen hätte, befinden wir uns auf einmal auf dem Fußboden. Ich liege auf Jasper, wir küssen uns, wir fühlen uns. Seine Hände streichen über meinen Rücken, ziehen sanft an meinen Braids, legen sich um meinen Nacken.
Ich spüre Jaspers Atem an meiner Wange, seinen süßen, heißen Atem, sauge ihn in mich auf, als wäre er die einzige Luft, die ich zum Atmen brauche. Und gleichzeitig bin ich mir sicher, dass es nur ein Traum ist. Ein Traum, den ich gefühlt mein Leben lang geträumt habe. Ich schwebe über uns, sehe uns zu bei diesem wahnwitzigen Abenteuer. Es ist nicht echt, sagt die schwebende Bonnie, während die küssende es nicht wahrhaben will und mit Jasper zu einer Einheit verschmilzt.
Wieder ist es, als hätten wir Sekunden – oder sogar Minuten – einfach übersprungen. Ich spüre noch Jaspers Hemdknöpfe zwischen meinen Fingern, obwohl sie längst nicht mehr da sind. Stattdessen ist dort nun seine nackte Brust. Die dunklen gelockten Haare, über die ich mit meinen Händen streiche. Sie fühlen sich an wie nichts, das ich jemals berührt habe, und doch habe ich das Gefühl, sie in- und auswendig zu kennen.
Auf einmal ist mein T-Shirt nach oben geschoben. Haut trifft auf Haut, und diesmal ist es an Jasper, zu keuchen. Er setzt sich kurz auf, zieht mir das Oberteil über den Kopf, nestelt an meinem BH . Und wieder frage ich mich, ob er Herr seiner Sinne ist. Werden wir beide von etwas Höherem übermannt? Werden wir es bereuen? Werden wir uns davon erholen?
Seine Lippen finden meine Brüste, die jetzt entblößt sind. Er saugt leicht daran, und ich kralle meine Hände in seine Haare. Vor Lust, vor Scham, vor Erregung. Enger und immer enger zieht er mich an sich, saugt, küsst, leckt. Dann ist er über mir, öffnet seinen Gürtel, den Knopf seiner Jeans. Ich tue es ihm nach, während er mir die Hose von den Beinen reißt, als könnte er nicht mehr warten.
»Longing for your gentle touch«, flüstert er, als er mit den Händen an meinen nackten Beinen entlangfährt. Kurz durchzuckt mich der Gedanke, dass ich sie nicht rasiert habe. Aber es ist egal. Nichts spielt eine Rolle in diesem Augenblick, in dem Jasper heiße Bahnen meinen Bauch hinaufküsst.
Ich bäume mich ihm entgegen, kann es nicht erwarten, immer und immer mehr von ihm zu spüren. Ich versuche, seine Hose runterzuziehen, doch meine Hände zittern zu stark. Mein gesamter Körper bebt, und ich bin dankbar, als Jasper, der seine Hände ebenfalls schlecht koordinieren kann, sich selbst seiner Hose entledigt.
Für einen kurzen Moment lässt er von mir ab, und ich denke schon, er hat es sich anders überlegt. Doch bevor mein Herz brechen kann, sehe ich, dass er etwas vom Klavier holt. Auf den zweiten Blick erkenne ich, dass es sich um ein Kondom handelt. Nun spielt alles in mir verrückt. Hatte ich vorher gedacht, ich würde innerlich explodieren, war das nichts im Vergleich zu dem Chaos, das sich nun in meinem Körper, meinem Kopf, meinem Herzen abspielt. Es kribbelt, als hätte ich unzählige kleine Ameisen in mir. Es sticht, als würden scharfe Klingen aus mir hinausragen. Es prickelt, als würde ich mit Brause übergossen.
»O Gott«, flüstere ich, als er zurück ist, zurück auf mir, wo ich ihn haben will.
Sein Mund umschließt meinen. Seine Zunge dringt in mich. Ich spüre seine Erektion an meiner Haut, spüre seine Lust. Der Gedanke daran nimmt mir die Luft zum Atmen, und ich muss unseren Kuss unterbrechen.
Jasper nutzt die Gelegenheit, seine Aufmerksamkeit von meinen Lippen zurück auf meinen Körper zu lenken. Er beißt mich sanft in meine Nippel, stößt ein knurrendes, gieriges Geräusch aus, das ich wieder und wieder hören könnte. Es rauscht in meinen Ohren, durch meinen leeren Kopf. Es manifestiert sich zu einem Glücksklumpen, der immer weiterwächst.
Vor meinem schwarzen, sehr unspektakulären Baumwollslip hält er kurz inne. Er hebt den Kopf, sieht mich an.
Im nächsten Moment sind Jaspers Lippen dort, wo gerade noch mein Slip war.
»I was blind before …«, flüstert er und sucht wieder meinen Blick. »So blind.«
Er presst einen vorsichtigen Kuss auf meinen Flaum, noch einen und noch einen. Fährt mit der Zunge zwischen meinen Schamlippen entlang.
»But now …«, sagt er leise und beginnt sich wieder zu meinem Gesicht hinaufzuküssen, »… I’ve come …« , Küsse über Küsse, »… to see.«
Bevor seine Lippen die meinen finden, wage ich es und frage: »What took you so long?«
Er lacht leise, dann küsst er mich erneut. Mit neuer Dringlichkeit, neu gefundener Notwendigkeit.
Auf einmal sind seine Boxershorts weg. Die schwebende Bonnie muss mir nachher erzählen, wie das alles passiert ist. Viel zu viel entgeht mir. Viel zu oft kriegt mein Kopf nicht mit, was um ihn herum geschieht.
Ich spüre Jaspers Penis an meinem Eingang, kann nicht mehr warten. Kann ihn nicht mehr in mir erwarten.
»It’s yours to take«, keuche ich. »Take it!«
Und in einem langsamen, unerträglich langsamen Stoß dringt er in mich ein.
Uns entfährt gleichzeitig ein tiefes kehliges Stöhnen. Das Gefühl dieses Mannes in mir ist der Ausdruck von Vollkommenheit. Von Glückseligkeit. Vom Paradies. Es ist mit nichts vergleichbar. Es ist alles, was ich mir immer gewünscht habe, und noch viel mehr. Es ist Perfektion. Und während er beginnt, sich in mir zu bewegen – immer noch viel zu langsam, viel zu zögerlich, beinahe unsicher –, löse ich mich auf.
I’ve been dreaming, yearning, craving for far too long, denke ich, und dann denke ich nichts mehr. Fühle nur noch. Ihn in mir, ihn auf mir, ihn überall. Fühle, wie er zwischen meinen Beinen kommt und geht, wieder und wieder. Wieder und –
Plötzlich ist es vorbei. Jasper bricht stöhnend auf mir zusammen. Seine Lippen liegen an meinem Hals. Ich spüre seinen rasenden Herzschlag an meiner Brust, fühle nach wie vor die alles aufzehrende Sehnsucht in mir, das Pochen zwischen meinen Beinen.
»And now my fantasy became reality«, flüstert Jasper und klingt dabei vollkommen verausgabt. Seine Lippen finden die empfindliche Haut an meinem Hals, knabbern leicht daran.
Ich schlucke. His fantasy?
»Ähm«, macht er, als sich seine Atmung und sein Herzschlag einigermaßen beruhigt haben. Er tastet nach meiner Hand, verwebt unsere Finger erneut miteinander. Anschließend drückt er mir einen leichten Kuss auf die Lippen. »Danke.«
Ich runzle die Stirn. »Warum …«
»Keine Ahnung.« Er lacht leise. »Ich hatte irgendwie das Gefühl … Also, ich weiß, dass du nicht auf deine Kosten gekommen sein kannst. Aber für mich …«
Sag es!
Doch er grinst nur und küsst mich dann auf die Stirn.
Ich hoffe, dass er weiterspricht, denn mit jedem Wort, das er sagt, treten die Gedanken, die sich versuchen, zurück an die Obe
rfläche zu kämpfen, wieder etwas in den Hintergrund. Doch er sagt nichts. Liegt einfach nur da. Rollt sich schließlich von mir herunter, hält mich weiter.
Und irgendwann kann ich sie nicht mehr ignorieren. Sie sind wieder da. Sie sind lauter. Vielleicht lauter als je zuvor. Ich habe mit dem Mann meiner besten Freundin geschlafen. Ich habe zugelassen, dass es passiert. Dass meine große Liebe mir das schenkt, wonach ich mich immer gesehnt habe. Dass ich Blythe erneut hintergehe. Dass ich diese Situation ausnutze. Ihn ausnutze. Seine Einsamkeit, seine Verletzlichkeit. Meine Schwäche. Es schnürt mir die Luft ab. Aber diesmal nicht auf die gute Art. Diesmal drohe ich daran zu ersticken.
»Jasper«, sage ich und winde mich aus seinem Arm, »das … das war nicht geplant.« Es wirkt wie eine lahme Entschuldigung.
Wieder lacht er leise. »Ich weiß. Ich hatte das auch nicht geplant.«
»Ich wollte nicht …«
»Ist alles in Ordnung?« Er setzt sich auf. »Geht’s dir nicht gut?« Erneut will er mich in seine Arme ziehen, doch ich weiche zurück. Ich kann das nicht noch mal durchmachen. Denn weder kann ich mich wehren, noch kann ich es ertragen. Es ist zu hart.
»Alles gut«, murmle ich und taste fahrig nach meinen Klamotten, die über den ganzen Fußboden verteilt sind.
In Windeseile habe ich mir mein T-Shirt übergezogen. BH s werden ohnehin überbewertet. Beinahe stolpere ich, als ich versuche, gleichzeitig in meinen Slip zu steigen und meine Boyfriendjeans aufzuheben.
»Was tust du da?«, fragt Jasper.
»Ich muss nach Hause«, sage ich, binde mir meine Braids wieder zusammen und taumle zur Tür.
»Bonnie!« Seine Stimme ist nun lauter. Flehender. Sie bohrt sich mitten in mein Herz. Das Herz, das mich verraten hat.
Er ist nun ebenfalls auf den Beinen, trägt wieder seine Boxershorts, darüber sein offenes Hemd. Ehe ich die Tür geöffnet habe, ist er bei mir. Legt seine Hand auf meine.
»Warum?«, fragt er. »Warum musst du jetzt nach Hause?«
Love is Bold – Du gibst mir Mut: Roman (Love-is-Reihe 2) (German Edition) Page 22