Book Read Free

Bevor wir fallen

Page 17

by Bowen, Sarina


  Die mit Hartley verbrachte Zeit war wundervoll gewesen, hatte aber auch zur Folge, dass ich sonst kaum neue Freundschaften geschlossen hatte. Was sich inzwischen wie ein riesengroßer Fehler anfühlte. Als ich im September zum Harkness College aufgebrochen war, hatte ich das Student Activity Guidebook auf meinem Schreibtisch liegen lassen. Im letzten Sommer hatte mich die Auflistung möglicher Aktivitäten nur deprimiert. Nichts in meinem Leben konnte Eishockey ersetzen, daher war ich gar nicht darauf gekommen, dass irgendwas in dem Buch eine Überlegung hätte wert sein könnte. Jetzt jedoch las ich mir die Broschüre Seite für Seite durch. Ich brauchte ein neues Hobby und einen Satz neuer Gesichter. Nur so würde ich über Hartley hinwegkommen. Es würde keine Freitagabende mehr geben, an denen ich mit ihm auf dem Sofa saß und ihn anlächelte. Stattdessen würde Stacia mit ihm Bälle und Partys abklappern, und er würde sich bereitwillig fügen. Früher oder später wäre sein Bein wieder ganz hergestellt, sodass er nicht mal mehr nach dem Stockwerk würde fragen müssen, in dem die Party stattfand. Er wäre dann kein Behinderter mehr. Nicht im Geringsten. Selbst dieses dünne Band zwischen uns wäre dann gekappt. Der Gedanke zog mich bis auf den Grund.

  Der Studentenratgeber bekam während meiner Suche nach einer neuen Leidenschaft so viele Eselsohren wie das Gebetbuch einer alten Jungfer. Aktivitäten wie der Debattierklub oder die Studentenpolitik reizten mich nicht besonders. Musik war auch nicht meine Sache, außerdem hatten sich die Musikgruppen längst gebildet. Theater? Genau. Die nächste große Inszenierung auf der Studentenbühne sollte Ein Mittsommernachtstraum sein. Wer bitteschön konnte sich eine Titania oder die Feen auf Krücken vorstellen?

  Den Abschnitt über den Universitätssport hätte ich beinahe ganz überblättert. Über das Semester verteilt traten die verschiedenen Harkness-Häuser in unterschiedlichen Disziplinen gegeneinander an und sammelten dabei Punkte. Genau wie bei Harry Potter. Nur dass es statt Quidditch das übliche Muggel-Angebot gab: Fußball, Basketball, Squash. Für mich war nichts dabei. Ich dachte kurz über Billard nach, aber vom Rollstuhl aus würde ich nicht an den Tisch herankommen. Außerdem war ich schon als vollständiger Mensch miserabel im Umgang mit dem Queue gewesen.

  Als ich schließlich ganz unten auf einer Seite auf etwas stieß, von dem ich noch nie gehört hatte, musste ich lachen. Da war er – der Sport für mich. Nicht ideal, eigentlich sogar ein bisschen lächerlich, trotzdem dachte ich, ich könnte einen Treffer gelandet haben.

  »Mom?« Ich fand sie in der Waschküche, wo sie die Unterhosen meines Vaters faltete.

  »Ja, Schatz?«

  »Ich nehme die Therapiestunden im Schwimmbecken. Nicht die in der Halle.«

  Ihr Gesicht hellte sich auf. »Großartig! Dann suchen wir mal deinen Badeanzug.«

  »Meinst du, ich könnte gleich morgen anfangen?«

  Sie lief zum Telefon.

  Die Schwimmtherapeutin war eine blonde Amazone namens Heather. Sie war ein paar Jahre älter als ich und mit Sicherheit der Liebling aller männlichen Rehapatienten. Wahrscheinlich standen sie für die Stunden mit Heather in ihrem knallroten Einteiler Schlange.

  Nach einer halben Stunde mit ihr klammerte ich mich an den Beckenrand und schnappte nach Luft. Wie sich zeigte, machte Schwimmen nur mit den Armen echt fertig.

  »Wirklich, Corey«, sagte Heather, »die meisten Patienten benutzen wenigstens anfangs den Schwimmgürtel. Du wärst deshalb kein Weichei.«

  »Aber wir haben nicht viel Zeit«, entgegnete ich.

  »Welches Trainingsziel hast du dir denn für unsere Stunden gesteckt?«, wollte Heather wissen und reckte ihr vollkommenes Kinn.

  »So viel schwimmen, wie ich kann. Und noch etwas. Ich will herausfinden, wie ich mich in einen Gummireifen quetschen kann. Mit dem Hintern in der Mitte.«

  »Weil du Lust auf River Tubing hast?«

  »Nicht ganz.«

  Als ich ihr von meinem Vorhaben erzählte, lachte sie. »Dann besorge ich dir mal einen Reifen. Das wird bestimmt lustig.«

  16

  Das ist meine Aufgabe

  Corey

  Ich bekam Hartley am Abend meiner Rückkehr nicht zu sehen. Ich aß wie geplant mit Dana und einer ihrer Gesangsfreundinnen im Speisesaal von Trindle House zu Abend, und als wir zurückkamen, war kein Licht unter seiner Tür zu sehen. Alles wird gut, sagte ich mir. Wahrscheinlich teilte Hartley sich zwischen seinem eigenen Zimmer und Stacias Bleibe auf – wo immer die sein mochte. Ich tippte auf Beaumont House. So würde ich Abstand halten und mein neues Leben in die Hand nehmen können. Die Operation Hartley vergessen – kurz O.H.V. – war gestartet.

  In meinem Zimmer erledigte ich einen wichtigen Anruf. Es gab zwei Studenten, die man kontaktieren konnte, wenn man in das Universitätssportteam meiner Wahl aufgenommen werden wollte: den Mannschaftskapitän und die Managerin. Der Name der Managerin klang irgendwie netter, also schlug ich im Adressbuch der Universität ihre Nummer nach und wählte, bevor mich der Mut verließ.

  Allison Li meldete sich nach dem ersten Klingeln.

  »Hey Allison«, sagte ich, meine Stimme zitterte kaum. »Mein Name ist Corey. Ich bin Erstsemester und hab über die Feiertage über das Team im Gummireifen-Wasserpolo gelesen.«

  »Hey Corey. Wir würden uns freuen, wenn du mitmachst. Und dein Timing ist super. Wir haben morgen Abend eine Übungsstunde.«

  »Super«, kiekste ich. »Dann muss ich bloß noch wissen, ob man ernsthaft keinerlei Erfahrung mitbringen muss.«

  »Offen gesagt nehmen wir jeden auf, der einen Puls hat. Vor allem Mädchen. Die Regel besagt, dass immer drei Frauen im Wasser sein müssen. Letztes Jahr mussten wir leider ein paar Spiele ausfallen lassen, weil wir unsere Mannschaft nicht vollständig aufstellen konnten. Insgesamt gibt es elf Spiele – eins gegen jedes Haus.«

  Das klang vielversprechend.

  »Super«, sagte ich noch einmal. »Meine nächste Frage hörst du sicher nicht allzu oft. Kannst du mir sagen, ob man mit einem Rollstuhl direkt bis zum Trainingsbecken kommt?« Gehhilfen schienen mir am rutschigen Beckenrand keine gute Idee zu sein.

  Es sprach für Allison, dass sie kaum einen Moment zögerte, bevor sie antwortete. »Ich denke schon. Ja, doch, da bin ich mir ganz sicher. Ich hab schon gesehen, dass da Leute zur Physiotherapie hinkommen.«

  »Ich verspreche dir, dass ich viel besser schwimme als laufe.«

  Sie stieß ein helles Lachen aus, über das ich mich tierisch freute. »Okay Corey, dann bis morgen Abend, ja? Wir fangen um sieben an.«

  »Ich werde da sein.«

  Nachdem ich das Gespräch beendet hatte, fühlte ich mich in jeder Hinsicht siegreich.

  »Callahan.«

  Ich kam langsam zu mir, als jemand in mein Ohr flüsterte.

  »Callahan, sieh dir das an.«

  Ich schlug die Augen auf und war schlagartig hellwach. Denn da stand Hartley, in Shorts und T-Shirt, und beugte sich über mein Bett. Mein Herz schlug mir bei seinem Anblick bis zum Hals. Seine braunen Augen und das schiefe Grinsen waren noch anziehender als in meiner Erinnerung.

  Reiß dich zusammen, ermahnte ich mich.

  »Schau.« Er grinste auf mich herunter und deutete auf sein Bein.

  Und dann kapierte ich, was er meinte. Er stand vor mir, ohne Gehgips oder Aircast-Stiefel. Nicht mal eine Beinschiene sah ich.

  »Wow«, war alles, was ich herausbrachte, während ich versuchte, mich auf die Ellbogen zu stützen. Nachdem ich mich aufgesetzt hatte, streckte ich die Hand aus, um mit ihm abzuklatschen. »Cool!«

  Er schlug ein. »Danke. Wir sehen uns in der Wirtschaftsvorlesung.« Damit ging er hinaus, noch ein wenig hinkend und auf einen Stock gestützt, der neu sein musste.

  Als die Tür hinter ihm zufiel, stieß ich mit einem lauten Seufzen einen Schwall Luft aus. Die Operation Hartley vergessen würde kein Spaziergang werden. Aber ich kämpfte für eine gute Sache.

  Nach meiner ersten Vorlesung im neuen Semester – die Kunst der Renaissance – machte ich mich auf den Weg zu Wirtschaft 102 und platzierte meinen Rol
lstuhl wie immer an der hinteren Wand.

  Eine Minute später kam Hartley hereinmarschiert. Ich spürte ihn mehr, als dass ich ihn sah. Er schob seinen Stock unter den Platz neben mir und ließ sich dann auf den Stuhl fallen.

  »Was geht?«, fragte er. Seine Stimme verströmte Wärme.

  Ich sah auf und war augenblicklich von seinen braunen Augen gefesselt. In meinem Bauch begann es zu kribbeln, und ich fühlte, wie mir die Hitze den Nacken hochkroch. Und natürlich schlug mein Herz schneller. Verdammt!

  Er wartete noch immer darauf, dass ich etwas sagte.

  »Nicht viel«, stammelte ich endlich. Warum fiel es mir plötzlich so schwer, mit ihm zu reden?

  Erzähl ihm vom Wasserpolo! Meine Hoffnungsfee war auch wieder da und schwirrte wie ein hibbeliger Heiligenschein um meinen Kopf.

  Auf keinen Fall. Darüber würde ich kein Wort verlieren. Mein altes Ich wäre sicher damit herausgeplatzt, wie gespannt ich darauf war und wie sehr ich befürchtete, mich zum Affen zu machen. Und wenn ich es täte, würde Hartley mir zuhören. Er würde mir tief in die Augen sehen und genau die richtigen Worte finden. Aber ich wollte mich ihm nicht länger anvertrauen. Das würde mir nur das Herz brechen.

  »Der Dozent für Wirtschaft 102 soll sehr viel unterhaltsamer sein«, sagte Hartley. »Dafür ist der Stoff trockener, hab ich gehört.«

  Ich holte tief Luft und schlug den Notizblock auf meinem Schoß auf. »Ja, hört sich wirklich ziemlich trocken an«, sagte ich mit einem Nicken. »Handelsbilanzen und Wechselkurse? Ich kann nicht behaupten, dass mich das sonderlich anmacht.«

  In diesem Moment kam der Prof herein und klopfte an das Mikro über dem Lesepult. Ich war gerettet! Aufmerksam blickte ich nach vorne. Und kurz darauf trieb ich auf dem Wortschwall des Dozenten über Defizitfinanzierung.

  Wieso war ich überhaupt hier? Dana saß in diesem Moment in einem anderen Hörsaal und lauschte ihrer ersten Vorlesung über Shakespeare. Sie hatte mich gefragt, ob ich nicht lieber mit zu ihrem Kurs kommen wolle, aber ich hatte abgelehnt. Doch langsam wurde mir klar, dass Wirtschaft 102 ein kläglicher Versuch war, an einem kleinen Teil von Hartley und meiner gemeinsamen Zeit festzuhalten. In einer Vorlesung, die mich kein bisschen interessierte. Das war doch echt erbärmlich.

  Hartley und ich verließen den Hörsaal nach der Vorlesung zusammen und machten uns, wie immer, gemeinsam auf den Weg zur Mensa.

  »Wie geht es Dana?«, erkundigte er sich. »Hab sie lange nicht gesehen.«

  »Sie hat sich gegen den Jetlag ein halbes Pfund Espressobohnen mit Schokolade gekauft. Anscheinend hatte sie sich gerade erst an die japanische Zeit gewöhnt, als sie schon wieder zurückfliegen musste.«

  »Brutal«, meinte Hartley mitfühlend.

  In diesem Moment entdeckte ich Stacia auf der anderen Straßenseite.

  »Hey!«, rief sie. Ihr Winken mochte mich mit einschließen oder auch nicht. Das hing ganz davon ab, wie man es sehen wollte.

  Nachdem wir auf die andere Seite gewechselt hatten, saugte sie sich erst mal mit den Lippen an Hartley fest. Von einem einfachen Begrüßungsküsschen konnte keine Rede sein. Sie trat vor ihn, legte die Hände auf seine wie in Stein gemeißelten Schultern und fiel über ihn her.

  Ich saß untätig daneben und fragte mich beklommen, was ich in der Zwischenzeit tun sollte.

  Als ich gerade glaubte, mich gleich vor Unbehagen selbst entzünden zu müssen, sagte sie: »Lass uns in Katie’s Deli was zu Mittag essen.«

  »Was?« Hartley hob wie ein Flamingo das verletzte Bein vom Bürgersteig. »Das sind zwei Blocks von hier. Außerdem gehen Callahan und ich nach dem Wirtschaftskurs immer zusammen in die Mensa. Die ist nicht nur näher, sondern das Essen dort ist auch schon bezahlt.«

  »Aber ich hab schon seit vier Monaten Heißhunger auf einen Auberginenwrap«, maulte sie.

  Ich hob eine Hand und wendete meine Räder Richtung College Street und Beaumont. »Das macht ihr besser unter euch aus. Ich muss es zwischen den Vorlesungen sowieso irgendwie noch ins Dekanat schaffen. Ich stoße dann später wieder zu euch.«

  Nachdem ich losgerollt war, sah ich noch mal über die Schulter und winkte. Hartley warf mir einen fragenden Blick zu, bei dem mir leicht schwindlig wurde. Aber O.H.V. lief wieder an.

  Wie angekündigt, rollte ich zum Dekanat von Beaumont House. Nur leider musste ich feststellen, dass das Büro des Dekans oberhalb von drei Marmorstufen und hinter einem schmalen, hundert Jahre alten Eingang unter einem von Beaumonts fantastischen Granittorbögen und damit außerhalb meiner Reichweite lag. Auf Krücken hätte ich dieses Hindernis ohne Weiteres überwunden. Allerdings hatte ich keinen Zwischenstopp eingelegt, um umzusteigen. Also parkte ich meinen Rollstuhl, griff nach meinem Handy und rief das Büro kurzerhand an.

  Ich konnte drinnen das Telefon klingeln und die Sekretärin rangehen hören. »Hallo?«

  »Hey«, sagte ich. »Mein Name ist Corey Callahan. Ich stehe draußen vor Ihrer Tür. Allerdings im Rollstuhl …«

  »Hallo Corey.« Die Stimme der Frau klang freundlich. »Müssen Sie mit dem Dekan sprechen? Ich schicke ihn gleich zu Ihnen raus.«

  Dreißig Sekunden später kam er mit Bleistift und Papier bewaffnet heraus. Dekan Darling hatte einen Bart und trug einen Cordblazer samt akademischen Ellbogenschonern. Er sah ganz so aus, als wäre er schon hier, inmitten der modrigen Bibliotheken und Granitfassaden, zur Welt gekommen.

  »Es tut mir furchtbar leid, meine Liebe«, sagte er mit deutlichem und angemessenem britischen Akzent. »Aber diese alten Gebäude …«

  »Ich liebe diese alten Gebäude«, unterbrach ich ihn.

  Er setzte sich auf die Stufen vor seinem Büro. »Geht es um etwas, worüber Sie hier draußen sprechen können? Oder sollen wir uns irgendwo ein Konferenzzimmer suchen?«

  Ich schüttelte den Kopf. »Es geht um nichts Persönliches. Ich würde nur gerne eine Vorlesung gegen eine andere tauschen, hab aber meinen Stundenplan schon abgegeben.«

  »Kein Problem«, sagte er strahlend und schraubte seinen goldenen Füllfederhalter auf. »Was darf’s denn sein, Ms Callahan?«

  »Ich möchte den Wirtschaftskurs montags, mittwochs und freitags um halb elf gegen das Shakespeare-Seminar Historien und Tragödien eintauschen.«

  »Ah, ein gutes Seminar«, meinte er, während er schrieb. »Ich bin sicher, es wird Ihnen gefallen.«

  »Das glaube ich auch.«

  »Und wie kommen Sie sonst zurecht, Corey?«, fragte der Dekan und legte den Kopf schräg. »Sie haben in den Vorbereitungskursen glänzend abgeschnitten.«

  »Ja?«

  Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen. Die Ergebnisse würden erst in einer Woche bekannt gegeben werden, aber ich hatte natürlich auf ein gutes Ergebnis gehofft.

  Er nickte. »Aber wie geht es Ihnen mit dem Rest? Wir haben Sie drüben in McHerrin untergebracht, soweit ich mich erinnere. Ich habe mir die Räume selbst angesehen, nachdem ich letzten Sommer mit Ihren Eltern gesprochen hatte.«

  »Es ist perfekt«, erklärte ich. »Und meine Mitbewohnerin ist fantastisch.«

  Er wackelte vor Freude mit dem Kopf. »Gut, gut, und jetzt wollen Sie bestimmt rasch zum Mittagessen.« Er hob den Blick Richtung Speisesaal. Dann verzog er das Gesicht. »Aber die Treppe! Ach du lieber Gott.« Er kam auf die Beine. »Ich war so auf ihre Unterkunft konzentriert … Wie konnte man Sie bloß nach Beaumont schicken?«

  »Ich habe darum gebeten. Mein Bruder war auch in Beaumont House.«

  Vor Bestürzung sah sein Gesicht immer noch ganz verknittert aus. »Aber … wo essen Sie denn zu Abend, wenn die Mensa geschlossen ist?«

  »Hier. Adam Hartley und ich haben gleich zu Anfang den Lastenaufzug entdeckt.«

  »Oh.« Der Dekan sah irritiert aus. »Den zur Küche rauf?«

  Ich nickte. »Die Leute da haben sich inzwischen an mich gewöhnt.«

  Sein Hautton färbte sich eine Nuance dunkler. »Das erscheint mir aber alles ganz und gar nicht richtig. Sie könnten sich stattdessen einem barrierefreien Haus zuweisen lassen. Mit ei
nem Speisesaal im Erdgeschoss.«

  Dazu würde es nicht kommen, weil ich Dana als Mitbewohnerin behalten wollte. »Alles gut, wirklich, schicken Sie mich bitte nirgendwo anders hin. Ich habe mich an die Örtlichkeiten gewöhnt. Außerdem soll ich sowieso lernen, die Treppen auf Gehhilfen zu bewältigen. Und ich war in letzter Zeit ein bisschen faul.«

  Er schien noch immer nicht ganz überzeugt. »Wenn Sie meinen, Ms Callahan.« Dann räusperte er sich. »Aber wenn Sie auf irgendeine andere Gedankenlosigkeit unsererseits stoßen, lassen Sie es mich bitte umgehend wissen. Und wenn es Ihnen noch so geringfügig erscheint.«

  »Mache ich.«

  Ich schüttelte seine ausgestreckte Hand.

  »Ich sage immer, dass ich jeden Tag von den Studenten lerne. Und Sie haben mich heute noch vor dem Tee beschämt.«

  »War mir ein Vergnügen«, bemerkte ich lächelnd.

  An diesem Abend zog ich meinen Badeanzug unter einer Tear-Away-Trainingshose an und machte mich gut eine Viertelstunde, ehe das Gummireifen-Polotraining beginnen sollte, auf den Weg zur Sporthalle. Ich wollte vom Rollstuhl in den Pool wechseln, ohne dass meine zukünftigen Teamkolleginnen es mitbekamen. Dort angekommen, blockierte ich die Räder, zog die Hose aus und vollführte eine Drehung, um mich auf den Boden zu befördern. Dann streifte ich das T-Shirt ab und verstaute die Sachen in meinem Rucksack. Schließlich löste ich die Bremsen des Rollstuhls wieder und versetzte ihm einen sanften Stoß Richtung Wand.

  Ich rutschte gerade auf dem Hintern zum Beckenrand, als ich hinter mir eine Stimme hörte. »Du musst Corey sein.«

 

‹ Prev