Book Read Free

Bevor wir fallen

Page 3

by Bowen, Sarina


  Darüber hatte ich bisher nicht nachgedacht – hätte ich aber tun sollen. Man erleidet einen Unfall nie nur für sich allein.

  »Kann ich mir vorstellen. Meine Mom hat mich letzte Woche auch völlig bekloppt gemacht. Aber vermutlich hatte ich es nicht besser verdient.«

  »Deine Mom war sauer, weil du dir das Bein gebrochen hast?«

  »Und wie. Ich hab mich ja nicht verletzt, während ich einen Haufen Kleinkinder aus einem brennenden Haus gerettet habe. Meine Mutter musste ein paar Tage Urlaub nehmen, um sich um mich kümmern zu können, und das Geld für die Mordsrechnung für die Notaufnahme muss sie auch noch berappen.«

  »Dein Trainer war bestimmt genauso wenig begeistert«, stellte Corey fest.

  »Du sagst es. Die Ansage, dass ich alle anderen im Stich gelassen habe, musste ich mir schon ein paarmal reinziehen«, sagte ich und hielt gleichzeitig nach Stacia Ausschau.

  Ein paar Minuten und ein halbes Sandwich später erschien ein umwerfendes Mädchen unter dem Eingangstorbogen. Ich konnte die Augen nicht von ihr lassen, während sie dastand und den Blick über die Tische schweifen ließ.

  Stacia hatte alles. Sie war groß und hatte trotzdem Kurven, dazu ihr langes, fließendes blondes Haar und die hoheitsvolle Haltung einer Prinzessin. Ihre großen haselnussbraunen Augen leuchteten auf, als sie mich entdeckte. Dann setzte sie ihre langen Beine in Bewegung und kam auf mich zu. Als sie neben mir stand, beugte sie sich herunter, um mir einen hingebungsvollen Kuss auf den Mund zu geben.

  Obwohl wir seit fast einem Jahr miteinander ausgingen, traf es mich noch immer wie ein Schock, wenn sie das tat.

  »Stacia«, sagte ich, nachdem sie meine Lippen freigegeben hatte, »das ist meine neue Nachbarin, Corey Callahan. Sie und ihre Mitbewohnerin Dana haben auch ein Zimmer in Beaumont House.«

  »Freut mich, dich kennenzulernen«, sagte Stacia schnell und würdigte Corey dabei kaum eines Blickes. »Bist du so weit, Hartley?«

  Ich lachte. »Baby, du hast ja keine Ahnung, wie hart wir uns diese Mahlzeit erkämpfen mussten. Also gib mir ein paar Minuten, damit ich in Ruhe aufessen kann.« Ich rückte ihr einen Stuhl zurecht.

  Stacia setzte sich zwar, gab sich aber keine Mühe, ihren Ärger hinunterzuschlucken. Sie hackte auf ihr Handy ein, während ich mir mit Milch und Cookies Zeit ließ.

  Corey war verstummt, aber die Stille währte nicht lange. Stacia war noch nie darum verlegen gewesen, jedes Schweigen mit einem ihrer Luxusprobleme zu füllen.

  »Meine Friseurin schreibt, dass sie mich morgen nicht dazwischenschieben kann. So ein Mist«, beschwerte sich meine Freundin.

  »Ich bin ziemlich sicher, dass es in Paris auch Friseursalons gibt«, sagte ich. Nicht dass sie irgendwas darauf gegeben hätte.

  Stacia war das wählerischste Mädchen der Welt. Auch das Mensaessen genügte ihren Ansprüchen nicht, weswegen sie fast immer außerhalb des Campus aß. Ihr Haarwaschmittel kam mit der Post, weil keine der fünfzig Sorten im Drugstore die richtige war. Und neuen Leuten gegenüber war sie auch nicht gerade warmherzig eingestellt. Mich jedoch betrachtete sie mit demselben Blick, mit dem sie eine Einkauftüte von Prada ins Auge fasste. Das schicke Mädchen aus Greenwich, Connecticut wollte genau diesen Typ. Den mit der Bruins-Cap und dem Gold’s Gym T-Shirt. Wenn ich behaupten würde, mich deshalb nicht dreißig Zentimeter größer zu fühlen, wäre ich ein Lügner.

  Corey trank ihre Cola aus und machte sich daran, unser Zeug auf ihr Tablett zurückzupacken.

  »Hey Stacia.« Ich legte ihr eine Hand auf den Unterarm, um sie auf mich aufmerksam zu machen. »Tust du uns einen Gefallen und bringst das Geschirr weg?«

  Überrascht sah sie von ihrem Handy auf. Dann ließ sie den Blick von dem Tablett durch die Mensa wandern, als wollte sie die für die Aufgabe erforderliche Anstrengung berechnen. Sie zögerte eine ganze Weile, und ich sah, dass Corey bereits kurz davor war, in die Bresche zu springen, als Stacia sich doch noch erhob, das Tablett packte und davonstapfte.

  Ich schüttelte den Kopf und schenkte meiner neuen Nachbarin ein verlegenes Grinsen. »Bei ihr zu Hause macht so was das Personal.«

  Coreys Miene verriet mir, dass sie keine Ahnung hatte, ob das ein Scherz sein sollte oder nicht. Ehrlich gesagt war es keiner.

  Stacia mochte ein harter Brocken sein, aber immerhin war sie mein harter Brocken.

  3

  Der Möbel-Dschinn

  Corey

  »Und, wie war dein erster Tag?«, fragte Dana, als ich am Nachmittag heimkam. Sie thronte auf dem Fensterbrett und lackierte ihre Fingernägel.

  »Gut. Ich hab alle drei Vorlesungen auf Anhieb gefunden. Und bei dir?«

  »Alles super. Mein Kunstgeschichteprof gefällt mir echt gut.«

  »Sieht er scharf aus?« Ich wackelte anzüglich mit den Augenbrauen.

  »Wenn du auf Mittsiebziger stehst, dann ja.«

  »Hat jemand was anderes behauptet?« Ich grinste.

  Da mir kein Möbelstück im Weg stand – Danas Schreibtisch stand an der einen Wand, ihren Koffer hatte sie danebengeschoben –, kippte ich meinen Rollstuhl auf die Hinterräder.

  »Wow! Ist das nicht gefährlich?«

  »Nö.« Ich machte es gleich noch mal, stieß mich ab und drehte mich auf den Hinterrädern im Kreis. »Mir wird davon nur ein bisschen schwindlig.«

  »Gibt es nicht vielleicht so was wie Rollstuhlbasketball?«, erkundigte sich Dana und pustete auf ihre Nägel.

  »Wahrscheinlich«, antwortete ich ausweichend.

  In Anbetracht meiner sportlichen Vergangenheit hatte mir mindestens ein Dutzend Leute dieselbe Frage gestellt. Vor meinem Unfall hatten mich Körbe allerdings null interessiert. Und irgend so ein angepasster Scheiß kam für mich erst recht nicht infrage. Wieso dachten die Leute automatisch, ich könnte Spaß daran haben? Warum mussten alle Behinderten auf Basketball abfahren?

  Dana schraubte den Nagellack zu. »Also … ich gehe heute Abend zu der Session. Hast du Lust?«

  »Was für eine Session?«

  »Ein Konzert, bei dem sich die ganzen A-cappella-Gruppen der Uni präsentieren. Willst du mitmachen?«

  Ich schüttelte den Kopf. »Ich hab in der Achten mit dem Singen aufgehört, weil sich der Chorunterricht mit dem Hockeykurs überschnitten hat.«

  »So super gut musst du gar nicht sein. Es gibt zehn Gruppen, und die Geselligkeit ist dabei genauso wichtig wie die Musik.«

  »Na gut, dann gehen wir zusammen hin«, beschloss ich. »Probieren kann man es ja mal.«

  »Spitze. Es geht nach dem Abendessen los. Ich schaue mal nach, wo die Aula ist.« Sie sprang auf und kramte einen Campusplan aus ihrer Tasche.

  »Netter Fernseher, Ladys«, ließ sich von der offenen Tür eine sexy Stimme vernehmen.

  Ich blickte auf und sah Hartley im Türrahmen stehen. »Danke«, sagte ich, während mein Herz einen Zahn zulegte.

  »Aber was ihr wirklich braucht, ist genau hier ein Sofa.« Er deutete auf die leere Wand neben der Tür. »Auf dem Fresh Court kann man Gebrauchte kaufen.«

  »Haben wir gesehen«, sagte Dana. »Wir wissen bloß nicht, wie wir an einen Möbel-Dschinn kommen, der es uns hierherträgt.«

  Hartley kratzte sich an seinem umwerfend markanten Kinn. »Ich schätze, zwei Behinderte und ein Mädchen kriegen das nicht auf die Reihe. Aber ich lass mir beim Abendessen was einfallen.« Er blickte auf seine Uhr. »Was genau jetzt losgeht. Seid ihr dabei?«

  »Klar«, antwortete Dana. »Ich war noch gar nicht im Beaumont-Speisesaal.«

  »Na, dann los«, rief Hartley und kehrte seine Krücken dem Ausgang zu.

  Dana und ich folgten ihm aus McHerrin auf die Straße hinaus.

  Beaumont House verfügte, passend zu seiner ganzen sonstigen gotischen Pracht, über massive Eisentore. Als Dana ihren Ausweis vor das Lesegerät hielt, öffnete sich das Schloss mit einem Klicken. Sie schob das Tor auf, damit zuerst Hartley hindurchgehen und anschließend ich hinterherrollen konnte.

  Mit Hartley auf Krücken und mir, die ich sehr vorsich
tig fuhr, kam unsere körperlich eingeschränkte Parade nur langsam voran. Der Plattenweg war ziemlich bucklig, und ich wollte nicht in einer der Ritzen stecken bleiben und mich auf die Nase legen. Es war so schon ätzend genug, das »Mädchen im Rollstuhl« zu sein. Da musste ich nicht auch noch zum »Mädchen, das aus seinem Rollstuhl katapultiert wurde« werden.

  Wir durchquerten einen kleinen gepflasterten Innenhof, der in einen größeren mündete, der Teil jeder offiziellen Harkness-Führung war. Mein Bruder Damien hatte immer gejammert, dass er dort auf dem Weg zum Unterricht ständig Touristen mit Fotoapparaten ausweichen musste. Aber falls das der Preis dafür war, in einem historischen Schloss aus Granit und Marmor zu leben und zu studieren, hatte ich nichts dagegen.

  Als wir auf der anderen Hofseite angekommen waren, blieb Hartley plötzlich stehen. »Mist«, sagte er und sah an dem Gebäude hoch. »Der Speisesaal liegt im ersten Stock. Ich hab nicht an die Stufen gedacht.«

  »Der Beaumont-Speisesaal steht auch nicht im barrierefreien Übersichtsplan«, stellte ich fest. »Ich suche mir lieber einen anderen Ort fürs Essen.«

  Die Mensa war abends geschlossen, aber ich hatte mir vorsorglich gemerkt, in welchen Häusern es ebenerdige Speisesäle gab.

  Hartley beugte sich über seine Krücken und schüttelte den Kopf. »Ich klettere da bestimmt auch nicht hoch. Aber … irgendwie muss das Essen da doch auch raufkommen … Ich wette, die tragen nicht alles einzeln die Treppe hoch.« Er schaute wieder stirnrunzelnd an dem Gebäude hoch. »Ich kann nicht glauben, dass ich zwei Jahre lang hier essen war, ohne mich das jemals gefragt zu haben.« Damit wandte er sich einem weiteren Tor zu, das auf die Straße hinausführte. »Dana, wir treffen uns drinnen. Es muss irgendwo einen Lieferanteneingang geben. Hier entlang, Callahan!«

  Ich folgte Hartley mit rosigen Wangen auf die Pine Alley, die sowohl hinter Beaumont als auch hinter Turner House entlangführte.

  »Das wird’s sein«, sagte Hartley mit einem Grinsen. Er humpelte zu einer grauen Eisentür mit einer Gegensprechanlage daneben und drückte auf den Knopf.

  »Ja?«, ließ sich eine Stimme vernehmen.

  Er sah mich an und zeigte dabei sein Grübchen. »Lieferung!«

  Kurz darauf glitt die graue Tür auf und offenbarte einen spärlich erhellten Aufzug mit niedriger Decke.

  »Nobel«, schnaubte Hartley. »Na dann, auf geht’s.«

  Er machte einen Schritt vor und wäre dabei fast über die leicht erhöhte Kante gestolpert. Dann stieg er mit eingezogenem Kopf ein und hielt mir die Tür auf, damit ich rückwärts in die Kabine rollen konnte.

  Die Tür schloss sich mit einem Knirschen, das mir Angst machte. Würde dies einer dieser speziellen Augenblicke werden, von denen man sich hinterher fragte, wie man nur mit diesem gut aussehenden Typen in einen wackligen, nicht wirklich vertrauenerweckenden Aufzug hatte einsteigen können?

  Doch Hartley lachte nur vergnügt, als der Lift um uns herum in seinen Grundfesten erschüttert zu werden schien. »Ich hoffe, du hast gute Lungen. Falls wir um Hilfe schreien müssen.«

  Der Fahrstuhl bewegte sich so langsam, dass ich mich erst entspannte, als die Tür endlich mit einem Schnaufen wieder aufging.

  Wir traten in eine hell erleuchtete Küche. Ein Typ mit einer Kochmütze starrte uns stirnrunzelnd an, während sich eine Handvoll schwer beschäftigter Leute in weißen Küchenschürzen zu uns umdrehte und glotzte.

  »Jetzt sagen Sie bloß nicht, Sie haben unsere Reservierung verschlampt«, scherzte Hartley, während er sich umsah. »Da lang, Callahan.«

  Ich folgte ihm über den gefliesten Boden, um eine verglaste Essensausgabe herum und in das Gewimmel der dort mit ihren Tabletts anstehenden Studenten.

  »Da seid ihr ja!«, rief Dana und machte uns Platz in der Schlange. »Wie seid ihr hier raufgekommen?«

  »Mit dem Lastenaufzug«, antwortete Hartley. »Wie von Zauberhand. Könntest du uns noch ein Tablett besorgen?«

  »Klar, nehmt das hier.« Dann flitzte sie los und kam mit einem weiteren Tablett und Besteck für uns drei wieder.

  Die Schlange kroch nur langsam weiter. Als wir an der Reihe waren, sah Hartley mich besorgt an. »Kannst du genug sehen?«

  Nein, wie üblich natürlich nicht.

  »Was sieht denn gut aus?«

  »Das Jumbosandwich mit Fleischbällchen. Der Fisch ist mir ein bisschen unheimlich.«

  »Da fällt die Wahl nicht schwer.«

  »Zweimal das Jumbosandwich, bitte.«

  »Kann ich euch irgendwie tragen helfen?«, wollte Dana wissen.

  »Danke, aber Corey und ich haben ein System.«

  Als er kurz wegsah, wackelte Dana bedeutungsschwanger mit den Augenbrauen. Und ich verkniff mir ein Grinsen.

  Als wir unser Essen hatten, deutete Hartley mit einer Krücke auf einen nur zur Hälfte besetzten Tisch in der Mitte des Speisesaals. »Da drüben, die Damen.«

  Als wir uns dem Tisch näherten, winkte uns ein Typ mit dunkelrotem Haar zu. »Hartley! Verdammt, wie siehst du denn aus?«

  »Nie um einen aufmunternden Kommentar verlegen, was Bridge?«

  Der Rotschopf stand auf und kam um den Tisch, um sich Hartleys enormen Gipsverband genauer anzuschauen. »Das ist ja der Hammer, Alter. Tut mir echt leid.«

  Hartley machte eine wegwerfende Handbewegung, als wolle er nichts davon hören. Ich kannte diese Reaktion, schließlich ging es mir oft genau so wie ihm jetzt gerade. Manchmal erinnerten einen selbst die nettesten Bemerkungen der Leute bloß an alles, was falsch gelaufen war.

  »Lass mal für Callahan einen von den Stühlen da verschwinden, ja?«, sagte Hartley.

  Bridger schien nur einen Finger benutzen zu müssen, um einen der schweren Stühle beiseite zu schieben. Noch so ein beeindruckender Sportler mit breiter Brust und aus den Ärmeln seines Harkness Hockey-Shirts ragenden voluminösen, sommersprossigen Oberarmmuskeln. Bridger sah fast so gut aus wie Hartley und hatte eine freundliche, warme Ausstrahlung, die mir gefiel.

  Als Hartley uns als seine Nachbarinnen vorstellte, grinste Bridger. »Hartley ist von mir zu euch übergelaufen. Eigentlich hätten wir uns ein Zimmer teilen sollen. Wenn ich es mir recht überlege, war ich vielleicht derjenige, der ihn von der Kletterwand geschubst hat, um an ein Einzelzimmer zu kommen.«

  »Reizend«, kommentierte Hartley. »Kannst du uns nach dem Essen einen Gefallen tun? Die Damen hier benötigen ein Sofa vom alten Campus. Es sind nur fünfzig Meter bis dahin, keine Stufen, aber du siehst ja meine tolle Gipspracht.«

  »Alles klar, kein Problem. Und was macht ihr heute Abend so?«

  Hartley schüttelte den Kopf. »Die Entscheidung liegt nicht bei mir. Stacia reist morgen früh ab.«

  »Verstehe.« Bridger hob die Brauen. »Vorsicht mit dem Bein, Alter. Spart euch die schwierigen Stellungen fürs nächste Mal auf.« Als Hartley ihm seine zerknüllte Serviette an den Kopf warf, lachte er. »Hast du ein gutes Schmerzmittel bekommen?«

  »Das schon, aber davon musste ich mich ständig übergeben, deswegen hab ich es zu Hause gelassen. Ich nehme jetzt das gute alte Ibuprofen, und zwar immer gleich eine Handvoll.«

  Ein weiterer Typ setzte sich zu uns, ein hübscher Blonder mit Country-Club-Haarschnitt. »Tut dir das Bein so weh?«

  »Mir tut alles weh«, erklärte Hartley. »Das gesunde Bein, weil es so hart ran muss, die Hüfte, weil sie den Gips herumschwenken muss, und die Achseln wegen der Krücken.«

  »Die Unterarmstützen sind zu tief eingestellt«, sagte ich und wischte mir mit der Serviette über den Mund.

  »Echt jetzt?« Hartley sah mich erstaunt an.

  »Echt. Du musst sie eine Stufe höher einstellen, und du darfst dich nicht so reinhängen. Vertrau mir.«

  Er deutete mit einer Fritte auf mich. »Du bist eine sehr nützliche Nachbarin, Callahan.«

  Ich schüttelte den Kopf. »Wenn es eine Quizsendung mit rein physiotherapeutischen Fragen gäbe, wäre ich bestimmt die große Gewinnerin.«

  Der Hübsche warf mir einen komischen Blick zu, aber d
aran war ich gewöhnt. Also aß ich, statt mich deshalb mies zu fühlen, ungerührt mein Fleischbällchensandwich auf, das echt lecker war.

  Nach dem Essen bezahlten Dana und ich vierzig Dollar für ein gebrauchtes Sofa in einem nicht allzu hässlichen Blau. Bridger und der Hübsche, den die anderen Fairfax nannten, trugen es in unser Zimmer.

  »Danke, danke«, rief Dana, die, um die Tür aufzumachen, vor den beiden herumsprang. Der barrierefreie Eingang war so breit, dass sie das Sofa beim Hineintragen nicht mal kippen mussten.

  »Nette Bude«, kommentierte Bridger, als er das Sofa absetzte. »Lass mal deine sehen, Hartley.«

  Da unsere Türen offen standen, hörte ich die lautstarken Bemerkungen von Hartleys Freunden über sein Einzelzimmer auf der anderen Seite. Einen Gemeinschaftsraum wie wir hatte er nicht, aber mir war aufgefallen, dass auch sein Zimmer ziemlich großzügig geschnitten war.

  »Himmel, ein Doppelbett? Sehr hübsch.«

  »Gerade rechtzeitig zur Abreise deiner Freundin«, sagte Fairfax lachend. »Wo ist sie eigentlich?«

  »In der Mall? Beim Friseur? Jedenfalls irgendwo, wo es teuer ist. Egal. Wer will ein Bier, bevor sie zurückkommt?«

  Nachdem wir unser neues Möbelstück angemessen bewundert und Danas Koffer als Couchtisch dazugestellt hatten, machten wir uns auf den Weg über den Campus zu der Gesangsgruppensession.

  In der Aula drückte man uns das auf ein DIN-A5-Blatt gedruckte Programm in die Hand. Zehn Gruppen standen drauf, jede von ihnen würde zwei Stücke singen.

  »Die müssen die Programme verteilen«, erklärte Dana, als wir uns an einer für Rollstuhlfahrer vorgesehenen Stelle parkten, an der mein Gefährt nicht auf den Mittelgang hinausragte. »Damit die Teilnehmer sich erinnern, wer was gesungen hat.«

  Die Gruppen hatten hübsche Namen wie Harkness Harmonics oder Tony Tones.

  Das Licht wurde gedimmt, dann kam die erste Gruppe auf die Bühne – zwölf Typen in übereinstimmenden T-Shirts und Khaki-Shorts. Ein Blick ins Programm verriet mir, dass es sich um die Minstrel Marauders handelte.

  Dana beugte sich zu mir und flüsterte: »A cappella ist so ’n bisschen was für Streber. Aber auf die gute Art.«

 

‹ Prev