Scandal Love

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Scandal Love Page 33

by L.J. Shen


  Ich biss die Zähne aufeinander, ließ ihn weiterfaseln, während ich das alles verdaute. Die Fotos. Die Berichte. Die Tatsache, dass er seit Jahren eine Fehde gegen mich führte. Meine größte Angst – dass Val zurückkommen und mir Luna wegnehmen könnte – wurde gerade vor meinen Augen Wirklichkeit, und das Sahnehäubchen obendrauf war Jordan, der gegen mich intrigierte. Ich wusste genau, wie Val die Sache darstellen würde. Wir hatten in der Nacht, in der ich sie schwängerte, zusammen gekokst.

  Sie könnte vor Gericht behaupten, ich hätte ein Drogenproblem.

  Und das sogar belegen.

  Der Sorgerechtsstreit würde Jahre dauern.

  Als ich einen Schritt näher an Jordan herantrat, zuckte er kaum merklich zusammen. Ich reckte das Kinn vor und schaute auf ihn herab. »Warum machen Sie sich diese ganze Mühe?«

  »Weil ich niemals verliere, Sie Prolet. Schon gar nicht gegen jemanden, der aus der Unterschicht stammt, so wie Sie.«

  Unterschicht. Ich hätte wissen müssen, dass Jordan denselben unüberwindbaren Komplex hatte wie ich. Der einzige Unterschied war der, dass meiner nur bis unter die Haut reichte, seiner hingegen bis in seine Knochen.

  Jeder Muskel in meinem Körper verlangte, dass ich mich auf ihn stürzte und ihn in Stücke riss. Mein Verstand hingegen riet mir, abzuwarten und am Ende brutaler zuzuschlagen, als meine Fäuste es vermochten.

  »Ich habe Val zurückerobert, wenn auch nicht kampflos. Während ich sie in Atlanta als meine Mätresse hielt, bat sie mich, Kontakt zu Luna aufzunehmen. Selbstverständlich sagte ich ihr, dass das ausgeschlossen sei. Ich habe mich in Ihre Firma eingekauft, um in Ihrer Nähe zu sein, Sie zu studieren, herauszufinden, wie Sie ticken. Mit dem finalen Ziel …« Jordan stand auf, sammelte seine Unterlagen zusammen und klemmte sie sich unter den Arm. »… Ihr Leben zu ruinieren.«

  In diesem Moment der Erleuchtung fühlte ich mich wie Samson bei seinem letzten Atemzug, als Gott ihm die Kraft gab, sich gegen die Säulen zu stemmen und das Dach zum Einsturz zu bringen. Samson kam dabei ums Leben, aber er riss die Philister mit sich in den Tod. Ich würde notfalls das Gleiche tun.

  Jordan hatte sich in meine Firma eingekauft, um mehr Kontrolle über meine private und berufliche Vernichtung zu haben. Und um mich für etwas zu bestrafen, dessen ich mir nicht einmal bewusst gewesen war.

  Er hatte Val ein Happy End versprochen und dass sie ihr Kind zurückbekommen werde.

  Er trachtete danach, mich reinzulegen, mich zu ruinieren und sich zu nehmen, was mir gehörte. Die Frau, die ich nicht wollte, und die Tochter, die mein Ein und Alles war.

  Jordan warf die Dokumente in die Luft, und während sie zu Boden segelten, ergriff er Vals schlaffen Arm und zog sie von der Couch. »In Kombination mit Lunas Weigerung zu sprechen, wird das alles vor Gericht einen sehr schlechten Eindruck machen, Rexroth. Sie haben das Mädchen durch Ihren Lebensstil so sehr traumatisiert, dass es Angst hat, auch nur einen Mucks von sich zu geben. Vor diesem Hintergrund lege ich Ihnen nahe, dass Sie gleich morgen früh Ihren Rücktritt einreichen und mir Ihre Anteile verkaufen. Am Wochenende werden wir uns dann treffen und mit Val über ein gemeinsames Sorgerecht verhandeln. Sie möchte an Lunas Leben teilhaben und erwartet von Ihnen, dass Sie ihr eine Unterkunft bezahlen. Ich denke, das ist nur fair.«

  Ich lächelte, als sich die Papiere überall im Zimmer verteilten. Was Val in Wahrheit wollte, war Zugriff auf mein Geld. Mit dem zusätzlichen Vorteil, in einer glamourösen südkalifornischen Stadt zu wohnen, ganz in der Nähe ihres milliardenschweren Lovers, der klug genug war, sie nicht zu heiraten.

  Jordans Schulter streifte meine, als er an mir vorbeiging. »Behalten Sie die Duplikate, Rexroth. Die gehen auf mich.«

  Ich stand noch immer da, getroffen bis ins Mark und mit dröhnendem Herzen, als Jordan und Val die Eingangstür erreichten. Sie machte einen schuldbewussten, verzagten Eindruck, und er sah aus wie der Teufel in Person. Dann drehte er sich zu mir hin.

  »Trent Rexroth fehlen die Worte? Ganz was Neues.«

  »Sie wollen Worte?« Ich steuerte grinsend auf ihn zu. »Dann werde ich Ihnen etwas mit auf den Weg geben, worüber Sie nachdenken können: Danke, dass Sie mir die Regeln Ihres Spiels erläutert haben. Sehen Sie sich vor.« Ich öffnete die Tür und schubste beide aus meiner Wohnung. Bevor ich sie ihnen vor ihren fassungslosen Gesichtern zuknallte, fügte ich noch hinzu: »Jetzt bin ich am Zug.«

  KAPITEL 30

  EDIE

  »Ich fass es nicht, dass du mich dazu zwingst«, klagte ich und stupste mit der Schulter gegen Banes. Meine geröteten, dick geschwollenen Augen waren hinter einer großen dunklen Sonnenbrille verborgen. Ich trug eines seiner Surfshirts und kurze Shorts, weil mir keine Zeit geblieben war, meine Sachen zu Hause zusammenzupacken, bevor mein Vater mich rausgeschmissen und die Schlösser ausgetauscht hatte.

  Bane und ich standen auf der breiten Veranda seiner Mutter. Die rustikale Gestaltung und der kunstvoll angelegte, farbenprächtige Garten wirkten sich beruhigend auf meine Nerven aus. Jemand, der an einem solch heimeligen, einladenden Ort wohnte, würde doch bestimmt keine linke Tour mit mir abziehen wollen.

  »Der Besuch ist längst überfällig. Erst recht, seit Rexroth mit seiner Ex einen auf glückliche Familie macht.« Bane zwirbelte seine blonden Haare zu einem Dutt und hämmerte laut an die Tür. Ich fand es seltsam, dass er nicht einfach hineinging, andererseits war er ein Paradebeispiel, was komplizierte Beziehungen anbelangte. Er war mit achtzehn ausgezogen und nie aufs College gegangen, was den Schluss nahelegte, dass ihm seine Privatsphäre wichtig war. Vielleicht galt das für seine Mutter ebenso.

  »Sie ist nicht seine Ex, und ich habe keinen Beleg dafür, dass sie einen auf glückliche Familie machen.« Ich schniefte und rieb mir meine müden Augen hinter der Sonnenbrille. Val in Trents Wohnung zu sehen war schmerzhafter gewesen, als tausend gewaltsame Tode zu sterben, aber ich redete mir ein, dass es für Luna das Beste sei. Und falls Trent … falls er es noch einmal mit ihr versuchen wollte, konnte ich ihm daraus keinen Vorwurf machen. Ich wusste nichts über Beziehungen, nichts darüber, was es bedeutete, Eltern zu sein, und noch weniger darüber, eine Familie zusammenzuhalten.

  Die Tür ging auf, und beim Anblick meines Gegenübers verschlug es mir schier den Atem.

  Bane trat ein, ohne zu bemerken, dass es mir wieder einmal den Boden unter den Füßen weggezogen hatte.

  »Gidget, ich möchte dir meine Mutter Sonya vorstellen. Mom, das ist Gidget, auch bekannt als Edie Van Der Zee.«

  Sonya.

  Die rothaarige Frau, die ich mit Trent in seinem Büro in flagranti erwischt hatte. Er hatte sich dafür rächen wollen, dass ich seiner Vermutung nach mit Bane schlief. Ihrem Sohn. Ich schwankte zwischen Wut und Entsetzen. Sonya schien es genauso zu ergehen, denn sie trat sprachlos einen Schritt zurück und griff mit den Fingern in ihre babyblaue Bluse.

  »Oh«, stieß sie kaum vernehmbar hervor. Obwohl ich Trent glaubte, dass er sich nicht mehr mit ihr traf, machte das die Situation nicht weniger peinlich. Ich fragte mich, ob sie von uns beiden wusste. Ob sie eifersüchtig war. Ob sie mir wirklich helfen wollte.

  »Worauf wartest du, Gidget? Den verdammten Papst? Komm endlich rein«, brummte Bane, bevor er den gefliesten Flur, an dessen Ende die Küche lag, hinunterging, den Kühlschrank aufriss und zwei Bierdosen herausnahm, als wären wir nicht erst achtzehn und somit nicht berechtigt, Alkohol zu konsumieren. Anschließend trottete er in das offen geschnittene Wohnzimmer. Ich verharrte auf der Türschwelle, schaffte es nicht mal, die Sonnenbrille abzusetzen.

  »Edie«, murmelte Sonya in beschwörendem Ton und zog die Tür weiter auf. »Keine Sorge. Sie können mir vertrauen. Ich arbeite seit fünfzehn Jahren als Kinderpsychologin. Vergessen Sie, was Sie seinerzeit gesehen haben. Es wird keine Auswirkung auf Sie und Ihren Bruder haben.«

  Mein Bruder. Ja, richtig. Ihr hatte ich es zu verdanken, dass ich ihn an jenem Sonntag besuchen durfte.

  Zögerlich trat ich ins Haus. Im Wohnzimmer riss Bane gerade die Bierdosen auf. »Lonely Boy« von den Black Keys schal
lte aus den Lautsprechern. Stocksteif näherten Sonya und ich uns der Couch, und ich hüstelte, weil meine Kehle eng war vor Verlegenheit, vor Eifersucht.

  »Spül den Frosch in deinem Hals mit einem Schluck Bier runter.« Bane lümmelte sich auf ein durchgesessenes lila Sofa, das sich gut in Friends gemacht hätte, und streckte seine langen Beine aus. Ich linste zu Sonya, die mich aufmunternd anlächelte.

  »Wie ich höre, hatten Sie eine harte Woche?«

  Ich leerte mein Bier mit ein paar kräftigen Schlucken, dann ließ ich meinen Kopf gegen das Sofapolster sinken und schloss für einen Moment die Augen. Danke.

  Sonya, die – todschick zurechtgemacht – mir mit übereinandergeschlagenen Beinen gegenübersaß, flocht die Finger ineinander und schenkte mir ihre ungeteilte Aufmerksamkeit. Meine Gefühle in Bezug auf sie waren zwiespältig. Ich wollte sie nicht mögen, doch das erwies sich als schwierig, denn sie schien nicht nur fest entschlossen, mir zu helfen, sondern außerdem auch unheimlich nett.

  »Hat Ihnen das Bier geschmeckt?« Sie lächelte. Ich nickte und drückte die leere Dose an mich, anstatt sie auf den Couchtisch zu stellen. Mein Vater würde mir für ein geringeres Vergehen, als einen Fleck auf seinem kostbaren italienischen Eichenholz zu hinterlassen, die Leviten lesen.

  »Wussten Sie, dass man in Europa schon mit achtzehn trinken darf? Ich fand die russische Handhabung immer schon besser.« Ihr Lächeln verstärkte sich, bis feine Falten um ihre Augen erschienen.

  Roman »Bane« Protsenko hatte eine außergewöhnliche Mutter. Sie war mit ihm aus Russland weggegangen, um ihm Freiheit zu schenken, und im Gegenzug kostete er das Leben voll aus.

  Und sie gönnte es ihm von Herzen.

  Wie ungewöhnlich.

  »Jetzt erzählen Sie mir doch alles über Ihren Bruder und die Drohungen Ihres Vaters, was ihn betrifft. Bitte von dem Punkt an, als Ihr Vater ihn in seinem ersten Gruppenwohnheim unterbrachte.« Sie nahm ein Glas vom Tisch, in dem sich dem Geruch nach Wodka befand, und trank einen Schluck.

  Und da redete ich mir alles von der Seele.

  Ich erzählte ihr, dass meine Eltern Theo nie wirklich geliebt hatten. Dass Jordan sich mittels Bestechung immer vor seiner Verantwortung gedrückt und stets den leichtesten Weg gewählt hatte. Dass meine Eltern und ich früher sämtliche Ferien mit ausgedehnten Städtereisen verbrachten, um Theo nicht in seinen jeweiligen Einrichtungen besuchen zu müssen.

  Ich weiß nicht, was schlimmer daran war, Theos jahrelange Vernachlässigung zu schildern – es laut auszusprechen und sich zu vergegenwärtigen, wie furchtbar es klang, oder in ihre Gesichter zu schauen, während ich mich ihnen anvertraute. Sonya schien den Tränen nahe, und sogar Bane stellte irgendwann die Musik leiser und starrte mich an, als wäre seine Welt gerade eine Nuance dunkler geworden.

  Nachdem ich geendet hatte, senkte Sonya den Blick und räusperte sich. »Lass uns bitte allein, Roman.«

  Falls Bane konsterniert war, ließ er es sich nicht anmerken. Er griff sich sein Bier und schlurfte zur Tür. »Ich bin auf der Veranda und kiffe mir nach dieser deprimierenden Geschichte die Birne zu.«

  Als die Tür hinter ihm zufiel, richtete Sonya die Augen auf mich. »Trent hat Ihnen keine Hilfe angeboten?«

  »Ich …« Ich tippte mir mit dem Finger an die Lippen und dachte kurz nach. Wie viel wusste sie? Wie viel wollte ich sie wissen lassen? Egal. Es ging hier nicht um meine Sommerromanze mit einem älteren Mann. Sondern um Theo. »Wir hatten eine Weile etwas miteinander, und er unterstützte mich finanziell, damit ich die Kosten für Theos Unterbringung stemmen konnte, aber das war’s dann auch schon. Und ich bezweifle, dass er mir jetzt noch helfen will. Wir … haben keinen Kontakt mehr.«

  Sonya stellte ihre Beine wieder gerade hin und hob abermals das Glas an ihre Lippen, dann drückte sie es an ihre Wange. Ihre Augen wirkten glasig, und für einen Moment stand in ihnen der gleiche Ausdruck, den sie gezeigt hatten, als Trent in sie eingedrungen war. Trunken. Ich schauderte in Banes Shirt.

  »Warum?«, fragte sie sanft.

  Ich blinzelte. »Warum was?«

  »Warum haben Sie Schluss gemacht?«

  »Wie kommen Sie darauf, dass ich es beendet habe?« Ich wollte aufstehen, mich irgendwie ablenken, aber das Bedürfnis zu erfahren, ob sie mehr wusste als ich, brannte wie Feuer in mir.

  Sonya stellte das Glas auf den Tisch und bedachte mich mit einem traurigen Lächeln. »Weil Trent das niemals tun würde.«

  »Woher wollen Sie das wissen?« Ich hasste mich dafür, dass ich das fragte. Es sollte keine Rolle für mich spielen. Trent musste sich auf seine Familie fokussieren.

  Sie sah mich fest an. »Weil er Sie liebt, Edie.«

  KAPITEL 31

  TRENT

  Luna kam an erster Stelle, das musste ich mir stets vor Augen halten.

  Ihre Zukunft – an meiner Seite – abzusichern hatte oberste Priorität.

  Dennoch war der Drang, Edie zur Rede zu stellen, fast übermächtig. Ich wollte mit der Faust gegen die Wand schlagen und Edie zur Schnecke machen, weil sie Jordan den USB-Stick ausgehändigt hatte. Ich wollte vor Wut schreien und fluchen und sie trotz dieser ganzen Katastrophe vögeln. Damit sie kapierte, dass das mit uns mitnichten vorbei war, sondern wir gerade erst am Anfang standen, dass ich ihretwegen den Verstand verlor. Ich wollte ihr zeigen, wie süchtig ich nach ihrem Körper war und wie sehr ich es hasste, dass wir einander in jeder gottverdammten Hinsicht nicht guttaten.

  Was bedeutete, dass ich einen Gang zurückschalten musste.

  Kaum dass Jordan und Val verschwunden waren, stieg ich in meinen Wagen und bretterte, auf dem Weg zu der einzigen Frau, die mir helfen konnte, die mich nicht hintergehen würde, durch die Straßen. Vom Auto aus rief ich Dean an.

  »Du musst zu Edie Van Der Zee fahren und etwas holen, was mir gehört.«

  »Warum machst du das nicht selbst?«

  »Weil sie mich gelinkt und ihrem Vater ans Messer geliefert hat. Kurzum, weil mir nichts mehr heilig wäre, wenn ich dieser hinterhältigen Schlange persönlich gegenüberträte.« Ich räusperte mich, wandte den Blick nicht von der Straße ab. Menschen flanierten lachend auf den Gehsteigen, sie genossen ihr Leben, ohne sich darum zu scheren, dass meins gerade in die Brüche ging.

  Niemand würde mir meine Tochter wegnehmen. Niemand.

  »Ich nehme an, du wirst das später genauer ausführen«, erwiderte Dean, während er den quengelnden Lev zu beruhigen versuchte. »Was soll ich tun?«

  Ich sagte es ihm, bevor ich ihn ermahnte: »Was immer du tust, verrat ihr bloß nichts von dem Vorfall mit Jordan und Val. Edies Loyalität gilt ausschließlich einer Person – ihrem Bruder –, und sie wird das tun, was für ihn das Beste ist. Aber ich bin mir noch nicht ganz sicher, was das Beste für mich ist. Kapiert?«

  »Kapiert.«

  Ich traf vor dem Büro der Frau ein, die für mich da war und mir helfen würde, Jordan zu besiegen.

  »Ach, und noch was, Trent«, meldete Dean sich wieder zu Wort.

  »Luna wird immer zu dir gehören. Dafür werden wir sorgen, verlass dich drauf.«

  Nur wenige Dinge im Leben sind gewiss.

  Wie zum Beispiel, dass man irgendwann sterben wird. Jedes Jahr Steuern zu zahlen hat. Gefahr läuft, sich eine blutige Nase zu holen, wenn man den Hass von jemandem auf sich zieht, noch ehe man den Mund aufgemacht hat. Jordan Van Der Zee hatte es schon auf mich abgesehen, bevor wir uns auch nur die Hand geschüttelt hatten.

  Wie sich herausstellte, hatte Val keine neue Identität gebraucht. Weil sie Jordan hatte. Er bezahlte ihre Wohnung und stellte ihr eine – auf seinen Namen ausgestellte – Kreditkarte zur Verfügung. Er war ihr Goldesel. Um sie bei Laune zu halten, finanzierte er ihren Lebensstil und kaufte ihr alles, was sie sich wünschte. Und er hatte ihr versprochen, ihr eines Tages, wenn die Zeit reif wäre, das Leben zu bieten, von dem sie träumte. Die Art von Luxus, die man nur in Todos Santos und Südfrankreich fand.

  Val hatte kein Problem damit zu warten, weil sie nichts zu verlieren hatte. An mir oder Luna
hatte sie nie ein gesteigertes Interesse gehabt. Im Gegensatz zu Edie, die eine tiefe Abneigung dagegen hegte, stand sie auf materielle Dinge, und sie wusste genau, dass Jordan, ganz gleich wie sehr er sie liebte, sie eines Tages durch eine neuere Ausgabe ersetzen würde, so wie er es mit Lydia gemacht hatte. Ein Umzug nach Todos Santos würde ihr vierzehn verdammte Jahre lang den Lebensunterhalt sichern, was mehr als genug Zeit war, um einen anderen Idioten zu finden, der so dumm war, ihr seine Kreditkarte zu geben. Das hatte sie sich fein ausgedacht.

  Zumindest glaubte sie das.

  Und ich verstand nun endlich, wieso Jordan mich so sehr hasste: Ich hatte mich an seinem Eigentum vergriffen, indem ich mein Schicksal mit Vals verknüpfte. Dabei liebte Jordan Val in Wahrheit gar nicht, auch wenn er anderer Auffassung war. Aber darauf kam es nicht an. Sie gehörte ihm, und er war keiner, der gern verlor.

  Gegen mich hatte er den Kürzeren gezogen.

  Und das gefiel ihm ganz und gar nicht.

  Val suchte wieder Kontakt zu Luna, weil sie auf beiden Hochzeiten tanzen wollte. Indem sie in Todos Santos mit Jordan zusammenlebte und von mir Kindesunterhalt bezog, damit sie weich landete, sobald – sobald, nicht falls – er sie in die Wüste schickte. Luna war kein Baby mehr, sondern bereits relativ selbstständig. Val könnte sie hübsch herausputzen und wie ein schickes Accessoire herumzeigen.

  Sie und Jordan bildeten sich ein, die Sache sei in trockenen Tüchern. Das hatte ich an der Selbstgefälligkeit erkannt, mit der sie aus meiner Wohnung stolziert waren, so als hätten sie mich bereits in der Tasche. Da täuschten sie sich gewaltig. Wie sie überhaupt zu dem Schluss gelangen konnten, dass ich mich von ihnen in die Enge treiben ließe, war mir unerklärlich. Die Fakten sprachen für sich, und zwar deutlicher, als ich es mit Worten vermocht hätte.

 

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