Charisma
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Stratton ist der Mensch, der ein wirklich zwingendes Motiv hat: Er ist Wissenschaftler und in sein Projekt vernarrt, und Mellors war drauf und dran, gegen ihn vorzugehen; er hätte die ganze Stadt gegen die Station aufhetzen können, wenn er das gewollt hätte. Und Dr. Stratton hatte gerade ein… schweres psychisches Trauma erlitten, sagten Sie. Selbst jetzt, vermute ich, hofft Dr.
Stratton noch immer, daß es Ihnen irgendwie gelingen könnte, Susanna zu ihm zurückzubringen…« Sie blickte mir gerade in die Augen, doch ich wußte nicht, was sie dachte. »Was würden Sie tun, wenn Sie Susanna auf einer dieser parallelen Welten wiederfinden würden?«
»Ich weiß es nicht.«
»Sie muß ein außergewöhnliches Mädchen gewesen sein.«
»Das war sie.«
Marianne lächelte plötzlich. »Es ist sehr geschmacklos, über ein bildschönes Mädchen zu sprechen, wenn Sie in der Wohnung eines anderen Mädchens sitzen, das vielleicht genauso bildschön wäre, wenn ihr nicht gewisse animalische Reize fehlten.« Sie hatte gespürt, daß wir uns auf einen Boden begeben hatten, der meine sich aufhellende Stimmung wieder abrutschen lassen konnte. Außerdem war sie eine Frau.
»Entschuldigen Sie. Haben Sie sie eigentlich gekannt?«
»Ich bin ihr einige Male begegnet.«
»Und?«
Sie war wieder ernst. »Ich habe die starke Anziehungskraft, die sie auf Männer ausübte, nie verstanden, aber sie war lebhaft und intelligent. Es ist schwer zu verstehen, daß so ein Mädchen ein Verlierer sein kann.«
»Ich würde sie nicht Verlierer nennen.«
»Sie ist tot, John. Sie hat sich in das Projekt verstricken lassen und ist dabei gestorben.« Eine winzige Spur von Ungeduld schwang in ihrer Stimme. »Sie hat verloren, und sie ist fort.
Können Sie sich nicht damit abfinden?«
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Plötzlich, und für meinen etwas langsam laufenden Verstand unbegreiflich, lag Spannung in der Luft. »Ich habe Ihnen das Projekt erklärt. Sie wissen, wie diese parallelen Welten funktionieren. Bei parallelen Ereignissen kann man sich auf absolut nichts verlassen, sonst wäre ich jetzt nicht hier. Susanna lebt, irgendwo dort draußen.« Ich hörte die Verzweiflung in meiner Stimme.
»Und was wollen Sie tun, um Gottes willen? Für immer durch die ganze Zeit irren und sie suchen, wie so ein griechischer Held?
Geben Sie es auf, John. Gehen Sie zu Ihren Booten und Ihren Freunden zurück, versuchen Sie, irgendwie mit der Polizei klarzukommen, und mit Mrs. Mellors, und vergessen Sie Susanna. Sie ist nicht real. Sie war niemals real, das Mädchen, das Sie getroffen haben. Sie war der Geist einer Möglichkeit.«
»Ich möchte lieber nicht von ihr sprechen.«
»Damit bin ich sehr einverstanden.«
Wir versuchten, von anderen Dingen zu reden, aber wenn man ein Thema gewaltsam unterdrückt, klingt es noch immer nach, dicht unterhalb der Konversation, und beeinflußt alles, was gesprochen wird. Unser Gespräch mochte einem Fremden, der es zufällig mithörte, normal und flüssig erschienen sein, doch für Marianne und mich versetzte die bruchstückhafte Persönlichkeit eines blonden Mädchens jedem Wort, das wir sagten, einen Stoß.
Schließlich ging sie zu Bett, und ich schlief im Sessel ein.
Marianne weckte mich am Morgen und schien recht freundlich zu sein, doch ich spürte eine gewisse, unterdrückte Zurückhaltung, als ob sie sich vor dem verdächtigen Typen, mit dem sie ihre Wohnung teilte, wieder ein wenig fürchtete.
»Übrigens habe ich mit einem Ihrer Freunde gesprochen«, sagte sie.
»So?«
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»Ich habe Dr. Stratton angerufen. Ich hielt es für sicherer, als wenn Sie es selbst tun würden. Er sagte mir, es sei für Sie nicht ratsam, zur Station zu kommen, solange die Polizei sie überwacht. Er sagte, Sie könnten etwas vor zehn Uhr zur Starfish Bay gehen. Er sagte, wenn Sie pünktlich um zehn Uhr an der gewohnten Stelle seien, würde er alles weitere erledigen.« Sie sah mich dabei nicht an.
Anscheinend wollte Stratton mir einen Fluchtweg öffnen.
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SIE WAR SEHR STILL, als sie mich zur Starfish Bay fuhr. Das Wetter war an diesem Morgen etwas besser; hier und dort fuhren wir durch Flecken von Sonnenlicht, in denen die Nässe glänzte. Marianne hielt die Lippen zusammengepreßt, als ob sie Angst hätte, daß ihr versehentlich ein Wort herausrutschen könnte. Als wir den letzten Hang hinabglitten und die Bucht vor uns liegen sahen, zwang ich sie zum Sprechen.
»Wollen Sie nicht sagen, was mit Ihnen los ist?«
»Es ist nichts.«
»Warum reden Sie dann nicht mit mir?«
»Worüber sollten wir reden?«
»Zum Beispiel…« Ich suchte nach einem Thema, um das Eis zu brechen. »Vielleicht sehe ich Sie eine Weile nicht. Ich möchte mich nicht so von Ihnen trennen. Ich schulde Ihnen Dank.« Ich versuchte, ihr Mitgefühl anzuzapfen. »Außerdem ist Strattons System nicht perfekt. Vielleicht gelingt es ihm nicht, mich wieder zurückzubringen.«
»Ach, hören Sie doch auf, mich für dumm zu verkaufen.«
»Was meinen Sie damit?«
Sie hatte bei den Bäumen gehalten. Die Blätter raschelten leise. Ich war ausgestiegen und blickte Marianne an, die im Wagen sitzenblieb. Weiter hinten malte die Sonne silberglänzende Flächen auf das graue Meer. »Sie haben mir einen Haufen Lügen erzählt«, murmelte Marianne.
»Lügen?«
»Die parallelen Welten. Der Projektor in der Station. Daß Sie meine Doppelgängerin getroffen hätten. Nicht ein Wort davon ist wahr, und das wissen Sie genau!« Ihre Stimme war lauter geworden; sie biß sich auf die Lippe. »Ich finde das sehr schäbig. Ich war bereit, Ihnen zu helfen, und Sie müssen mir solche Märchen erzählen. Zumindest hätten Sie mir so viel
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Vertrauen schenken können, um mir die Wahrheit zu sagen. Und was es noch schlimmer macht: Ich habe es Ihnen geglaubt, für eine Weile zumindest. All diesen lächerlichen Blödsinn habe ich Ihnen abgenommen.« Ihre Stimme klang sehr bitter.
»Weshalb glauben Sie, daß es Blödsinn ist?« fragte ich hilflos.
»Sie haben den Fehler begangen, Ihren Freund Stratton nicht vorzuwarnen. Er hat mir alles erzählt, als ich ihn anrief.«
»Was hat er Ihnen gesagt?«
»Die Wahrheit. Er sagte mir, ich solle Sie hierherbringen, weil er ein Boot schickt, das Sie nach Frankreich bringen soll; dort können Sie warten, bis es hier wieder ruhig geworden ist. Okay.
Ich glaube ihm, daß er Ihnen ein Boot schickt. Aber ich verstehe nicht, warum Sie mir das andere Zeug erzählt haben, und warum Sie ausreißen, wenn Sie unschuldig sind, wie Sie behaupten.«
Mir war natürlich klar, warum Stratton Marianne eine andere Geschichte erzählt hatte; und ich hätte voraussehen müssen, daß er das tun würde. Er hatte mir immer wieder eingeschärft, wie wichtig es sei, das Projekt absolut geheimzuhalten – und ich hatte einer Zufallsbekanntschaft davon erzählt. Er hatte lediglich versucht, den von mir angerichteten Schaden zu beheben. Wenn wir uns das nächste Mal trafen, würde er mir sehr deutlich sagen, was er von meiner Redseligkeit hielt…
Doch was Stratton auch immer denken mochte, es war zu spät dazu; ich brauchte Marianne als Freund. »Bleiben Sie hier und sehen Sie zu«, sagte ich. »Dann werden Sie mir glauben.«
Sie blickte auf die See hinaus; die weite, silbergraue Fläche war leer von Booten und Schiffen. »Nein, danke. Ich fahre nach Hause. Ich kann nicht den ganzen Vormittag hier warten. Ich komme ohnehin zu spät ins Krankenhaus.« Sie trat leicht auf das Gaspedal. Der Hover Car hob sich vom Boden und blies warme Luft um meine Knöchel. »Schließen Sie bitte die Tür.«
»Marianne! Sie müssen mir glauben! Hat Stratton nicht noch etwas gesagt?«
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In ihren Augen stand Verachtung. »Er sagte, die Reise dürfte ungefähr zwölf Stunden dauern.«
 
; Zwölf Stunden. Damit wollte er mir wahrscheinlich sagen, daß er mich heute nacht um zehn Uhr zurückholen würde. »Hat er sonst nichts gesagt?« fragte ich hartnäckig. »Zum Beispiel, wohin ich reisen würde? Ich weiß nicht, was mich erwartet, Marianne!«
»Er hat sonst nichts gesagt«, erklärte sie bestimmt, und der Wagen setzte sich in Bewegung. Die Tür schlug automatisch zu, als sie eine Wende fuhr und dann rasch den Hang hinaufglitt.
Ich stand unter den Bäumen und fragte mich, ob ich in die Vergangenheit oder in die Zukunft projiziert worden war, wie, zum Teufel, ich ohne jede Tarnung zurechtkommen sollte, und was die Menschen von mir hielten in der Welt, die ich besuchen würde.
Die Sonne brach durch die Wolken, und diese Welt roch nach nassem Gras; die See reflektierte das Licht so stark, daß ich mich abwenden mußte. Ich stieg den Hang hinauf und ging wenig später den Klippenpfad entlang; ich überlegte dabei, was ich unternehmen sollte. Das Vernünftigste wäre, Strattons Doppelgänger aufzusuchen und die Lage zu sondieren, bevor ich mich in die Stadt wagte.
Auf dem Klippenpfad hoch über Falcombe begegnete ich einem Mann, dessen Gesicht mir bekannt war: In meiner Welt war er ein häufiger Gast des Hotels. Er ging mit schnellen Schritten in entgegengesetzter Richtung den Pfad entlang. Als wir einander passierten, nickten wir grüßend, und er zeigte weder Überraschung noch irgendeine andere Bewegung, nur diesen etwas peinlich berührten Blick, den man immer von einsamen Spaziergängern empfängt, als ob sie bei irgendeiner Perversion erwischt worden wären. Eine halbe Stunde später war ich bei der Station und argumentierte mit dem Wächter.
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Schließlich ließ er sich so weit herab, Stratton zum Tor zu holen, und kurz darauf führte der Wissenschaftler mich in sein Büro. Er deutete auf einen Stuhl, setzte sich hinter seinen Schreibtisch und blickte mich mit kaum verhülltem Widerwillen an.
»Okay, was wollen Sie?« fragte er resigniert.
»Hören Sie. Sie kennen mich nicht. Ich komme von einer anderen Welt.«
»Sicher.«
»Wollen Sie sagen, daß Sie mich noch nie gesehen haben?«
Obwohl Marianne ihr Möglichstes getan hatte, war meine Kleidung nicht gerade für einen Besuch geeignet, wie ich aus dem Blick ersah, mit dem er mich musterte. »Ich habe ein schlechtes Personengedächtnis«, sagte er schließlich. »Warum sagen Sie mir nicht, wer Sie sind, und was Sie wollen, damit wir die Sache hinter uns bringen. Dies ist Sperrgebiet, wissen Sie.«
»Entschuldigen Sie. Ich heiße John Maine und bin Manager des Falcombe Hotels.«
»Das ist schon besser. Was ist mit Ihrem Anzug passiert?
Hatten Sie einen Unfall?«
Zwischen uns lag eine Glaubwürdigkeitskluft, und das ist die schlechteste Situation, um zu sagen: Sie sind hinter mir her.
Also tat ich es nicht. Ich verbrachte die nächsten zehn Minuten damit, ihm meine Welt und den Ablauf der letzten Ereignisse sehr genau zu beschreiben. Ich erzählte ihm von seinem Doppelgänger und den letzten Theorien über Mellors und den Mord, über meine bisherigen Besuche auf anderen Welten. Ich berichtete ihm in knappen Worten über alles, ausgenommen Susanna – und als ich fertig gesprochen hatte, glaubte er mir.
»Gut«, sagte er. »Da ist nur eines, das ich nicht verstehe. Ihr Doppelgänger hier muß tot sein. Ich habe nichts über den Manager des Falcombe Hotels gehört, weder tot noch lebendig.
Meine Mitarbeiter verkehren ständig dort.«
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»Ihre Mitarbeiter…« Ich spürte wieder den Druck in meinem Magen. »Vielleicht könnte ich mit ihnen sprechen? Ich muß wissen, wie die Situation ist, die ich in der Stadt vorfinde.«
»Warum bleiben Sie nicht in Deckung, bis Sie zurückgeholt werden?« Er blickte mich fragend an.
»Ich bin es Ihrem Doppelgänger schuldig, mich hier umzuse-hen. Und ich könnte einen Hinweis auf den Mörder finden.«
Plötzlich erkannte ich, wie überraschend es war, daß er mich nicht kannte. »Wie führen Sie Ihre Forschungen durch?« fragte ich. »Wer besucht die anderen Welten für Sie? Haben Sie auch jemanden wie mich? Jemanden, der auf anderen Welten… tot ist?«
Er sah mich ein paar Sekunden lang an, dann drückte er auf einen Knopf.
»Susanna?« sagte er. Es kam eine Antwort, die ich nicht verstand. »Kommen Sie doch bitte herüber.«
Etwa zu diesem Zeitpunkt sah ich, daß zwei Visiphongeräte auf seinem Schreibtisch standen, ein schwarzes und das gelbe, das er eben benutzt hatte; vor ihm befand sich ein schwarzer Behälter mit Kugelschreibern, rechts davon lag ein Stapel, Fachblätter und ungeöffnete Post. Ich bemerkte, daß die Wände grellweiß waren und ohne jede Dekoration, mit Ausnahme eines Kalenders, der eine herbstliche Aufnahme der Brücke oberhalb von Boniton zeigte. In den Wänden waren ein paar Risse, und in einer der oberen Ecken ein dunkles Knäuel, das ein Spinnennetz sein mochte.
Ich bemerkte, daß kein Teppich auf dem Boden lag; er war mit dunkelrotem Vinyl bedeckt, wie eine Monorail-Lounge der zweiten Klasse; und ich sah, daß seine Oberfläche unter dem Schreibtisch von Strattons Schuhen zerkratzt und abgetreten war. Ich stellte fest, daß die Stühle aus Metall und von billigster Machart waren. Der ganze Raum verriet, daß die Station mit einem äußerst geringen Budget arbeitete.
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Ich bemerkte, daß mein Herz so aufgeregt schlug, als ob es jedes Luftmolekül aus meiner Brust treiben und mir das Atmen unmöglich machen wollte.
Endlich klopfte es an die Tür.
Ich wandte mich lässig – so lässig – um…
Eine Frau stand in der Tür, so nichtssagend, daß sie schon häßlich war; sie hatte eine lange Nase und ein langes Kinn und kleine, traurig wirkende Augen. Ihr Haar – warum fiel mir die Bezeichnung ›Mähne‹ ein? – war strähnig und wirkte ungewa-schen, und sie trug eine braune Jacke. Sie widerte mich an, und ich haßte sie.
Ihr Name war Jean Longhurst.
Stratton machte uns bekannt, und während des folgenden, kurzen Gesprächs stellte sich heraus, daß Mellors noch lebte, und auch, wie sie gehört habe, mein Doppelgänger. Ich bemühte mich, sie höflich zu behandeln, dann dankte ich ihr und Stratton für ihre Hilfe und machte, daß ich hinauskam.
Während des ansonsten ziemlich trockenen Gesprächs hatte sich herausgestellt, daß es eine Susanna Irgendetwas gab, die mir vielleicht mehr sagen konnte; sie sei jedoch gerade in der Stadt…
Die Rezeptionistin blickte mich gleichgültig an, was in mir die gleiche Irritation auslöste wie auf meiner Welt. Was war mit dem Mädchen los? Warum blickte sie alle Menschen, seien es Gäste oder Angestellte des Hotels, so an, als seien sie langweilige Bücher im verstaubten Regal des Lebens? Nicht zum ersten Mal verspürte ich eine starke Versuchung, vor ihrem Tisch die Hose herunterzulassen oder überraschend die Portokasse zu kontrollieren.
Und nicht zum ersten Mal fehlte mir der Mut dazu. Auf jeden Fall, sagte ich mir, war dies nicht mein Hotel. Aber es war dem meinen sehr ähnlich; Carter, der Portier, hatte mir einen raschen, verschlagenen Blick zugeworfen, als ich an ihm vorbeiging, die Rezeptionistin richtete ihre Aufmerksamkeit
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sofort wieder auf ihre Fingernägel, und wie ich kurz darauf feststellte, standen Mellors, Pablo, Dick und Dorinda wie gewohnt bei einem mittäglichen Drink an der Bar. William hatte frei, also rasselte Albert mit dem Cocktail-Shaker. Ich fragte mich, was meinem Doppelgänger zugestoßen sein mochte.
Mellors lächelte breit, als er mich sah und winkte mir, zu ihnen zu treten. Pablo sah mich verwundert an. »Ich dachte, du wolltest nach Boniton fahren.«
»Ich habe es mir anders überlegt«, sagte ich vorsichtig. Ich unterdrückte ein Erschauern, als ich überlegte, welches Schicksal mein alter ego auf diesem prosaischen Trip erlitten haben mochte. Ich verspürte den plötzlichen Drang zu wissen, völlig sinnloserweise ein weiteres Schicksal zu entdecken, das ich vermeiden mußte: halte dich fern von Stratton, von Hausyachten, von der Polizei, von Boniton…
»Du hast es aber gemeldet, nicht wahr?«
Glücklicherweise unterbrach Dorinda, während ich noch nach einer ausweichenden Antwort suchte. »Was soll er gemeldet haben, Mr. Blakesley?«
»Oh, John ist seine Fischpistole gestohlen worden. Unglücklicherweise hat er die Rechnung verloren, deshalb wollte er zu dem Geschäft in Boniton fahren und sich die Kopie heraussuchen lassen, damit er der Polizei die Fabrikationsnummer nennen kann.«
»Verdammt ärgerlich«, murmelte ich und bewunderte den Parallelismus der Welten.
»Wo wurde sie aufbewahrt?« fragte Mellors.
Dorinda beantwortete die Frage; sie war seit meiner Ankunft sehr viel lebhafter geworden. »Hast du nicht den kleinen Schrank auf dem Achterdeck bemerkt, Wallace? So praktisch, um Angelzeug darin zu verstauen.«
»Praktisch für einen Dieb«, sagte Mellors säuerlich und blickte Pablo an. »Ich will, daß diese Dinger verschließbar sind. Klar?«
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»Selbstverständlich, Wal.«
»Und Feuerlöscher. Das hätte sehr dumm ausgehen können, gestern.«
Ich war interessiert, konnte jedoch nicht gut fragen, was gestern eigentlich geschehen sei, um die Installierung von Feuerlöschern zu rechtfertigen, konnte es mir jedoch vorstellen.
Es schien, als ob mein Doppelgänger den ihm von der Geschichte vorbestimmten Tod entkommen war, nur um auf eine andere noch nicht bekannte Weise ausgelöscht zu werden, damit der Ausgleich geschaffen wurde. Also hatte es auf dem Boot Feuer gegeben.
»Es war doch nicht so schlimm«, sagte ich tastend.
»Es wäre aber schlimm geworden, wenn Sie nicht die Nerven behalten hätten, mein Junge«, sagte Mellors mit lauter Stimme.
»Ja, schon gut, ich lasse alles wieder in Ordnung bringen«, sagte Pablo. »Und anschließend können wir vielleicht die Verträge unterschreiben, was, Wal? Dann hängen Dick und ich Ihnen nicht mehr auf der Pelle.«
»Was haben Sie denn, Blakesley? Sie wohnen doch umsonst hier. Regen Sie sich nicht auf. Amüsieren Sie sich. Wir haben doch keine Eile. Das ist das Schlimme an der heutigen Zeit.